Die Klinik am See Staffel 1 – Arztroman. Britta Winckler

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Название Die Klinik am See Staffel 1 – Arztroman
Автор произведения Britta Winckler
Жанр Языкознание
Серия Die Klinik am See Staffel
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740912307



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für ihn gekommen war, behielt er für sich.

      »Ich mache das schon«, gab die Ärztin zurück und wandte sich der Patientin zu, während Dr. Lindau aus dem Zimmer verschwand. »Frau Ehlers, Sie können in zwanzig Minuten die Klinik verlassen«, sagte sie. »Versprechen Sie mir aber, daß Sie die Antibiotikakur genau einhalten. Ich schreibe Ihnen noch ein Rezept aus und einige Verhaltensmaßregeln.«

      »Ich versprechen es Ihnen, Frau Doktor…«

      »Noch etwas…« Die Ärztin sah den neben ihr stehenden Dr. Bernau auffordernd an. »Ich brauche Sie jetzt nicht mehr, Herr Kollege«, gab sie ihm zu verstehen.

      Dr. Bernau begriff und zog sich zurück.

      »Frau Ehlers«, sprach Anja Westphal dann wieder die Kunstmalerin an, »ich möchte Ihnen noch dringend raten, sich in den folgenden Tagen, während der Antibiotikakur also, Enthaltsamkeit in der Liebe aufzuerlegen. Verstehen Sie, was ich meine?«

      Irmgard Ehlers errötete. Sie hatte verstanden. »Das wird nicht leicht sein«, murmelte sie.

      »Nanu? Sind Sie denn so leidenschaftlich?« fragte die Ärztin lächelnd.

      »Ich nicht, aber er«, erwiderte die Patientin leise und schlug etwas verschämt die Augen nieder.

      »Das nutzt nichts«, wurde Anja Westphal wieder ernst. »Sie müssen einfach kurze Zeit durchhalten«, fuhr sie beschwörend fort. »Solange die Entzündung nicht behoben ist, werden Ihnen die – sagen wir mal – ehelichen Pflichten nicht nur große Schmerzen bereiten, sondern sie können zu einer Infektion der gesamten Uterusregion führen und dadurch eine Unfruchtbarkeit zur Folge haben. Das möchten Sie doch sicher nicht. Oder?«

      »Nein«, flüsterte Irmgard Ehlers. »Eines Tages möchte ich schon Mutter werden.«

      »Na also, da haben wir uns ja verstanden…«

      »Ich… ich… darf also nicht… nicht…«‚ kam es leise und stockend über die Lippen der jungen Frau, »mit Norbert… schlafen…«

      Die Ärztin lächelte sparsam. »Dürfen oder nicht – das kann ich nicht bestimmen«, erklärte die Ärztin. »Ich verbiete Ihnen auch nichts, sondern gebe Ihnen als Ihre behandelnde Ärztin nur den dringenden Rat – in Ihrem eigenen Interesse. Die letzte Entscheidung liegt bei Ihnen. Denken Sie jedenfalls an Ihre Gesundheit!«

      »Ja, Frau Doktor, ich werde mir Ihren Rat zu Herzen nehmen«, flüsterte die Patientin.

      »Also dann…« Anja Westphal gab der jungen Frau verabschiedend die Hand. »Es wird schon gutgehen«, meinte sie. »Wenn Ihr Norbert sie wirklich liebt, dann wird er bestimmt Rücksicht nehmen.«

      Hoffentlich, dachte Irmgard Ehlers, als die Ärztin gegangen war und sie selbst sich anzukleiden begann, um in zwanzig Minuten die Klinik zu verlassen. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, daß ihr bis zur erwarteten Heimkehr Norberts noch gute zwei Stunden blieben.

      *

      Marga Stäuber war ganz aufgeregt, als Dr. Lindau das Vorzimmer betrat. »Entschuldigen Sie, Herr Doktor, daß ich Sie durch meinen Anruf in der Visite ge…«

      »Schon in Ordnung, Stäuberlein«, unterbrach Dr. Lindau den Redeschwall der Sekretärin. »Wo ist das Telegramm?«

      »Auf Ihrem Schreibtisch…«

      Dr. Lindau stürmte in sein Zimmer, griff sich das Telegramm und riß es auf.

      DANKE FÜR DAS GELD STOP ANKOMME MÜNCHEN-RIEM FREITAG 13.50 STOP IN LIEBE ASTRID. Mit verhaltener Stimme las sich Dr. Lindau den kurzen Text des Telegramms vor. Plötzlich stutzte er. »Ist da nun unsere Zeit gemeint oder die indische?« stellte er sich laut die Frage. »Frau Stäuber…«‚ rief er durch die nicht vollkommen geschlossene Tür seiner Sekretärin zu.

      »Herr Doktor?« Marga Stäuber schien direkt hinter der Tür gestanden zu haben, so schnell war sie zur Stelle. Fragend sah sie den Chefarzt an.

      »Meine Tochter kommt am Freitag aus Indien zurück«, ließ Dr. Lindau die Sekretärin wissen. »Ich möchte nun aber…«

      »Wie schön«, fiel Marga Stäuber ihrem Chef erfreut ins Wort. »Das ist ja schon morgen.«

      *

      Gekonnt plazierte Norbert Wichner seinen tonnenschweren Lastzug auf den Abstellplatz in dem großen Hof der Intertransport in Rosenheim. »Das wär’s wieder einmal«, wandte sich der kräftig gebaute Mann an seinen Beifahrer und schaltete den Motor ab.

      »Von mir aus hätte die Tour gern noch ein paar Tage länger dauern können«, entgegnete Sepp Lehnhardt und verzog das Gesicht. Er war etwas schmächtig gebaut und um einige Jahre älter als der gerade erst fünfunddreißigjährige Norbert Wichner, mit dem zusammen er schon eine Menge Touren gemacht hatte.

      Norbert Wichner grinste. »Hast wohl wieder einen kleinen Bammel vor deiner Alten, Sepp?« fragte er, als er die Grimasse seines Beifahrers bemerkte.

      »Das zwar nicht«, entgegnete der Beifahrer, »aber die vielen Fragen meiner Olga und das Gezeter der Kinder werden mir wieder auf die Nerven gehen. Irgendwie fühle ich mich dann immer etwas unfrei.«

      »Die paar Tage bis Montag wirst du schon überstehen«, gab Norbert Wichner zurück. »Dann geht es wieder für eine Woche auf Tour.« Er überprüfte rasch die Fahrtenpapiere und verstaute sie in einer Ledermappe. »Ich jedenfalls freue mich schon mächtig, wieder ein paar Tage zu Hause sein zu können.« In seinen Augen blitzte es unternehmungslustig auf.

      »Schönes Wochenende, Norbert«, gab Sepp Lehnhardt zurück und verschwand.

      Das werde ich haben, ging es Norbert Wichner durch den Sinn, während er dem Verwaltungsgebäude zuschritt. Er freute sich auch wirklich schon auf das Wiedersehen mit Irmgard und auf das Beisammensein mit ihr. Sie war eben ein Vollblutweib, wie er es früher nie gekannt hatte. Sie hatte Feuer, war leidenschaftlich und kannte keine halben Sachen. Bei ihr konnte er immer wieder beweisen, daß er ein Kerl war, ein richtiger Mann. Bei seiner Frau war das nicht so gewesen. Irmgard aber konnte zum Vulkan werden.

      Daran mußte Norbert Wichner wenig später denken, nachdem er das Büro verlassen hatte und in seinem eigenen Wagen nach Hause, nach Auefelden fuhr. Doch dann wurde er ein wenig nachdenklich. Er entsann sich der ersten Wochen und Monate, in denen er mit Irmgard zusammenlebte. Es waren herrliche Zeiten gewesen. Nächte voller Leidenschaft und Hingebung. Seit wenigen Wochen jedoch hatte sich das etwas gelegt. Bei Irmgard jedenfalls. Er selber war nach wie vor in seiner Vitalität gleich geblieben. Oft genug hatte er in den vergangenen vierzehn Tagen darüber nachgedacht, was mit Irmgard los sein konnte. Zwar zweifelte er nicht eine Sekunde lang daran, daß sie ihn immer noch so liebte wie am Anfang, aber es machte ihn doch ein wenig nachdenklich, daß sie manchmal eine fast abwehrende Haltung einnahm – immer dann, wenn er mehr wollte, als nur ein paar Küsse. Manchmal hatte er sogar das Gefühl, daß sie seine wilden Zärtlichkeiten nur duldend über sich ergehen ließ.

      »Herrgott noch mal«, brummte er vor sich hin, »ich bin doch ein Mann und darf doch eigentlich von der Frau, die mich liebt, erwarten, daß sie sich freut, wenn ich ihr nach tagelanger Abwesenheit meine Liebe zu ihr beweisen will.«

      Norbert Wichner war sich anscheinend nicht bewußt, daß es unter den Beweisen einer Liebe auch noch etwas anderes gab, als das, was er darunter verstand.

      Als in der Ferne die ersten Häuser von Auefelden auftauchten, schob Norbert Wichner seine erinnernden Gedanken beiseite und konzentrierte sich nur noch auf das Wiedersehen mit seiner geliebten Irmgard. In seine Augen trat dabei ein begehrliches Funkeln.

      Minuten später war es soweit. Nach fast achttägiger Abwesenheit stand er wieder Irmgard gegenüber und riß sie in seine Arme. Wild und verlangend küßte er die junge Frau. »Endlich«, stieß er keuchend hervor, »bin ich wieder bei dir. Ich hatte eine unendliches Sehnsucht.«

      Irmgard Ehlers ließ sich nur zu gern von Norberts Zärtlichkeiten mitreißen und erwiderte die auch. »Ich freue mich, daß du wieder da bist«, flüsterte sie. Für Minuten vergaß sie die Ermahnungen der Ärztin, obwohl sie