Projekt Null. Teja Bernardy

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Название Projekt Null
Автор произведения Teja Bernardy
Жанр Религия: прочее
Серия
Издательство Религия: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783960087526



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kraft der von der Gemeinde erbrachten materiellen Leistungen und des von ihr verliehenen Amtes. Der Versammlungsraum der Gläubigen, versehen mit der Bezeichnung Gotteshaus, erhält diese Bezeichnung durch Versehen der Gläubigen. In Erwartung, ein Gasthaus nach dem ‘Geschmack’ Gottes errichtet zu haben, wollen Gläubige annehmen, Gott sei der Wirt, lassen sich vom Kellner, vom sogenannten Priester abspeisen, zahlen Kirchenbesucher die Zeche und bekommen den Wirt nicht zu Gesicht, außer im Spiegel, in welchen gläubige Gäste gelegentlich und keineswegs uneitel blicken, darin nur Physis, das Menschliche gespiegelt finden, Gott im Gotteshaus nur des Menschen Gusto findet. Streift nicht der Herbergsvater, einem guten Gastwirt gleich, durch den Speisesaal, sich seinen Gästen zu zeigen, sie zu begrüßen, sich ihrer Zufriedenheit und ihres Wohlwollens zu versichern? Das Personal legt Beschwerdebücher für die Gäste aus, und nicht einmal die Kirchenangestellten nehmen sich unmittelbar der verzeichneten Beschwerden an. Gleich einem von Legislative verhängten Kontaktsperregebot wacht Kirche eifernd darüber, jeden persönlichen Kontakt zur höchsten Instanz zu verhindern, gestaltet verwalteten Instanzenweg. Ehe ein Kontakt zwischen Suchendem und GOTT nicht hergestellt ist, bleibt Gott die Krise des Menschen, damit der Kirche sowieso, verfügt diese doch ausschließlich über Verbindungen abwärts in die Gemeinde, nicht über solche aufwärts zu Gott.

      GOTT bleibt Krise auch der Kirche, weil sie einerseits nur aus der Gemeinschaft der Glaubenden hervorgegangene Institution, andererseits nicht selbst Suchender und letztlich nicht Sachwalter Gottes ist, sondern ausdrücklich und ausschließlich Interessen des Menschen formuliert und wahrnimmt, Gemeinschaft der Gläubigen darstellt. Wie könnte Kirche wohl die Interessen GOTTES wahrnehmen? Weder Liturgie, noch Exegese, weder Regularien noch Katechese bringen das Institut Kirche näher oder nur auf den Weg zu GOTT. Christliche Kirche zieht zudem aus der hierarchischen scheinbaren Ordnung des dienstverpflichteten Zwölfergremiums der Apostel selbst noch nach 2000 Jahren konstituierten Beherrschungsanspruch gegenüber der Gemeinde, obwohl mit dem für kurzfristig angenommenen Weltende und Jüngsten Gericht die Institution nicht für ein Überdauern über die Apostelgeneration hinaus konstituiert ist. Nicht aber Herrschaft war und ist ihr Auftrag, sondern Dienst und Verkündung. Nicht Einsetzung als Oberhäupter und Kontrollorgan über die Gemeinschaft der Gläubigen ist Wesen des apostolischen Auftrages, so er angenommen werden darf, sondern Mitteilung der Botschaft. Boten sind Diener, Knechte ihres Herrn, nicht Herrscher über sein Volk. In Inquisition und Ohrenbeichte unter Vorgabe eines ubiquitären, allwissenden Gottes raubt Kirche Privatsphäre, verliert der Glaubende durch Kirche das Recht auf Unverletzlichkeit der Persönlichkeit, setzt Kirch gegen die angeblich frohe Botschaft Angstpotentiale, gleicht darin vollständig dem Faschismus.

      Khalil Gibran, Dichter und Literat, Libanese arabischer Herkunft, kosmopolitischer Pendler zwischen westlicher Wertegesellschaft europäisch-angloamerikanischen Anspruchs und arabischer Gesellschaft, zugleich gläubiger Christ, glaubt zu wissen und schreibt: Und Gott ist das Gewissen der vernünftigen Welt. Eine gewaltige, eine gewagte These angesichts einer vergleichsweise gewissenlosen, von vorgeblichen Glaubenswissern dominierten Welt gewissenloser Gesellschaften im besinnungslosen Strudel der Unvernunft.

      Wo Sprachphilosophie à la Bertrand Russel/Ludwig Wittgenstein das Buchstäbliche des Wortes über den Inhalt, Sinn über Wahrheit stellt, sich von Philosophie und ihrem Wesen abwendet, bedeutet Hinwendung zu Glaubensinhalten weder Freundschaft zum Wissen, noch Liebe zur Wahrheit, schon gar nicht Wahrheitsliebe.

      Sprache als Ausdrucksmittel auch des Denkens beschreibt im Idiom des Deutschen gegenüber der zu Unrecht gelobten angelsächsischen Sprachkargheit bis in die Herkunft der Wörter hinein eine logisch nachvollziehbare Gedankenkette in knapper Reflektion. Entsprechend umfaßt das Wort Gewissen den Gedanken, etwas vor dem Tun ge-wußt zu haben und zu wissen. Sprachgebrauch hat diesem Begriff eine Wertigkeit dahingehend beigegeben, daß Handlungen im Einklang mit dem Gewußten, also wissenskonformes Handeln Regelmaß sind, ein Maß, welches bei Beachtung der Regel nicht erwähnenswert scheint, immer dann aber Bedeutung erlangt, handelt ein vernunftbegabtes Wesen wissentlich, ‘bewußt’ gegen sein Wissen und/oder dessen Maß, gegen Gewußtes.

      Gewissen setzt damit dreierlei voraus: ‘unfehlbare’ Vernunft, Erkenntnis, Wissen. Erst aus mit den Mitteln der Vernunft erkennend gewonnenem ‘richtigen’ Wissen unter im Erkennen Ausschluß des dem Wissen Widersprechenden folgt freie willentliche Entscheidung zum Handeln für oder gegen Gewußtes, was Be-wußtsein, Vergegenwärtigung des Wissens für die betreffende Handlung voraussetzt. Zweifellos aber läßt sich nicht und nie der Vernunftirrtum ausschließen.

      Wäre nun Gott das Gewissen der vernünftigen Welt, setzte dies vernünftiges Handeln aller vernunftbegabten Wesen – Gott eingeschlossen – ebenso voraus, wie eine vollkommene Welt. Andernfalls, also dort, wo Welt nach den Maßstäben der Vernunft unvollkommen zu sein scheint, hätte Gott gegen Vernunft, gegen Gewußtes, gegen ein wie auch immer geartetes Wissen gehandelt. Solches behaupten zu wollen, setzt besonders den Gläubigen zwangsläufig dem Vorwurf der Blasphemie aus, stellte er doch seinen ‘unfehlbar’ geglaubten Gott auf eine Stufe mit dem fehlbaren Menschen. Nicht zuletzt gelangt der Glaubende damit an die Frage der Theodizee, bleibt ohne Antwort, erlebt ein Mal mehr GOTT als Krise.

      Die beste aller Welten, so sie als kosmologisches Ganzes, der Blaue Planet Erde als Teil im Kosmos gesehen wird, ist schon deshalb DIE beste aller Welten, weil es zu ihr keine alternative, keine denkbare Anderwelt gibt, sie nicht nur einzigartige, sondern einzige Welt ist. Über Unendlichkeit des Raumes hinaus sich getrennte Welten vorstellen, sie in Himmel und Hölle einteilen zu wollen, abgesehen davon, daß in solcher separierenden Vorstellung dem unendlichen Raum zweierlei Begrenzung widerfährt, mag als Pons asino, als Eselsbrücke der bildhaften Vorstellungswelt kindlichen Glaubens hinnehmbar sein, widerspricht zugleich Vernunft, Erkenntnis und Wissen. Alleine schon deswegen müßte besonders der Gläubige ein fortwährend schlechtes Gewissen haben, glaubt er doch wider besseres Wissen.

      Heftig ließe sich darüber streiten, ob die Benutzung der Eselsbrücke nur Eseln gestattet ist, Eseln mit dauerhaft schlechtem Gewissen. Fehlt dem Gläubigen andererseits das ständige schlechte Gewissen über und wegen Glauben, bedeutet dies im Umkehrschluß, er müsse unwissend, wenn nicht gar dumm sein, Glaube gründe, könne nur in Unwissenheit gründen. - Gut möglich, das katholische Rom weiß das, verfügt über speziell diese Erkenntnis, und ihm bleibt zur Selbstrechtfertigung und zur Selbstrettung, quasi als Autoimmunreaktion keine andere Möglichkeit, als Aufklärung und Wissenschaft vehement abzulehnen. Vieles spricht dafür, genau das tue Rom! Jene Versuche eines Joseph Ratzinger oder Hans Küng, Wissenschaft heute mit der Bibel von vorgestern in Kongruenz bringen zu wollen, können darüber nicht hinwegtäuschen. -

      Als eine vernünftige setzt der Dichter Khalil Gibran seine/unsere Welt voraus, übersieht vorsätzlich den Ursprung aller Unvernunft, verschweigt darin GOTT, jenen zugleich Schöpfer auch der Unvernunft. In welcher Weise über den Homo sapiens hinaus andere Wesen ‘vernunftbegabt’ sein mögen, vermag Wissenschaft nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht zweifelsfrei zu entschlüsseln. Wäre nun das übergeordnete Wesen, wäre GOTT ein mit Gewissen ausgestattetes Wesen, setzt das nicht nur die Befähigung des göttlichen Wesens zum Handeln wider besseres Wissen, sondern die gegen besseres Wissen gerichtete Handlung selbst voraus. – Berichten der Torah und des Alten Testaments nach handelt GOTT in Bezug auf Luzifer/Hölle, Adam – Lilith – Eva, Paradies/Volk Israel wider besseres Wissen, nach Neuem Testament der Christen durch Jesus bis in dessen Auswahl der zwölf Apostel und der Hinnahme des Kreuzestodes. – Im Handeln wider besseres Wissen, und GOTT ist nach landläufiger Auffassung allwissend(!), in solchem Tun verlöre die geglaubte Gottheit alles Göttliche, würde ihrer Unfehlbarkeit beraubt. Nichts anderes spiegelt sich im Höllensturz gefallener Engel, im Sündenfall des Paradieses, im Schicksal des Volkes Israel, im Kreuztod Jesu, im Wirken Mohammeds, im Fortwirken päpstlicher Anmaßung. All diese Schilderungen „bezeugen“, ein allwissender Gott, so es ihn gibt, müsse wider besseres Wissen Engeln, den Menschen, seinem Sohn und dem Propheten und christlichen Glaubensverkündern die Wahl zwischen Gut und Böse gelassen haben, obwohl er gewußt hat und nach den ihm zudiktierten Eigenschaften hätte wissen müssen, die Wesen werden gegen besseres Wissen handeln, gegen ihr Gewissen, werden alle von GOTT in sie gesetzten Erwartungen und Hoffnungen enttäuschen, was der Allwissende zuvor weiß. Mithin enttäuscht GOTT sich