Quellentexte zur jüdischen Geschichte und Literatur. Julius Hoxter

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Название Quellentexte zur jüdischen Geschichte und Literatur
Автор произведения Julius Hoxter
Жанр Документальная литература
Серия Judaika
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783843800242



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zur Aussöhnung bereit und sprach): »Da es nun so ist, so will ich gehen und R. Josua um Verzeihung bitten.« Als er in sein Haus kam, sah er, dass die Wände seines Hauses schwarz waren; da sprach er zu ihm: »An den Wänden deines Hauses ist zu erkennen, dass du ein Köhler bist.« Dieser versetzte: »Wehe dem Geschlecht, dessen Vorsteher du bist; du kennst ja nicht die Qual der Schriftgelehrten, wie sie ihren Erwerb herbeischaffen und womit sie sich ernähren.« Da erwiderte jener: »Ich ergebe mich dir, verzeihe mir!« Dieser beachtete ihn nicht. »So tue dies wegen der Ehre meiner Ahnen.« Da ließ er sich besänftigen. (Talm. Babl. Běrachot 27 b u. 28 a.)

      (Aus Abot de Rabbi Natan, 2. Rezension, Kap. 13.)

      Man erzählt von R. Elieser, dass, als er Tora lernen wollte, er felsigen Boden auf seines Vaters Äckern pflügen musste, während die andern Arbeiter guten Boden zu bestellen hatten. Als sein Vater ihn bei der Arbeit weinend antraf, fragte er ihn: »Warum weinst du? Quält es dich etwa, dass du felsigen Boden zu bestellen hast? Morgen komme und du sollst auf besserem Boden arbeiten.« Aber auch bei der leichteren Arbeit weinte er, und auf die Frage seines Vaters, warum er weine, antwortete er: »Ich möchte Tora lernen.« »Du«, erwiderte ihm der Vater, »bist ja schon achtundzwanzig Jahre alt und willst jetzt noch mit dem Lernen beginnen? Heirate und dann bringe deine Kinder in die Schule.« Drei Wochen lang quälte er sich, bis Elijahu ihm erschien und ihn aufforderte, nach Jerusalem zu Ben Sakkai zu gehen. Er ging hinauf, setzte sich (in das Lehrhaus) und weinte. »Wessen Sohn bist du?« fragte ihn R. Jochanan. Er sagte es nicht. »Warum weinst du? – Was wünschst du?« – »Ich will Tora lernen.« – »Bist du niemals in die Schule gegangen? Hast du nicht das Lesen des Schöma, nicht Gebete, nicht das Tischgebet gelernt?« – »Nein!« – Da lehrte R. Jochanan ihn diese drei Lehrgegenstände. Dann fragte er ihn: »Willst du Bibel oder Mischna lernen?« Er antwortete: »Mischna.« Nun lehrte er ihn zwei Absätze jede Woche, am Sabbat wiederholte er sie und erklärte sie in ihrem Zusammenhang … So tat er (R. Elieser) acht Tage lang, ohne etwas zu genießen … Und (wieder) fragte er (R. Jochanan) ihn: »Wessen Sohn bist du?« – Der antwortete nun: »Der Sohn des Hyrkanos bin ich.« – »Wie, von so vornehmer Herkunft bist du, und du hast es mir nicht gesagt? Heute wirst du bei mir zu Tisch sein.« – »Ich habe bereits bei meinen Hausgenossen gegessen.« – Da ließ R. Jochanan die Hausgenossen kommen und fragte sie, ob R. Elieser bei ihnen gegessen habe; sie aber sagten: »Nein; hat er doch acht Tage nichts genossen.« Als R. Jochanan dies hörte, zerriss er seine Kleider und rief aus: »Wehe, dass du, R. Elieser, so von uns verworfen wurdest … einst wird deines Mundes Lehre hinausziehen von einem Weltenende bis zum anderen.«

      Indessen hatten die Söhne des Hyrkanos diesen gegen seinen Sohn, der ihn böswillig verlassen hatte, aufgestachelt und waren in ihn gedrungen, nach Jerusalem vor Gericht zu gehen und den Elieser zu enterben. Er ging dorthin und traf zu einer großen Festlichkeit bei R. Jochanan ein, an der die drei hervorragendsten, reichsten Männer Jerusalems teilnahmen: Ben Zizit Hakassat, Nikodermon ben Gorjon und Ben Kalba Sabua … Man sagte nun dem R. Jochanan, dass der Vater Eliesers gekommen sei, und er ließ ihm einen Ehrenplatz in seiner Nähe anweisen. Da sprach R. Jochanan zu R. Elieser: »Sag uns ein Wort von den Worten der Lehre.« Jener erwiderte: »Gleiche ich doch einer Zisterne, die nicht mehr Wasser hergeben kann, als ihr zugeführt wurde.« – »Nein«, erwiderte R. Jochanan, »du gleichst einem Brunnen, der immer frisches, neues Wasser aus sich selbst spendet, denn du weißt mehr Worte der Lehre zu sagen, als sie dem Moses am Sinai gekündet wurden.« Noch zwei- und dreimal forderte R. Jochanan seinen Schüler zu einem Vortrage auf, aber vergebens. Da verließ R. Jochanan den Saal, um seinem Schüler, der in Gegenwart des Lehrers zu sprechen sich scheute, es möglich zu machen, einen Vortrag zu halten. Nun begann er den Vortrag, und immer mehr geriet er in Eifer und Begeisterung, sein Angesicht leuchtete wie das Licht der Sonne, Strahlen gingen von seinem Antlitz aus wie die Strahlen, die von dem Angesicht des Moses strahlten, und niemand wusste, ob es Tag sei oder Nacht … Die Schüler gingen hinaus zu R. Jochanan und berichteten ihm von dem Vorgange. Da ging er hinein, von hinten her auf R. Elieser zu und küsste ihn auf’s Haupt und rief aus: »Heil euch, ihr Erzväter Abraham, Isaak und Jakob, dass ein solcher Mann euch entstammt!« – »Wer ist es,« fragte Hyrkanos, »dem solches gesagt wird?« – »Dein Sohn Elieser ist es«, antwortete man ihm. – »Mein Sohn? … Dann hätte ich doch ausrufen müssen: Heil mir, dem ein solcher Sohn entsprossen ist.« Nun erhob sich aber Hyrkanos und hörte dem Sohne stehend weiter zu. »Ich kann nicht weiter sitzend meinen Vortrag halten, wenn du stehst«, rief Elieser seinem Vater zu und stand auf und holte ihn zu sich, damit er sich neben ihn setze. »Mein Sohn,« sagte da Hyrkanos, »ich verdiene diese Auszeichnung gar nicht; ich bin doch gekommen, dich zu enterben. Jetzt aber, da ich gekommen bin, alles gesehen und mich an deiner Weisheit erfreut habe, seien deine Brüder, die mich gegen dich gereizt haben, enterbt und alles sei dir als Geschenk gegeben.« Darauf antwortete R. Elieser: »Das sei mir fern, es genügt, wenn ich gleichen Teil mit meinen Brüdern habe. Nicht nach Silber, Gold oder Landbesitz war mein Sinn gerichtet, dies alles kann mir Gott geben; nichts von alledem habe ich erbeten; erbeten habe ich, dass Gott mir das Glück gebe, die Lehre mir zu eigen zu machen.«

      a) (Aus Abot de Rabbi Natan. 1. Rezension, Abschn. 6.)

      b) (Talm. Babl. Trakt. Berachot 61 b.)

      a) Wie hatte Rabbi Akiba begonnen? Man erzählt: Er hatte, als er vierzig Jahre alt war, noch keinen Unterricht genossen. Einst stand er an einer Brunnenöffnung und fragte: »Wer hat diesen Stein ausgehöhlt?« »Die Wassertropfen, die immerfort auf ihn fallen, Tag für Tag,« erhielt er zur Antwort. Und man sagte ihm: »Akiba, kennst du nicht das Wort der Schrift: ›Wasser zermalmt Steine‹ (Job. 14, 19). Sofort folgerte Rabbi Akiba: Wenn das Weiche imstande ist, das Harte auszuhöhlen, um so mehr sind die Worte der Lehre, die so hart wie Eisen sind, fähig, meinen Sinn zu erweichen, der ich von Fleisch und Blut bin. Sofort fasste er den Entschluss, die Lehre zu erlernen. Er suchte gleichzeitig mit seinem Sohne einen Elementarlehrer auf, sprach ihn an und bat, ihn zu unterrichten. Rabbi Akiba fasste das eine Ende der Schultafel, das andere war in den Händen seines Sohnes. Der Lehrer schrieb das Aleph-Bet auf die Tafel, der Schüler erlernte es … Dann begann der Lehrer den Unterricht in »Torat Kohanim« (d. i. das III. Buch Moses, mit dem man gewöhnlich im Unterricht begann, nachdem die ersten elementaren Vorkenntnisse eingeübt worden waren), und R. Akiba lernte es. Und so setzte der Lehrer den Unterricht fort, bis er ihm den Inhalt der ganzen »Tora« beigebracht hatte.

      Darauf suchte Akiba die Rabbinen Rabbi Elieser und Rabbi Josua auf und sprach sie an: »Meine Lehrer! Erschließet mir das Wesen der ›Mischna‹!« Als einer der Lehrer ihm eine »Halacha« mitteilte, da setzte er sich seitwärts und fragte sich: Warum steht hier das Aleph, und weshalb wurde das Bet dorthin gesetzt, warum wurde hier dieses Wort angeführt? Konnte er sich darüber keinen Aufschluss geben, so wandte er sich mit seinen Fragen an die Lehrer. Rabbi Simon ben Elieser sagte: »Ich will dir ein Gleichnis sagen. Womit ist das zu vergleichen? Mit einem Steinbrecher, der in einem Steinbruche arbeitete. Einst nahm er eine Haue in die Hand, setzte sich auf einen Bergrücken und brach kleine Stücke ab. Die Menschen, die vorübergingen, fragten ihn: ›Was machst du da?‹ Er antwortete ihnen, er wolle den Berg wegschaffen und in den Jordan stürzen. Da erwiderten die Menschen: ›Du kannst doch nicht den ganzen Berg abtragen.‹ Er aber brach ununterbrochen Stücke des Berges ab, bis er auf einen großen Felsen stieß. Er unterhöhlte diesen, rückte ihn von seiner Stelle und stieß ihn in die Tiefe des Jordan, wobei er hinzufügte: ›Dort nur ist dein Platz.‹ So machte es auch Rabbi Akiba mit seinen Lehrern Rabbi Elieser und Rabbi Josua.«

      Rabbi Tarphon sagte zu ihm: »Akiba! Von dir sagt die Schrift: ›Er hemmt der Flüsse Strömung und zieht Schätze an das Tageslicht!‹ (Job. 28, 11).« Dinge, die früher den Menschen verborgen waren, förderte