BEHIND BARS. Marina Ocean

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Название BEHIND BARS
Автор произведения Marina Ocean
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754186206



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laufe ich nach dem offiziellen Filzen von der Wäscherei kurz zu meiner Zelle, um mich umzuziehen. Ich habe gerade Feierabend gemacht und will heute noch im Trainingsraum vorbeischauen. Nach der Arbeit haben wir hier drin viel Freizeit und eine meiner Lieblingsbeschäftigungen ist das Krafttraining. Erstens kann ich dabei meine Aggressionen abbauen, die sich tagsüber oft bei mir anstauen und zweitens ist es nie verkehrt, im Knast körperlich etwas darzustellen, damit Mithäftlinge nicht auf dumme Gedanken kommen. Wer sich mit mir anlegt, bereut es sofort und ich habe nicht vor, an dieser Tatsache etwas zu ändern.

      Daher tausche ich meine Hose und mein weißes T-Shirt gegen eine graue Jogginghose und ein schwarzes Tank Top. Anschließend mache ich mich, natürlich von den wachsamen Augen der Wärter begleitet, auf den Weg ins Fitness-Studio.

      Vieles hier drin ist wie draußen. Es gibt einen Fußballplatz, Tischtennisplatten, Tischkicker und dazu ein Gym. Ja sogar ein Atelier haben die hier, für diejenigen, die sich nach ihrem Dienst künstlerisch betätigen wollen. Auch eine Bücherei ist im Knast eingerichtet. Die ist allerdings für jeden Pflicht. Einmal im Monat muss man sich zwei Bücher ausleihen und sie lesen. Das wird akribisch dokumentiert und abgefragt.

      Natürlich kann man auch öfter hingehen, aber zwei Bücher im Monat sind das Minimum. Gehört zu den strengen Auflagen, da Weiterbildung hinter Gittern großgeschrieben wird. Dabei ist das eigentlich ein Witz, denn was bitte soll man bei einem Thriller oder Liebesroman schon lernen? Ich schätze mal, es gibt in diesen Büchern nichts, was wir Insassen nicht sowieso längst wüssten … Im positiven, genauso wie im negativen Sinne!

      Lediglich diejenigen, die im Knast eine Ausbildung machen oder den Schulabschluss nachholen, sind von der Pflicht des Bücherlesens aus der Bibliothek befreit. Die haben vermutlich auch genug andere Bücher zum Lernen, deren Inhalt sie sich in den Kopf kloppen müssen!

      Ich betrete den Raum und sichere mir direkt eine Hantelbank. Ohne mich groß umzusehen, beginne ich mit Aufwärmübungen und im Anschluss mit dem Training. Ich weiß, dass mich einige anstarren, aber davon lasse ich mich nicht aus der Ruhe bringen. Vermutlich ist es ohnehin nur der Neid, weil ich mehr drücke, als sie selbst.

      Im Anschluss mache ich Butterfly und genieße den Schmerz in meinen Oberarmen, der Brustmuskulatur und meinen Schultern. Das Ziehen spornt mich noch weiter an, immer mehr zu geben und meinen Körper bis zum absoluten Limit zu treiben. Als ich auch damit fertig bin, schnappe ich mir eine Wasserflasche aus dem bereitstehenden Automaten, dann geht’s hinüber zur Beinpresse.

      Drei Stunden später beginnen meine Muskeln vor Erschöpfung zu zittern. Ich setze mich einen Augenblick, muss erst einmal wieder zu Atem kommen. Dabei greife ich eines der Handtücher aus dem Regal und wische mir den Schweiß vom Körper. Anschließend werfe ich es direkt in einen der Container, die morgen früh wieder bei mir in der Wäscherei landen werden.

      »Neumann?«

      Ich sehe auf und dem Wachmann direkt ins Gesicht, der mich aufgerufen hat.

      »Mitkommen!«, diktiert er und ich erhebe mich. Sie holen mich wieder, ich weiß es, doch meine Antwort bleibt dieselbe! Das Theater könnten sie sich praktisch auch sparen.

      Erneut klicken die Handschellen und ich werde kurz darauf wieder durch das Labyrinth von Gängen geführt, die mich zum Büro des Chefs bringen. Mein Aufpasser klopft, öffnet dann die Tür und tritt ein. Ich folge ihm und man bedeutet mir, mich wieder auf den Stuhl vor dem großen Schreibtisch zu setzen.

      »Hallo Herr Neumann! Wie ich sehe, waren Sie trainieren?«

      Ich antworte nichts, denn was soll ich dazu auch sagen? Es ist offensichtlich, wo ich war, denn meine Kleidung ist vollkommen durchgeschwitzt.

      »Ich wollte noch einmal nachfragen, ob Sie sich das mit der Psychotherapie überlegt haben?«

      »Weshalb sollte ich?«

      »Nun, ich erachte die in Aussicht gestellte Haftverkürzung als Anreiz genug.«

      »Sie vielleicht.« Bei meiner Antwort verziehe ich vor Ekel das Gesicht und wende mich ab.

      »Sie tun ja gerade so, als wäre das etwas Schlimmes.«

      »Dann machen Sie doch eine Therapie, wenn Sie so scharf drauf sind. Ich jedenfalls bin vollkommen gesund und brauche so einen Schwachsinn nicht.«

      Jetzt seufzt er wieder. Anscheinend spürt er, dass er da bei mir auf Granit beißt.

      »Ist das Ihr letztes Wort?«, fragt er nun. »Noch haben Sie die Möglichkeit, es sich anders zu überlegen.« Eindringlich sieht er mir ins Gesicht, als er sich wieder zu mir zurückdreht und beugt sich dabei ein wenig nach vorne über die Schreibtischplatte. »Sonst müssen wir andere Maßnahmen in Betracht ziehen.«

      »Sie wollen mich zwingen?«

      »Wenn es nicht anders geht, ja.« Ohne es zu beschönigen, legt er die Fakten auf den Tisch und gibt es auch noch zu. Ich kann nicht fassen, dass er mir tatsächlich droht, ohne nur einmal mit der Wimper zu zucken. Der ist krank! Fragt sich, wer hier mal eine Therapie machen sollte.

      Die Wut in mir wächst. Mein Hass auf diesen Mann steigert sich plötzlich ins Unermessliche. Diese verdammten Wichser glauben echt, dass sie mich unter Druck setzen könnten?

      Fest fixiere ich seine Augen mit meinem Blick, beuge mich ebenfalls ein kleines Stück zu ihm hinüber und antworte mit drohendem Unterton.

      »Schieben. Sie. Sich. Ihre. Scheiß. Therapie. In. Ihren. Verfickten. Arsch!« Ich betone jedes einzelne Wort und muss mich beherrschen, nicht auf ihn loszugehen. Doch der Drecksack sitzt mir trotzdem noch seelenruhig gegenüber und beginnt nun zu lächeln, was mich noch mehr zur Weißglut treibt.

      »Wieso nur wusste ich, dass Sie so etwas in der Art sagen würden?« Entspannt lehnt er sich daraufhin in seinem Schreibtischsessel zurück und bedeutet dem Wachmann, mich abzuführen. Der packt mich am Arm und will mich hochziehen, doch ich entreiße mich ihm und erdolche ihn mit meinem Blick, während ich selbst aufstehe.

      »Pack mich noch einmal an, und ich mach dich fertig!«, spucke ich ihm entgegen. Er zuckt zurück, sieht hilfesuchend zu seinem Boss hinüber, doch der nickt ihm bloß zu. Ich habe ein absolutes Scheißgefühl, kann es aber nicht greifen. Irgendwas ist im Busch, und ich will hier einfach nur raus, lasse mich daher aus dem Büro begleiten und mache mich, zusammen mit dem Wachmann, wieder auf, in Richtung meiner Zelle. Vermutlich werden sie mich dort für den Rest des Abends einsperren, allerdings ist mir das scheißegal. Sollen sie nur machen!

      Ein Türgitter zum Flur wird mir geöffnet und ich gehe hindurch, laufe zum nächsten hinüber und warte, dass der Wachmann folgt, um mir das nächste ebenfalls aufzuschließen. Doch das passiert nicht. Stattdessen geht neben uns im Flur eine Tür auf und mir wird klar, dass sie diese Schleuse genau für diese Zwecke benutzen, denn in keiner anderen habe ich zuvor eine solche Seitentür gesehen.

      Immer mehr Wachmänner stürmen aus der Tür und zusätzlich drei Männer in Kitteln. Sie folgen den anderen und alle kommen jetzt auf mich zu, kreisen mich ein. Shit! Was wird das denn hier für eine kranke Nummer?

      Als der Erste mich packt, wehre ich mich und schlage ihm meine noch immer mit Handschellen gefesselten Hände ins Gesicht. Der nächste kommt, dem ich gegen seine Kniescheibe trete und dem Dritten gebe ich dabei eine Kopfnuss. Ich funktioniere nur noch, wehre immer mehr von ihnen ab, die fast gleichzeitig auf mich losgehen und kurz drauf vor Schmerz aufheulen.

      Doch wenig später sind es schon viel zu viele, die mir auf die Pelle rücken. Ich kann sie nicht alle gleichzeitig abwehren, was schließlich zum Unvermeidlichen führt. Sie überwältigen mich, werfen mich zu Boden und fixieren mich dort. Ich schreie, brülle und drohe ihnen, doch das interessiert sie alle nicht. Keuchend ringe ich nach Atem, wehre mich nach Leibeskräften, doch nach dem harten Training bin ich bereits vollkommen ausgepowert. Mit Sicherheit war es kein Zufall, dass sie mich heute nach dem Sport hierher zitiert haben! Ich habe keine Chance, beschimpfe sie daher ohne Unterlass und mache ihnen die Sache zumindest so schwer wie möglich. Zwischendurch treffe ich immer nochmal jemanden, als ich mal meine Arme oder ein Bein befreien kann, doch die Griffe werden immer übermächtiger. Sie fesseln mich, legen mir einen Knebel an und ich bekomme kaum noch Luft,