Die Leben des Paul Zech. Alfred Hübner

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Название Die Leben des Paul Zech
Автор произведения Alfred Hübner
Жанр Биографии и Мемуары
Серия
Издательство Биографии и Мемуары
Год выпуска 0
isbn 9783945424926



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Er reagiert auch nicht, als Lasker-Schüler ihm mitteilt: „ich sprech in Frankfurt Main 24. März. Wollen Sie Frankfurter Zeitung etwas über mich senden. […] Geht mir schlecht in jeder Beziehung.“330

      Anfang März besucht Zech Zweigs Vortrag über Dostojewski an der Friedrich-Wilhelms-Universität. Möglicherweise stellt er dem Auditorium den Referenten vor, denn dieser wendet sich später mit den Worten an ihn: „Es muss mein Erstes sein, jetzt, da ich nach Wien komme, Ihnen auf das Innigste zu danken für die herzlichen heißen Worte, die Sie mir gewidmet haben.“ Der Kollege fährt fort: „Wir sind auch diesmal viel zu wenig beisammen gewesen“. Für Zech möchte er in Wien einen Leseabend arrangieren: „dann sind wir besser beisammen als im Berliner Getümmel und wie an jenem Abend, wo ich für die hübschen Lippen der Moissi Schülerinnen alle Freunde vergaß.“331 Das „Berliner Tageblatt“ urteilt über Zweigs Vortrag, der Veranstalter dürfe ihn „zu den besuchtesten des Semesters zählen.“332 Ähnlich äußern sich auch die Berichterstatter anderer Blätter, während der Referent in der „Aktion“ als „Literatör“ verunglimpft wird.333

      Loerke hat doch noch ein Exemplar der „Eisernen Brücke“ bekommen, enthält sich aber im Dankesbrief an den Autor jeglicher Wertung: „Ich habe dieses mit großem Eindruck gelesen und […] von Anfang bis zu Ende fleissig Ihren Willen und Ihre Kunst studiert. Es liegt noch auf dem Schreibtisch.“334 Der Elberfelder Kollege Rudolf Hartig ist dagegen immer noch nicht im Besitz des Buches, trotz einer entsprechenden Bitte per Post. Verleger Ernst Meister hat auch nicht reagiert. Zech lässt Hartig wissen: „Meister kenn ich aus meiner seligen Heidelberger Zeit […], dass er Ihnen nicht geantwortet hat, wird daran liegen, dass er seit langem krank ist und mit Arbeit überbürdet.“ Hier erzählt Zech erstmals das Märchen von seinem Studium in Heidelberg, das er in Bonn und anderswo fortgesetzt haben will. „Die eiserne Brücke“ bekommt der Adressat nicht geschenkt und erhält stattdessen den Hinweis: „Anbei empfangen Sie einen Prospekt der Zeitschrift, die ich herausgebe. Ich kann Ihnen eine Subskription empfehlen, da der erste Jahrgang völlig vergriffen ist und heute schon in den Antiquariaten 50 bis 60 Mark kostet.“335

      Zech hat auf seine Bitte an Benn, ihm einen weiteren Beitrag für das „Neue Pathos“ zu schicken, keine Antwort erhalten und deshalb in einem folgenden Schreiben die Vermutung geäußert, der Kollege sei von Meyer und seinem Kreis „beschwatzt“ worden, die Zusammenarbeit aufzukündigen. Er bekommt zu lesen: „Die Meyer-Gruppe hat mich nicht beschwatzt. Beschwatzen lasse ich mich nicht. Andere Gründe halten mich vom ‚Neuen Pathos‘ zurück.“336 Diese Gründe sind unter anderem im Ende seiner Beziehung zu Else Lasker-Schüler sowie in den Auseinandersetzungen des „Dr. Paul Robert“ mit A. R. Meyer und Pfemfert zu suchen. Zech muss noch einen weiteren Tiefschlag einstecken. Seine Bemühungen, Rilke als Mitarbeiter für die Zeitschrift zu gewinnen, scheitern. Er hat Anton Kippenberg vom „Insel Verlag“ gebeten, dem Dichter eine entsprechende Anfrage vorzulegen, doch die wird nicht weitergeleitet, weil der Verleger derartige Beiträge seines Starautors in Zeitschriften und Zeitungen zu verhindern sucht.337

      Eine gute Nachricht trifft in der Babelsberger Straße von der Schiller-Stiftung ein. Ihr Berliner Stipendiat erhält einmalig 300 Mark als Beitrag zur Behebung seiner finanziellen Notlage.338 Trotzdem will er die Verhaeren-Übertragung so rasch wie möglich abschließen, damit Honorar fließt.

      Nicht nur finanziell, auch als Herausgeber steht Zech unter Druck. Deshalb schreibt er an Zweig: „verzeihen Sie, aber als Mahner für das neue Pathos muss ich unerbittlich sein. Senden Sie mir doch bitte umgehend etwa vier bis fünf Schreibmaschinen-Seiten von Ihrem Dostojewski. […] Und dann muss ich wieder um die Gedichte bitten.“ Er kündigt an: „In acht Tagen erhalten Sie die Numero eins des zweiten Jahrgangs.“339 Der Wiener Kollege schickt zwar Auszüge aus seinem Referat, geht aber auf die Forderung nach Gedichten nicht ein und begibt sich für sechs Wochen auf eine Reise durch Frankreich und Belgien.340

      Eine zweite gute Nachricht erreicht Zech aus Leipzig. Vom „Verlag der Weißen Bücher“ werden ihm Verträge für den längst erschienenen Gedichtband „Die eiserne Brücke“ sowie für eine Novellensammlung vorgelegt. Als Titel für diese Neuerscheinung trägt er handschriftlich ein: „Der schwarze Baal“. Das Buch soll in einer Auflage von tausend Stück in den Handel kommen. Der Verfasser erhält pro verkauftem Exemplar zwanzig Prozent vom Ladenpreis. Den setzt ausschließlich der Verlag fest. Ferner werden bei Vorabdrucken der Texte in Zeitungen und Zeitschriften fünfzehn Prozent des jeweiligen Honorars einbehalten. Schriftlich geregelt sind auch Übersetzungen, weitere Auflagen, eine spätere Aufhebung des Ladenpreises und die Zahl der Freiexemplare. Ein Passus ist Zech besonders wichtig: „Der Verfasser erhält àKonto dieses Honorars für jedes der beiden oben genannten Werke einen Vorschuss von 300 Mark (also im Ganzen 600 Mark)“.341

      Lasker-Schüler schickt Zech ein Exemplar ihres Buches „Abigail II“ und erläutert in Elberfelder Platt: „Ek han öhmm eengepackt em Gedanke! Also secher. Größ Ding Weib on die Kingers“.342 Sie rechnet mit einem Teilabdruck oder zumindest mit einer Besprechung des Werkes im „Neuen Pathos“. Es soll dem Empfänger zugleich über eine Enttäuschung hinweghelfen. Zwei Tage zuvor hat sie ihm mitteilen müssen, die „Frankfurter Zeitung“ werde den von ihr angeforderten Beitrag des Freundes über sie nicht veröffentlichen.

      Für Zech scheint sich ein Wunsch zu erfüllen, den er seit langem hegt. An Emmy Schattke schreibt er: „Am 1. April wird es sich entscheiden, ob ich vor oder nach Ostern nach Elberfeld komme. Jedenfalls aber sehen wir uns bald […]. Einstweilen reiche ich Ihnen beide Hände, diese meine weißen Wandertauben.“ Dem poetischen Gruß folgt der nüchterne Satz: „Mein Verleger sagte mir, dass das erste Heft des Neuen Pathos am Mittwoch unter Nachnahme der ersten Subskriptionsgelder im Betrage von 10 Mark 80 an Ihre Adresse abgeht. Ich habe Ihnen den Buchhändlerpreis durchdrücken können.“343

      Tieffenbach liefert im April die neue Nummer der Zeitschrift aus. Sie enthält Beiträge von Werfel, Schickele, Dehmel, Loerke, Holz sowie Lautensack. Ehrenbaum-Degele hat ein Gedicht, Schmidt einen Prosatext beigetragen. Der Herausgeber ist mit einem Artikel über „Die Grundbedingung der modernen Lyrik“ sowie den Versen „Die neue Bergpredigt“ und drei Nachdichtungen vertreten. Fünf Bildbeigaben machen das Heft in späterer Zeit zu einem begehrten Objekt für Kunstsammler: Mesecks „Betrunkene“, Röslers „Im Caféhaus“, Heckels „Kopf eines Geigers“, Steinhardts „Dorfstraße“ und „Kniender Bogenschütze“ von E. R. Weiß.

      Da Jakob Steinhardt den Kulturhistoriker Eduard Fuchs als Subskribenten für „Das Neue Pathos“ gewonnen hat, fordert er Zech dringend auf: „Bitte ihm Numero eins sofort zuzusenden“.344 Lasker-Schüler ist verärgert, weil ein Beitrag von ihr in der jüngsten Ausgabe fehlt und verlangt vom Herausgeber: „Bitte senden Sie mir das Honorar für Abigail II […]. Sende ihn sonst Meyer oder Blass, die bezahlen. Ich muss verdienen.“345 Als Schattke das Heft lobt, lässt ihr Freund sie wissen, wie es weitergehen soll: „Mombert und Else Lasker-Schüler werden ständig zu Gast sein, damit auch die gute Tradition weitergepflegt wird.“ „Abigail II“ veröffentlicht er dennoch nicht. Schattke erfährt weiter: „meine Reise nach dem Rheinland musste aufgeschoben werden bis Ende Mai. Ich muss dann gleich zur Werkbundausstellung. […] Momentan bin ich stark in Anspruch genommen durch die Nachdichtung des neuen Verhaeren-Buches für den Insel-Verlag.“ Er bestellt Grüße an das Ehepaar Pohl und verwendet im Absender wie gewohnt die Adresse der „Officina Serpentis“, da Helene nichts von der Fortdauer seiner Korrespondenz mit „der blassen Blonden“ erfahren soll. Den Brief beendet er mit der abgehobenen Formulierung: „Und Ihnen einstweilen herzlich beide Hände und Grüße von den besseren Sternen.“346

      Das „Berliner Tageblatt“ hat den Boykott der Beiträge Zechs aufgegeben und von ihm eine Besprechung der Gedichte Christian Wagners veröffentlicht.347 Auf die Verbesserung seiner finanziellen Lage darf er auch deshalb hoffen, weil vom „Insel Verlag“ eine Einladung zur Mitarbeit an der deutschen Verlaine-Ausgabe eintrifft. Als ihn ein Exemplar der Wiener „Neuen Freien Presse“ mit Zweigs Besprechung der „Eisernen Brücke“ erreicht, dankt er dem Freund überschwänglich: „Ich bin tief gerührt