Название | Die Chroniken der drei Kriege |
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Автор произведения | S. A. Lee |
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Издательство | |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783967525557 |
Monzù stand mit finsterer Miene am Fußende des Bettes und hielt den Blick starr auf das Gesicht des ohnmächtigen Heilers gerichtet. »Die Stadt quillt über vor panischen Menschen, Plünderern und Soldaten. In diesem Durcheinander werden wir sie nie finden.«
»Wahrscheinlich ist sie ohnehin längst tot«, entgegnete Rhùk ohne eine Spur seines üblichen Spotts. Bei diesen Worten zogen sich Kirins Eingeweide zusammen, doch ehe er etwas entgegnen konnte, hob Megan den Kopf: »Wenn sie tot wäre, hätten sie sich wohl kaum die Mühe gemacht, sie mitzunehmen. Die anderen haben sie auch einfach liegenlassen.«
Unweit der westlichen Gartenmauer hatte man vier tote Windreiter gefunden, die offensichtlich völlig überrascht worden waren; nur einer von ihnen war noch dazu gekommen, seine Schwerter zu ziehen. Offenbar hatten die Schwarzmagier gewusst, wo im Palast sich am wenigsten Wachen befinden würden. Was allerdings Elouané dazu bewogen hatte, derart weit vom Palast entfernt in den Gärten herumzuirren, wusste niemand.
Asusza stand grimmig schweigend an der Tür; sie hatte über Elouané gewacht, als sie in dem Schrein gebetet hatte. Das Mädchen sei eingeschlafen, berichtete sie, und urplötzlich habe Asusza schreckliche Geräusche gehört, die aus den Fürstengemächern gekommen seien. Sofort hatte sie sich aufgemacht, um nachzusehen, nur um von den dortigen Wachen versichert zu bekommen, dass alles ruhig sei und keiner von ihnen auch nur im Entferntesten Lärm gehört habe. Als sie daraufhin zum Schrein zurückgekehrt war, war Elouané weggewesen, und wie sehr sie auch nach ihr gesucht hatte, sie hatte sie nicht mehr finden können.
Die Entführung einer ihr anvertrauten Person machte Asusza schwer zu schaffen, doch Kirin vermutete, dass auch die Windreiterkommandeurin gegen die eingedrungenen Hexer machtlos gewesen wäre. Zumindest war sie noch am Leben.
Wie aufs Stichwort schlug Aderuz die Augen auf. Er gab ein leises Stöhnen von sich, und seine Augen rollten einen Augenblick wild in ihren Höhlen umher, ehe sie Megan fixierten. Der Heiler starrte seine junge Kollegin etwa drei Herzschläge lang an, dann schien in seinem Kopf etwas einzurasten. Ein Ruck ging durch seinen Körper, und im nächsten Moment hatte er Megan am Kragen gepackt und sich in eine halb aufgerichtete Position gewuchtet, das eingefallene Gesicht aschgrau.
»Das Mädchen! Sie haben das Mädchen mitgenommen!«
»Ich weiß«, erwiderte Megan erstaunlich ruhig, wenn man bedachte, dass ihr ein Mann am Kragen hing, der etwa dreißig Kilo schwerer war als sie. »Wisst Ihr, wo man sie hingebracht hat?«
Aderuz atmete stoßweise ein und aus und wurde dabei zusehends bleicher.
»Legt Euch hin«, befahl Kirin und ging um das Bett herum.
Behutsam befreite er Megan aus dem Klammergriff des Heilers, dessen Augen sich bei seinem Anblick weiteten.
»Exzellenz«, raunte er, »Exzellenz, vergebt mir. Ich habe Euch enttäuscht. Ich habe versucht, sie davon abzuhalten... aber ich konnte nicht … Ich … ich habe …« Er stockte einen Moment, und seine Augen füllten sich mit Tränen. »Ich war es, der diesen Schattenkreaturen Tür und Tor geöffnet hat. Ich war … blind in meinem Ehrgeiz, zu blind, das Böse zu sehen …«
Kirin umfasste die Hände des Heilers, die sich beunruhigend kalt anfühlten. »Es war sehr mutig von Euch, ihnen entgegenzutreten«, sagte er.
»Mutig und dumm«, ergänzte Megan, die die Veränderung im Teint des Heilers mit Besorgnis verfolgte. »Es war pures Glück, dass Ihr nicht getötet worden seid.«
Der Schatten eines Lächelns glitt über Aderuz‹ Gesicht. »Kein Glück – Schicksal«, sagte er heiser und wies mit den Augen auf Kirins Gürtel.
Der Schattendolch, der bei Aderuz gefunden worden war, hing dort, die Klinge merkwürdig verbogen. »Als sie ihre Magie auf mich warfen, ist sie von ihrer eigenen Waffe abgeprallt. Hätte ich sie nicht bei mir getragen …« Mit schmerzverzerrtem Gesicht brach er ab.
»Aderuz«, begann Kirin und setzte sich an die Seite des Heilers. »Ich weiß, Ihr seid verletzt und braucht Ruhe – aber haben die Schattenanhänger irgendetwas gesagt, bevor sie Elouané entführt haben? Irgendetwas, das uns einen Hinweis liefern könnte, wo sie sie hingebracht haben?«
Der Heiler blieb einen Moment mit geschlossenen Augen liegen, während sich seine Brust krampfhaft hob und senkte. Dann sah er Kirin wieder an, einen flehenden Ausdruck im Gesicht.
»Sie sagten … dass sie sie in die Heimat ihres Gottes bringen wollen. Und sie nannten sie … sie haben ihr einen Namen gegeben … Gefäß, glaube ich …«
Megan hob den Kopf und sah hinüber zu Rhùk. »Wenn ich mich nicht irre, war das auch das Wort, das der Schattenjünger in dieser Höhle verwendet hat.«
»Was bedeutet das?«, fragte Kirin.
Aderuz umklammerte seine Hand so fest, dass er ihm die Finger zerquetschte.
»Etwas Böses, Exzellenz. Ich habe diesen Kreaturen in die Augen gesehen, und ich sah keine Seele darin. Sie … sie …« Zu mehr jedoch fehlte ihm die Kraft; mit verzerrtem Gesicht ließ er sich in die Kissen zurücksinken, und Megan gab Kirin und den anderen ein Zeichen, zu gehen.
Draußen auf dem Korridor tigerte Kirin unruhig auf und ab. »Die Heimat ihres Gottes … wo ist die Heimat ihres Gottes?«
»In einem Königreich zehntausend Meilen unter der Erde, so heißt es«, erwiderte Rhùk mit einem Achselzucken. »Ich würde gern sehen, wie sie versuchen, dort hinzugelangen.«
Kirin rieb sich das Gesicht. »Und was meinen sie, wenn sie Elouané als ‹Gefäß’ bezeichnen? Was heißt das?«
»Tja«, meinte Rhùk, und mit einer unguten Ahnung sah Kirin, wie sich in seinem Gesicht ein Lächeln ausbreitete, »fragen wir.«
Der Raum war schon seit der Gründung des Palastes als Kerker genutzt worden, allerdings hatte man für diesen speziellen Gefangenen zusätzlich aufrüsten müssen: Blank polierte Metallscheiben waren in einem engen Kreis um den Priester herum aufgestellt worden, hinter denen die Windreiter Wache hielten wie hinter einem Schildwall. Durch winzige Lücken zwischen den Metallplatten reckten sie ihre Schwerter gegen den Gefangenen, so dass kaum ein Daumenbreit Abstand zwischen den Schwertspitzen und seinem Hals lag. Jeder der Krieger war hoch wachsam und bereit, den Alten in Herzschlagschnelle zu durchbohren, sollte er Magie einsetzen wollen.
Kirin steckte sein Schwert durch einen Spalt in den Schilden und platzierte die Spitze direkt am Adamsapfel des gefangenen Mannes. »Ihr seid der Ordensvorsteher des Schattenkultes in Nardéz, ist das richtig?«, fragte er.
Die Augen des alten Mannes – viel mehr konnte er nicht bewegen, ohne aufgespießt zu werden – huschten in Kirins Richtung; wegen der Stahlbarrikaden konnte er ihn nicht sehen, aber Kirin war sicher, dass er seine Stimme erkannte, denn das faltige Gesicht nahm einen durch und durch bösen Ausdruck an.
»Das bin ich wohl«, entgegnete er. »Doch seid Ihr ein Großfürst, wenn Ihr Euch hinter Euren Soldaten und Blechschilden versteckt und mich in Fesseln legt?« Dabei hob er anklagend die dürren, mit Ketten versehenen Handgelenke.
»Wo haben Eure Leute Elouané hingebracht?«, fragte Kirin, ohne darauf einzugehen.
Der alte Mann kniff die dünnen Lippen zusammen und schwieg.
»Euch ist bewusst, dass im Moment sieben Windklingen auf Euren Hals gerichtet sind, die nur darauf warten, Euch zu Eurem Gott zu schicken?«
Der alte Ordensführer lachte heiser. »Ich habe Euch das Leben gerettet«, ächzte er. »Ich allein stand zwischen Euch und einer vergifteten Klinge, und zum Dank dafür wollt Ihr mich töten?«
»Stimmt, Kirin, das wäre undankbar«, warf Rhùk, der sich von hinten an Kirin herangestohlen hatte, ein. »Hack ihm doch lieber seine Hände ab, die braucht er nicht zum Reden.«
»Eine gute Idee«, stimmte Kirin zu, doch der Mann in der Kutte lachte nur.