Rebeccas Schüler. Tira Beige

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Название Rebeccas Schüler
Автор произведения Tira Beige
Жанр Языкознание
Серия Rebeccas Schüler
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783752924428



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Ly­dia mit ih­ren Ge­dan­ken gar nicht bei der Klei­nen war.

      Lea war schon vor ei­ni­gen Mi­nu­ten ein­ge­schla­fen, doch Ly­dia strei­chel­te sie noch im­mer. Plötz­lich sah Re­bec­ca in Ly­di­as Auge eine Trä­ne auf­blit­zen, die sich den Weg die Wan­ge hin­un­ter bahn­te. »Was hast du?«, frag­te sie sor­gen­voll und streck­te die lin­ke Hand nach der Schul­ter ih­rer Freun­din aus.

      Ly­dia dreh­te sich zu ihr her­um, dann be­gann sie lei­se: »Ich weiß nicht, wem ich mei­ne Ge­füh­le an­ver­trau­en kann, Bec­cy.«

      Weil Ly­dia schluchz­te, nahm Re­bec­ca sie in den Arm, um sie zu trös­ten, ihr das Ge­fühl zu ge­ben, bei ihr zu sein. Als sie sie losließ, be­gann sie lei­se: »Ich glau­be …« Das Spre­chen fiel ihr sicht­lich schwer. »… Tom hat … eine Af­fä­re.« Wie bit­te? Das konn­te nicht sein! Er mach­te stets den Ein­druck ei­nes lie­be­vol­len Va­ters, der wie ein Löwe für sei­ne Fa­mi­lie ein­stand. Was Ly­dia jetzt sag­te, scho­ckier­te sie bis ins Mark.

      »Wie kommst du denn dar­auf? Hat er es dir ge­sagt?« Sie schüt­tel­te den Kopf.

      »Nein, aber …« Ly­di­as Lip­pen beb­ten und ein hef­ti­ges Schluch­zen such­te sich einen Weg aus ih­rem Mund. »Aber es ist … et­was vor­ge­fal­len.«

      Nur schwer fand Ly­dia die Wor­te wie­der. »Die Ab­tei­lung, in der Tom ar­bei­tet, hat erst im Ja­nu­ar die Weih­nachts­fei­er nach­ge­holt, weil Tom ja in den ers­ten Mo­na­ten Ba­by­ur­laub ge­nom­men hat.« Ly­dia senk­te den Kopf, rang um die rich­ti­ge Wort­wahl.

      »Zu die­ser Weih­nachts­fei­er wa­ren auch die Ehe­gat­ten und Freun­de ein­ge­la­den, es soll­te in ei­nem grö­ße­ren Rah­men statt­fin­den, weißt du?« Re­bec­ca nick­te. »Lea ha­ben wir an die­sem Abend bei mei­ner Mut­ter ab­ge­ge­ben. Es war das ers­te Mal, dass wir sie bei je­mand an­de­rem ge­las­sen ha­ben. Du kannst dir gar nicht aus­ma­len, wel­che Ge­dan­ken mir an die­sem Abend durch den Kopf gin­gen. Stän­dig war ich be­sorgt, ob al­les klappt, ob sich die Klei­ne fürch­tet, wenn sie spürt, dass ihre El­tern nicht da sind. Trotz­dem muss­te ich un­be­dingt das Haus ver­las­sen und bin zur Weih­nachts­fei­er mit­ge­fah­ren. Wir ka­men mit Ver­spä­tung an, da wir ja Lea noch fort­ge­schafft ha­ben. Tom such­te sich so­fort einen Platz nahe sei­nen Ar­beits­kol­le­gen. Aber selt­sa­mer­wei­se nicht ne­ben ir­gend­ei­nem männ­li­chen Kol­le­gen, son­dern ne­ben sei­ner Se­kre­tä­rin De­ni­se. Schon beim ers­ten Ken­nen­ler­nen mit ihr spür­te ich, wie ver­traut sich bei­de sind, Tom und sie. Ich kann es schlecht be­schrei­ben, eine Ehe­frau merkt, wenn ihr Mann sich zu ei­ner an­de­ren Frau hin­ge­zo­gen fühlt. Es lag ein Krib­beln in der Luft, wenn sich bei­de so an­ge­se­hen ha­ben.«

      »Hat Tom dir ge­gen­über die­se Frau schon ein­mal er­wähnt?« Ly­dia at­me­te schwer aus.

      »Ich weiß schon, dass er seit dem ver­gan­ge­nen Som­mer eine neue Se­kre­tä­rin hat. Er hat mir aber nie ge­sagt, dass sie so jung und blond ist und noch dazu eine Bom­ben­fi­gur hat. Ver­mut­lich hat er es ver­schwie­gen, weil er wuss­te, dass mich das ei­fer­süch­tig macht. Ich war ein Kotz­bro­cken in der Schwan­ger­schaft, war we­gen al­lem be­lei­digt oder weh­lei­dig.«

      »Und was ist auf der Weih­nachts­fei­er pas­siert? Ich mei­ne, ir­gend­was muss dich ja zum Nach­den­ken ge­bracht ha­ben. Af­fä­re. Das ist ein ganz schön hef­ti­ger Vor­wurf.« Ly­dia wirk­te nach­denk­lich, kniff die Au­gen­brau­en zu­sam­men.

      »Die Se­kre­tä­rin saß die gan­ze Zeit über ne­ben Tom. Ich habe links von ihm, sie auf der rech­ten Sei­te ge­ses­sen. Nicht, dass er ne­ben ir­gend­ei­nem sei­ner männ­li­chen Kol­le­gen, von de­nen es so vie­le in der Ab­tei­lung gibt, ge­ses­sen hät­te. Nein! Er muss­te sich aus­ge­rech­net ne­ben sei­ne at­trak­ti­ve Se­kre­tä­rin set­zen.« Ly­dia senk­te er­neut den Blick.

      Von Ei­fer­sucht zer­nagt re­de­te sie wei­ter: »Er hat sich mehr mit ihr un­ter­hal­ten, als sich um mich zu küm­mern. Wenn nicht die­ser ver­trau­te Blick­kon­takt zwi­schen ih­nen ge­we­sen wäre. Und wie sie mit­ein­an­der ge­lacht ha­ben. Nicht eine Se­kun­de lang hat er sei­ne Toch­ter ver­misst.«

      Bei dem letz­ten Satz brach Ly­dia er­neut in bit­te­re Trä­nen aus. Re­bec­ca ver­such­te sie zu trös­ten und sag­te: »Er woll­te be­stimmt bloß einen net­ten Abend ha­ben. Da ver­gisst man schnell al­les um sich her­um.«

      »Aber …«, un­ter­brach sie Re­bec­ca.

      Un­ter Trä­nen und mit zit­tern­der, lau­te­rer Stim­me sag­te sie: »Es war das ers­te Mal, dass wir einen Abend gänz­lich ohne Lea hat­ten! Ich habe sie schon im Auto ver­misst und Tom hat nicht ein­mal über un­ser Baby ge­spro­chen. So als gäbe es gar kei­ne Toch­ter für ihn. Fin­dest du das nicht ko­misch?«

      Ly­dia schau­te Re­bec­ca mit ih­ren ro­ten, ver­heul­ten Au­gen an. »Wenn ihm was an sei­nem Kind liegt, wür­de er sie ge­nau­so schreck­lich ver­mis­sen, wie ich es tue, und nicht mit sei­ner Se­kre­tä­rin in An­we­sen­heit sei­ner Ehe­frau flir­ten.« Sie klang ge­reizt und wü­tend.

      »Kann es nicht sein, dass du zu viel hin­ein­in­ter­pre­tierst? Dass du sei­ne Freund­lich­keit ihr ge­gen­über als se­xu­el­le An­zie­hung miss­ver­stehst?«

      Ly­dia schau­te Re­bec­ca un­gläu­big an, zog die Stirn in Fal­ten. »Meinst du im Ernst, Tom geht fremd und setzt sich ne­ben sei­nen Sei­ten­sprung? Ein Mann wür­de das doch un­ter al­len Um­stän­den ver­hin­dern und es so aus­se­hen las­sen, als lie­ße sie ihn ab­so­lut kalt.« Ly­dia hielt kurz inne, über­leg­te, ob es nicht doch so sein konn­te, wie Re­bec­ca sag­te.

      Schein­bar un­be­ein­druckt von den Wor­ten gab Ly­dia noch mehr De­tails preis: »Wenn es nur die Ge­sprä­che ge­we­sen wä­ren. Am spä­ten Abend wur­de auch ge­tanzt. Die Weih­nachts­fei­er fand in ei­nem grö­ße­ren Saal ei­ner Gast­stät­te statt. An­statt mich zum Tan­zen auf­zu­for­dern, hat er mit De­ni­se ge­tanzt. Die­ses … Flitt­chen … hat sich an ihn her­an­ge­macht! Wie nah sie ihm war und wie sie mit­ein­an­der ge­lacht ha­ben. Erst spä­ter hat er mit mir ge­tanzt, aber weit we­ni­ger zärt­lich und in­nig als mit De­ni­se.«

      »Das muss doch aber noch lan­ge nicht hei­ßen, dass die bei­den mit­ein­an­der schla­fen.«

      Ly­dia lief eine di­cke Trä­ne die Wan­ge hin­ab, was Re­bec­ca tie­fes Mit­ge­fühl emp­fin­den ließ. »Was soll ich bloß tun, Bec­cy? Ich sehe furcht­bar aus! So un­för­mig. Mei­ne Haa­re sind fet­tig, die Haut ist un­rein.« Ly­dia rieb sich die Stirn, als säße dort ein Teu­fel, den sie ab­schüt­teln woll­te.

      »Aber was das Schlimms­te ist: Ich kann nicht mehr mit Tom schla­fen, weil ich mich so un­wohl bei dem Ge­dan­ken füh­le, dass er mich wi­der­lich und ab­sto­ßend fin­det.«

      Ly­dia schüt­tel­te re­si­gniert den Kopf, be­vor sie einen letz­ten, be­deu­tungs­schwan­ge­ren Satz aus­sprach: »Ich wünsch­te, ich könn­te mit ihm über al­les re­den.« Re­bec­ca horch­te auf. Bis­her dach­te sie, Tom und Ly­dia wür­den eine durch und durch har­mo­ni­sche Be­zie­hung füh­ren, könn­ten über ihre Ge­füh­le spre­chen und nur sie und Paul wä­ren eine Aus­nah­me.

      Ly­dia hielt kurz inne, be­vor sie zer­knirscht und mit ver­heul­tem Ge­sicht sag­te: »Nach der Weih­nachts­fei­er habe ich Tom ge­fragt, ob er sich zu De­ni­se hin­ge­zo­gen fühlt. Er ist dem Ge­spräch aus dem Weg ge­gan­gen. Er hat