BEHIND BARS. Marina Ocean

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Название BEHIND BARS
Автор произведения Marina Ocean
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754186206



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dieses klirrende Geräusch. Lauter diesmal und als ich mich anstrenge, in dem Raum etwas zu erkennen, sehe ich doch tatsächlich die Umrisse einer Person, die dort in Ketten von der Decke hängt.

      »Was zum …?« Ungläubig sehe ich meinen Kollegen an. »Wissen Sie hiervon?«

      Betreten senkt er den Kopf und ich kann nicht glauben, was sich hier abspielt.

      »Machen Sie diese Tür auf!«, weise ich ihn an. Thomas stockt und ich werde energischer. »Sofort!«

      Zitternd zieht er einen Schlüsselbund aus seiner Hosentasche, sucht eine Weile nach dem passenden Schlüssel und schließt das Vorhängeschloss auf. Daraufhin öffne ich die Tür und trete in die eiskalte Kammer. Ein winziges Loch mit einem Gitter prangt vor meterdicken Außenwänden, eine Fensterscheibe suche ich jedoch vergebens.

      »Seid ihr denn wahnsinnig?«, frage ich. »Wir haben beinahe Dezember! Es ist schweinekalt hier drin! Seit wann wird der Mann in dieser Kammer festgehalten?« Ich bin fassungslos und sehe mir den geschundenen Körper des Häftlings an, der schlaff in den Ketten hängt.

      »Seit zwei Tagen«, flüstert Thomas nun. »Er war nicht kooperativ und …«

      »Nicht kooperativ?«, falle ich ihm schrill ins Wort. Um Gottes willen! »Sie veranlassen sofort, dass er befreit wird!« Wieder stockt er und ich habe das Gefühl, im falschen Film gelandet zu sein. »Hören Sie schlecht?«, schreie ich ihn an. Das darf doch alles nicht wahr sein!

      Jetzt setzt sich Thomas in Bewegung und holt hoffentlich Hilfe, während ich dem Mann zuflüstere, dass er durchhalten soll. Argwöhnisch mustere ich die Ketten, allerdings muss ich feststellen, dass ich alleine rein gar nichts ausrichten kann. Somit versuche ich, dem Mann anders zu helfen. Stürmisch renne ich aus der Kammer in den Flur, weil ich dort eben einen Getränkeautomaten gesehen hatte. Dort ziehe ich eilig eine kleine Flasche Cola und laufe zurück.

      »Können Sie mich hören?«, spreche ich ihn an und öffne dabei die Flasche. »Wollen Sie etwas trinken?«, frage ich ihn sanft und schaue ihm zu, wie er langsam den Kopf hebt. Und auf einmal erwischt mich sein Blick eiskalt. Ein kribbelnder Schauer, der sich wie tausend Nadelstiche auf meinem Rücken anfühlt, läuft über mich hinweg, denn ich sehe geradewegs in stahlblaue Augen.

      Kapitel 4

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       Raph

      Ich schaue auf und muss mich erst einmal orientieren, doch sehe ich alles nur verschwommen. Gleißend helles Licht scheint durch die geöffnete Tür vom Flur herein und meine Augen schmerzen höllisch, genau wie meine Arme. Stimmen dringen an mein Ohr. Ich verstehe, was sie sagen, aber erfassen kann ich es nicht. Mein Hirn fühlt sich an, als wäre es Matsch. Ob das jedoch noch Nachwirkungen des Medikaments oder Begleiterscheinungen der Einsamkeit und der Kälte sind, kann ich nicht sagen.

      Seit ich hier bin, hatte ich immer wieder heftige Wutausbrüche, die letztlich in absolute Hilflosigkeit umgeschlagen sind. Ungestüm habe ich an den Ketten gezogen, mir dabei fast meine Schultern ausgekugelt, konnte mich allerdings nicht befreien. Die Haut an meinen Handgelenken brennt wie Feuer, denn die Manschetten haben sich inzwischen tief in mein Fleisch geschnitten und doch zieht der Schmerz an mir vorbei. Es ist einfach viel zu kalt hier drin, um überhaupt etwas zu fühlen. Auch mein Körper zittert nicht mehr. Es scheint so, als hätte er sich in seine ausweglose Situation gefügt. Ich schätze, ich habe eine ordentliche Unterkühlung, denn jede Bewegung fällt mir schwer und meine Extremitäten sind inzwischen seltsam steif.

      Langsam gewöhnen sich meine Augen an die Helligkeit und auf einmal erkenne ich eine dunkelhaarige, zierliche Frau, die auf mich zukommt und mit mir spricht. Sie ist hübsch und sie wirkt auf mich, wie ein schwarzer Engel, der geradewegs aus dem Licht heraus erscheint. Ich schnaufe wutentbrannt, denn ich kann kaum reden. Sie soll mich einfach in Ruhe lassen! Das letzte Mal, als jemand bei mir war, haben sie mich nochmal misshandelt, mir Ketten über meine Haut gezogen, mich geschlagen und innerlich wappne ich mich bereits für die nächste Tortur, die mir zweifelsohne gleich widerfahren wird! Sicher werden in wenigen Sekunden noch mehr von ihnen auftauchen.

      Doch als mein Blick auf die Cola-Flasche in ihrer Hand fällt, überkommt mich ein unbändiger Durst. Fast schon geifernd sehe ich die Flasche an und überlege, ob das vor meinen Augen die Wirklichkeit ist oder mir die Wahrnehmung einen Streich spielt. Mein Körper beginnt wieder unkontrolliert zu zittern, vor Kälte und diesmal ebenso vor Gier, als ich sehe, wie sie in kleinen Bewegungen die Flasche aufschraubt. Danach führt sie diese an meine Lippen.

      Die ersten Tropfen landen auf meiner Zunge und ich spüre, wie meine Lider zu flattern beginnen. Oh mein Gott, ist das gut! Ich glaube, Cola hat noch nie so fantastisch geschmeckt! Meine Geschmacksknospen im Mund explodieren und ich trinke immer schneller, sauge die Flüssigkeit in mich hinein und spüre, wie meine trockene Kehle benetzt wird. Doch mein Körper ist so unterkühlt, dass ich mit dem Schlucken gar nicht nachkomme.

      »Etwas langsamer«, höre ich ihre Worte, doch die Warnung kommt zu spät. Ich verschlucke mich, Schaum bildet sich aufgrund der vielen Kohlensäure in meinem Mund und einiges von dem wertvollen Getränk läuft mir über die Lippen und tropft an meinem Kinn herunter. Ich huste, wobei es mir beinahe den Brustkorb zerreißt und ringe nach Luft. Dabei spüre ich, wie sie mir auf den Rücken klopft, wodurch die Ketten leise klirren.

      Schmerzhafte Stiche ziehen bei jedem Schlag durch meinen Leib und holen mich zurück in die Wirklichkeit, während der Zucker langsam meinen Kreislauf wieder in Schwung zu bringen scheint. Das hier passiert wahrhaftig, denke ich. Und ringe nochmal tief nach Atem, als sie mir die Tropfen von meinem inzwischen stoppeligen Kinn wischt. Ihre Haut ist warm, sie berührt mich so behutsam, dass es mich total verwirrt und ihr lieblicher Duft dringt dabei in meine Nase. Ein betörendes Gemisch aus Vanille und Zitrone, das bewirkt, dass sich meine Wahrnehmung augenblicklich etwas schärft.

      »Ich hole Sie hier raus«, flüstert sie mir zu und setzt dann erneut die Flasche an meine Lippen. Schnell schlucke ich weitere Male und kann gar nicht genug von dem süßen Zeug bekommen. In diesem Moment stürmen Wachmänner den Raum und ich spanne mich innerlich an, für das, was gleich kommt. Ob sie mich wieder verprügeln? Mich erneut fixieren oder mir das Betäubungsmittel direkt so verabreichen? Bekomme ich nochmal eine Spritze?

      »Wer ist hierfür verantwortlich?«, will die Frau jetzt von einem anderen, leger gekleideten Mann wissen, den ich nicht kenne und wirbelt herum. Er kam soeben als letztes in den Raum.

      »Wer?«, setzt sie zornig nach und ich kann mich nur wundern, wie viel Energie man aus ihrer Stimme heraushört.

      »Wehrstein«, höre ich ihn sagen.

      »Und warum steht darüber nichts in der Akte? Das ist verdammt nochmal mein Patient! Weshalb werde ich über so etwas nicht informiert?«, spuckt sie ihm jetzt entgegen und in meinem Kopf beginnt es zu arbeiten. Ihr Patient? Ist die noch ganz richtig im Kopf? Ich bin kein Patient. Und diese Frau habe ich noch nie zuvor gesehen!

      »Das ist menschenverachtend und unwürdig, was Sie treiben!«, echauffiert sie sich. »Ach warten Sie. Natürlich steht nichts in der Akte.« Nun fasst sie sich an den Kopf. »Gott, wie konnte ich nur so dumm sein?« Als sie den Kerl jetzt erneut anschaut, tritt sie einen Schritt näher an ihn heran.

      »Ihr wisst verdammt genau, dass das illegal ist. Wie oft habt ihr sowas schon gemacht? Wo sind die inoffiziellen Aufzeichnungen?«

      »Bei Wehrstein im Büro«, gibt der Mann jetzt kleinlaut ein wenig Auskunft, beantwortet jedoch lange nicht alle Fragen und ich überlege dabei ernsthaft, was hier gerade los ist.

      »Habt ihr eigentlich kein schlechtes Gewissen? Gar keine Skrupel? Was glaubt ihr eigentlich, was passiert, wenn einer der Gefangenen euch mal anzeigt?«

      Anzeigt? Hört, hört. Was ist das denn für eine? Klingt fast so, als würde die hier aufräumen wollen?

      »Bis die Häftlinge entlassen werden, gibt es hierüber