BEHIND BARS. Marina Ocean

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Название BEHIND BARS
Автор произведения Marina Ocean
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754186206



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solch eine Autorität hat, dies für mich möglich zu machen? Ich könnte wetten: Wäre sie nicht gewesen, hätte ich noch immer in den Ketten festgesessen. Und den Duschraum alleine zu benutzen, hätte mir ebenso niemand gewährt. Vielmehr hätten sie mich Tage später stinkend, durchgefroren und dreckig in meine Zelle gestopft, in der ich blutverschmiert auf meine Matratze gesunken wäre. Und am nächsten Tag hätten sie mich für die Flecken auf dem Laken auch noch bestraft. So, wie es immer gehandhabt wird.

      Für mich war diese Tortur zwar das erste Mal, doch ich habe bereits die Gespräche der Mithäftlinge über solche Maßnahmen gehört, die in den letzten Wochen Einzug gehalten haben. Ständig fällt diesen Wichsern etwas Neues ein, wenn wir nicht spuren. Meine Strafe, die ich über mich ergehen lassen musste, hat mich jedoch trotzdem ziemlich überrascht, denn das hat eindeutig eine neue Qualität. Von solchen Machenschaften war bisher nie die Rede gewesen. Nicht einmal ansatzweise! Daher bin ich gespannt, was noch folgen wird. Wenn sie jetzt schon die Grenzen von Würde und Achtung überschreiten, was wird uns dann in Zukunft noch alles blühen?

      Sie testen wahrscheinlich ihre Methoden und Ideen an uns, versuchen unseren Willen zu brechen. Doch an mir werden sie sich damit die Zähne ausbeißen, so wahr mir Gott helfe! Mich werden sie nicht klein bekommen, nicht in eintausend Jahren!

      Zuerst habe ich mich auch gefragt, was sie damit bezweckt, mir zu helfen, doch dann ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen. Ich bin ihr Patient! Das Gespräch beim Chef. Sie wollen mich weiterhin zu dieser Therapie bewegen, doch nicht mit mir! Wenn sie glauben, dass sie mir nur Zucker in den Arsch blasen müssen, nachdem sie mich misshandelt haben, dann haben sie sich geschnitten! Ich vergesse diese Scheiße hier nicht und je mehr sie mich drangsalieren, desto ungemütlicher werde ich. Da hilft es auch nicht, dass sich diese Kleine versucht, bei mir einzuschleimen! Es wird ihnen noch leidtun, dass sie das mit mir gemacht haben. Irgendwann wird meine Stunde kommen, und dann werde ich mich an ihnen rächen, werde den Augenblick genießen, wenn sie wie verweichlichte Hunde vor mir um Gnade winseln und um ihr Leben flehen. Ich freue mich jetzt schon darauf.

      Tatsächlich stört mich niemand beim Duschen und ich kann mich so lange unter dem warmen Wasserstrahl aufwärmen, wie ich möchte. In den ganzen Jahren, in denen ich einsitze, ist das noch nie vorgekommen! Diese Situation koste ich daher gnadenlos aus und stehe eine gefühlte Ewigkeit hier drin, lasse sie absichtlich auf mich warten, so lange es mir beliebt. Ich habe tatsächlich ihren Freifahrtschein dafür erhalten und lege es natürlich absichtlich darauf an, diesen voll und ganz einzufordern, auch wenn meine offenen Wunden unter dem Wasser höllisch brennen. Erst als meine Haut schon ganz aufgeweicht ist und ich das Gefühl habe, dass auch die letzte Stelle in mir wieder aufgewärmt ist, verlasse ich die Dusche und trockne mich in aller Seelenruhe ab. Sogar frische Kleidung haben sie mir hingelegt. Joggingklamotten aus meiner Zelle, aber immerhin waren sie so freundlich, mir diese herzubringen. Selbst wenn ich weiß, dass sie dabei direkt meine Zelle gefilzt haben.

      Können sie aber von mir aus so oft tun, wie sie wollen. Im Gegensatz zu anderen Häftlingen habe ich nämlich nichts zu verstecken. Mir ist dieses Katz und Maus Spiel, um Gegenstände und Drogen verschwinden zu lassen, viel zu anstrengend. Bei mir gibt es keine Gras-Päckchen im Abfall, ausgehöhlte Fischdosen mit Pillen beziehungsweise ›H‹ in der Schuhsohle. Für was auch? Ich meide den Kontakt zu den anderen Häftlingen, weshalb sollte ich mir da so eine Scheiße besorgen, um es dann an die anderen zu verticken? Ich will mit denen nichts zu tun haben. Aber von mir aus sollen sie auf Nummer sicher gehen und die Inneneinrichtung meines Haftraumes auf den Kopf stellen. Hinter meine Poster der leichtbekleideten Ladys an den Wänden schauen und in der Toilette herumwühlen. Wenn es ihnen Spaß macht, diese Drecksarbeiten auszuführen, bitteschön!

      Als ich angezogen bin, trete ich nach draußen, wo ich bereits von einem Wärter in Empfang genommen werde. Er spricht in sein Funkgerät und informiert irgendjemanden darüber, dass ich fertig bin, bevor er mich wieder anschnauzt:

      »Wurde aber auch langsam Zeit!«

      Ich sage nichts dazu, kann mir jedoch ein dreckiges Grinsen nicht verkneifen, weil ich weiß, dass ihn das viel mehr auf die Palme bringt, als wenn ich irgendetwas dazu sagen würde. Und es scheint auch zu funktionieren, denn wenn Blicke töten könnten, würde ich jetzt vermutlich einfach umfallen.

      Brav wende ich mich anschließend ab, tue so, als wäre nichts gewesen und laufe vor dem Wärter her. Dass er jetzt innerlich kocht, ist mir Rache genug.

      Bestimmend treibt er mich an schneller zu laufen und führt mich in meinen Zellentrakt. Dort werde ich ohne viel Aufhebens in meinen Haftraum gesperrt und setze mich erst einmal erschöpft aufs Bett. Schon wenig später entscheide ich mich dazu, mich hinzulegen, denn ich bin vollkommen im Arsch und will jetzt sofort eine Runde pennen. Selbst die Flutlichter draußen, die inzwischen die dunkle Nacht rings um den Knast hell erleuchten, stören mich heute nicht. Ich lege den Arm über meine Augen und versuche, ein wenig zur Ruhe zu kommen. Noch scheint es mir aber nicht vergönnt zu sein, denn nun klopft es an meiner Zellentür. Ein paar Sekunden danach öffnet sie sich bereits, doch ich sehe nicht einmal auf, höre lediglich, dass sie sich direkt wieder schließt. Trotzdem spüre ich genau, dass ich jetzt nicht mehr alleine bin und als ich die Absatzgeräusche weiblicher Schuhe vernehme, gepaart mit dem verführerischen Duft von Vanille und Zitrone, der mir wenig später in die Nase steigt, weiß ich auch genau, wer mich da gerade besucht und in meinen Raum eintritt.

      »Was wollen Sie, Lady?«, frage ich sie wenig freundlich. Natürlich weiß ich genau, dass sie noch einmal vorbeischauen wollte, doch was sie hier will, kann ich mir nicht erklären.

      Kapitel 5

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       Ari

      Ich stehe ziemlich angespannt vor ihm, sehe ihm dabei zu, wie er auf dem Bett liegt und den Arm über seinen Augen liegen hat. Er hat noch nicht einmal aufgesehen und trotzdem weiß er anscheinend, dass ich es bin, die nun hier bei ihm ist. Kurz frage ich mich woher, doch dann fällt mir ein, dass ich es ihm schließlich angekündigt hatte …

      »Ich hatte bereits gesagt, dass ich noch einmal nach Ihnen sehen würde. Wie fühlen Sie sich?«

      »Oh, ich denke, Sie wissen verdammt genau, wie ich mich fühle.«

      Sein Ton ist abweisend und es versetzt mir, wenn ich ehrlich bin, einen Stich, dass er offensichtlich kein Interesse daran hat, mit mir zu sprechen.

      »Nein, das weiß ich nicht. Deshalb frage ich Sie doch«, entgegne ich daher immer noch freundlich und um Ruhe bemüht, lasse mir nicht anmerken, dass mich diese Situation mehr fordert, als ich es zugeben möchte.

      Bereits in der Ausbildung hat man mich gewarnt, dass meine zukünftige Tätigkeit alles andere als leicht sein würde. Von Natur aus bin ich ein unglaublich empathischer Mensch und nehme mir sofort alles zu Herzen. In dem Job, in dem ich arbeite, ist dies das pure Gift für die eigene Seele. Und trotzdem liebe ich meine Arbeit. Ich mache sie gerne, weil ich weiß, dass ich Menschen helfen kann.

      Natürlich wusste ich, dass es womöglich eine Stufe härter sein würde, in einer JVA zu arbeiten, doch es hielt mich nicht davon ab, denn auch hinter den Gefängnismauern werden Menschen gebraucht, die den Häftlingen Gutes tun und sie auf die richtige Spur zurückbringen.

      »Ach kommen Sie, sparen wir uns das Gelaber. Lassen Sie mich einfach in Ruhe.«

      Er vertraut mir nicht, aber das kann ich nachvollziehen. Wenn man bedenkt, in welchem Zustand ich ihn vorhin gefunden habe, dann wundert es mich ehrlich gesagt, dass er überhaupt noch mit jemandem spricht.

      »Ist das schon einmal vorgekommen?«, möchte ich wissen. Dass gerade noch ein Wärter mit im Raum ist, passt mir dabei gar nicht, aber sie werden mich niemals mit ihm alleine hier drin reden lassen.

      »Sehen Sie gefälligst in Ihren schlauen Akten nach und gehen mir damit nicht auf den Sack!« Sein schroffer Ton richtet sich ganz offenkundig gegen mich und ein wenig zucke ich zurück. Dennoch fasse ich mir ein Herz und versuche, einen Zugang zu ihm zu finden.