Die Leben des Paul Zech. Alfred Hübner

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Название Die Leben des Paul Zech
Автор произведения Alfred Hübner
Жанр Биографии и Мемуары
Серия
Издательство Биографии и Мемуары
Год выпуска 0
isbn 9783945424926



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verspürt keine Lust, an derartigen Freizeitaktivitäten teilzunehmen. Dazu fehlt ihm seiner Meinung nach die Zeit. Neben der Tätigkeit beim „Berliner Tageblatt“ ist er darauf angewiesen, möglichst viele Artikel für weitere Printmedien zu schreiben, um Geld zu verdienen.

      Im Verlauf weniger Monate erscheinen von ihm Texte höchst unterschiedlicher Thematik und Qualität. Hans von Gumppenberg veröffentlicht in der Zeitschrift „Licht und Schatten“ eine schwülstige Liebesgeschichte, „Das Erwachen“.259 Dagegen finden sich im „Saturn“ unter dem Titel „Vorposten“ Verse zum Thema Bergbau. Sie sind von ähnlicher Qualität wie die des „Schwarzen Reviers“. 1913 haben oberschlesische Bergarbeiter erfolglos gegen Hungerlöhne gestreikt. Zech greift das Thema auf und stimmt revolutionäre Töne an: „Wer glaubt, dass wir längst kirr und unberührbar sind? / Listig im Hinterhalt lauern Maschinenschützen. / Von Steppen östlich hergeweht, umrauscht uns guter Wind.“260

      Benn schickt Zech ein Exemplar seines zweiten „lyrischen Flugblattes“, „Söhne“. Es enthält die gedruckte Widmung: „Ich grüße Else Lasker-Schüler: Ziellose Hand aus Spiel und Blut“, und handschriftlich den Eintrag: „Herrn Paul Zech mit freundlichem Gruß 5. X. 13. Gottfried Benn.“261

      „Munkepunke“ weiß mittlerweile, um wen es sich bei „Dr. Paul Robert“ handelt, der in der „Aktion“ „Das schwarze Revier“ gelobt und die gehässige Kritik über den „Mistral“ für die „Xenien“ verfasst hat. Er greift Zech scharf an, doch dieser sieht sich zu Unrecht verfolgt. Ein Brief von ihm an Bachmair beginnt mit der Behauptung: „Obwohl ich grundsätzlich auf Verleumdungen nicht reagiere, muss ich Ihnen in dem Falle A. R. Meyer contra Zech folgendes mitteilen“. Diese Mitteilung beginnt: „Tatsache ist, und durch eidesstattliche Erklärung beim Vorstand des Schriftsteller-Schutzverbandes festgestellt: Der Verfasser der Kritiken unter dem Pseudonym Paul Robert heißt K. E. Meurer.“ Das ist nicht wahr. Zech widerspricht auch dem Vorwurf, er habe Schulden bei seinem Verleger: „Tatsache ist, dass mir Herr A. R. Meyer niemals Geld geliehen hat, mir ferner noch die Abrechnung über mein Versbuch ‚Schollenbruch‘ bis heute nicht geliefert hat.“ Weiter erfährt Bachmair: „Meyer behauptet, dass er ein Gedicht, das er dem ‚Neuen Pathos‘ anbot, wieder zurückgezogen hat. Tatsache ist, dass dieses betreffende Gedicht in der Redaktionssitzung abgelehnt wurde und [der Verfasser] danach erst den Beitrag zurückforderte.“

      Wichtiger als diese falschen Behauptungen sind an gleicher Stelle Zechs Angaben zur Finanzierung des Drucks seiner Werke: „Ich zahlte Herrn A. R. Meyer für das Flugblatt ‚Waldpastelle‘ 60 Mark baar [!]. Für den Band ‚Schollenbruch‘ 95 Mark baar, der Rest von der zu zahlenden Summe, die 200 Mark betrug, dürfte durch Subskriptionen aufgebracht sein. Eine Verrechnung fand bisher nicht statt.“ Auch die „jungbergischen Dichter“ haben für die Veröffentlichung ihrer Texte Geld locker machen müssen: „Für das Flugblatt ‚Das frühe Geläut‘ das ich mit anderen bei A. R. Meyer herausgab, wurden 100 Mark baar bezahlt.“

      Großen Wert legt Zech auf die Richtigstellung: „Herr A. R. Meyer hat, wie durch einwandfreie Zeugen nachgewiesen werden kann, behauptet, ich erhalte von dem Vater des Herausgebers Robert R. Schmidt, eine monatliche Rente; was nicht den Tatsachen entspricht.“ Damit hat er Recht. Die Zahlungen kommen der Zeitschrift und nicht dem Herausgeber zugute. Den Vorwurf des Verlegers: „‚Das neue Pathos‘ sei ein Konkurrenzunternehmen, er könne mich wegen unlauteren Wettbewerbs verklagen“, kommentiert er sehr von oben herab: „Ich würde das Vorgehen A. R. Meyers in einem wesentlicheren Falle mit einem außergewöhnlich scharfen ethischen Namensurteile belegen. Schmutz stoße ich nicht einmal mit den Füssen weg.“

      Anschließend kommt Zech auf seine Mitarbeit an Bachmairs Zeitschrift sowie die Veröffentlichung der Deubel-Übertragungen zu sprechen, die er nach München geschickt hat. Über das Sonderheft der „Bücherei Maiandros“ für den französischen Dichter behauptet er: „Herr A. R. Meyer ist nur autorisiert, die sechs Gedichte der Flugblätter von Deubel zu übertragen. Die Übertragungen von Cohen und Benn sind in dem Buch ‚In memoriam Deubel‘ nicht von Deubel autorisiert.“ Er kündigt an: „Ich werde durch den Syndikus des Schutzverbandes dagegen Strafantrag stellen“. Das kann er schon deshalb nicht machen, weil er dann Benn zum Feind hätte. Ein drittes Mal fragt er Bachmair: „wie stellen Sie sich zu meinem Anerbieten […] das Essaibuch über Else Lasker-Schüler zu verlegen.“ Der Brief endet: „Im übrigen bitte ich Sie um Diskretion dieser Ihnen privatum mitgeteilten Aufklärungen. Ich bemerke nur, dass ich alle angeführten Dinge zu gegebener Zeit öffentlich bekräftigen werde.“262

      Gegenüber Raoul Hausmann klagt Zech: „Differenzen mit A. R. Meyer und Genossen nehmen mir Zeit und Kraft. Ich bin seit drei Wochen wie ein Amokläufer herumgelaufen.“ Den Künstler, der in eine Auseinandersetzung mit der „Officina Serpentis“ verwickelt ist, interessiert viel mehr sein eigener Streit, bei dem er sich nicht genügend unterstützt fühlt. Zech hält dagegen: „Sie irren wenn Sie glauben, dass unser Verhältnis durch die Sache Tieffenbach contra Hausmann getrübt ist. […] Ich bitte Sie nun, mich am Freitag zwischen drei und fünf aufsuchen zu wollen.“263 Bei dieser Gelegenheit soll über einen weiteren Beitrag für das „Neue Pathos“ verhandelt werden. Entweder bleibt der Eingeladene dem Treffen fern, oder es verläuft nicht wunschgemäß, denn in Heft 5/6 ist keine Grafik von Hausmann enthalten.

      Am zweiten Oktoberwochenende werden die Auseinandersetzungen um Zechs Rezensionen eigener Werke öffentlich. Pfemfert wendet sich in der „Aktion“ an „Paul Zech, Lyriker und Kritiker, Mitarbeiter des Berliner Tageblatt und des Praktischen Wegweisers“ mit der Aufforderung: „Herr Paul Robert Zech, ich bitte Sie, mir bis Mittwoch (den 15!) den Beweis zu liefern, dass Sie Ihren Verleger verklagt haben.“ Vom Beschuldigten ist ihm mitgeteilt worden, er werde gegen Meyer juristisch wegen falscher Behauptungen vorgehen. Pfemfert fährt fort: „der Vorwurf, Sie seien Ihr eigener Kritiker, muss Ihre lyrische Schaffenskraft lähmen, solange er nicht überzeugend abgewehrt ist. Beweisen Sie mir, dass Sie klagen. Und ich darf wohl hoffen, dass Sie Ihr Wirken als Kritiker bis zur Erledigung der Klage einstellen.“264 Auf Antwort wartet er vergeblich.

      Bloem hält sich für wenige Tage zu Besuch in der deutschen Hauptstadt auf. Das Urteil des „Dr. Paul Robert“, der seinen Werken „deprimierende Feuchtfröhlichkeit“ bescheinigt, ist ihm anscheinend nicht zu Gesicht gekommen, oder er hat keine Ahnung, wer sich hinter diesem Pseudonym versteckt. Da er von Zech gedrängt wird, die Uraufführung des Dramas „Der Turm“ am Stuttgarter Hoftheater zu forcieren, will er sich mit ihm treffen: „Ich bin nur noch morgen früh in Berlin und bitte Sie, wenn Sie mit mir zusammen kommen wollen, mich um zehn Uhr im Hotel Exzelsior aufzusuchen.“265 Der Termin findet statt, eine Inszenierung des Stücks in Schwabens Metropole ergibt sich daraus jedoch nicht.

      Ein anderes Werk Zechs, die Übertragung des Rimbaudschen Gedichtes „Das trunkene Schiff“, ist an Ernst Hardt gegangen. Der Verfasser hofft, sein Kollege werde zumindest Teile daraus im Rahmen eines „Balladenabends“ in Berlin vortragen, denn der gehört zu den bekanntesten deutschen Autoren. Hardt ist im westpreußischen Graudenz an der Weichsel geboren, nur 30 Kilometer von Briesen entfernt. Der Landsmann lässt Zech wissen: „Ich hatte ‚Das trunkene Schiff‘ in der Übertragung von Ammer gelernt, hab aber für morgen die ursprünglich geplanten Baudelaire und Rimbaud fallen lassen, ich spreche nur deutsche Balladen morgen; darunter auch viel Interessantes; vielleicht kommen Sie hin.“266

      Albert Ehrenstein kündigt Zech seinen Besuch an, bittet ihn aber um Diskretion: „weil ich nicht gleich bei meiner zwischen 20. und 25. [Oktober] erfolgenden Ankunft das ganze Café des Westens im Genick sitzen haben möchte“. Er freut sich, „dass das ‚neue Pathos‘ floriert“, und fährt fort: „Was Ihre Feinde anlangt, so kenne ich diesen Zustand aus Erfahrung, ich machte ihn durch, weil ich als einziger Außenseiter Zutritt zum ‚Berliner Tageblatt‘ hatte.“ Zudem warnt Ehrenstein den Kollegen vor einem Fehler, den der schon mehrmals begangen hat: „Seien Sie vorsichtig mit Ihren kritischen Äußerungen über Resi Langer-Meyer, denn eine Konfrontation Ihrer vorjährigen und heurigen Berliner Tageblatt-Berichte würde keine Übereinstimmung ergeben.“ Damit weist er mahnend darauf hin, wie widersprüchlich Zechs Behauptungen oft sind und schlägt ein Treffen vor: „über all diese