Название | Melea |
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Автор произведения | Alexandra Welbhoff |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783903861749 |
„Ich hoffe, er gefällt dir.“
Lea öffnete ihre Augen, und Nalia betrachtete den Armreif, den die junge Frau nun am Gelenk trug. In den silbernen Reif waren zwei Seeschlangen aus Gold eingelassen. Sie standen ein wenig über, und ihre Köpfe überkreuzten sich mittig. Die Schlangen waren unglaublich detailgetreu. In Feinarbeit hatte der Schmied halbrunde Schuppen und die gespaltenen Zungen herausgearbeitet. Des Weiteren verfügten die Schlangen über dunkelgrüne Augen aus winzigen Smaragden.
„Das hat ein Meister angefertigt. Es wird eine Kleinigkeit gekostet haben“, dachte Nalia.
„Ich kann das unmöglich annehmen, Geralt.“
Er beugte sich hinab, bis er mit Lea auf Augenhöhe war.
„Gefällt er dir nicht?“
„Doch, er ist wunderschön, aber viel zu wertvoll. Der Reif muss ein Vermögen gekostet haben.“
Geralt lächelte erleichtert.
„Der Armreif gehört dir. Und ich will keine Widerrede hören.“
„Aber …“
„Nein“, unterbrach er sie.
Lea schüttelte verständnislos den Kopf.
„Womit habe ich ein solches Geschenk verdient?“
Geralt druckste eine Weile herum und betrachtete dabei eingehend seine Stiefel.
„Oh je, so schwer kann das doch nicht sein“, dachte Nalia.
„Nun ja, eigentlich wollte ich …“
Er wurde jäh unterbrochen, als Rion an der Baumgrenze auftauchte und nach den beiden rief.
„Was ist denn los bei euch? Das Essen wird nicht besser, je länger es über dem Feuer hängt.“
Melea und Geralt beeilten sich, zu ihm zu kommen und gingen dann schweigsam zum Haus. Nalia fand sich im Flur wieder.
„Was für ein Trottel. Warum sagt er ihr denn nicht, was er empfindet?“
Sie ging den Flur weiter entlang. Nach dreißig Schritten erschien eine neue Tür.
„Wozu der große Abstand? Die zweite Tür befand sich doch nur wenige Schritte neben der ersten.“
Sie wunderte sich zwar über diesen Umstand, drehte aber den Knauf und fand sich in eiskaltem Wasser wieder. Ihr Atem ging schwer, die Muskeln in Armen und Beinen brannten wie Feuer. Sie hörte Melea, wie sie Geralts Namen rief.
„Und ich dachte, er hätte übertrieben, als er diese Geschichte erzählte“, dachte Nalia.
Melea umklammerte Geralt tatsächlich mit den Beinen und einem Arm, um zu verhindern, dass er unter die Brücke gezogen wurde. Nalia spürte die unfassbare Erschöpfung der jungen Frau, aber auch den unbändigen Willen, Geralt auf gar keinen Fall loszulassen.
Nalia beobachtete mit einer Mischung aus Unglauben und Faszination, wie die beiden es schließlich ans Ufer schafften. Dort machte Geralt seinem Ärger darüber, dass Melea sich derart in Gefahr gebracht hatte, Luft. Doch dann umarmte er sie fest und trug sie auf eine Anhöhe, wo der Boden einigermaßen fest war. Er selbst ging wieder zurück zum reißenden Bach, und Nalia lauschte Meleas Gedanken. Allerdings war es schwierig, einen Sinn darin zu finden, da Melea völlig durch den Wind war. Ihre Gedankengänge überschlugen sich förmlich, bis sie ihren Vater erblickte.
„Der ist ganz schön wütend“, dachte sie.
Rion kam die Anhöhe hinauf und Nalia keuchte schockiert auf, als er Melea auf die Füße zerrte und ihr eine Ohrfeige verpasste. So heftig, dass sie zu Boden ging. Entsetzt sah Melea auf, genau in dem Moment, als Geralt ihren Vater von den Füßen riss. Auch Geralt ging zu Boden, warf sich direkt auf Rion, schüttelte ihn durch und brüllte ihn an.
„Was hast du getan? Bist du wahnsinnig geworden, wie konntest du sie nur schlagen?“
Nalia warf die Tür ins Schloss und rieb ihre schmerzende Wange.
„Na warte, wenn ich dich in die Finger kriege“, regte sie sich auf.
„Das gibt’s ja wohl nicht.“
Sie ging weiter, und wieder waren es mehrere Schritte, bis sich erneut eine Tür manifestierte. Was sie dahinter erlebte, war für Nalia fast mehr als sie ertragen konnte. Dies lag nicht nur an dem kaltherzigen Geflügelten und den furchtbaren Dingen, die er getan und gesagt hatte. Vielmehr machten Nalia die unfassbaren Schmerzen und Gefühle von Melea zu schaffen.
Sie lehnte an der Wand neben der Tür und rieb sich fröstelnd über die Arme.
„Bei allen guten Göttern“, wisperte sie schockiert.
Sie schluckte hart, doch der dicke Kloß im Hals blieb.
„Schrecklich, was sie durchgemacht hat. Es würde mich nicht wundern, wenn sich ihr Geist aufgrund dieser Erlebnisse zurückgezogen hat.
Nalia richtete sich auf und ging dreißig Schritte bis zu einer weiteren Tür. Diese unterschied sich von den anderen, denn sie bestand nicht aus hellem, sondern aus fast schwarzem Holz. Und der Knauf funkelte auch nicht silbern – er schimmerte blutrot.
„Eine Tür schaffe ich noch.“
Nalia spürte, wie allmählich ihre Kräfte schwanden. Sie musste sich beeilen. Deshalb ignorierte sie das ungute Gefühl, das ihr diese Tür vermittelte und öffnete sie. Sofort überkam sie ein eisiger Schauer, als sie in einen düsteren Saal hineinsah. Es herrschte nur dämmriges Licht, sodass sie den Saal nicht überblicken konnte.
„Melea, bist du hier?“, fragte sie laut.
Nalia spürte, dass sie nicht allein war und rief in den Saal hinein.
„Ich bin hier, um dir zu helfen. Auch wenn du mich nicht kennst, so bitte ich dich, herauszukommen und …“
„Ihr seid die Königin von Mesu“, wurde sie unterbrochen.
Verwundert legte Nalia den Kopf schief.
„Woher weißt du das?“
Sie sah eine schattenhafte Bewegung, einige Meter von ihr entfernt.
„Ich schaffe es nicht, zu Euch zu kommen. Sobald ich einen Schritt auf Euch zugehe, entfernt Ihr Euch um zwei Schritte“, sagte Melea.
„Ich werde wohl für immer hier festsitzen.“
Nalia hörte pure Verzweiflung in der Stimme der jungen Frau.
„Nein, das wirst du nicht. Kannst du mich sehen, Melea?“
„Ja!“
Nalia streckte ihren rechten Arm in die Richtung aus, in der sie die Bewegung gesehen hatte.
„Du musst dich jetzt ganz fest auf meine Hand konzentrieren.“
Die Königin atmete schwer vor Erschöpfung, konnte und wollte aber nicht aufgeben.
„Stell dir vor, wie du sie ergreifst. Du darfst an nichts anderes denken. Und dann komm auf mich zu. Sieh nur meine Hand an.“
Nalia bemerkte wieder eine schattenhafte Bewegung. Wenig später konnte sie Meleas Konturen erkennen.
„Das machst du sehr gut. Gleich hast du es geschafft“, sagte Nalia keuchend.
Melea war noch fünf Schritte entfernt, als plötzlich ein fauchender Feuerball aus ihrer Brust heraus und auf Nalia zuschoss. Entsetzt schrien beide Frauen auf. Nalia warf sich auf den Boden, um nicht getroffen zu werden. Doch die Flammenkugel flog nicht über sie hinweg – sie verharrte vor ihrem Gesicht. Nalia sah zu Melea, die verzweifelt aufschrie. Als ob sie jemand an einem Seil zurückzog, stolperte sie rückwärts. Melea stemmte sich zwar dagegen, aber alle Gegenwehr half nichts.
„Nein, komm zurück“,