Quellentexte zur jüdischen Geschichte und Literatur. Julius Hoxter

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Название Quellentexte zur jüdischen Geschichte und Literatur
Автор произведения Julius Hoxter
Жанр Документальная литература
Серия Judaika
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783843800242



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      1. Die Septuaginta.

      a) Die Entstehung. (5)

      (Die erste griechische Übersetzung der Heiligen Schrift entsprach einem Bedürfnis der Juden in der griechischen Diaspora. Nach der Sage entstand sie auf Veranlassung des Ptolemaeus II. Philadelphus [283–246 v.], der sich durch zwei Gesandte, Aristeas und Andreas, vom Hohenpriester Eleasar in Jerusalem 72 Männer habe schicken und durch diese in 72 Tagen auf der Insel Pharos die Tora habe übersetzen lassen, um sie für seine Bibliothek zu besitzen. Folgender Brief des Königs an den Hohenpriester entstammt dem »Aristeasbrief« 35–40, einer zu den Pseudepigraphen gehörenden Schrift.)

      Der König Ptolemaios begrüßt den Eleasar und wünscht ihm Heil. Da viele Juden von den Persern zur Zeit ihrer Herrschaft aus Jerusalem verpflanzt und in meinem Lande angesiedelt sind, andere mit meinem Vater als Kriegsgefangene nach Ägypten gekommen sind (von ihnen stellte er viele in die Armee ein und gab ihnen höheren Sold; ebenso übergab er, da er die schon früher [im Lande] Ansässigen als treu erprobt hatte, ihnen feste Plätze, die er gegründet hatte, damit das Volk der Ägypter durch sie gesichert wäre. Und ich zeige mich seit meiner Thronbesteigung gegen alle und vorzüglich gegen deine Landsleute milde), habe ich mehr als 100000 (jüdische) Gefangene freigelassen, indem ich ihren Herren den entsprechenden Geldwert zahlte und zugleich gutmachte, was die Leidenschaft der Menge etwa gegen sie gefehlt hatte. Hiermit meinte ich fromm zu handeln, und ich bringe dem Höchsten ein Dankopfer dar, der mein Reich in Frieden und größtem Ansehen in aller Welt erhalten hat. Ferner habe ich die nach ihrem Alter Kräftigsten in das Heer eingestellt und die zu meinem Dienste Geeigneten und einer Vertrauensstellung am Hofe Würdigen in Ämter eingesetzt. Um aber diesen und den Juden in aller Welt und ihren Nachkommen meine Gunst zu beweisen, habe ich beschlossen, euer Gesetz aus der bei euch gebräuchlichen hebräischen Sprache in die griechische übersetzen zu lassen, damit auch dieses unter den anderen königlichen Büchern in meiner Bibliothek vorhanden sei. Du wirst nun gut tun und meinen Eifer belohnen, wenn du aus jedem Stamme sechs ältere Männer von gutem Leumund auswählst, die das Gesetz kennen und es zu übersetzen verstehen, damit nach der übereinstimmenden Meinung der Mehrzahl der Wortlaut festgesetzt werde. Handelt es sich doch um die Untersuchung wichtiger Dinge! Und ich glaube, durch die Ausführung dieses Plans großen Ruhm zu gewinnen. Ich habe in dieser Sache den Obersten der Leibwache, Andreas, und Aristeas, Männer, die eine Ehrenstellung bei mir haben, (zu dir) gesandt, um mit dir zu verhandeln. Sie bringen auch Weihgeschenke für den Tempel und für Opfer und sonstige Verwendung hundert Silbertalente. Wenn auch du mir deine Wünsche schreibst, wirst du mir einen Gefallen und Freundschaftsdienst erweisen. Deine Wünsche sollen sofort erfüllt werden. Lebe wohl!

      b) Die Übersetzung und ihre feierliche Anerkennung. (5)

      Nachdem aber Eleasar ein Opfer dargebracht und die Männer erwählt hatte und viele Geschenke für den König hatte herbeischaffen lassen, entließ er uns mit sicherer Bedeckung. Als wir in Alexandria angekommen waren, wurde dem König unsere Ankunft gemeldet. Und Andreas und ich wurden bei Hofe vorgelassen, und wir grüßten höflich den König und gaben die Briefe des Eleasar ab … Als sie aber mit ihren Geschenken und mit den Pergamenten, auf denen das Gesetz stand, … eintraten, und der König sie sah, befragte er sie über die Bücher. Als sie nun die Rollen geöffnet und die Blätter aufgerollt hatten, trat er lange hinzu, neigte sich etwa siebenmal und sprach: »Ich danke euch, ihr Männer, mehr noch dem, der euch gesandt, am meisten aber Gott, dessen Sprüche dies sind! …«

      Drei Tage später ging Demetrios in ihrer Begleitung über den sieben Stadien langen Meeresdamm zur Insel (Pharos), überschritt die Brücke und ging nach den nördlichen Teilen (von Pharos). Dann versammelte er sie in einem am Strand erbauten prächtigen und still gelegenen Hause und forderte die Männer auf, die Übersetzung auszuführen, da alles, was zu der Arbeit nötig war, wohl vorgesehen war. Und sie führten sie aus, indem sie durch gegenseitige Vergleiche in einem Wortlaut übereinkamen … Es traf sich aber so, dass die Übersetzung in zweiundsiebzig Tagen vollendet wurde, als sei es so mit Absicht geschehen.

      Nach der Vollendung versammelte Demetrios die jüdische Gemeinde an der Stätte, wo die Übersetzung vollendet wurde, und las (sie) allen vor in Anwesenheit der Übersetzer, die auch bei der Menge große Anerkennung fanden, da sie sich große Verdienste erworben hätten … Nachdem der König, wie erzählt, hierüber die Erklärung des Demetrios vernommen hatte, verneigte er sich und befahl, die Bücher in hohen Ehren zu halten und aufs sorgfältigste zu bewahren.

      (Vgl. Bemerkung zu Nr. III. Hierher gehören auch »Der Aristeasbrief« Nr. X, 1, »Die Psalmen Salomos« Nr. V, 4, »Das vierte Buch Esra« Nr. I, 2, »Die Sibyllinischen Orakel« Nr. VIII, 6.)

      Der hohe Wert der Weisheit. (6, 12–21.)

       Strahlend und unverwelklich ist die Weisheit,

       und leicht wird sie erkannt von denen, die sie lieben,

       und gefunden von denen, die sie suchen.

       (Ja,) sie kommt denen zuvor, die (nach ihr) begehren,

       und lässt sich gern erkennen.

       Wer sich früh zu ihr aufmacht, wird sich nicht (lange) Mühe zu geben brauchen;

       denn er wird sie (schon) an seiner Türe sitzend finden.

       Denn sich in Gedanken mit ihr zu beschäftigen,

       (bringt) Vollendung der Weisheit,

       und wer um ihretwillen des Nachts wacht, wird bald ohne Sorgen sein,

       weil sie selbst umhergeht, die ihrer Würdigen zu suchen, …

       und ihnen gern auf den Pfaden erscheint

       und bei jedem Gedanken ihnen entgegenkommt.

       Denn der Anfang derselben ist das aufrichtige Verlangen nach Bildung;

       Sorge um Bildung (aber) ist Liebe (zu ihr),

       Liebe aber ist Beobachtung ihrer Gebote,

       Anhänglichkeit an die Gebote aber ist Sicherstellung der Unsterblichkeit,

       Unsterblichkeit aber wirkt Gott nahe sein,

       Trachten nach Weisheit führt zur Herrschaft.

       Wenn ihr daher Freude habt an Thronen und Zeptern, ihr Herrscher der Völker,

       so ehrt die Weisheit, damit ihr für immer die Herrschaft behaltet.

      (Vgl. Bemerkung zu Nr. III. Das ursprünglich hebräisch geschriebene hervorragende Spruchbuch ist um 200–170 v. in Judäa entstanden und wurde fünfzig Jahre später in Alexandrien ins Griechische übersetzt.)

      Dies alles gilt vom Buche des Bundes des höchsten Gottes,

      vom Gesetze, das Moses uns anbefohlen hat

      als Eigentum für die Gemeinde Jakobs.

      Es teilt wie der Pison in Fülle Weisheit mit

      und wie der Tigris in den Tagen der Erstlingsfrüchte.

      Es macht wie der Euphrat voll von Einsicht

      und wie der Jordan in den Tagen der Ernte.

      Es lässt hervorströmen wie der Nilstrom die Bildung,