Louis Nicolas Davout. Das Genie hinter Napoleons Siegen. Alain Felkel

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Название Louis Nicolas Davout. Das Genie hinter Napoleons Siegen
Автор произведения Alain Felkel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788711448939



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wurde Davout erst zum Oberst einer Halbbrigade ernannt, dann, am 3. Juli 1793, zum Brigadegeneral befördert.

      Nach einigen Gefechten in Belgien erhielt er den Befehl, sich in die Vendée zu begeben. Hier hatte sich die durchweg royalistisch gesinnte Bevölkerung nach dem Ausrufen der Republik gegen die jakobinische Regierung aus Paris erhoben und deren Truppen schwere Niederlagen zugefügt.

      Dies sollte sich auch nicht ändern, als Davout auf dem Kriegsschauplatz eintraf. Der Feldzug in der Vendée verlief unglücklich. Der Brigadegeneral kam gerade noch rechtzeitig, um an der Schlacht von Vihiers teilzunehmen, die zu einer vernichtenden Niederlage für die Regierungsarmee wurde. Obwohl die Bauern der Vendée schlecht bewaffnet waren, durchbrachen sie mit Todesmut die miserabel geführten Kolonnen der republikanischen Infanterie und schlugen sie in die Flucht. Einzig Davouts Umsicht war es zu verdanken, dass der Rückzug der Regierungstruppen nicht zum Desaster wurde. Mit einer kleinen Kavallerieabteilung sicherte der Brigadegeneral den Rückzug seiner Kameraden und bewahrte sie so vor völliger Vernichtung. Mit dieser Aktion endete auch schon Davouts aktiver Beitrag an den Kampfhandlungen in der Vendée.

      Am 30. Juli 1793 erhielt er vom Kriegsministerium die Nachricht, dass er zum Divisionsgeneral befördert worden war und nach Paris reisen sollte, um weitere Instruktionen entgegenzunehmen. Er war gerade auf dem Weg dahin, als ihn eine Nachricht erreichte, die all seine Karriereträume wie Seifenblasen zerplatzen ließ. Er erfuhr, dass der Konvent gerade einen Gesetzesentwurf beriet, der zum Inhalt hatte, die Armee von ehemaligen Adeligen zu säubern. Was dies für ihn als Chevalier bedeutete, konnte sich Davout ausrechnen. Aufgeschreckt durch die Ermordung Marats und die royalistischen Aufstände in Marseille, Nimes und Bordeaux witterte die neue radikalrevolutionäre Regierung Frankreichs, der Wohlfahrtsausschuss, überall Verrat und suchte nach Sündenböcken, die er jederzeit dem Volk präsentieren konnte. Schon zeichnete sich die Zeit der Schreckensherrschaft ab, der 30 000 Franzosen unter dem blutigen Zepter Dantons und Robespierres zum Opfer fallen sollten. Davout musste handeln, bevor das Gesetz gegen die ehemaligen Adeligen öffentlich verkündet wurde.

      Am 29. August 1793 schrieb er Kriegsminister Bouchotte, dass er nicht nur die ihm angebotene Beförderung zum Divisionsgeneral ablehnen müsste, sondern reichte auch darüber hinaus seine Demission ein, mit der Begründung, früher adelig gewesen zu sein. Der Kriegsminister, fern davon, Davout zu grollen, bedauerte dessen Entscheidung zutiefst, wünschte ihm jedoch viel Glück für seine weitere Zukunft.

      Und Glück brauchte Davout. Zwar hatte ihn sein Abschied aus der vordersten Schusslinie gebracht. In den Augen des Konvents jedoch blieb er trotzdem verdächtig. Einzig seine Verdienste in der Dumouriez-Affäre und mächtige Fürsprecher wie General Pille von der Nordarmee hatten ihn davor bewahrt, sich in langwierigen Verfahren wegen seines Ausscheidungsgesuchs rechtfertigen zu müssen.

      Hoffnungsvoll machte sich Davout auf den Weg nach Ravières. Der junge Brigadegeneral »a. D.« war der Ruhe bedürftig. Aber in Ravières hatte sich Einiges geändert. Die erste Veränderung betraf seine Mutter, die sich inzwischen von ihrem Mann Turreau im gütlichen Einvernehmen getrennt hatte. Der zweite Umbruch betraf Davouts eigene Ehe. Wie er bei seiner Ankunft erfuhr, war seine junge Frau Nicole, die er zwei Jahre nicht mehr gesehen hatte, mit einem anderen Mann eine Liaison eingegangen, was den gehörnten Ehemann zutiefst erzürnte. Ohne sich von den Tränen seiner Frau erweichen zu lassen, reichte er sofort die Scheidung ein. So sehr Nicole ihn um Verzeihung bat, so sehr ihn ihre Verwandten wegen der zu erwartenden Schande bedrohten, Davout blieb hart.

      In keinster Weise mit dem Gemüt und Charakter meiner Ex-Frau sympathisierend, wollte ich aus dem Gesetz Vorteil ziehen und die Verbindungen kappen, die mich nicht glücklich machten: Nun gut. Ich wurde mit Spießen, Flintenschüssen und Steinwürfen bedroht. [...] Endlich, nach all den vorgeschriebenen Formalitäten, wurde meine Scheidung durch den Standesbeamten verkündet.19

      Davout trennte sich von seiner Frau und verstieß sie. Diese Härte sollte tragische Konsequenzen haben. Ein Jahr später war Nicole Davout, geborene de Seuguenôt, tot. Ob an einer Krankheit, am gebrochenem Herzen oder an der Schande gestorben, darüber geben die Quellen keine Auskunft.

      Aber nicht nur im privaten Bereich wartete Unbill auf den Heimkehrer wider Willen. Kaum hatte sich Davout von Nicole getrennt, verhaftete ein Ratsmitglied aus Auxerre in Begleitung zweier Gendarmen Davouts Mutter wegen Hochverrats und versiegelte ihren Sekretär. Was jedoch wurde der Schlossherrin von Ravières zur Last gelegt? Um dies zu erfahren, beschloss Louis, seine Mutter nach Auxerre zu begleiten, was ihm der Beamte nicht abschlug. Als der Gefangenentransport in einem Wirtshaus im kleinen Örtchen Tonnere abstieg, um dort zu übernachten, gelang es Davout, sich endlich mit seiner Mutter auszutauschen. Reumütig gestand Françoise-Adélaïde ihrem Sohn, dass sie als Strohmann der emigrierten Adelsfamilie La Rochefoucault deren Grundbesitz vor der Zwangsversteigerung gerettet habe, indem sie ihn pro forma aufkaufte. Darüber hinaus hatte Françoise-Adélaïde der emigrierten Familie weiterhin den Gelderlös aus den landwirtschaftlichen Erträgen heimlich zukommen lassen und die Briefe, welche diese gefährlichen Transaktionen belegten, in einem Geheimfach ihres Sekretärs aufbewahrt. Damit, das wurde Davout sofort klar, schwebte seine Mutter in Lebensgefahr. In den Augen der Regierungsbehörden hatte sie eine verdächtige Korrespondenz mit französischen Emigranten, den erklärten Feinden der Revolution, geführt und Hochverrat begangen.

      Wie aber hatten die Behörden davon erfahren? Für Davout war klar, dass jemand seine Mutter gezielt bei den Behörden denunziert hatte. Sollten sich für diese Vorgänge Beweise finden lassen, drohte Françoise-Adélaïde die Guillotine. Es gab nur eine Chance: Er musste die belastenden Briefe finden, bevor es die Untersuchungsbeamten taten.

      Noch in der Nacht schritt Davout zur Tat. Nachdem er die Eskorte mithilfe einiger Freigetränke außer Gefecht gesetzt hatte, entwich er durch den Hinterausgang des Wirtshauses und lief in tiefster Nacht den langen Weg nach Ravières zurück. Dort weckte er seine Schwester Julie und ging mit ihr in den Salon seiner Mutter. Vorsichtig, ohne die Amtssiegel aufzubrechen, öffnete er das Geheimfach des Sekretärs, wo nach dem Hinweis seiner Mutter die belastende Korrespondenz eingelagert war.

      Dann verbrannte er die Briefe, schloss das Geheimfach und kehrte den langen Weg nach Tonnere wieder zurück, wo er kurz vor Morgengrauen ankam, ohne dass jemand seine Abwesenheit bemerkt hätte. Als der Tag graute, konnte Françoise-Adélaïde aufatmen.

      Seelenruhig sah sie mit ihrem Sohn ihrem Prozess entgegen, der Tage später in Auxerre stattfand und zu einem Fiasko für den öffentlichen Ankläger der Revolution wurde. Zum Erstaunen des Staatsanwalts erwiesen sich die Anschuldigungen gegen Mme. D’Avoust wegen Hochverrats als haltlos, da die Hausdurchsuchungen in Ravières nicht die sicher geglaubten Beweise geliefert hatten. Aber so einfach ließ sich ein Chefankläger der Republik in den Tagen von Robespierres Schreckensherrschaft nicht vor einem Revolutionstribunal blamieren. Obwohl die Unschuld von Françoise-Adélaïde Davout laut der Aktenlage eindeutig erwiesen war, verurteilte das Gericht sie aufgrund des Verdachts, Kontakte zu Emigrierten zu unterhalten, zu einem mehrmonatigen Gefängnisaufenthalt.

      Da ihr Sohn Louis wusste, dass seine Mutter eine derartige Haft nicht überleben würde, beschloss er, ihr Schicksal zu teilen und mit ihr ins Gefängnis zu gehen, das im Benediktinerkloster von Auxerre untergebracht war. Er wäre vielleicht mit seiner Mutter für immer im Gefängnis von Auxerre geblieben, hätte nicht ein mächtiger Parteifreund ihres Ex-Mannes Turreau sich für die Staatstreue von Mme. D’Avoust verbürgt. Am 13. Mai 1794 verließen Françoise-Adélaïde und Louis Davout das Gefängnis von Auxerre, das sie nie mehr betreten sollten.

      Nur zwei Monate später befreite der kühne Putsch vom 9. Thermidor 1794 (26./27. Juli 1794) nicht nur Frankreich von der Diktatur Robespierres, sondern auch Davout aus seiner erzwungenen Eremitage in Ravières.

      Mit dem Sturz der Jakobinerherrschaft, so glaubte der junge Brigadegeneral, war für ihn der Weg zurück in die Armee frei. Aber so einfach wie der 24-Jährige sich dies vorstellte, gestaltete sich seine Rückkehr in die kämpfende Truppe nicht. Nur dank der Fürsprache seines Ex-Stiefvaters Turreau de Linières und seines Kameraden General Pille gelang es ihm, im Frühjahr 1795 in seinem Dienstrang als Brigadegeneral zur Moselarmee detachiert zu werden.

      Unter dem Befehl von General Moreaux zeichnete