Kaffee - Fahrt. Jürgen Ruhr

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Название Kaffee - Fahrt
Автор произведения Jürgen Ruhr
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783752927597



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Mann schien den Messerkampf gewöhnt zu sein und zeigte auch keinen Respekt vor meiner Pistole. Er war aber auch so schnell heran, dass ich gar nicht erst zum Schießen kam und mich darauf konzentrieren musste, ihn abzuwehren. Mit einer schnellen Bewegung ließ ich die Beretta wieder im Holster verschwinden, während ich dem Messer auswich, das nur Millimeter an meinem Gesicht vorbeisauste. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass Bingo den anderen Kerl inzwischen zu Boden gebracht hatte und drohend über ihm stand. Der Mann wehrte sich nicht mehr, sondern hielt jammernd seine Hände vors Gesicht.

      Wieder sauste das Messer auf mich herab und ich konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. Die Kampftechnik des Rumänen erinnerte mich an die Angriffe von Christine, die allerdings weniger im Voraus zu erkennen waren, wie die dieses Gauners. Ich wich mit einer leichten Drehung nach links aus und ließ den Stich ins Leere gehen.

      „Ergib dich“, forderte ich den Mann auf. „Ich möchte nicht, dass jemand verletzt wird.“ Einmal abgesehen von denen, die ja schon verletzt waren und jetzt blutend am Boden lagen. In der Ferne vernahm ich schon die Sirene der Polizei. Und vermutlich die eines oder mehrerer Krankenwagen. „Es ist vorbei. Du willst das doch nicht wirklich.“

      Aber anscheinend wollte der Rumäne es doch so, denn mit wutverzerrtem Gesicht griff er erneut an. „Du tot, du tot“, rief er dabei und ich überlegte, ob ich mit diesem Theater jetzt direkt Schluss machen sollte, entschied mich aber dafür, ihm noch eine letzte Chance zu geben.

      „Wirf das Messer weg und leg dich auf den Boden“, forderte ich ihn auf. „Ansonsten breche ich dir das linke Knie und den rechten Ellbogen.“ Ich überlegte einen Moment und fügte dann lächelnd hinzu: „Und drei Finger der linken Hand, das gehört einfach dazu.“

      „Du Schwätzer. Ich beste Mässärkämpfer von ganz Rumänien!“ Er vollführte eine Drehung, die ihn seitlich zu mir brachte und ging in die Hocke, um sofort wieder hochzuschnellen. Sein Kampfmesser hätte mir vom Bauchnabel her den Oberkörper aufgeschlitzt, wenn ich noch da gestanden hätte, wo ich vor einer Sekunde war.

      Doch auch ich drehte mich ein wenig zur Seite und mein Fuß krachte mit voller Gewalt von vorne gegen sein linkes Knie. Ich hörte Knochen brechen und der Rumäne schrie gequält auf. Allerdings gab ich ihm keine Gelegenheit zur Besinnung zu kommen und fasste im gleichen Moment seine linke Hand, hebelt sie ein wenig herum, wobei drei Finger brachen und führte einen fürchterlichen Schlag gegen seinen rechten Ellbogen aus. Wieder krachten Knochen und das Messer flog in hohem Bogen davon. Ich brachte den Mann mit einer Hebelbewegung zu Boden und fesselte ihm ohne Rücksicht auf seine Verletzungen die Arme mit einem Kabelbinder auf den Rücken.

      Dann wandte ich mich dem Rumänen mit der Pistole zu, der sich jammernd die Schulter hielt. „Du kannst froh sein, dass ich ein so lausiger Schütze bin, wenn ich durch die Luft segle“, erklärte ich ihm und fesselte seine Hände ebenfalls auf dem Rücken. „Eigentlich hatte ich auf deinen Kopf gezielt.“

      Bingo sicherte immer noch den dritten Mann und ich konnte mich endlich um Wolfgang kümmern. Der lag mit schmerzverzerrtem und kreidebleichem Gesicht am Boden. Tränen liefen ihm aus den Augen und er sah mich ängstlich an. „Ich sterbe, Jonathan“, wisperte er.

      Ich besah ihn mir und entdeckte an seinem rechten Bein die Schusswunde. Ein glatter Durchschuss und wie es schien, waren keine wichtigen Blutgefäße und keine Knochen verletzt. Der Mann hatte mehr Glück als Verstand gehabt. Ich zog meine Jacke aus und knotete die Ärmel um das Bein, so dass die Wunde aufhörte zu bluten.

      „Es war schön, mit dir zusammengearbeitet zu haben, Jonathan“, hörte ich Wolfgang keuchen. „Ich verliere zu viel Blut. So etwas habe ich schon einmal in einem Film gesehen. Bitte sag meiner Frau und meiner Tochter, dass ich sie liebe!“

      „Das wirst du schön selber machen, Wolfi. An der kleinen Schussverletzung wirst du schon nicht sterben. Also reiß dich zusammen!“ Ich besah mir die Wand hinter ihm, die mehrere Einschusslöcher aufwies und wunderte mich, dass er überhaupt überlebt hatte.

      Minuten später stürmten bewaffnete Polizisten in die Halle und wollten sich auf mich stürzen, als ich ihnen meinen Ausweis entgegenhielt. „Jonathan Lärpers“, rief ich. „Flughafen Security.“ Dann erhob ich mich langsam, nahm aber die Hände hoch. Man konnte nie wissen, wie schießwütig die Beamten sein würden und ich hatte einfach keine Lust, mir jetzt noch eine Kugel einzufangen.

      Einer der Männer besah sich meine Papiere, zu denen auch mein Waffenschein gehörte und nickte. „Was war hier los?“

      Inzwischen standen zwei Polizisten um Bingo und den am Boden liegenden Gangster herum und sicherten die Waffen. Bingo knurrte immer noch und an ihn trauten sie sich nicht heran. Ich gab dem Malinois ein Zeichen, worauf er von dem Rumänen abließ und zu mir trottete. „Saubere Arbeit, Kumpel“, begrüßte ich den Hund und bevor ich Bingo den Kopf tätscheln konnte, ließ er sich vor mir auf den Rücken fallen und streckte alle vier Beine in die Luft. Seufzend kraulte ich ihm Brust und Bauch.

      Ein Mann und sein Hund halt.

      Mehrere Krankenwagen trafen ein und die Ärzte und Sanitäter kümmerten sich um die Verletzten. Als Wolfgang auf einer Trage zum Ausgang gebracht wurde, lief ich hinter den Sanitätern her. „Moment noch“, brachte ich sie zum Stehen und wandte mich dem Verletzten zu, der wieder etwas Farbe im Gesicht bekommen hatte. Dann kramte ich eine Visitenkarte hervor und steckte sie ihm in die Brusttasche.

      „Was war das?“

      „Meine Visitenkarte, beziehungsweise die von unserem Krav Maga Studio. Wenn du wieder auf den Beinen bist, solltest du dich dort zu einem Kurs anmelden. Wir lehren Selbstverteidigung und auch den Umgang mit Waffen“, erklärte ich mit einem Augenzwinkern.

      Wolfgang winkte schwach ab. „Das brauche ich nicht. Ich kündige.“

      „Sag das nicht, Wolfi“, meinte ich und fügte eine Notlüge hinzu: „Du hast dich hervorragend geschlagen. Du wirst einen prima Security-Mann abgeben.“ Das allerdings meinte ich ehrlich. Mit der entsprechenden Ausbildung würde er auch in solchen Situationen entsprechend reagieren können.

      Inzwischen hatte die Angestellte auch Claire Rouyer verständigt, die kopfschüttelnd und zitternd gegen den Schalter gelehnt dastand. „Verdammt Jonathan Lärpers“, empfing sie mich und es war das erste Mal, dass sie nicht überlegen musste, wie ich heiße. „Sie sind nicht einmal eine Stunde hier und schon so etwas ...“

      „Zufall“, grinste ich und blickte auf die Uhr. Es blieb noch ein wenig Zeit, um die unausbleiblichen Fragen der Polizisten zu beantworten, doch dann wurde es auch schon wieder Zeit für die Mittagspause. „Bleibt es bei unserem Mittagessen? Ich hätte da einige Vorschläge zu machen ...“

      In den Koffern befanden sich tatsächlich größere Mengen an Heroin und Kokain und als ein Kriminalbeamter eintraf, den ich nicht kannte, musste ich ihm die ganze Geschichte noch einmal erzählen. Kaum, dass ich mit meinen Erklärungen geendet hatte, rief mich die junge Frau zum Telefon und gab mir ohne ein weiteres Wort den Hörer in die Hand.

      „Eberson“, hörte ich den Oberstaatsanwalt ohne Einleitung oder Begrüßung sagen und ich fragte mich, woher er so schnell von dem Vorfall hier erfahren hatte. „Das sind sie Lärpers, nicht wahr?“

      Ich bejahte.

      „Kaum vor Ort und schon - wieviel? - Tote?“

      „Keine, Herr Oberstaatsanwalt. Nur ein paar Verletzte. Insgesamt drei bewaffnete Rumänen mit einem Haufen Drogen. Es ist niemand wirklich zu Schaden gekommen.“ Den Wachmann ließ ich erst einmal außen vor.

      Ich hörte, wie Oberstaatsanwalt Eberson lachte. „Nur drei? Gute Arbeit, Herr Lärpers. Ich wusste, dass wir mit ihrer Person die richtige Wahl getroffen hatten. Dass sie aber schon am ersten Tag so eine Aktion hinlegen würden, damit habe ich nicht gerechnet.“

      „Zufall“, wiederholte ich meine Worte von vorhin und fügte bescheiden hinzu: „Man tut halt, was man kann.“

      Eberson murmelte noch etwas von einem Bericht, den er so bald wie möglich auf seinem Schreibtisch sehen wollte und legte dann auf. Ob Bernd nun auch noch anrufen würde?