BEHIND BARS. Marina Ocean

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Название BEHIND BARS
Автор произведения Marina Ocean
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754186206



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      »Und wie bitteschön wollen Sie das anstellen? Mich wieder mit Medikamenten vollstopfen, bis ich erneut ein hirnloses, sabberndes Etwas bin und mich nicht mehr wehren kann? Damit ihr mir dabei das nächste Mal eine Gehirnwäsche verpassen könnt, um mich wieder in dieses scheiß System zu integrieren? Das alles nur, weil ich nicht eurer Norm entspreche und ihr der Meinung seid, dass man mich vorher nicht mehr auf die Öffentlichkeit loslassen kann?«

      »Nun, mit den Methoden, die in dieser Anstalt offenbar zur Anwendung kommen, bin ich absolut nicht einverstanden, das können Sie mir glauben! Was aber die Norm und dieses ›scheiß System‹ angeht … Sie haben nun einmal etwas getan, was nicht in Ordnung war. Deshalb sind Sie hier und darüber müssen wir uns unterhalten.«

      »Weder muss ich mit Ihnen reden, noch bin ich ein kranker Psychopath, auch wenn ihr mich gern so sehen möchtet. Ich habe lediglich eine Meinung, die ich vertrete. Und ich kann Ihnen sagen: Mein Gewissen ist rein, ich habe absolut nichts falsch gemacht! Ob Ihnen das nun passt oder nicht, daran wird sich nichts ändern. Psychologie hin oder her. Es ist mir ehrlich gesagt scheißegal, ob Ihre Meinung dahingehend mit meiner konform geht oder nicht. Es kümmert mich schlicht nicht und ich bin ziemlich stolz darauf, dass es mich nicht juckt. Also gehen Sie mir mit dieser scheiß Therapie gefälligst nicht auf den Sack! Denn ich habe kein Interesse daran, mich mit Ihnen ›zu unterhalten‹.«

      Wutschnaubend ringt er nach Atem, während ich mich über seinen Ausbruch nur wundern kann. Er kämpft gegen mich, mit allem, was er hat. Verzweifelt hält er mich auf Abstand, dadurch bekomme ich jedoch so langsam ein Gefühl dafür, wie ich mit ihm umgehen könnte. Über seine Wut habe ich einen Zugang zu ihm gefunden. Im Grunde genommen verstehe ich sein Problem. Ihm ist jegliches Vertrauen in diese Anstalt abhandengekommen und ehrlich gesagt wundert mich dies kein bisschen.

      Dass ich ihm helfen will, war nicht gelogen. Ich weiß nicht, warum, aber irgendetwas sagt mir, dass er es wert ist, dass man ihm hilft. Meine Menschenkenntnis hat mich bisher selten im Stich gelassen. Und auch wenn ich noch gar nicht weiß, was er überhaupt angestellt hat, habe ich dieses Gefühl tief in mir. Was mich allerdings gleich zum nächsten Thema bringt: Was hat er überhaupt getan?

      »Okay. Ich habe verstanden.«

      »Sie verstehen gar nichts!«, spuckt er mir entgegen.

      »Doch, ich denke schon. Sie sind verletzt. Und ob Sie es nun zugeben möchten oder nicht, Sie haben Angst. Angst davor, dass man Ihnen auch noch das letzte Stück Würde nimmt. Sie kämpfen jeden Tag, um hier nicht unterzugehen. Ich werde Ihnen jedoch versprechen, so lange Sie mein Patient sind, wird sich so ein Vorfall nicht wiederholen.«

      Ein funkelndes und doch erstauntes Augenpaar blickt mir entgegen und allein die Tatsache, dass er nichts mehr sagt, lässt mich vermuten, dass ich zumindest ansatzweise ins Schwarze getroffen habe. Diese Situation möchte ich sogleich nutzen.

      »Würden Sie mir erlauben, ein paar Fotos von Ihren Verletzungen zu machen?« Jetzt ist er vollkommen erstaunt, blockt jedoch gleich wieder ab.

      »Weshalb sollte ich?«

      Nun seufze ich leise auf und überlege, in wieweit ich ihm sagen soll, wofür ich diese Bilder benötige. Ohne Frage brauche ich diese sowohl zu seinem als auch zu meinem Schutz. Ich denke, es ist nur fair, wenn er Bescheid weiß. Zumal es wohl keine bessere Gelegenheit für mich gibt, sein Vertrauen zu gewinnen.

      »Wie Sie sicherlich wissen, bin ich neu an dieser Anstalt. Und ich kann Ihnen versichern, dass ich von den Machenschaften nichts wusste. Die Sache gestern hat mich ehrlich gesagt ziemlich erstaunt, um nicht zu sagen entsetzt, wie man hier mit Häftlingen umgeht. Und Sie können sich vielleicht denken, dass ich mir gestern bei Ihrer Befreiungsaktion nicht nur Freunde gemacht habe.«

      »Und das soll mich jetzt interessieren, weil …?«

      »So etwas soll nicht wieder vorkommen, und dafür werde ich mich einsetzen! Allerdings benötige ich dafür Beweise. Dies dürfte sowohl in Ihrem als auch in meinem Sinne sein.« Eindringlich sehe ich ihn an und kann nur hoffen, dass er darauf einsteigt. Es dauert jedoch unfassbar lange, bis er reagiert. Seine stahlblauen Augen blicken mir direkt entgegen und fixieren mich. Stechend bohrt sich sein Blick in meinen und nimmt mir fast die Luft zum Atmen. Ich weiß, dass er mich ergründen will, dass er herauszufinden versucht, ob ich tatsächlich die bin, die ich vorgebe zu sein. Da ich jedoch alles so meine, wie ich es gesagt habe, habe ich nichts zu befürchten und sehe ihm offen entgegen. Trotzdem wirft mich seine Musterung vollkommen aus der Bahn.

      »Machen Sie Ihre Fotos«, entscheidet er dann leise und sieht zur Seite.

      Hat er mir gerade wirklich die Erlaubnis erteilt? Aufgeregt macht mein Herz einen Satz und schlägt nun einen Tick schneller als zuvor. Und als ich in die Schreibtischschublade greife, um mein Handy herauszuholen, rutscht es mir beinahe noch einmal aus der Hand vor Aufregung. Kurz darauf gelingt es mir, mein Smartphone zu entsperren. Dann starte ich die Kamera-App und stehe auf.

      Mein Weg führt mich um den Schreibtisch herum und ich mache ein Foto von seinen Handgelenken. Anschließend strecke ich die Hand nach ihm aus, stocke aber indessen. Ich sehe ihm in die Augen, hole mir die Erlaubnis, ihn berühren zu dürfen, denn wer weiß, wie dieser Mann reagiert, wenn ich es einfach so tun würde? Einen Moment sieht er nur zu mir auf, dann vernehme ich schließlich ein leichtes Nicken. Demzufolge traue ich mich und überwinde die letzten Zentimeter. Meine Finger schieben die Handschellen ein wenig zur Seite, damit die Wunden freiliegen und ich sie besser fotografieren kann. Dabei berühre ich aus Versehen seine warme Haut, was einen heftigen Stromschlag durch mich hindurchschickt. Ich zucke zurück, mein Herz beginnt zu rasen und ich muss mich unglaublich zusammenreißen, mir nichts anmerken zu lassen. Natürlich spüre ich, wie er mich unentwegt taxiert und bin mir sicher, dass er jede Regung von mir nur zu deutlich wahrnimmt.

      Was zum Teufel ist nur los mit mir? Ich schlucke kurz, dann widme ich mich wieder seinen Verletzungen und versuche zu verdrängen, was die Berührung eben in mir ausgelöst hat. Seine Wunden sehen schlimm aus. Das ist definitiv nichts, was innerhalb von einer Woche wieder heilen wird. Doch mehr, als ihm die Salbe zu geben, kann ich nicht tun, wenn er sich nicht verarzten lassen will.

      Noch einmal nehme ich ein Foto auf, dann fotografiere ich ihn komplett, damit die Handgelenke auf seinem Schoß ihm zuzuordnen sind, falls daran Zweifel aufkommen sollten. Schließlich sind wir in der Beweispflicht. Ich könnte mich selbst in den Hintern treten, dass ich nicht gestern schon Bilder von ihm in dieser Kammer gemacht habe, aber ich muss mir natürlich ebenso eingestehen, dass ich in dem Moment viel zu sprachlos gewesen bin, um überhaupt einen klaren Gedanken fassen zu können. Sein Leben war zu diesem Zeitpunkt weitaus wichtiger gewesen als irgendwelche dummen Fotos!

      Anschließend sehe ich ihn wieder an. Ich hatte gestern vage gesehen, dass die Verletzungen an den Handgelenken nicht die Einzigen waren und frage mich nun, ob ich es wagen kann, sein Shirt auszuziehen. Dann jedoch wird mir wieder klar, dass das auch in seinem Interesse ist. Wenn wir das hier anfangen, dann machen wir es auch richtig! Daher beuge ich mich zu ihm herunter und deute auf sein T-Shirt.

      »Darf ich? Also … können wir …?« Verflixt! Warum bekomme ich eigentlich gerade keinen vernünftigen Satz mehr zu Stande?

      Bei meinen Worten verengen sich seine Augen zu schmalen Schlitzen und sein Blick wird noch intensiver, gleitet wissend über mich hinweg und ich würde am liebsten im Erdboden versinken vor Scham. Er sieht es! Er sieht verdammt genau, wie unsicher ich ihm gegenüber bin.

      Plötzlich steht er auf und richtet sich vor mir zu seiner vollen Größe auf. Dabei weiche ich erschrocken einen Schritt zurück, weil er damit gut zwei Köpfe über mir aufragt. Währenddessen sieht er mich auf eine Art an, die meine Knie weich werden und meinen Verstand komplett aussetzen lässt. Dieser Blick, als er auf mich herunterschaut, löst Gefühle in mir aus, die ich definitiv nicht haben sollte! Nicht in dieser Situation!

      Ich ringe um Fassung, versuche irgendwie, meine Professionalität wiederzuerlangen, was mir aber nur mit mäßigem Erfolg gelingt.

      Ohne dass ich erneut etwas sagen muss, hebt er seine Hände in den Handschellen langsam nach oben, greift den T-Shirt-Kragen in seinem Nacken und zieht sich das Shirt über den Kopf. Währenddessen