Unter fremdem Himmel. Roland E. Koch

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Название Unter fremdem Himmel
Автор произведения Roland E. Koch
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783943941371



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eingeschlagen und mit Bleistift die Bezeichnung danebengeschrieben. Ich las mir alles in Ruhe durch: Rohrzange. Schraubzwinge. Maulschlüssel. Es war alles da.

      Ich stellte das Fahrrad auf den Sattel, nahm die Kette ab, das Hinterrad heraus, löste den Mantel und begann, die undichte Stelle im Schlauch zu suchen. Der Geruch des Flickzeugs erinnerte mich an die vielen Räder, die ich unterwegs und früher repariert hatte, aber ich wollte nicht erinnert werden, ich arbeitete, um mich nicht zu erinnern, und machte schneller. Den Schlauch hatte ich bald geflickt, das Rad montiert, und ich fettete die Sattelstütze, zog den Steuersatz nach, prüfte alle Lager und Schrauben, das Licht und die Bremsen, bis das Rad fertig war.

      Ich holte meinen Mantel und machte gleich eine kleine Probefahrt. Das Rad lief leicht, es hatte nur eine Dreigangschaltung, aber ich kam schnell voran, saß ein wenig gebückt, ich fuhr, um nicht zu denken, und erreichte schnell die ersten Häuser der Stadt. Hier bog ich ab und gelangte in eine breite neue Straße mit schönen, ebenen Bürgersteigen und Radwegen. Kaum jemand war unterwegs, ich schaltete das Licht aus, denn es war hell geworden.

      Entlang der Straße gab es mehrere erleuchtete, gläserne Gebäude mit zweifarbigen Fahnen, großen Plakatwänden, das waren die Autohäuser der Stadt. Ich betrachtete die silbernen und schwarzen Modelle in den Schaufenstern und in der Reihe vor den Eingängen, sah die Gebrauchtwagen und die Vorführwagen, schließlich die Unfallautos auf den Höfen und vor den Werkstätten.

      Niemals hätte ich mich getraut, dort zu arbeiten. Ich war erstaunt, dass eine so kleine Stadt so große Autohäuser besaß, aber vielleicht kamen die Leute von weither, um hier ein besseres, neues, gut riechendes und klingendes Auto zu erwerben? Schließlich folgten noch zwei kleinere Niederlassungen, dann eine Werkstatt ohne Marke, und die sah schon besser aus. Sie hatten ein paar billige Gebrauchtwagen auf dem Hof stehen, und man musste keinen Anzug tragen, um hier zu arbeiten. Ob sie eine Aushilfe brauchten?

      Auf dem Rückweg begann es zu regnen, und ich fuhr schneller. Ja, ich hatte für eine halbe Stunde nicht gegrübelt, das war schon ein Gewinn. Vielleicht brauchten sie jemanden, der die neu angelieferten Autos von ihrer Wachshaut befreite, in den Verkaufsraum fuhr, abstaubte und kontrollierte?

      Erst als ich in den Hof einbog, klopfte mein Herz, und ich rannte fast ins Haus, um zu sehen, was die beiden machten. Als ich sie in der Küche sah, beschloss ich, dass wir alle drei zusammenbleiben würden, egal, was passierte. Ich wollte niemanden mehr verlassen, nicht mehr weggehen, nichts anderes mehr beginnen.

      Das Fahrrad ist wieder in Ordnung, sagte ich atemlos.

      Als Valentina leise lachte, merkte ich, dass ich sie am liebsten umarmt hätte.

      Es sind noch mehr da, die repariere ich auch, dann machen wir zusammen einen Ausflug.

      Ich aß hastig eine geröstete Scheibe Toast von der Herdplatte, trank einen Becher Malzkaffee, den Valentina gekocht hatte, und ging zufrieden in der Küche auf und ab, wie jemand, der eine große Ernte eingebracht oder die aufgezogenen Kälber verkauft hat. Der Junge sah mich teilnahmslos an, er schien mich nicht zu erkennen. Wieder war er mit seinen dünnen Spinnenstrichen beschäftigt, so als zeichne er ein Netz, das Netz, in dem er gefangen saß. Ich zeichnete ihm auf ein anderes Blatt ein Fahrrad, aber er reagierte nicht.

      Du kannst mir helfen, sagte ich, aber ich spürte den übertriebenen Optimismus darin.

      Also, ich bin in der Scheune, sagte ich.

      Ich nahm mir alle sechs Fahrräder vor, die dort standen. Sie waren sicher vierzig oder fünfzig Jahre alt, die Markennamen konnte man kaum noch entziffern, der Lack war abgewetzt, die Handgriffe durch jahrzehntelanges Umgreifen verschlissen. Ich stellte die Räder der Reihe nach auf, fettete die Ketten, um überhaupt anzufangen. Natürlich waren alle Schläuche hinüber und auch die Mäntel wohl zum Teil kaputt. Ich hatte keine Ersatzteile, aber ich prüfte nacheinander die Tretlager, die Speichen, zog etwas nach und gab immer Fett an die Gewinde oder Schäfte, die ich losbekam. Ich brauchte zwölf Schläuche und fast genauso viele Mäntel, die waren nicht da, und meine Arbeit konnte nicht weitergehen. Trotzdem war ich zufrieden, als ich alle Werkzeug- und Vorratskisten durchsucht hatte, ich musste mir die Teile nach und nach besorgen, es gab doch sicher im Ort ein Fahrradgeschäft. Wieder hatte ich es geschafft, mich für zwei Stunden nicht zu erinnern.

      Das letzte Jahr war das schlimmste von allen gewesen. Ich hatte wie ein Mönch gelebt, allein in der feuchten Abbruchwohnung geklebt, nur mit meinen Gedanken beschäftigt, die sich nicht fortbewegten. Ich wollte einsam sein, ich traute mich nicht unter Menschen. Ich wusste nicht mehr, wovon ich gelebt, was ich gegessen hatte.

      Valentina und der Junge waren nicht da, als ich aus der Scheune zurückkam. Ich aß ein Stück Käse und öffnete eine Dose Ananas. Schliefen sie wieder? Ich nahm das reparierte Fahrrad und fuhr in die Stadt. Ich wollte sehen, was ich erreichen konnte.

      Diesmal kam ich an den Supermärkten vorbei, an dem Bahngleis und sah die flachen schnellen Züge, die vorbeizischten. Kindergruppen kamen aus der Schule, zuerst wollte ich eins der Kinder nach einem Fahrradladen fragen, aber ich hatte Angst, mich verdächtig zu machen. Ich zog meine Kreise durch die Einkaufsstraßen, ich war frei, jemand, der als Nächstes tun konnte, was er wollte, aufbrechen, stehen bleiben, niederknien, mir kam es vor, als sei alles möglich, und ich entdeckte ein Fahrradgeschäft. Es hatte geschlossen, aber ich erkannte im Inneren genau das, was ich brauchte, Regale voller Fahrradschläuche in Pappschachteln, aufgehängte Mäntel in allen Größen und Profilen, Sättel, Klingeln, Luftpumpen, Schlösser.

      Ich fuhr in einen Hof, an einer Reinigung und einem Blumenladen vorbei, dort fand ich den Hintereingang des Ladens. Ich öffnete vorsichtig die Well-blechtür und sah eine Werkstatt, ein Fahrrad, das von der Decke baumelte, ölige Lappen, Werkzeug, ausgebaute kaputte Teile. Es schien niemand da zu sein, aber ich wartete ab, vielleicht hatte das Öffnen der Tür einen Kontakt ausgelöst, und irgendwo klingelte es.

      Leise schlich ich durch die Werkstatt, sah mir die Fahrräder an, die auf ihre Reparatur warteten, die Werkbank, die Hängevorrichtung. Im Laden war auch niemand, sie hatten wohl Mittagspause.

      Ein solcher Platz wäre das Richtige für mich, dachte ich. Ich könnte sofort anfangen. Man würde mich schätzen, weil ich sorgfältig arbeitete. Es war nur ein winziger Schritt, der mich davon trennte, fast hätte ich angefangen, die Schläuche herauszusuchen und mitzunehmen, die mir noch fehlten, aber ich ließ es, weil ich viel lieber in der Werkstatt stehen und die Arbeit an dem aufgehängten Rad zu Ende bringen wollte.

      Ich holte mein Rad herein, das draußen gestanden hatte und setzte mich einfach auf den Hocker, als sei das mein Platz, ein Platz, den ich nicht mehr aufgeben würde. Ich dachte nicht an die Gefahr, daran, dass ich meine neuen Bekannten verlieren würde, dass ich durch diesen Leichtsinn wieder zurückmusste.

      Eine Frau klopfte an der Vordertür, die sich von innen öffnen ließ, sie brachte ein Kinderrad herein, mit einer Acht im Vorderrad. Ich erkannte auf einen Blick, was zu tun war. Aber ich setzte mich auf den Arbeitshocker und starrte sie an.

      Die Frau schloss die Tür, und wir waren allein. Ich antwortete nicht einmal, als sie Guten Tag sagte. Bald würde der Besitzer kommen, und alles wäre vorbei. Ich wollte es, solange es ging, offen halten. Vielleicht war ich verrückt.

      Sind Sie neu hier?, fragte die Frau.

      Ich lächelte nur, und erstaunlicherweise lächelte sie zurück, als sei das gar keine Frage gewesen, auf die sie eine Antwort erwartete.

      Sie war eine junge Mutter, wahrscheinlich hatte sie erst ein Kind, sie sah streng und ein wenig hart aus, aber so, als hoffe sie darauf, dass ihr jemand diese Härte wegnahm, ihr Weichheit ermöglichte, sie von etwas Aufgebürdetem erlöste.

      In diesem Moment sah ich alles, ihr Leben, ihr Kind, ein Mädchen, ihren Mann, den kleinen gemeinsamen Fleck, den sie sich angelegt hatten und auf dem sie sich abends trafen, bevor jeder wieder in seine Richtung wegging, das Erstaunen darüber, dass etwas vorbei war, dass die harten und strengen Linien nach vorn kamen. Gleichzeitig schien sie mich anzusehen, als könnte sie in meinem Gesicht etwas erfahren, was sie unbedingt wissen musste.

      Ich dachte an Valentina und den Jungen, als sei ich nur für sie