Название | Die Herren von Glenridge |
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Автор произведения | Heike Ploew |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783944145570 |
Klasse, das hast du schon mal gut erkannt, Mädchen, dachte Brenda mit Galgenhumor. Hilft dir aber auch nicht viel weiter. Ihr Mann war augenscheinlich in diesem Haus; folglich war es wohl ihre Aufgabe, auch dort hineinzugelangen. Es sei denn, sie zog es vor, hier unter den Bäumen zu nächtigen. Würde ganz schön kalt werden. Noch schien die Sonne, und auch der Boden verriet ihr, daß es seit Tagen nicht mehr geregnet haben konnte. Also erst einmal versuchen, näher ans Haus zu kommen. Und das bitte möglichst ohne von jemandem gesehen zu werden …
Was sollte bloß dieses Gerede von Heimat und Wurzeln? Jonathan hatte ihr noch nie von einer existierenden Familie erzählt. Lebte diese angebliche Familie etwa hier? Aber wäre diese nicht auch zu ihrer Hochzeit erschienen? Oder hätte zumindest das Verlangen gehabt, sie – als seine frisch angetraute Ehefrau – kennenzulernen? Und außerdem – er würde sie doch wohl nicht so dieser angeblichen Familie vorstellen? Quatsch – wie konnte sie nur so etwas denken? Nicht mal er würde sie so bloßstellen. Wahrscheinlich wollte er ihr nur mal wieder vor Augen führen, wie sehr sie doch insgeheim seine Spielchen genoß, und ihr den Spiegel der Erkenntnis vorhalten.
Brenda stand unbeholfen auf, atmete tief durch und sprintete dann hastig von Baum zu Baum. Sie war völlig außer Atem, als sie endlich am Ende der Allee angekommen war. Das Haus entpuppte sich, je näher sie ihm kam, als regelrechtes Schloß mit gewaltigen Ausmaßen. Die grauweißen Mauern glitzerten im Sonnenlicht, wie zwei Wächter thronten die beiden Ecktürme über all dem. Die Auffahrt teilte sich und führte rund um einen gewaltigen Springbrunnen; dahinter erstreckte sich die nach beiden Seiten unendlich lange Vorderfront des Bauwerks mit einer mehrstufigen Treppe in der Mitte, die zu einem Portal hochführte.
Brenda blickte sich suchend um. Kein Mensch zu sehen, und auch hinter den vielen Fenstern zeigte sich niemand, jedenfalls soweit sie es erkennen konnte. Und in diesem Moment meldete sich mal wieder der kleine, masochistische Teufel in ihr.
Los, komm, da mußt du jetzt durch, auch wenn du dir hier wie auf dem Präsentierteller vorkommst. Hast du von so etwas nicht immer schon geträumt?
Sie faßte allen Mut zusammen und lief flink um den Brunnen herum. Ausläufer der gewaltigen Wassermassen, die aus den Mündern der vier – Rücken an Rücken stehenden – Figuren strömten, benetzten ihren nackten Körper, und sie fröstelte. Schnell sprintete sie die Treppe hinauf und stand nun vor dem Eingang. Und jetzt? Wie sollte sie bloß den Türklopfer betätigen? Der mächtige Löwenkopf grinste sie breit und hämisch an, als wolle er sie in ihrer Nacktheit verhöhnen. Nicht mit mir, mein Freund! Brenda hob ziemlich unelegant ein Bein, schob ihren Fuß unter den dicken Eisenring, der dem Löwen aus der Nase hing, und ließ ihn gegen die Tür donnern. Dann versteckte sie sich schnell hinter einem der Blumenkübel, die an der Hauswand standen, und wartete. Nichts geschah. Na super! Vielleicht hatte es ja keiner gehört; kein Wunder bei diesem Riesenkasten. Sie versuchte es noch einmal. Nach dem vierten Versuch gab sie auf. Man würde sie hier nicht hereinlassen, so viel stand schon mal fest. Aber irgendwie mußte sie ins Haus gelangen; schließlich war ihr Mann da drin, und wenn sie seiner Denkweise richtig folgte, dann erwartete er von ihr, daß sie diese Aufgabe zu seiner Zufriedenheit lösen sollte.
Oh dieser verdammte Mistkerl! Sie so zu erniedrigen und herabzuwürdigen! Jetzt reichte es aber! Jetzt könnte er wirklich kommen und sie aus ihrer Lage erlösen. Das war schließlich genug Erniedrigung für einen Tag gewesen. Brenda spürte ihre Augen feucht werden und gab dem Blumenkübel vor lauter Wut einen Tritt, was aber nur zur Folge hatte, daß sie einen lauten Schrei ausstieß und ein beißender Schmerz durch sie hindurchfuhr. Der blöde Kübel hatte sich natürlich nicht einen Millimeter gerührt.
Nichts da, Brenda! Du wirst doch wohl jetzt nicht heulen! Reiß dich zusammen und gebrauch deinen Verstand! Zugegeben, ihre Phantasie war durch die letzten Ereignisse beflügelt worden, und sie malte sich detailreich aus, wie Jonathan sie für ihre erlittene Qual und die Bewältigung dieser Herausforderung belohnen würde. Er hatte sie schon seit Tagen nicht mehr gezüchtigt oder mit ihr geschlafen, geschweige denn sie befriedigt; er hatte sie aber durch viele Kleinigkeiten aufgegeilt und ihre Erregung angestachelt, so wie vorhin im Flugzeug. Und prompt stellte es sich wieder ein – das Verlangen, ihm zu gefallen. Ihn zufriedenzustellen, damit er stolz auf sie sein konnte. Verdammt – manchmal haßte sie sich dafür.
Wie spät mochte es wohl sein? Brenda schaute in den Himmel, gab es aber schnell wieder auf, am Stand der Sonne irgend etwas – und sei es auch nur die Uhrzeit – abzulesen. Darin war sie noch nie gut gewesen, selbst in den Sommercamps nicht, in denen sie während ihrer Schulzeit manchmal die Ferien verbracht hatte. Pfadfinderspiele waren ihr schon immer ein Greuel gewesen. Also Jonathan und sie waren um 11 Uhr in Hamburg gestartet, knapp zwei Stunden hatte der Flug gedauert, dann die Fahrt in der Limousine … Keine Ahnung, wie lange sie gefahren waren … Immerhin war es noch hell! Vielleicht war sie, Brenda, ja als Überraschungsgast zur Teatime eingeplant! Nun gut, wenn man sie hier vorne nicht ins Haus ließ, dann würde sie sich wohl oder übel einen anderen Eingang suchen müssen. Kritisch musterte sie die nackten Gestalten auf dem Springbrunnen.
»Was meint ihr, Jungs – rechts oder links? Na los doch, schließlich kennt ihr euch hier besser aus!«
Die vier Adonisse scherten sich nicht im geringsten um dieses niedere menschliche Wesen, das es gewagt hatte, sie – die ja immerhin Götter waren – anzusprechen.
»Vielen lieben Dank auch!« knirschte Brenda und grinste verächtlich. Nicht mal mehr auf die Götter war Verlaß!
Sie entschied sich, es mit der linken Seite zu versuchen, denn auf diesen Feldern waren die Maschinen jetzt verschwunden, und keiner konnte sie beobachten. Also lief sie schnell die Treppe wieder hinunter und drückte sich immer an der Hauswand entlang, bis sie zu dem Turm kam. Vorsichtig bog sie um die Ecke. Hier machte der Kiesweg einen Bogen; dahinter, in einiger Entfernung, mehrere weiß getünchte Ställe, überall Bäume und Blumenbeete, eine Pferdetränke und dazwischen ein Longierplatz. Und kein menschliches Wesen weit und breit. Eigentlich auch sehr seltsam. Wurde auf so einem großen Anwesen nicht ständig irgendwo gearbeitet? Aber heute war Sonntag, vielleicht hatte sie ja wirklich Glück und begegnete niemandem.
Ein neues Problem stellte sich Brenda. Ab hier konnte sie nicht mehr im Schatten des Hauses weiterlaufen, denn der Kiesweg war durch einen tiefen Graben vom Haus getrennt und an beiden Seiten von brusthohen Zäunen eingefaßt. Da kam sie so gehandicapt nie ’rüber. Also mußte sie wohl mitten zwischen den Zäunen durch und auch noch an den Ställen vorbei. Endlich machte sich das Jogging an der Alster mal bezahlt, denn Brenda war ziemlich gut in Form.
Sie rannte gut 50 Meter an dem Zaun entlang und fand sich dann vor der ersten offenen Stalltür wieder. Pferde – sie konnte das Schnauben und Wiehern hören. Und diesen vertrauten Geruch, hervorgerufen durch die Ausdünstungen der warmen Tierkörper. Vorsichtig linste sie um die Ecke. Ihr kam der Gedanke, sich hier im Stall zu verstecken und abzuwarten, was passieren würde. Sollte ihr geliebter Ehemann doch auf sie warten, bis er schwarz würde. Brenda grinste schief; an und für sich verlockend, ihn so lange warten zu lassen, bis er sich Sorgen machte und sie suchen kam. Das würde seine ganzen Spielregeln auf den Kopf stellen. Aber es hätte bestimmt auch Konsequenzen für sie, und das Knurren in ihrem Magen hielt Brenda dann doch endgültig davon ab. Sie hatte seit dem Frühstück nichts mehr gegessen – dabei hatte das Menü im Flieger so wunderbar geduftet! –, und sofort fiel ihr jetzt wieder dieses Flittchen ein, das sich einfach so von einem Fremden besteigen ließ. Es hatte sie ganz schön Zurückhaltung gekostet, den beiden nicht auf die Toilette zu folgen und Jonathan eine Szene zu machen. Noch nie hatte er sie so gedemütigt und vor ihren Augen eine andere Frau benutzt.
Sie schauderte; weg mit diesen Hirngespinsten, da konnte sie sich später drum kümmern! Es wurde langsam kühler, und sie hatte nicht vor, sich hier eine Grippe zu holen. Geduckt lief sie weiter zum nächsten Stall. Herrgott noch mal, irgendwann mußte dieser Zaun doch mal zu Ende sein, damit sie hinter das Haus gelangen konnte! Kaum hatte sie diesen Gedanken zu Ende gedacht, als plötzlich