Quellentexte zur jüdischen Geschichte und Literatur. Julius Hoxter

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Название Quellentexte zur jüdischen Geschichte und Literatur
Автор произведения Julius Hoxter
Жанр Документальная литература
Серия Judaika
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783843800242



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stellten ihn seine Nachbarn zur Rede und sagten zu ihm: »Akiba! du richtest uns zugrunde durch den Rauch, den du verursachst! Verkauf uns die Reiser, kaufe dir für den Erlös Öl und lerne beim Lichte der Öllampe!« Darauf gab er ihnen zur Antwort: »Viele Bedürfnisse werden durch die Flammen der Reiser befriedigt; erstens bietet mir die Flamme Licht, um lernen zu können; zweitens gewährt mir die Flamme Wärme, und drittens kann ich auf dem nicht verwandten Teil der Reiser ausruhen.«

      Im Hinblick auf Rabbi Akiba werden einst alle Armen beim Gericht verurteilt werden. Wenn man sie fragen wird, weshalb sie keine »Tora« lernten, und sie ihre Armut als Vorwand anführen, da wird man ihnen vorhalten: Siehe, Rabbi Akiba war sehr arm und körperlich ganz herabgekommen. Und wenn sie sagen, dass der große Familienstand daran die Schuld trage, so wird man ihnen antworten: Auch Rabbi Akiba hatte die Pflicht, Söhne und Töchter zu erhalten. Das größte Verdienst aber gebührt seiner Frau Rachel. Vierzig Jahre war er alt, als er den ersten Unterricht in der »Tora« genossen; nach dreizehnjährigem emsigem Fleiße war er so gelehrt, dass er öffentliche Vorträge in der »Tora« halten konnte. Man erzählt, dass er nicht früher aus dem Leben schied, bis er in die Lage kam, einzelne Stücke seiner Hausgeräte aus Silber und Gold anzuschaffen und seine Ruhestätte auf einer goldenen Leiter zu besteigen. Seine Frau ging geziert mit goldenen Schuhriemen und geschmückt mit einem Medaillon aus Gold, in welchem die heilige Stadt Jerusalem eingraviert war. Seine Schüler sagten zu ihm: »Unser Lehrer! Du hast uns beschämt, dass du deine Frau so reichlich beschenkt hast!« Er antwortete ihnen darauf: »Sie hatte durch mich wegen der ›Tora‹, die ich mir aneignete, viel zu leiden.«

      b) Die Rabbinen haben überliefert: Einst hatte die Regierung den Befehl ergehen lassen, dass die Israeliten sich nicht mit der Tora beschäftigen sollten. Da kam Papus ben Jehuda und fand, dass R. Akiba öffentliche Versammlungen abhielt und sich mit der Tora beschäftigte. Da sprach er zu ihm: »Wie, Akiba, fürchtest du dich nicht vor der Regierung?« Da erwiderte R. Akiba: »Ich will dir mit einem Gleichnisse antworten. Womit ist diese Sache zu vergleichen? Mit einem Fuchse, der am Ufer eines Flusses umherging und sah, wie sich die Fische von einem Orte zum andern versammelten. Er fragte sie: ›Wovor flieht ihr?‹ ›Vor den Netzen‹, antworteten sie, ›welche die Menschen nach uns auswerfen.‹ Da sprach er zu ihnen: ›Ist es euch recht, so kommt herauf auf’s Trockene (auf’s Land) und ich und ihr wollen zusammen wohnen, wie meine Väter mit euren Vätern zusammen gewohnt haben.‹ Allein die Fische antworteten: ›Bist du es, den man den Klügsten unter den Tieren nennt? Du bist nicht klug, sondern dumm; denn wenn wir schon am Orte unseres Lebens uns fürchten müssen, um wieviel mehr wird das am Orte unseres Todes der Fall sein!‹ So auch wir. Wenn es schon jetzt so ist, wo wir sitzen und uns mit der Tora beschäftigen, von der es heißt (V. Mos. 30, 20): ›Denn sie ist dein Leben und die Verlängerung deiner Tage‹, um wieviel mehr erst, wenn wir gehen und uns ihr entziehen!«

      Man erzählt: Es vergingen nur wenige Tage, so ergriffen sie den R. Akiba und warfen ihn ins Gefängnis. Ebenso ergriffen sie den Papus ben Jehuda und banden ihn neben ihm. Da sprach Akiba zu ihm: »Papus, wer hat dich hierher gebracht?« Papus antwortete: »Heil dir, Akiba, der du wegen der Worte der Tora ergriffen worden bist, dagegen wehe mir (eig. ihm), Papus, der ich wegen eitler Dinge ergriffen worden bin« (eig. ergriffen worden ist). In der Stunde, als sie R. Akiba zum Tode hinausführten, war gerade die Zeit, in der man das Schöma liest, und sie rissen ihm sein Fleisch mit eisernen Kämmen ab, er aber nahm doch das Joch des Himmelreichs auf sich (er betete Schöma). Seine Schüler sprachen zu ihm: »Unser Lehrer! bis hierher (d.i. soviel trägst du mit Gleichmut)?« Allein er antwortete ihnen: »Mein Leben lang bin ich in Sorge gewesen (eig. habe ich mich betrübt) wegen dieses Verses: ›Mit deiner ganzen Seele‹ (sollst du Gott lieben), d. i. selbst wenn man dir das Leben nimmt. Ich dachte: Wann wird sich mir die Gelegenheit darbieten, dass ich es erfülle? Und jetzt, da sich mir die Gelegenheit darbietet, soll ich es nicht erfüllen?« Er hielt beim Aussprechen des Wortes »Echad« (der Einzige) so lange inne, bis er seine Seele dabei aushauchte.

      (Talmud Jerusch. Taaniot IV, 6.)

      Rabbi Simeon ben Jochai erzählt: Mein Lehrer Akiba erklärte den Ausspruch »es tritt ein Stern hervor aus Jakob« (IV. Buch Mos. 2 4, 17): Kosiba tritt aus Jakob hervor. (R. Akiba wandelte diesen Namen in Bar Kochba = Sternensohn um.) Als R. Akiba den Bar Kosiba sah, sagte er: »Dies ist der König, der Moschiach!« Darauf entgegnete ihm R. Jochanan ben Torata: »Akiba, aus deinen Kinnbacken wird Gras emporwachsen, und noch immer wird der Sohn Davids (Moschiach) nicht erschienen sein …« In der Stadt (Bittir) war Bar Kochba, in seinem Heere waren zweihunderttausend Mann, denen ein Finger abgehackt war; da ließen die Weisen ihm sagen: »Wie lange willst du die israelitischen Männer verstümmeln?« Da sagte er: »Wie soll man denn sonst ihre Kraft und ihren Mut erproben?« – »Man prüfe: Wer nicht im Reiten eine Zeder auf dem Libanon ausreißen kann, der möge nicht in die Heeresliste eingeschrieben werden«, er konnte aber von jenen und diesen je zweihunderttausend Mann in seinem Heere aufstellen (Übertreibungen, die nicht wörtlich zu nehmen sind). Immer, wenn es zum Kampfe kam, rief Bar Kochba aus: »Herr der Welt! Du brauchst uns nicht zu helfen, nur beschäme uns nicht; hast du, Gott, uns verlassen, ziehe nicht mit unseren Scharen!« Dreiundeinhalb Jahr belagerte Hadrian Bittir, und R. Eleasar aus Modin saß auf Sack und Asche und betete den ganzen Tag und sprach: »Herr der Welt! Sitze heute nicht über uns zu Gericht! Sitze heute nicht über uns zu Gericht!« Als Hadrian die Stadt berennen wollte, sagte ein Kutäer zu ihm: »Ziehe nicht gegen die Stadt; ich will sehen, was zu machen ist, die Stadt zur Übergabe zu bringen.« Er schlich sich nun durch den Kanal in die Stadt hinein und traf den R. Eleasar beim Beten. Da stellte er sich, als ob er ihm etwas ins Ohr flüsterte, dies aber sahen Leute in der Stadt, die den Fremden vor Bar Kochba brachten und sagten: »Wir sahen den Greis, wie er sich mit deinem Oheim unterhalten hat.« Da fragte diesen der Feldherr: »Was hast du zu ihm und was hat er zu dir gesagt?« Jener antwortete: »Sage ich es dir, lässt mich mein König töten. Sage ich es dir nicht, so lässt du mich töten. Besser ist es, mein König tötet mich, als dass du es tust. Ich sagte ihm, dass ich die Stadt dazu bringen möchte, sich zu ergeben.« Nun ging der Feldherr zu R. Eleasar und fragte, was der Kutäer ihm gesagt habe, worauf er erwiderte: Nichts! Da versetzte jener diesem einen Fußtritt, durch dessen Wucht R. Eleasar starb. Da ließ sich eine Stimme, hören, die sprach: »Wehe denen, die Eitles weiden, die die Herden verlassen! Der das Schwert richtete gegen seinen Arm und sein rechtes Auge! Darum verdorre sein Arm, sein rechtes Auge werde dunkel. Du hast den R. Eleasar getötet, den Arm und das rechte Auge von ganz Israel, darum verdorre der Arm dieses Mannes und sein Auge werde dunkel.« Alsbald wurde Bittir erobert, und Bar Kochba wurde erschlagen. Nun brachte man Hadrian seinen Kopf, da sagte er zu seinen Leuten: »Wer hat diesen getötet?« »Ich habe ihn getötet!« rief ein Kutäer. Darauf befahl der König, ihm den Leichnam des Helden zu zeigen. Man brachte ihm den Leichnam und fand ihn von einer Schlange umwunden. Und der König sprach: »Hätte nicht Gott selbst ihn getötet, wer hätte den töten können?« Und er wendete auf ihn den Bibelvers an: (V. Buch Mos. 32, 30.) »Hätte sie ihr Hort nicht preisgegeben und Gott sie nicht ausgeliefert, (niemand hätte ihnen etwas anhaben können).« Die Feinde richteten dann ein Blutbad an, dass die Pferde bis über den Bauch im Blute wateten und das Blut noch weit im Meere, in das es floss, sichtbar war … Der König Hadrian besaß ein Gelände von achtzehn Milien im Geviert, so groß wie die Entfernung von Tiberias nach Sepphoris ist. Dieses ließ er einzäunen und dahinein die bei Bittir Gefallenen bringen, woselbst sie auf seinen Befehl unbegraben blieben, bis ein späterer König (Antoninus Pius) gestattete, sie zu begraben …

      (Um 138–164 n., lehrte meistens in Emmaus, vervollständigte die von Rabbi Akiba begonnene Mischnasammlung und ordnete sie neu.)

      (Erubin 13 a.)

      R.