Cowboys & Indies. Gareth Murphy

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Название Cowboys & Indies
Автор произведения Gareth Murphy
Жанр Книги для детей: прочее
Серия
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783862871612



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zweiter Klasse, doch im musikalischen Parallel-Universum schien die potente Mischung aus Street-Slang und Südstaaten-Kolorit eine moderne Version des American dream einzuläuten. Es war eine neue Welle, die ans Land brandete – doch hinter ihr tauchte bereits die nächste auf, die noch um einiges größer sein sollte.

       5

       DIE UNSICHTBARE WELLE

      Am Horizont – genaugenommen: auf hoher See – warf bereits ein anderes Ereignis seinen Schatten voraus, auch wenn zunächst nur Teenager in der Lage waren, diesen Schatten überhaupt wahrzunehmen. Dabei war es eine tödliche Springflut, die schon bald über die Plattenindustrie hereinbrach und viele Errungenschaften der Gründerzeit mitreißen sollte. Begleitet von den kulturellen Veränderungen, die ohnehin in der Luft lagen, schlug das Radio 1922 urplötzlich zu und schickte die Plattenindustrie in ihre erste ernsthafte und chronische Depression. 20 Jahre Aderlass und Agonie waren vonnöten, um endlich wieder das Licht am Ende des Tunnels zu sehen.

      In den 80er Jahren des vorangehenden Jahrhunderts hatte es im Menlo Park neben Phonograph und Glühbirne ein drittes Projekt gegeben, in das sich Edisons Team vertiefte. Edison hatte nachgewiesen – wie schon einige Forscher vor ihm –, dass man elektro-akustische Impulse auch durch die Luft übertragen kann. Die »drahtlose Telegraphie«, wie das Phänomen zunächst genannt wurde, war eine der großen Utopien des Viktorianischen Zeitalters gewesen, doch im Vergleich zu Telefon, Glühbirne und Phonograph schrie das Radio nach gewaltigen Investitionen. Selbst ein starrsinniger Krösus wie Edison kapitulierte vor der Herausforderung und machte seine Patente lieber zu Geld.

      Eldridge Johnson, mit Abstand der mächtigste Mann in der Musikbranche, gehörte zu denjenigen Beobachtern, die Berichte über die Geburtswehen des vermeintlichen Heilsbringers nur noch mit Kopfschütteln zur Kenntnis nahmen. Mehr als jedes andere Forschungsprojekt hatte das Radio für absurde Prophezeiungen und ständige Investitionsblasen gesorgt. Es war relativ unwahrscheinlich, dass ein vergleichsweise krudes System, das man zum Morsen zwischen Schiffen nutzte, noch mit spektakulären Verbesserungen aufwarten würde. Denn diese qualitativen Quantensprünge waren notwendig, um komplexe Klanggebilde über größere Entfernungen transportieren zu können – und dabei womöglich eine noch bessere Tonqualität zu erzielen als die jüngsten »Talking Machines«.

      Der tragische Held dieser Geschichte war der italienische Erfinder Guglielmo Marconi, der 1895 Edisons Patente gekauft hatte. Als Fachmagazine über Marconis Feldversuche berichteten, wurde das öffentliche Interesse erneut geweckt. Im Mai 1899 veröffentlichte die New York Times eine euphorische Reportage, in der es hieß: »Alle Völker dieser Erde könnten plötzlich so viel übereinander lernen – und die Menschen würden ihren Ohren nicht trauen, wie viel Neuigkeiten und Informationen auf sie einprasseln würden.« Das World’s Work-Magazin spekulierte 1905 über »den Tag, an dem ein Rancher in Arizona sein Empfangsgerät einschaltet und an Ort und Stelle die jüngsten Nachrichten hören kann«.

      In den Zeitungen erschienen prompt Anzeigen von zwielichtigen Finanziers, die private Investoren suchten und ein »finanzielles Polster für den Lebensabend« versprachen: »100 investierte Dollar«, hieß es dort beispielsweise, »werden Tausende an Profiten abwerfen.« 1907 schrieb allerdings ein investigativer Journalist namens Frank Fayant eine Reportage im Success Magazine, die »Fools and Their Money« betitelt war und von einer »drahtlosen Telegraphen-Blase« sondergleichen sprach. Als Resultat seiner Veröffentlichung wurden diverse Firmen vor den Kadi gezogen – was zumindest Raum für die ernsthafteren Investoren und Forscher schaffte.

      Neben Marconi war das vor allem der serbische Mathematiker und Physiker Nikola Tesla. Er hatte in den 1880ern in Edisons Menlo Park-Labor gearbeitet, sich dann aber mit Edison wegen finanzieller Differenzen überworfen. Röntgen- und radioaktive Strahlung, Radar und Fernsteuerung waren seitdem die Themen gewesen, mit denen er sich bevorzugt beschäftigt hatte. Tesla, einer der respektiertesten Köpfe in damaligen Forscherkreisen, hatte bereits 1908 prophezeit, dass »ein Geschäftsmann in New York Anweisungen diktieren kann, die dann umgehend als gedruckter Text in seinem Büro in London vorliegen werden ... Ein preiswertes Gerät, nicht größer als eine Armbanduhr, wird es möglich machen, an jedem Ort der Erde – auf Land wie auf Wasser – Musik zu hören oder die Rede eines Politikers zu verfolgen, den Vortrag eines Wissenschaftlers oder die Predigt eines Geistlichen – ganz gleich, wo auf dieser Erde die Rede gehalten wird. In der gleichen Weise wird man auch Fotos, Worte, Zeichnungen oder gedruckte Objekte von einem Ort zum anderen übertragen können.«

      Tesla mochte der brillanteste Mann in seinem Metier sein, neigte aber auch zu Neurosen. In den Luxushotels, in denen er lebte, mussten Gegenstände wie Handtücher oder Handseife stets im Dreier-Paket ausgewechselt werden. Problematischer indes war die Tatsache, dass seine Forschungen überwiegend mit europäischen Geldern finanziert wurden. Nachdem er im Waldorf Astoria astronomische Rechnungen aufgetürmt hatte – und der Krieg die europäischen Gelder versiegen ließ –, war Tesla gezwungen, halb fertige Sendeanlagen an den Besitzer des Hotels zu verkaufen.

      Im Vergleich dazu war Marconi ein bodenständiger Geschäftsmann. Er hatte Sendemasten in Neufundland und im irischen Galway gekauft und konzentrierte sich auf die kommerzielle Schifffahrt, die sofort die lebensrettenden Qualitäten des Radios erkannt hatte. Sein anderer Schwerpunkt war Radio-Equipment, das er primär an Teenager verkaufte – damals gemeinhin »Amateure« oder nur »Boys« genannt. Die Funker auf den Schiffen waren die Ersten gewesen, die sich über die jungen Radio-Piraten beschwert hatten, da sie die Kommunikation auf den Meeren mit dummen Späßen und unflätiger Sprache torpedierten.

      1909 waren es etwa jugendliche Radio-Amateure in Rhode Island, die mit ihren Meldungen über eine vermeintliche Schiffskatastrophe die U.S. Navy alarmiert hatten. Ein Schiff wurde zum Unglücksort geschickt – bis man nach einer nächtlichen Suche realisierte, einem schlechten Scherz aufgesessen zu sein. Nach einem tatsächlichen Zusammenstoß zwischen der »SS Florida« und einem Dampfboot gaben Radio-Piraten dem zu Hilfe eilenden Schiff vier Mal falsche Koordinaten, was die Rettungsaktion um zwölf kostbare Stunden verzögerte. Nachdem sich die Berichte über jugendliche Radio-Randalierer häuften, verbot es der »Radio Act of 1912« Privatpersonen, einen bestimmten Teil des Frequenzspektrums überhaupt noch zu nutzen.

      Der Untergang der »Titanic« im April 1912 sollte sich als Katalysator für das neue Medium erweisen. Die Funker an Bord waren Marconi-Angestellte, deren Notrufe von einem 60 Meilen entfernten Schiff empfangen wurden, das ebenfalls mit einem Marconi-Radio ausgerüstet war. Als die »Carpathia« um vier Uhr morgens am Unglücksort eintraf, fand man 706 verzweifelte Passagiere, die frierend in den Rettungsbooten ausgeharrt hatten. Während die »Carpathia« Kurs auf New York nahm, versuchte die U.S. Navy mehrfach vergeblich, die Radio-Crew auf dem Schiff zu erreichen. US-Präsident William Howard Taft hatte wohl den Wunsch geäußert, mit den Überlebenden schon vor ihrer Ankunft in Verbindung zu treten. Marconi hingegen hatte sein Personal angewiesen, keine Informationen über den Vorfall an Dritte weiterzugeben.

      Der Grund für die sprichwörtliche Funkstille kristallisierte sich erst heraus, als die »Carpathia« in New York anlegte: An den Docks warteten Journalisten der New York Times, der Marconi die Exklusiv-Story des Radio-Operateurs verkauft hatte. Die U.S. Navy, von Marconis sozialistischen Ideen ohnehin wenig erbaut, war alles andere als begeistert und ließ ihren Unmut an den unschuldigen Radiotechnikern aus.

      Bei einer parlamentarischen Untersuchung in England war der Tenor ungleich freundlicher. »Diejenigen, die überlebt haben«, so der britische Postminister, »dürfen sich bei einem Mann bedanken ... Mr. Marconi und seiner wundervollen Erfindung.« Besagte Erfindung, die nun jährliche Zuwachsraten von 2000% verzeichnete, bekam plötzlich sogar geopolitische Dimensionen.

      Der Ausbruch des Krieges sollte sich dabei als Motor erweisen. Unmittelbar nach der Kriegserklärung hatte England die Telegrafen-Kabel gekappt, die Deutschland mit Amerika verbanden. Die Möglichkeiten eines globalen Telefonnetzes gewannen eine derartig strategische Bedeutung, dass sich die Navy mit AT&T und Westinghouse zusammenschloss, um heimlich an einer entsprechenden Technologie zu arbeiten. Die Ausstattung von Sendeanlagen mit gasgefüllten Röhrenverstärkern gab den AT&T-Forscher im Oktober 1915 erstmals