Melea. Alexandra Welbhoff

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Название Melea
Автор произведения Alexandra Welbhoff
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783903861749



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Blick am Kommandanten der Königsgarde hängenblieb. Dieser stand mit hoch erhobenem Haupt hinter den anderen und drängte sich nun zwischen Rion und Geralt hindurch nach vorn. Nalias Gesicht verhärtete sich. Wie so oft gaffte er sie anzüglich an.

      „Erhebt Euch bitte“, sagte sie freundlich an die übrigen Anwesenden gewandt.

      Ihre Stimme nahm einen verärgerten Unterton an, als sie den Kommandanten ansprach.

      „Erstattet Bericht, wieso Ihr einen meiner Gäste in den Kerker einquartiert habt.“

      Sarus verschränkte die Hände hinter dem Rücken.

      „Eure Hoheit! Dieser Kerl hat zwei meiner Männer niedergeschlagen und drang in einen Raum ein, obwohl der Zutritt von Euch untersagt wurde. Da Ihr nicht ansprechbar wart, habe ich ihm das zukommen lassen, was er für dieses Verhalten verdiente.“

      Nalia waren eben schon etliche Prellungen aufgefallen, die Geralts Gesicht zierten.

      „Und was habt Ihr ihm zukommen lassen?“, fragte Nalia mühsam beherrscht. Auf Sarus’ Gesicht erschien ein süffisantes Lächeln.

      „Nun ja, ich ließ ihn halt in den Kerker werfen.“

      Geralt verzog verächtlich das Gesicht und sagte halblaut: „­Feigling!“

      Daraufhin drehte sich Sarus zu ihm um und herrschte ihn an.

      „Haltet den Mund. Ihr wurdet nicht gefragt, oder soll ich Euch gleich wieder abführen lassen?“

      Geralt wollte aufbegehren, wurde aber von Rion am Arm gepackt. Halldor legte eine Hand auf die Schulter seines Bruders. Nalia fiel auf, wie sehr der General die Kiefer aufeinanderpresste. Sie sah in seinen Augen, wie zornig er war.

      „So wütend habe ich ihn noch nie gesehen“, dachte Nalia.

      „Tretet vor, Geralt! Berichtet mir bitte, was geschehen ist.“

      Er räusperte sich leise und kam nach vorn.

      „Wir haben eine lange Zeit vor der Tür gewartet, Eure Hoheit, und wurden allmählich nervös. Es zerrte an den Nerven, drei Stunden lang dort zu stehen und nicht zu wissen, was vor sich ging. Als wir dann Eure Schreie hörten, wollten uns die Wachen den Zutritt verwehren. Die beiden Männer beharrten darauf, dass Ihr unter keinen Umständen gestört werden wolltet. Aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass Ihr zum Spaß geschrien hattet. Ich dachte, es sei etwas Schlimmes passiert und verschaffte mir Zugang, indem ich die beiden niederschlug. Als ich ins Zimmer kam, sah ich Euch wanken und fing Euch auf, bevor Ihr zu Boden stürzen konntet. Der Heiler kann das bestätigen, denn auch er wollte Euch zu Hilfe eilen, aber ich war eben

      schneller.“ Geralt grinste Helimus entschuldigend an. Nalia konnte sich nur mit Mühe ein Lächeln verkneifen. Sie nickte Geralt zu.

      „Erzählt weiter! Was geschah dann?“

      Geralt wurde ernst und drehte den Kopf zu Sarus.

      „Dann kam der da, mit vier Wachen, und ließ mich in den Kerker werfen. Er scheute auch keine Mühen, mich persönlich in meiner Zelle aufsuchen.

      Er befahl drei Männern, mich festzuhalten, bevor er auf mich einprügelte. Seine Soldaten taten dies nur widerwillig, aber er drohte ihnen wegen Befehlsverweigerung mit dem Strang.“

      Kommandant Sarus verfiel in lautes Gelächter.

      „Das werdet Ihr ihm doch nicht abnehmen, Eure Hoheit?“

      Nalias Gesicht verfinsterte sich zusehends.

      „Wer waren die Wachen, die mit Euch unten waren?“

      Sarus hob abwehrend die Hände.

      „Ich war nicht bei diesem Verrückten. Das bildet der sich ein.“

      Geralt machte drohend einen Schritt auf ihn zu.

      „Klar! Und die Wunden habe ich mir selbst geschlagen, oder was?“

      Nalia erhob die Stimme.

      „Genug jetzt! Hauptmann Celvin, habt Ihr von den Männern diesbezüglich etwas gehört?“

      „Bisher nicht, meine Königin. Ich werde jedoch nicht lange brauchen, um in Erfahrung zu bringen, wer dabei war.“

      Die Königin nickte und hatte durchaus bemerkt, dass Celvin keinen Zweifel daran ließ, wem er glaubte.

      „Holt sie hierher!“

      Celvin verbeugte sich und verließ eilig den Raum. Halldor baute sich mit verschränkten Armen vor Sarus auf. Der Kommandant schaute zu Boden.

      „Ich habe noch einiges zu tun, Hoheit. Ihr entschuldigt mich bestimmt.“

      „Nein, Sarus, Ihr werdet bleiben“, sagte Nalia.

      Er wurde zunehmend nervöser, trat von einem Fuß auf den anderen und zupfte unablässig an seinem Umhang.

      „Noch habt Ihr Gelegenheit, die Wahrheit zu sagen, Sarus.“

      „Das habe ich, Hoheit“, sagte er empört.

      „Nun, das will ich für Euch hoffen.“

      Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis Celvin mit drei Männern der Königsgarde zurückkehrte. Sie fielen vor der Königin auf die Knie und Nalia befragte sie. Und alle drei bestätigten Geralts Aussage.

      Nalia lächelte, als sie sich an den Kommandanten wandte.

      „Sarus, ich enthebe Euch sämtlicher Titel. Des Weiteren werdet Ihr vorerst in einem anderen Quartier unterkommen. Zumindest so lange, bis ich eine Entscheidung getroffen habe, wie ich mit Euch weiter verfahre.“

      Nalia nickte den drei Soldaten zu, die immer noch vor ihr knieten.

      „Führt ihn ab und bringt ihn in die gleiche Zelle, in der Geralt verharren musste.“

      Sein grauer Bart zitterte, als er die Königin anflehte.

      „Eure Hoheit, dass könnt Ihr doch nicht tun. Nicht in dieses finstere Loch.“

      „Oh doch, ich kann! Geralt hat absolut vorbildlich gehandelt, im Gegensatz zu Euren Männern. Die hätten mich sehr wahrscheinlich verrecken lassen, wäre etwas Ernsthaftes passiert. Und das nur, weil sie falsch ausgebildet wurden.“

      Halldor baute sich vor Sarus auf.

      „Ich werde Euch später einen Besuch abstatten“, sagte er leise und drehte sich zu den Wachen um.

      „Abführen!“

      Die Männer nahmen Sarus in die Mitte und brachten den feisten Mann hinaus.

      „Geralt, ich möchte mich bei Euch entschuldigen und bedanken.“

      „Bedanken? Wofür?“

      „Ihr habt mich vor dem harten Steinboden bewahrt.“

      Er grinste und verbeugte sich galant. Nalia musste lächeln, als Halldor ihn zurückzog und Geralt die Sicht auf sie versperrte. Sie wurde jedoch sofort wieder ernst.

      „Was gibt es Neues von unseren Schiffen, General?“

      „Es ankern etwa einhundertfünfzig Schiffe vor Kalmar. Wir kommen allerdings nicht nahe genug heran, um festzustellen, wie sie bewaffnet sind. Denn sobald sich unsere Schiffe nähern, greifen die Aalwesen an. Die Biester besitzen Saugnäpfe an den Unterseiten und haben keinerlei Probleme, auf unsere Schiffe zu kommen. Zudem überfliegen große Kreaturen mit riesigen Schwingen unsere Flotte. Die Beschreibung passt zu dem Wesen, das die Seeschlange angegriffen hat.“

      Die Königin atmete tief durch.

      „Solange diese Kreaturen nicht angreifen, soll sich die Flotte ruhig verhalten und Abstand wahren. Valamar und ich werden uns etwas einfallen lassen, wie wir die feindlichen Schiffe auskundschaften können. Aber darüber sprechen wir später noch einmal. Kommt in einer Stunde hierher.“

      Nalia entließ Halldor. Der eilte direkt aus dem Audienzraum, wahrscheinlich, um Sarus einen Besuch abzustatten.