Sein Horizont. Con Riley

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Название Sein Horizont
Автор произведения Con Riley
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783960895015



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nach seinem Vater, dass Jude es fast gesagt hätte, bis Rob ihn direkt ansah. »Es gibt keine Möglichkeit, diesen Aspekt zu reparieren.« Er gestikulierte auf eine Szene der Verwüstung, deren Anblick Jude kaum ertragen konnte. »Es gibt keine Möglichkeit, die Natur zu besiegen oder den alten Kundenstamm des Anchor aus Low-Budget-Campern zurückzuzaubern.«

      Er hatte recht. »Hier gibt es nichts mehr für sie.« Jude nahm die Hand seiner Schwester in die seine. Und das alles war passiert, kurz nachdem er gegangen war? »Warum hast du nicht …?« Er verschluckte sich an seinen Worten, als er sich vorstellte, wie Louise so kurz nach dem Verschwinden ihrer Eltern zum zweiten Mal in einer Katastrophe aufwachte, und dieses Mal war er nicht da gewesen, um ihr eine tröstende Schulter zu bieten. »Wie hast du das …?«

      »Bewältigt?«, fragte Louise trostlos und weinerlich zum dritten Mal, seit er zurückgekommen war. »Habe ich nicht. Konnte es nicht. Nicht allein. Ich konnte das alles nicht schaffen.« Sie gestikulierte dorthin, wo sich der Strand einst gekrümmt hatte, der jetzt abgesperrt war wie ein Tatort. »Aber ich wusste, dass du es auch nicht konntest. Es hatte keinen Sinn, dich zurückzurufen. Ich hätte den Papierkram mit der Versicherung wegen der Sturmschäden am Pub genauso gut erledigen können wie du. Aber wenn es eine Versicherung gibt, die den Verlust unseres gesamten Gewerbes abdeckt, und das so lange, dann haben Mom und Dad nie eine abgeschlossen.«

      »Und was hast du dann gemacht?«, fragte Jude, lauter, als der Wind auffrischte und tobte.

      »Was ich gemacht habe?« Endlich strahlte Louise. »Ich habe genau das gemacht, was Dad uns immer beigebracht hat, wenn wir im tiefen Wasser in Schwierigkeiten geraten sind.« Sie ergriff Robs Hand, ihre eigene winzig klein in seiner. »Ich habe um Hilfe gerufen und dann versucht, mich so gut es geht über Wasser zu halten, bis Rob kam, um mich zu retten.«

      Kapitel 5

      Sie nahmen einen längeren Weg zurück zum Pub, indem sie dem Küstenweg folgten, anstatt wieder die Abkürzung durch die Felspools zu nehmen. Er brachte sie in das Dorf, ein paar Straßen vom Hafen entfernt. Louise erklärte mehr, während sie an leer stehenden Häusern und verrammelten Geschenkeläden vorbeigingen.

      »Kaum ein Geschäft blieb nach dem Sturm geöffnet. Es gab keine üblichen Wintertouristen. Ohne sie gab es nicht genug Handel, um sich über Wasser zu halten.« Sie blieb vor einem großen, granitverkleideten Cottage stehen, das einst einer Künstlerfamilie gehört hatte. »Marc leitet jetzt die Kunstgalerie seiner Eltern, aber seine Mutter und sein Vater sind zurück nach Frankreich gezogen.« Vielleicht bemerkte sie, wie Jude bei diesem Namen zusammenzuckte. »Ich weiß, dass Marc in der Schule nicht deine Lieblingsperson war, obwohl ich keine Ahnung habe warum. Er kam nach dem Sturm zurück, um seinen Eltern beim Auszug zu helfen. Dann ist er geblieben.« In ihrem Ton lag eine seltsame Schärfe, die fast wie Sorge klang. »Ich weiß nicht, ob es genug geben wird, um ihn noch länger hier zu halten. T-Touristen, meine ich, um die Galerie offen zu halten. Er wohnt jetzt in der Wohnung darüber, und die alte Wohnung seiner Eltern steht leer. Ich denke, sie werden sie als Ferienwohnung verkaufen. Ein schickes.« Sie legte ihre Hände an eine Fensterscheibe und spähte hinein.

      Jude gesellte sich zu ihr und konnte das Interieur kaum erkennen, das so lebendig war wie seine Besitzer, die ganze Familie ausdrucksstark und extravagant auf eine Weise, die Jude instinktiv vermied. »Sie haben Porthperrin direkt auf die Wände gemalt. Riesige Wandgemälde in jedem Zimmer«, erinnerte er sich.

      »Jemand wird das alles übermalen«, sagte Louise. »Es neutral machen«, was Jude an die ganz weißen Schlafzimmer im Anchor erinnerte. »Das ist der neue Markt für uns«, schloss Louise. »Leute, die einen luxuriösen Urlaub wollen und nicht nur einen billigen Campingurlaub am Strand.«

      Judes Atem beschlug die Glasscheibe. »Ich nehme an, das erklärt das Feinschmeckermenü, das ich in meinem Schlafzimmer gefunden habe.« Er richtete sich auf und sah Rob direkt an, immer noch mit dem Gefühl, als würde sich der Boden unter seinen Füßen verschieben und ihn, wie ihren verlorenen Strand, in Richtung Meer drängen. »Und ich schätze, das erklärt den Hummer, den du heute Morgen bei Carl gekauft hast, aber ich verstehe immer noch nicht, wo du da reinpasst.« Die Erwähnung von Essen ließ seinen Magen laut genug knurren, dass Louise es bemerkte.

      »Komm schon«, sagte sie. »Lass uns beim Frühstück reden.« Auf dem Weg dorthin kamen sie an weiteren leerstehenden Häusern vorbei sowie an ein paar weiteren Geschäften, in denen es kein Lebenszeichen gab. »Nach dem Sturm dachte ich – dachten wir alle –, dass die Touristen sowieso wiederkommen würden. Vielleicht würden sie etwas weiter weg campen, aber sie würden trotzdem ins Dorf kommen, um zu essen und ihr Urlaubsgeld auszugeben.« Sie gestikulierte, während sie zum Parkplatz hinter dem Pub gingen. Nur ein paar Autos waren dort geparkt, wo es normalerweise zum Bersten voll gewesen war. »Heutzutage kommen nicht einmal mehr viele Tagesausflügler zu uns. Es hat sich herausgestellt, dass die Leute lieber einfach zu erreichende Orte bevorzugen, als einen langen Spaziergang entlang des Küstenpfads vom nächsten Dorf, und ohne den Strand gibt es hier nicht viel für ihre Kinder.«

      Sie bogen um die Ecke, Möwen beobachteten sie von der Ufermauer aus.

      »Natürlich«, fuhr Louise fort, »ist es immer noch wunderschön hier, aber ohne die Massen liegt es auf der Hand, dass der Pub mehr Geld an jeder Person, die uns findet, verdienen muss.«

      Rob schloss die Tür des Pubs auf. Die Schlüssel seiner Mutter in seiner Hand zu sehen, fühlte sich immer noch seltsam an. Er biss sich lieber auf die Zunge, als es auszusprechen. Jude folgte Rob schweigend in die Küche und nickte, als Louise fragte: »Willst du einen Bacon Butty?« Auf dem Weg zum neuen begehbaren Kühlschrank schaltete sie den Wasserkocher ein und reichte den Speck, den sie darin fand, an Rob weiter, der ihn in die Bratpfanne legte. Dann schnitt sie Brot auf, das er mit Butter bestrich, beide arbeiteten in einem leichten, geübten Tandem.

      »Ich werde den Tee machen«, sagte Jude unwirsch.

      »Keine Milch für Rob«, sagte Louise, als ob sie ihn besser kennen würde als Jude. Das tat sie auch, musste er zugeben, der immer noch damit kämpfte, die vielen Veränderungen zu begreifen, wie zum Beispiel die Schüsseln, die dort gestapelt waren, wo er Tassen erwartet hatte, oder die Teller im Schrank nebenan, die ebenfalls am falschen Platz standen.

      »Hier.« Rob öffnete ein weiteres Schränkchen, sein Blick war zurückhaltend. Wenigstens waren die Löffel dort, wo Jude sie erwartet hatte. Er rührte den Tee um und gab nur einen Spritzer Milch in den seiner Schwester.

      »Du trinkst deinen jetzt auch schwarz?« Louise erklärte Rob: »Er hat seinen Tee immer so milchig getrunken. Er hat Liter für Liter getrunken und dann die leeren Flaschen zurück in den Kühlschrank gestellt.« Als Louise abrupt aufhörte zu sprechen, füllte Rob die plötzliche Stille.

      »Meine Mutter auch.« Seine Stimme lenkte von der Erinnerung daran ab, wer in dieser Küche fehlte. »Nur meine hat geschrien, weil ich den ganzen Saft getrunken habe.« Sein Lächeln war breit, wie Jude es in Erinnerung hatte. »Sie liebte frischen Saft, aber ich trank ihn so oft ohne nachzudenken aus. Jetzt würde ich jeden Morgen hundert Orangen auspressen, wenn sie mich darum bitten würde …« Er erwischte Jude beim Starren. Robs Augenbrauen hoben sich ein wenig und er fragte: »Willst du?«

      Wollte Jude immer noch?

      Er hatte nie aufgehört, Rob zu wollen, das war die Wahrheit – nicht eine einzige Minute lang.

      »Saft?« Rob schüttelte die Packung. »Willst du Saft zu deinem Sandwich?«

      »Nein«, brachte Jude schließlich heraus. Ein Blick in Louises Richtung zeigte ein kleines Stirnrunzeln, das sich vertiefte, als ihr Blick zwischen ihm und Rob hin und her schwang. Er musste sie davon abhalten, noch intensiver über sie nachzudenken. »Komm schon. Lass uns in der Bar essen.«

      Jude trug ein Tablett mit Bacon-Sandwiches in die Bar, in der er seinem Vater so oft geholfen hatte, Kunden zu bedienen. Ein Seufzer entglitt ihm beim Anblick von noch mehr Veränderungen. »Wo sind die Karten?« Früher bedeckten sie eine Wand, wo jeder neue Kunde einen Pin hinterlassen konnte, um zu zeigen, woher er gekommen war. Jetzt hingen an der gleichen Stelle noch mehr Seekarten und Preisschilder.

      »Die