Cemetery Car®. Angelika Nickel

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Название Cemetery Car®
Автор произведения Angelika Nickel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847660392



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Kim misstrauisch an, während sie in ihre Schreibtischschublade griff, ein Fläschchen herausholte, und sich mit dessen Inhalt besprühte.

      Auf Quentins fragenden Blick, sagte sie: »Allergien! Habe immer wieder mit ihnen zu kämpfen. Und dieses Zeugs da, das hilft ein bisschen dagegen.« Dabei beobachtete sie Kim und den Hund. In eigenartigem Tonfall, fragte sie erneut: »Sicher, dass Sie den Hund nicht schon zuvor gehabt haben?«

      »Wie? Nein. Wir haben Ihnen doch gesagt, dass wir ihn angefahren am Straßenrand vorgefunden haben.« Kim kniete sich zu dem Hund, der ganz ausgelassen um sie herumschwänzelte. »Na, Kleiner, willst du mit uns nach Hause kommen? Ja! Dann wirst du ab heute einen neuen Namen haben. Wir nennen dich Rhapsodie. Wie gefällt dir das?«

      Rhapsodie kläffte und bellte, umsprang Kim, hüpfte an Quentin hoch, so sehr freute sich das kleine weiße Hundebündel. Rhapsodie, der ein Ebenbild Peppels war, war glücklich. Sein kleines Hundeherz schlug vor Freude dermaßen aufgeregt, wie es seit einem Jahr nicht mehr geschlagen hatte.

      Schwester Maria beobachtete das Ganze mit misstrauischem Blick.

      Doktor Morgenrot, der auf ein Hallo zu ihnen hereinschaute, gab den beiden noch einige Ratschläge mit auf den Weg, wünschte ihnen viel Glück mit dem Ausreißer und verabschiedete sich auch schon wieder von ihnen.

      Im Wagen, fragte Kim: »Findest du es nicht eigenartig, dass er überhaupt kein Geld für die Behandlung, von uns verlangt hat?«

      »Nicht schon wieder, Kim! Jetzt such‘ doch nicht in allem und jedem etwas Eigenartiges zu finden. Der Doktor ist wahrscheinlich einfach nur ein Tierfreund, der uns kein Geld abgeknöpft hat, weil er wusste, dass es nicht unser Hund war, den wir ihm gestern gebracht haben.«

      »Doch er wusste von uns, dass wir vorhatten, ihn zu behalten, und damit ändert sich das Ganze doch, meinst du nicht auch?«

      »Nein, das meine ich nicht. Und jetzt lass uns nach Hause fahren. Vergiss nicht, wir haben daheim eine Kartonagenstadt, die noch ausgepackt sein will.«

      »Aber zuerst müssen wir noch einkaufen. Wir brauchen Babybrei für Rhapsodie, und natürlich auch Hundefutter.«

      »Wie konnte ich das nur vergessen. Brauchen wir für uns vielleicht auch etwas?«

      »Wie? Ja, klar, Toilettenpapier«, antwortete Kim.

      »Und was essen wir?«

      »Essen? Ups, daran habe ich gar nicht gedacht. Wir müssen ja auch noch für uns etwas zu Essen einkaufen. Wir wär’s mit Hawaii Toast? Das würde ich gerne wieder einmal essen.« Kim war so sehr mit dem kleinen Hund beschäftigt, der hinten auf der Rückbank lag, dass sie doch tatsächlich den Lebensmitteleinkauf vergessen hätte. »Und wir müssen Joghurt kaufen. Nora hat mir vorhin nämlich noch gesagt, dass Salbei sehr gerne Joghurt futtert.« Als ihr Blick auf die Zigarettenschachtel fiel, fügte sie hinzu: »Und Zigaretten brauche ich auch noch.«

      »Schön, dann gehen wir am besten dort hinten in den Supermarkt, sofern es auch ein Supermarkt ist. Sieht von hier zumindest recht groß aus«, schlug Quentin vor und wendete Cemetery Car, so dass sie wieder ein Stück zurückfuhren, hin in die Richtung, aus der sie soeben kamen.

      Als sie zurück in der Villa Punto waren, streiften bereits schon leichte Nachtwolken den Himmel.

      Rhapsodie rannte übermütig im Haus herum. Er schnüffelte an jeder Tür, rannte nach oben und blieb vor Evelyns Tür stehen. Winselnd tappte er hin und her. Er beschnupperte die Luft, die unter der Tür hervorkam. Erneut begann er, zu winseln. Plötzlich bellte er lautstark.

      »Was für ein Glück, dass die Nachbarn so weit weg wohnen, sonst könnten wir wahrscheinlich gleich wieder ausziehen, so laut, wie der Knabe kläfft«, schimpfte Quentin.

      »Er will uns bestimmt etwas sagen, Schatz.«

      »Kim, jetzt reicht’s. Auf jetzt, lass uns das Auto zu Ende ausladen!«

      »Rhapsodie, komm wieder runter«, rief Kim, und lief mit Quentin zum Wagen, um ihn gänzlich auszuräumen.

      Als sie wieder zurückgingen und die Küche betraten, saß Salbei auf Rhapsodies Rücken. Die Krähe krächzte, während der Hundewollknäuel freudig fiepte.

      »Du, Quentin, sieh dir nur einmal die beiden an. Das sieht fast so aus, als wenn sie sich kennen würden.«

      »Sind wahrscheinlich wiedergeborene Geister, die sich nun, nach einer unendlich langen Zeit, wiedergefunden haben«, scherzte Quentin.

      »Scheusal!« Leis‘ lachend, kniff sie ihm in den Unterarm. »Lass uns Essen machen«, forderte sie ihn auf, und kramte bereits schon in einer Tüte.

      Nach einem kleinen Imbiss gingen sie, zusammen mit Salbei und Rhapsodie, auf dem Privatgrundstück der Villa Punto, Silentsend, spazieren.

      Als sie wieder zurück waren, liefen sie hoch, wollten in ihr Schlafzimmer, als sie an Evelyns Zimmer vorbeikamen.

      Kim blieb stehen. Verwundert sah sie Quentin an. »Hast du die Tür aufgemacht?«

      »Ich? Was soll ich in Tante Evelyns Zimmer?«

      »Aber wer hat sie dann aufgemacht? Ich war auch nicht in ihrem Zimmer.«

      »Niemand hat sie aufgemacht. Wahrscheinlich war es windig. Ein Windzug, der durchgeweht ist, so dass sich die Tür geöffnet hat, oder aber das Schloss war nicht richtig eingerastet. Dafür kann es viele Gründe geben.«

      »Imperato?« Kim schüttelte sich. »Was, wenn es der Dämon war, der unsere Abwesenheit dafür genutzt hat …«

      »Hör auf, Kim! Hör endlich damit auf! Hör dir doch selbst einmal zu!« Er packte sie bei den Schultern und zwang sie, ihm in die Augen zu sehen. »Du bist ja schon ganz besessen, von all diesem Dämonennonsens.« Seine Stirn lag auf ihrem Haar, während er flüsterte: »Kleines, du darfst dich von Noras Gefasel nicht verrückt machen lassen. Wir leben nun einmal hier. Und es gibt keinen Dämon noch eine Tante Evelyn, die in diesem Haus ihr Unwesen treiben. Begreif‘ das doch endlich!«

      Doch bevor Kim antworten konnte, war sie erneut von Rhapsodies aufgeregt wilden Bellens abgelenkt.

      »Der Hund ist in Evelyns Zimmer.« Quentin schaute unwillkürlich in Richtung Evelyns Zimmertür.

      »Aber was will er dort?« Die Farbe wich aus ihrem Gesicht, sie war fahl wie die Wand.

      »Was weiß ich. Vielleicht hat er einen Knochen gefunden.« Seine Schultern zuckten auf und ab. »Vielleicht hatte auch Tantchen einen Hund gehabt. Wer kann das schon wissen; immerhin hatte sie ja auch einen Vogel.«

      »Lass uns nachsehen.«

      »Oh ja, Kim, lass uns nachsehen gehen, und uns überzeugen, dass es nichts gibt, was anders wäre, als es sein sollte. Und danach sollten wir endlich etwas Vernünftiges essen.«

      »Schon wieder?« Sie schaute ihn verwundert an.

      Er hob die Augen, den Blick nach oben gerichtet. »Ich habe einen Kohldampf, dass ich ein ganzes Mammut verdrücken könnte. Muss vom vielen Schleppen kommen.«

      »Dann pass bloß auf, dass du nicht auch noch von einem Mammut gefressen wirst.« Kim griff nach Quentins Hand und zog ihn mit sich fort.

      »Kann nicht passieren. Mammuts waren Vegetarier, Pflanzenfresser.«

      »Pst!« Kim legte ihren Finger auf seine Lippen. »Sei still, ich will nicht, dass wir ihn vertreiben«, flüsterte sie ihm zu, bereits gemeinsam mit ihm vor dem Zimmer seiner Großtante stehend.

      Sie schoben die Tür zu Evelyns Zimmer weit auf.

      Bereits beim Eintreten drang ihnen der intensive Geruch von Lavendel entgegen.

      »Sie ist hier, Quentin. Ich kann sie riechen, … und du kannst das auch. Du kannst dich nicht immer dagegen sperren, du musst endlich die Wahrheit akzeptieren, und lernen, mit ihr umzugehen. Das müssen wir übrigens beide, Quentin.« Für einen Bruchteil einer Sekunde lehnte sie ihren Kopf an seine Brust. »Lass uns gemeinsam