Säkulare und religiöse Bausteine einer universellen Friedensordnung. Christian J. Jäggi

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Название Säkulare und religiöse Bausteine einer universellen Friedensordnung
Автор произведения Christian J. Jäggi
Жанр Документальная литература
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Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783828873438



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„die in ihnen enthaltene Bedeutung aufzudecken“ und die Verpflichtung der Christinnen und Christen zum befreienden Einsatz in diesen Geschehnissen zu stärken. Damit wird die Theologie zu „im Licht des Wortes ausgeübte[r] Reflexion über die historische Praxis“ (Gutiérrez 1992:81). Sie kann damit dazu beitragen, soziale, politische und wirtschaftliche Verhältnisse zu ändern.

      Wenn dies stimmt, könnte die Befreiungstheologie eine der wichtigsten theologischen und interreligiösen Innovationen sein, welche in den letzten 100 Jahren entstanden sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn die soziale und ökonomische, aber auch ökologische Befreiung in dieser Welt mit dem jenseitigen Heilsversprechen kombiniert werden kann.

      Otfried Höffe (2015:30) hat darauf hingewiesen, dass in der Vormoderne, so etwa in der griechischen Philosophie – ausser in der Stoa – und auch im Judentum und im Christentum, der Gedanke des Menschen als Ebenbild und Schöpfung Gottes, verbreitet war. Dabei sei die im Judentum noch „enthaltene ethnische Begrenzung“ im Christentum aufgehoben worden. Doch – so Höffe (2015:30) – hätten alle drei Weltanschauungen daraus kaum rechtliche Konsequenzen gezogen.

      Mit Blick auf die heutige Weltsituation hat Otfried Höffe (2015:129) zu Recht darauf hingewiesen, dass die Auseinandersetzung um globale Werte so geführt werden muss, dass sich alle Kulturen und Weltanschauungen gleichgewichtig einbringen können. Dabei seien die Grundelemente des Liberalismus in einer interkulturell verständlichen Sprache zu legitimieren. Das geht jedoch nur, wenn die Diskursbedingungen nicht schon in sich selbst vereinnahmend sind und bestimmte kulturelle, religiöse oder weltanschauliche Vorstellungen von diesem Diskurs ausschliessen. Dabei dürfen auch nicht kulturspezifische Gründe als Argumente für einen restriktiven Zugang zum interkulturellen Diskurs vorgeschoben werden: „Aus Achtung vor dem Eigenwert der anderen Kulturen sind mit ihnen keine kulturspezifischen, sondern interkulturelle Diskurse zu führen“ (Höffe 2015:129). Das gilt besonders auch für umstrittene Bereiche wie etwa das Strafrecht.

      Eine solche Vision einer interkulturellen Gesellschaft, die unter einem begrenzten säkular-demokratischen Dach funktioniert, steht der kommunitaristischen Sicht recht nahe. Allerdings stellen sich dabei spezifische Fragen, etwa im Zusammenhang mit der wachsenden Zahl von interkulturellen und interreligiösen Ehen und Partnerschaften, der bikulturellen Kindererziehung, unterschiedlicher und übergreifender Vorstellungen sozialer Absicherung, der Frage der Stellung homosexueller Partnerschaften, usw. All diese Fragen sind auf kommunitärer Ebene kaum zu lösen. Und darüber hinaus ist darauf zu bestehen, dass alle Religionsgemeinschaften und Communities auch in ihrem Inneren die Anwendung und Durchsetzung der Menschenrechte garantieren.

      Einiges spricht dafür, dass der diskursethische Ansatz gut geeignet wäre, aus pragmatischer Sicht eine globale interkulturelle Kommunikation über grundlegende Werte und Normen zu ermöglichen und zu institutionalisieren.

      Lienemann (2008:132) hat die Diskursethik wie folg definiert: Sie ist „der Versuch, eine Antwort auf die Frage nach der Bestimmung eines ‚guten‘ oder womöglich ‚gerechten‘ Handelns und Verhaltens dadurch zu geben, dass grundlegende, unabdingbare Regeln für Verständigungsprozesse zwischen Menschen gesucht werden, welche sich unter Bedingungen eines gesellschaftlichen Pluralismus und Antagonismus miteinander nach allgemein geteilten oder mindestens allgemein zustimmungsfähigen Prinzipien zu koordinieren versuchen“. Dabei gründet die Diskursethik nicht auf festen, „allgemein geteilten ethischen Prinzipien“, sondern stellt „Verfahren vernunftgeleiteten Argumentierens“ (Lienemann 2008:132) ins Zentrum. In diesem Sinn geschieht in der Diskursethik eine „Ablösung der Sprache der Autorität und der Gewalt durch die zwanglose Anerkennung der Kraft des besseren Argumentes unter Menschen, die sich gegenseitig respektieren können, auch wo sie um wechselseitige Achtung und Anerkennung ringen“ (Lienemann 2008:132, vgl. auch Jäggi 2016a:207ff). Nach Habermas kann in der Diskursethik „eine Norm nur dann Geltung beanspruchen, wenn alle von ihr möglicherweise Betroffenen als Teilnehmer eines praktischen Diskurses Einverständnis darüber erzielen (bzw. erzielen würden), dass diese Norm gilt“ (Habermas 1983:76). Das bedeutet: die Wahl von Normen kann begründet werden, sie müssen im Interesse aller Betroffenen sein und alle Betroffenen müssen sich dazu äussern können (oder einmal dazu genäussert haben).