Название | Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman |
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Автор произведения | Patricia Vandenberg |
Жанр | Языкознание |
Серия | Dr. Norden Bestseller Paket |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740937553 |
Für Cornelius war das allerdings keine ausreichende Beruhigung, denn Anatol van Reyken gab es auch noch. Obgleich er sich fast sicher war, dass Tatjana die treibende Kraft war, musste man auch ihn fürchten.
*
Auch Daniel und Fee hatten sich an diesem Abend ausschließlich mit diesem Fall befasst, denn Daniel hatte den Bescheid bekommen, dass sich in der Tablettenpackung tatsächlich jene Migränetabletten befunden hatten, die Rückstände waren festgestellt worden.
»Raffiniert eingefädelt«, sagte er grimmig. »Van Reyken hat die Tabletten ausgetauscht, und Evelyn Boerden hat jene arglos genommen, die für sie schädlich waren. Als sie dann in die Klinik gebracht wurde, hat er die richtigen Tabletten wieder zurückgegeben. Ich bin nun sehr gespannt, wie es in der Behnisch-Klinik weitergeht.«
»Es war zu riskant«, sagte Fee nachdenklich.
»Dieter ist vorbereitet. Er wird das schon richtig machen«, sagte Daniel. »Ihr ist doch gar nichts zu beweisen, wenn sie nicht einen Fehler macht. Die Polizei hätte uns ja ausgelacht, wenn wir sie gleich eingeschaltet hätten.«
»Ruf doch lieber mal an«, bat Fee. »Ich bin so unruhig.« Aber kaum hatte sie es ausgesprochen, läutete das Telefon. Daniel nahm den Hörer ans Ohr.
»Vater im Himmel«, rief er aus, »so habe ich es mir allerdings nicht vorgestellt. Nun wirst du wohl nichts mehr von mir wissen wollen. – Ja, wir kommen noch hinüber«, sagte er dann, nachdem er ein paar Sekunden gelauscht hatte.
»Verflixt und zugenäht«, brummte er, als er das Gespräch beendet hatte. »Dass sie einen Revolver mit sich herumschleppt, konnte ich wirklich nicht ahnen.«
»Was ist passiert?«, fragte Fee erregt.
»Zum Glück nichts, als ein Schuss in die Wand. Jetzt befindet sich die geheimnisvolle Frau Anatol in Polizeigewahrsam und in der Klinik ist wieder Ruhe und Ordnung.«
»Ist Dieter sehr böse?«, fragte Fee ängstlich.
»I wo. Er hat die Ruhe weg. Er meint nur, dass wir ihm auch mal ein paar ganz normale Fälle überweisen könnten.«
»Das haben wir doch auch schon getan. Mir war diese Frau ja gleich unheimlich. Ganz normal ist sie bestimmt nicht.«
»Woher beziehst du dieses Wissen, Liebling?«
»Intuition.«
»Ich möchte wissen, wie viel Irre in der Welt unbehelligt herumlaufen«, meinte Daniel nachdenklich. »Komm, wir fahren in die Klinik. Dieter meint, dass Frau Boerden die Nacht nicht überleben wird.«
»Durch die Schuld dieser Frau?«
»Nein, sie ist gar nicht zu dem Krankenzimmer gelangt, und ich glaube auch nicht, dass sie wegen Frau
Boerden in die Klinik wollte.«
»Werden wir es jemals erfahren, was sie vorhatte?«, fragte Fee. »Was gibt es doch für Menschen. Da habe ich vorhin in der Zeitung gelesen, dass eine Frau den Chefarzt einer Klinik erschossen hat, weil er ihren Sohn nicht entlassen wollte.«
»Das ist doch Wahnsinn«, sagte Daniel entsetzt.
»Ja, es ist Wahnsinn. Aber was geht in einem menschlichen Gehirn vor, Dan? Wir wissen es nicht. Wenn wir es wüssten, gäbe es keine Verbrechen. Aufmerksam wird man auf solche Menschen doch erst, wenn sie eine Untat begangen haben. Das Wesen eines Menschen wird vom Gehirn gesteuert. Ein schrecklicher Gedanke, dass hinter einer schönen Fassade ein krankhafter Geist lebt.«
»Fandest du sie schön?«, fragte er erstaunt.
»Faszinierend«, gab Fee zu. »Beängstigend faszinierend.« Daniel erwiderte darauf nichts. »Cornelius ist ein kluger Mann«, fuhr Fee fort. »Er wird sich jetzt Gedanken machen, ob solche extremen Charakterzüge nicht erblich sind. Schließlich war seine Mutter Tatjanas Schwester.«
»Er macht mir einen sehr normalen Eindruck. Du denkst immer gleich weiter.«
»Ja, für ihn wird es schwer sein, darüber hinwegzukommen. Was hat ihm das Leben bisher gebracht, außer Kummer und Sorgen? Eine freudlose Kindheit, eine überschattete Jugend. Der rätselhafte Tod seines Vaters, die Angst um eine kranke Frau, die er sehr liebt, nun auch noch die Angst um Saskia.«
»Die er auch liebt?«, fragte Daniel.
»Jedenfalls ist er ihr sehr zugetan. Was würdest du tun, wenn dich ein Patient mit dem Revolver bedroht?«, lenkte sie dann ab.
»Ich würde ihm erst mal gut zureden.«
»Und wenn er gleich schießt?«
»Ja, mein Schatz, da würde ich wohl nicht mehr viel sagen können, sondern nur hoffen, dass er ein schlechter Schütze ist.«
»Sei nicht so ironisch«, sagte Fee bebend.
»Mach du dir nicht so viel Gedanken. Ich stehe mit meinen Patienten auf gutem Fuß. Du sagtest vorhin, dass diese seltsame Mutter den Chefarzt einfach erschossen hat?«
»Ja, blindlings. Den Arzt, der ihrem Sohn helfen wollte.« Fröstelnd zog sie die Schultern zusammen. »Ich habe nie gedacht, dass unser Beruf so gefährlich sein könnte, Dan.«
»Die größte Gefahr in unserem Beruf sehe ich darin, eine falsche Diagnose zu stellen, Fee. Ich würde mir ewig den Vorwurf machen, nicht genug getan zu haben, um ein Menschenleben zu retten.«
»Du stellst keine falschen Diagnosen«, sagte Fee.
»Mein Liebes, ich bin auch nur ein Mensch. Im Falle Tatjana Anatol muss ich sagen, dass ich sie beim ersten Besuch für völlig gesund hielt. Ich werde nie mehr auf Wunsch ein Rezept ausschreiben, wenn ich den Patienten nicht kenne.
»Dann möchte ich wissen, wie viel Apotheken rezeptpflichtige Medikamente so herausgeben.«
»Das müssen sie selbst verantworten. Mich tröstet im Augenblick nur der Gedanke, dass jene Tabletten, die Frau Boerden schadeten, nicht von mir verordnet wurden.«
»Woher mochte Reyken gewusst haben, dass sie ihr schaden konnten?«, fragte Fee.
»Vielleicht durch einen Zufall. Es kann ja sein, dass er unter Migräne leidet und dem Informationszettel entnahm, dass Herzkranke diese Tabletten nicht nehmen dürfen. Die Idee zu manchem Verbrechen wird aus einem geringfügig scheinenden Zufall geboren, Fee.«
»Ein entsetzlicher Gedanke!«
»Ja, das Gehirn des Menschen ist für uns noch sehr, sehr geheimnisvoll.«
*
Anatol van Reyken litt unter Migräne. Für Dr. Norden war es nur eine vage Vermutung gewesen, für van Reyken eine sehr schmerzhafte Tatsache. Und es war ganz seltsam, aber er wagte nicht, seine Tabletten zu nehmen, obgleich er genügend bei sich hatte. Die ganze Packung, die Tatjana ihm gebracht hatte.
Wenn ihm nun auch etwas am Herzen fehlte? Er wurde diesen Gedanken nicht los. Er hatte jetzt manchmal ein so beklemmendes Gefühl, Schweißausbrüche, panische Angstzustände. Immer war es ihm, als würde er verfolgt, als beobachte man ihn.
Er war nun schon den zweiten Tag in der Schweiz, aber an den Fürsten Dejali war er noch nicht herangekommen. Er war inkognito hier. Niemand konnte ihm sagen, wo er wohnte. In Erscheinung war der lebenslustige Fürst noch nicht getreten, aber Anatol van Reyken fragte sich auch, ob es überhaupt einen Sinn hätte, nochmals an ihn heranzutreten.
Damals hatte er Interesse gezeigt, doch auch das war sofort erloschen, als er erfuhr, dass Magnus Boerden tot war. Und was hatte er, Anatol van Reyken schon davon gehabt? Ein lächerliches Trinkgeld. Mehr war dem Fürsten die Information nicht wert gewesen.
Obgleich sein Kopf zum Zerspringen schmerzte, kamen van Reyken jetzt ganz nüchterne Gedanken. Er überlegte, dass er sich da in ein völlig sinnloses Unternehmen eingelassen hatte, immer wieder angetrieben von