Die Bewohner von Plédos. Richard Oliver Skulai

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Название Die Bewohner von Plédos
Автор произведения Richard Oliver Skulai
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783991312833



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am gleichen Abend eilte Schlankerli in das Verlies des kleinen Idan, um sich die Flöte geben zu lassen. „Du und deine sswei Genossen müssen leider ssterben“, sagte er, „drum gib mir dein Musikinsstrumen!Musikinsstrument! Du wirst’s nisst mehr braussen! Vielleisst finde iss sspäter einen anderen Menssen, der mir damit vorsspielen kann! Wäre sonst ssade drum!“

      „Aber warum müssen wir denn sterben?“, rief Idan entgeistert.

      „Weil ihr nisst von Nutssen für uns seid! Ihr sabt auf unsere Kosten gelebt und könnt nisst bessahlen dafür, darum auss die Sstrafe!“

      „Aber ... aber wir könnten arbeiten, um für das Essen, das ihr uns gegeben habt, aufzukommen“, sagte der kleine Idan.

      „Nisst nötig! Wir wüssten nissts, was ihr arbeiten solltet! Können wir alles besser! Das Problem ist, dass ihr Fremde seid! Fremde, die in unser Land eindringen, müssen ssterben! Es sei denn, dass sie von Nutssen sind! Aber das seid ihr nisst!“

      „Aber ich könnte dir täglich auf meiner Flöte vorspielen!“

      „Damit sab iss auss versusst, unser Gesetss ssu beugen. Jedoss geht das leider auss nisst! Kunst ssählt leider gar nissts!“

      „Gnade, Gnade!“, schrie der kleine Idan und sank auf die Knie. „Ich will nicht sterben! Bitte schone unser Leben! Wir wollen das Land verlassen und auch bestimmt nicht wiederkommen!“

      „Leider kann iss auf diese Wünsse nisst Rücksisst nehmen! Es ist sson Gnade, dass ihr morgen sterben dürft! Früher gab es erst lebenslängliss – und dann erst den Tod! Jetsst aber bitte – das Insstrument!“

      Idan war einige Schritte zurückgewichen, aber Schlankerli verlängerte seinen Arm durch die Gitterstäbe, erhaschte die Flöte aus seiner Hosentasche und zog die Hand schnell zurück.

      „Aber was soll denn aus unseren Eselchen werde?“,werden?“, rief Idan und Bäche von Tränen rannen ihm über die Wangen.

      „Keine Sorge! Die werden versorgt! Die dürfen siss paaren. Und ersst ihre Kinder werden an Sslangen verfüttert!“

      „Und unser Sabut, unser kleiner Mammutfresser?“, heulte Idan. „Er wird sterben, wenn wir ihm nicht Mammutfleisch besorgen!“

      „Das ist leider nisst unser Problem“, erwiderte Schlankerli. „Warum habt ihr ihn nisst dort gelassen, wo er wohnt?“ Mit diesen Worten entfernte sich der König und ließ den kleinen Idan allein.

      Also war es beschlossene Sache. Nichts konnte an dem unerbittlichen Schicksal ändern, das die drei Freunde erwartete. Die Hinrichtung war für den folgenden Tag geplant und noch am Abend hörte man bis zu der Schlangenburg herauf das laute Hämmern und Sägen der Zimmermannsleute, die die Galgen vorbereiteten. Dann, nach einer langen, schrecklichen Nacht, nahte endlich der Morgen, ein überaus trauriger Morgen.

      Zu hilflosen Bündeln zusammengeschnürt wankten die Gefährten zum Ort ihrer Hinrichtung. Ihre Hälse steckten in Schlingen und waren in kurzem Abstand mit einem Strick verbunden, der sich zwischen ihren Füßen befand und deren Bewegungsfreiheit einschränkte. Eine zweite Schlinge, ebenfalls um den Hals geknüpft, war mit den hinter dem Rücken gefesselten Händen verbunden. Derart wohl verschnürt konnten sie sich nur in tapsenden Schritten und in gebückter Haltung fortbewegen. Es war ein langer Weg, denn der Burgplatz, auf dem die Hinrichtung stattfinden sollte, lag ziemlich weit unten und der kleine Idan kam durch die grausamen Fesseln behindert nur äußerst langsam voran. Ein wenig schneller war Äffchen, aber auch dieses war durch seine gebückte und gebundene Haltung äußerst behindert. Nur Kuno Weißhaar ging aufrecht. Sein Hals war zu kurz, als dass man eine Schlinge hätte darum legen können, ebenso waren die Arme zu kurz, als dass man die Hände auf seinem Rücken hätte übereinander fesseln können. Seine Füße waren nur mit einer einzigen Fessel verbunden, die ihm einen bequemen Spielraum ließ, gerade soviel, dass er nicht davonlaufen konnte. Ebenso ließen die Fesseln auf seinem Rücken ihm einen gewissen Spielraum. Es schien den Unglückseligen, als sollte ihre Reise enden, bevor sie richtig begonnen hatte. Endlich, nach langem, mühevollem Weg, hatten sie den Ort ihrer Bestimmung erreicht. Dem kleinen Idan stiegen Tränen in die Augen, als er die hohen Galgen auf dem Burgplatz sah. Sie waren mit stattlichen Halsschlingen ausgerüstet. „Wie wollen sie mich hängen?“, fragte Kuno Weißhaar. „Mein Hals ist zu kurz!“

      „Der Kunomenss wird an den Füßen aufgesängt! Da sat er länger ssu ssappeln!“, sagte einer der Schlangenmenschen, die die Eskorte der Gefangenen an ihrem Bestimmungsort empfing.

      „Nehmt dem Affen und dem Burssen die Halsslingen ab, die mit den Füßen verbunden sind“, befahl Schlangenmenschenkönig Schlankerli. „Sie sollen siss ausssapeln können!“

      Die Henkersknechte, es waren drei, kümmerten sich rührend um die Gefährten und lösten ihnen die Schlingen mit sanfter Hand, sodass sie sich aufrichten konnten, aber nur, um ihren Kopf in die heruntergelassene Schlinge des Galgens zu stecken. Der kleine Idan schluchzte kläglich auf. Die Schlangenmenschen aber johlten, was in den Ohren normaler Menschen wie Zischen klang: „Ssssssss!“

      Der König selbst verlas die Anklageschrift und das Urteil: „Diese mensslissen Versager saben versagt, ein Slankheitsmittel ssu finden, sie saben nisst gründliss danass gesusst und müssen büßen! Sie satten ihre geresste Ssance! Sie werden dessalb ssu Ssappelqualen verurteilt, ssu unserer Augenweide, damit sie ssu etwas gut sind.“ Die Begründungen und Urteile der Schlangenmenschen waren schon immer denkbar kurz, doch konnte sich der König nicht enthalten, noch seine persönliche Meinung bedauernd hinzuzufügen: „Iss sätte den Burssen verssont, doss will das Gesetss, dass er sstirbt! – Große Sseiße!“ Dann gab er mit ausgestreckter Hand das Zeichen für den Beginn der Hinrichtung. Die Henkersknechte lösten die Fesseln von Kuno Weißhaars Füßen, drehten ihn um, steckten seine Füße in die Galgenschlinge und hievten ihn hoch. Nun kam der kleine Idan an die Reihe. Der Henker legte ihm die Schlinge um den Hals und zog sie einmal kräftig an, damit sie auch straff saß. Idan schluckte und brachte ein leises Röcheln hervor. Es klang fast, als wollte er etwas sagen. Aber seine Kehle war ganz trocken.

      „Ein lesster Wunss ssu wünssen?“, fragte Schlankerli.

      Plötzlich fasste Idan wieder Mut. „Ja“, sagte er, „ich möchte noch einmal auf meiner Flöte spielen!“

      Dem König Schlankerli trat ein Lächeln auf den breiten, schmallippigen Mund. „Ssehr ssön! Sspielen will der Bursse! Mag er sspielen! Wir sören es gerne! Sspielen mag er und ssingen!“

      „Ich kann nicht singen, wenn ich spiele“, erwiderte Idan.

      „Nun, das sseint nisst so ssön!“

      „Aber ich kann singen“, sagte Äffchen. „Ich kann singen, während er spielt.“

      „Ssehr ssön! Ssehr ssön!“, sagte Schlankerli und er befahl, Mikrofone herbeizuschaffen und überall Schallverstärker aufzustellen, die die Musik des kleinen Idan im ganzen Schlangenreiche verbreiten sollten. Diener eilten durch die Menge, Mikrofone in den schlanken Händen, die sie vor Idan platzierten. Elektriker, die an ihren Mützen mit einem Zitteraalzeichen zu erkennen waren, legten Kabel aus. Eine mächtige Bewegung ging durch die ganze Runde der Schlangenmenschen.

      „Ihr müsst mir aber noch die Schlinge und die Hand- und Fußfesseln abnehmen, sonst kann ich nicht flöten!“, sagte Idan.

      „Sseiße, fast vergessen, wie konnte iss bloß! O Entssuldigung“, entschuldigte sich Schlankerli. „Entfernt die Fesseln!“

      Die Henkersknechte gehorchten aufs Wort. Neben Idan zappelte und stöhnte Kuno Weißhaar.

      „Und ihr müsst Kuno Weißhaar wieder abhängen, damit er genießen kann, was ich spiele!“, ergänzte Idan.

      „O der brausst nisst ssu genießen! Ssoll sson mal ssappeln!“, erwiderte Schlankerli. „Ihr andern kommt auss noss dran!“

      „Wenn ihr ihn nicht abhängt, spiele ich nicht!“ drohte