Die Klinik am See Staffel 1 – Arztroman. Britta Winckler

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Название Die Klinik am See Staffel 1 – Arztroman
Автор произведения Britta Winckler
Жанр Языкознание
Серия Die Klinik am See Staffel
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740912307



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ein wenig. »Nicht jetzt…«

      Norbert sah Irmgard verwundert an, ließ sie aber wieder auf ihre Füße zum Stehen kommen. »Was ist denn?« fragte er. »Fühlst du dich nicht wohl, mein Schatz?«

      »Möchtest du denn nicht ein Bad nehmen?« fragte Irmgard und wich der an sie gerichteten Frage aus. Krampfhaft suchte sie in ihrem Denkapparat nach einer plausiblen Erklärung für ihr abweisendes Verhalten. »Nach… nach… der langen Tour wird dir eine… eine Erfrischung bestimmt guttun«, sagte sie etwas stockend.

      »Da hast du eigentlich nicht unrecht«, gab Norbert feixend zurück. »Ein Bad kann ich wirklich gebrauchen. Entschuldige, daß ich nicht selbst daran gedacht habe. Frisch gebadet ist die Liebe noch mal so schön«, setzte er in scherzhaftem Ton hinzu.

      Irmgard ging auf diese letzte, ein wenig anzüglich klingende Bemerkung nicht ein. Sie kannte ja ihren Norbert, der nicht immer jedes Wort auf die Goldwaage legte. Sie wußte aber auch, daß er es niemals schlecht meinte. Es konnte eben nicht jeder erst blumenreich und geschmeidig um etwas herumreden, bevor er zur Sache kam. »Ich lasse dir jetzt Wasser in die Wanne«, sagte sie lächelnd und wandte sich dem Badezimmer zu.

      »Fein«, gab Norbert zurück. »Inzwischen werde ich mir ein kühles Bierchen genehmigen. Hoffentlich hast du daran gedacht.«

      »Aber sicher, mein Lieber«, entgegnete Irmgard. »Im Kühlschrank stehen ein paar Flaschen.«

      Fröhlich vor sich hin pfeifend verzog sich Norbert Wichner in die Küche. Er kam von dort erst wieder zurück, als er von Irmgard gerufen wurde: »Das Bad ist fertig, mein Herr…«

      »Vielen Dank, meine Dame.« Norbert gab im Vorbeigehen seiner geliebten Irmgard noch einen schnellen Kuß und verschwand Sekunden darauf im Badezimmer, aus dem er erst eine halbe Stunde später wieder herauskam. Er war in bester Stimmung. »Na, sehe ich nicht erfrischt aus, mein Schatz?« fragte er Irmgard, die gerade den großen Wohnraum betrat.

      »Es ist direkt heller hier drinnen geworden«, alberte die junge Frau. Sie hatte sich inzwischen Gedanken darüber gemacht, wie sie den verständlichen Wünschen Norberts ausweichen konnte, ohne ihn zu verärgern oder gar zu verletzen. Natürlich wäre es das einfachste gewesen, ihm die Wahrheit zu sagen. Doch da waren noch einige Hemmungen in ihr. Andererseits wußte sie aber auch, daß sie Norbert nicht lange mit aus der Luft gegriffenen Ausreden hinhalten konnte. Heute vielleicht noch, möglicherweise auch noch morgen. Dann aber würde sie Farbe bekennen müssen. Vor diesem Augenblick war ihr jetzt schon ein wenig bange, denn sie wußte nicht, wie Norbert reagieren würde. Auf keinen Fall wünschte sie sich, daß er an ihrer Liebe zu ihm zu zweifeln begann und sich dann möglicherweise von ihr abwandte und zu seiner Frau zurückging. Sie liebte ihn doch. Seine Frau wollte sie eines Tages werden, wenn er erst geschieden war. Bisher war er dieser Entscheidung immer wieder ausgewichen. Seine Beweggründe kannte sie und hatte sich auch teilweise damit abgefunden, so schwer es ihr am Anfang auch gefallen war. Er hatte ihr allerdings auch geschworen, daß er sie in absehbarer Zeit zu seiner angetrauten Ehefrau machen würde. Was aber war das – eine absehbare Zeit? Monate oder Jahre?

      »So, mein Schatz, und nun…«, unterbrach Norbert die durch Irmgards Kopf gehenden blitzartigen Gedankengänge und trat mit ausgebreiteten Armen auf die junge Frau zu.

      Die ahnte nicht nur, was Norbert meinte – sie wußte es. »Warte, Norbert!« sagte sie mit erzwungenem Lächeln und legte ihre Hände auf seine Schultern. »Ich habe eine Idee…«

      »Aha.« Norbert lachte leise.

      »Willst du mir eine Freude machen?« fragte Irmgard.

      »Jede, die erfüllbar ist«, antwortete Norbert. »Ich liebe dich nämlich.«

      »Dann fahre mit mir weg – jetzt gleich!« flüsterte die junge Frau, die Zeit gewinnen wollte.

      »Wegfahren? Wohin?« Norbert sah Irmgard etwas erstaunt an.

      »Irgendwohin über Land«, erklärte die Kunstmalerin. »Wir könnten dann auch in einem Landgasthof zu Abend essen. Bitte!«

      »Du meinst…?« fragte Norbert, überlegte ganz kurz und gab seiner Lebensgefährtin einen Kuß. Obwohl er sich doch ein wenig über ihren Wunsch wunderte, erklärte er sich aber bereit, ihrer Bitte nachzukommen. »Wenn es dir Freude macht – meinetwegen«, sagte er. Ob das wohl eine neue Masche von ihr ist, mich hinzuhalten, um damit meine Sehnsucht nach ihr noch zu verstärken? fragte er sich unwillkürlich. Eine romantische Anwandlung vielleicht?

      Nun, ihm konnte es recht sein, er ging jedenfalls darauf ein.

      »Danke, Norbert«, flüsterte Irmgard. »Ich mache mich sofort fertig.«

      *

      Es wurde eine lange Fahrt – über Schliersee und weiter über Gmund am Tegernsee nach Bad Tölz bis nach München hinein. Zu ihrer Genugtuung merkte Irmgard, daß Norbert sogar Gefallen daran fand. Sie gab sich auch größte Mühe, ihn zu unterhalten und ihn von seinen ganz persönlichen Gedanken, deren Richtung sie ja zu kennen glaubte, abzulenken. Es gelang ihr auch. Sie konnte dabei allerdings nicht ganz verhindern, daß sich ihr zwischendurch die Frage aufdrängte, ob es nicht besser wäre, Norbert von ihrem festgestellten Leiden zu erzählen. Ihr war klar, daß sie das nicht auf Dauer vor ihm geheimhalten konnte. Er würde auf jeden Fall stutzig werden, wenn sie ihn immer wieder zurückwies, und konnte auf völlig falsche Gedanken kommen. Doch da waren immer noch diese eigenartigen Hemmungen in ihr, weil sie nicht wußte, wie er reagieren würde, wenn er zu hören bekam, daß wegen ihres Leidens eine kurzfristige Abstinenz in der Liebe eingehalten werden sollte.

      Die Nacht hatte bereits ihre Finsternis über das Land ausgebreitet, als Irmgard und Norbert die Weinstube verließen, in der sie letzte Stunde vergnügt verbracht hatten.

      »Gib mir bitte die Autoschlüssel, Norbert!« bat Irmgard, als sie beim Wagen standen. »Ich werde fahren, denn du… na ja…«, sie lächelte verständnisvoll, »… hast dir etwas zuviel zugemutet.«

      »Willst… willst… du etwa sagen, daß ich… ich… betrunken bin?« Norbert grinste, gab aber die Wagenschlüssel her.

      »Nein, betrunken bist du nicht, Norbert«, erwiderte Irmgard, und das meinte sie auch wirklich ehrlich. »Aber ans Steuer lasse ich dich trotzdem nicht.«

      »Du bist ein… ein… Engel«, stieß Norbert hervor. »Ich gebe zu, daß ich… ich… mich… ein wenig… wenig müde fühle.«

      »Deshalb werde ich fahren.« Irmgard schloß den Wagen auf und setzte sich hinter das Steuer, während Norbert auf dem Beifahrersitz Platz nahm und den Sicherheitsgurt anlegte. »Du… hast doch auch… auch etwas getrunken«, meinte er und lachte.

      »Ein einziges Glas Wein nur und dann nur noch Alkoholfreies«, gab Irmgard zurück. Sie startete den Motor.

      »Kennst du nenn… den… den Weg zurück?« fragte Norbert, lehnte sich zurück und schloß die Augen.

      »Ich kenne ihn«, erwiderte Irmgard und gab Gas.

      Es war kurz vor Mitternacht, als sie zu Hause in Auefelden ankamen. »Ich habe Durst, mein Schatz, und werde noch ein Bier trinken«, sagte Norbert, kaum daß sie im Wohnzimmer waren.

      »Geliebter Norbert, meinst du nicht, daß du genug hast?« wurde Irmgard resolut. »Ich finde, wir sollten zu Bett gehen. Es ist schon spät und ich bin ehrlich gesagt auch müde.«

      »Ins Bett – ja, das ist eine gute Idee«, stieß Norbert hervor. Seine Augen begannen zu glänzen. Vergessen war das Bier. Er schien plötzlich munter zu werden und verschwand eiligst im Badezimmer. Wenig später lag er bereits im Bett.

      Irmgard nahm noch schnell ein Brausebad, streifte ihr Nachthemd über und kroch dann hastig unter die Bettdecke. »Schlaf gut, Norbert«, sagte sie und löschte das Licht der Nachttischlampe.

      Im nächsten Augenblick schon spürte sie Norberts Hände, die nach ihr griffen. Ihr Körper versteifte sich. Sanft wehrte sie Norberts Zudringlichkeit und beginnende Zärtlichkeit ab. Eine Art von Kloß saß plötzlich in ihrem Hals. Sie erinnerte sich, daß sie bis vor kurzem