Cemetery Car®. Angelika Nickel

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Название Cemetery Car®
Автор произведения Angelika Nickel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847660392



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leise auf, kuschelte sich eng an Quentin. Mit zärtlichen Streicheleinheiten weckte sie ihn auf.

      »Kim, du Schmusekatze, ist es schon wieder Zeit, zum Aufstehen?« Quentin kam langsam zu sich. Mit schnellem Ruck zog er sie zu sich heran.

      Nach einer intensiv zärtlichen Kuschelstunde, schwang sich Kim aus dem Bett. Mit flinken Fingern durchwühlte sie den ersten Kleiderkarton, der ihr unter die Augen kam. Eine gelbe Jeans unterm Arm, sowie mit einem hellgelben Shirt und einer dunkelblauen Strickjacke, als auch mit ihrer Unterwäsche bewappnet, machte sie sich auf den Weg zum Bad.

      Bevor sie es erreichte, fiel ihr der Modergeruch auf, der immer intensiver, immer aufdringlicher wurde.

      Kim fröstelte.

      Ein Kälteschauder nach dem anderen jagte ihren Rücken hinunter.

      Ihr fielen wieder Noras Worte ein.

       Imperato, er ist hier!

      Ihre Haare stellten sich. Verängstigt sah sie den Flur entlang, hin zu ihrem Schlafzimmer, in dem Quentin lag, der unterdessen wieder eingeschlafen war.

       Was mach‘ ich nur? Was, wenn es diesen Dämon tatsächlich gibt?

      Noch eisigere Kälte beschlich sie.

       Er ist jetzt ganz in meiner Nähe. Ich kann ihn riechen!

      Sie wollte schon wieder zurück zum Schlafzimmer rennen, als sie Quentins Schnarchen vernahm.

       Na toll, was für ein Beschützer!

      Enttäuscht ließ sie die Schultern hängen. Sie ließ ganz bewusst ihre Klamotten fallen, um sich gleich darauf, nach ihnen zu bücken.

       Zeit, ich muss Zeit schinden. Wenn er mich tatsächlich beobachtet, muss er nicht auch noch wissen, dass ich von seiner Existenz weiß, und Angst vor ihm habe.

      Sie unterdrückte den Laut der Angst, der sich über ihre Lippen hinausquetschen wollte.

       Wir wohnen nun einmal in diesem Haus, folglich muss ich mich damit abfinden, dass es diesen Imperato, ab sofort, in meinem Leben gibt. Und ich muss lernen, mich gegen ihn zu wehren.

      Kim wusste, sofern Nora Recht hätte, das Ziel des Dämons, ihr und Quentins Tod sein würde. Und sie wusste auch, dass sie sich nicht vor dem Dämon fürchten durfte. Angst war die Nahrung der Dämonen. Die Angst ihrer Opfer. Wenn nur ein Teil der Dinge stimmte, von denen sie schon in Gruselromanen und Horrorfilmen gelesen und gehört hatte, war sie sich sicher, dass das Letzte, was sie einem Geist oder Dämon zeigen durfte, Angst war. Angst würde sie noch angreifbarer werden lassen. Und das durfte auf gar keinen Fall geschehen.

      Während sie mit langsamen Handbewegungen ihre Kleider zusammenraffte, sah sie sich verstohlen nach dem Dämon um.

      Ob sie Imperato wohl auch sehen könnte? Schemenhaft, vielleicht?

      Sie warf einen unsicheren Blick über ihre Schulter.

      Nein, da war nichts.

      Auch vor sich konnte sie keinen Schatten ausmachen.

      Nur der Gestank, der penetrante Modergeruch, zog sich in dem langen, breiten Flur entlang, und kam ihr immer näher.

      Eilig packte sie ihre Kleider, fuhr mit einem hastigen Ruck hoch, und rief laut: »Wo immer du dich auch aufhalten magst, Imperato, ich fürchte dich nicht!«

      Innerlich bebte sie, vor Angst. Sie hatte all ihren Mut gebraucht, um ihre Worte auch glaubhaft in den leeren, mit frühem Morgenlicht durchfluteten Flur zu werfen.

      Schnellen Schrittes lief sie auf die Badezimmertür zu, ging hinein. Bevor sie die Tür verschloss, sagte sie: »Wenn ich dusche, haben weder Geister noch Dämonen Zutritt. Ich hoffe, wir haben uns verstanden! Und jetzt mach dich ab, wo immer du auch bist!«

      Sofort verstärkte sich der Modergeruch. Sie konnte ihn regelrecht fühlen. Wie kalter Atem fühlte er sich an. Kalter Atem, der ihre Wange streifte, als würde sie von einem kalten Etwas angehaucht werden.

      Kim bekam weiche Knie. Sie straffte sich, trotz ihrer Angst.

      »Verschwinde von hier, aber sofort! Du magst vielleicht die alte Tante Evelyn erschrecken gekonnt haben, aber bei mir gelingt dir das nicht. Da, sieh genau hin! Siehst du das? Das ist ein Kreuz. Ein geweihtes Kreuz! Das trage ich seit meiner Kommunion. Na, wie gefällt dir das?« Sie griff an die Kette an ihrem Hals, ertastete das kleine goldene Kreuz und hob es, so weit die Kette es zuließ, von sich, hin in die Richtung, aus der der Modergestank kam.

      Und, ob sie es sich nun einbildete, oder auch nicht, der Modergeruch verflüchtigte sich. Zurück blieb ein leichter Duft nach Lavendel.

      »Evelyn? Tante Evelyn? Bist du das? Bist du da? Danke, dass du ihn vertrieben hast«, flüsterte Kim, als sie den Lavendelgeruch wahrnahm.

      An diesem Ort muss ich sehr aufpassen, dass ich nicht verrückt werde. Noch niemals wollte ich einen Geist in meinem Leben haben. Und erst recht nicht einen Geist und einen Dämon, ging es Kim durch den Kopf, während sie unter die Dusche stieg und den leichten Regen der Wasserperlen auf ihre Haut prasseln ließ.

      Das sanfte Plätschern des Wassers und der frische Duft ihres Duschgels ließen Kim auf andere Gedanken kommen.

      Als sie mit ihrer Morgentoilette fertig war, erinnerte nichts mehr an Modergeruch und Lavendelduft.

       Ob ich mir das alles nur eingebildet habe?

      Sie ging zurück zum Schlafzimmer, setzte sich neben Quentin aufs Bett, beugte sich über ihn und küsste ihn auf die Nase.

      »Aufstehen, du Schlafmütze. Wir haben einen langen Tag vor uns«, säuselte sie, zwischen den Küssen.

      »Kim, ist es schon wieder Zeit, zum Aufstehen?« Quentin öffnete die Augen und zog sie zu sich herunter. »Na, wie wär’s? Wollen wir das nochmals machen? War doch schön, vorhin … Auf diese Art möchte ich jeden Morgen von dir geweckt werden.« Seine Hände fuhren zärtlich ihren Rücken entlang.

      »Jetzt übertreib mal nicht. Außerdem, geweckt werden, schmusen und dann gleich wieder einschlafen, das sind wohl auch nicht unbedingt die guten englischen Sitten«, lachte Kim, die ihr Geruchserlebnis bereits wieder verdrängt hatte.

      »Gute englische Sitten? Was hab ich mit denen zu tun? Bin ich etwa ein Engländer? Mitnichten, meine Herzallerliebste, mitnichten«, lachte auch Quentin. Er drückte sie ganz fest an sich, und sie konnte erneut sein Verlangen nach ihr spüren. Zärtlich nahm er ihre Hand und zog sie unter die Bettdecke.

      »Mein Herr, nicht jetzt! Auch wenn es noch so verführerisch ist, und sich verlockend anfühlt, so haben wir dafür so gar keine Zeit. Die Schmuseeinheiten von vorhin, die müssen fürs Erste reichen.« Kim machte sich frei und schwang sich mit einem saloppen Schwung aus dem Bett.

      »Wie kannst du nur so herzlos sein?« Quentin winkte sie mit den Händen zu sich heran, doch Kim schnippte mit den Fingern, hob die Hand und ihren Zeigefinger, und rief, gut gelaunt: »Nicht jetzt! Ich geh‘ jetzt runter und mache Frühstück. Und du nimmst am besten eine kalte Dusche, damit du wieder abkühlst, … und auch wieder schrumpfst.« Verstohlen lugte sie zur Bettdecke, unter der sich die leichte Ausbeulung von Quentins Erregung abzeichnete. Sie schüttelte, gespielt entrüstet, ihren Lockenkopf.

      Noch bevor Quentin etwas erwidern konnte, lief sie bereits die Treppe hinunter.

      »Oh, Weib, wie kannst du nur so herzlos sein? Ich verschmachte hier«, hörte sie ihn, in ebenfalls gespieltem Ton, hinter ihr herrufen.

      »Ich liebe dich auch, Quentin«, rief sie nach oben, während sie sich in der Küche umsah.

      Beim Frühstück unterhielten sie sich über dies und das, machten Pläne für den Tag, und was sie alles erledigen wollten.

      »Zu allererst müssen wir heute nach dem Hund sehen. Wenn Doktor Morgenrot Recht hat, dann können wir ihn nachher auch gleich mit nach Hause nehmen.« Kim drehte