Projekt Null. Teja Bernardy

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Название Projekt Null
Автор произведения Teja Bernardy
Жанр Религия: прочее
Серия
Издательство Религия: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783960087526



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für die jeweilige Gruppe Glaubender auf. Glaube wird, ist, bleibt auf der Suche nach Gott persönlich, nur in der eigenen Person erfahrbar, gelegentlich in spiritualistischem, metaphysischen persönlichen Erleben, mit der logischen und unabänderlichen Konsequenz, nicht GOTT ist die Krise, sonder die Krise ist Religion, ist glaubensbedingt, ist abhängig von Bekenntnissen. Gott bleibt im und mit Religions- und Konfessionsglaube die Krise des Menschen, der Mensch mithin Krise Gottes.

      GOTT als Wesenheit jenseits jeder Vorstellungskraft, als Einheit jenseits des Denkbaren, ausgestattet mit dem Gedanken seines Gegenteils, durch Menschengedanken mit dem Satan bewaffnet, verliert mit seiner Undenkbarkeit Satans Stachel, macht ihn zu einer stumpfen Waffe, nimmt dem als Hölle bezeichneten Inferno jeden Ansatz der Wahrscheinlichkeit, beseitigt Schrecken, einerseits unausweichliche Konsequenz, andererseits tröstliche Grundeigenschaft des GOTTES, wer, was wo und wie ER/ SIE/ES immer auch sein mag.

      All dies trifft - mit der Einschränkung auf das berüchtigte Salzkorn - judaistisch prophetische monotheistische Weltanschauung und ihre Anmaßung, Gott anschauen, IHN schauen zu wollen. Alle drei monotheistischen Weltreligionen betrifft es gleichermaßen und gleichzeitig. Absage an ihre Auffassung und ihre Darstellung des Gottwesens ist weder Atheismus noch mündet sie im Antichristen oder einer Verneinung der bis Muhammad 25 Propheten. Verworfen werden lediglich die von Menschen als Wahrheit ausgegebenen Vorstellungen über Gott und sein Wesen und daran gebundene Forderung, Zumutungen des Glaubens. Beweisbar ist, von Glaubenstheoretikern als wahr angenommenen Glaubenssätze entbehren des unterstellten Wahrheitsgehaltes, sind zwingend unwahr. Eine für den Ungläubigen nicht weniger beschämende Erkenntnis wie für den Gläubigen. Wo erkenntnistheoretisch die Axiome als unzutreffend hingenommen werden müssen, ist Glaube wider besseres Wissen … Dummheit. Vor der ist kein Freund der Weisheit, kein Philosoph gefeit, der beschlagene Theologe mit ihr geschlagen. Fehlbarkeit der Vernunft ist und bleibt Programm des Menschen.

      Ob Glaube im Sinne der judaistisch prophetisch monotheistischen Bekenntnisse dennoch eine Berechtigung hat, ist eine völlig andere Frage, eine Frage, die dem Glauben als Institut, der Institution als soziales Korrektiv innerhalb einer Gemeinschaft, den Instituten innerhalb ihrer Gesellschaft gilt. Soweit Glaube der in ihm aufgehobenen Gesellschaft zu einem strukturierten, friedlichen Sozialgefüge verhilft, ist er mehr als berechtigt. Sobald sich institutionalisierte Glaubensgemeinschaft der einen Glaubensüberzeugung gegen Institution und/oder Überzeugung einer anderen Glaubensgemeinschaft stellt, ist die Institution sowohl verwerflich als entbehrlich, verrät sie doch Institut und Auftrag gleichzeitig, dient dem Unfrieden. Unfriede ist wie Friede nicht Gottes, sondern der Menschen Angelegenheit und ihrer Institutionen Werk, derzeit freilich nur als Unfriede erkennbar.

      Politik sieht sich damit vor die entscheidende Frage gestellt, ob sie sich zur Durchsetzung ihrer Ziele innerhalb einer Gemeinschaft unterschiedlicher Konfessionen einer in einer derselben angelegten Gottheit bedienen, sich auf diese berufen soll, sie in ihre verfaßten Normen hineinschreiben darf. Ihr Auftrag spricht eindeutig dagegen! Friedenspolitik kann nur im Verzicht auf religiöses und politisches Glaubensbekenntnis gelingen. Friedenspolitik ist andererseits individuelle, persönliche Entscheidung aus der Erkenntnis, daß der Sinn des Lebens definiert ist im kategorischen Imperativ Kants aus Naturrecht und Menschenrecht, aus philosophischer Sicht, aus monotheistisch religiöser Sicht in der Goldenen Regel der Nächstenliebe, wie sie das alte Testament formuliert, das Neue Testament erneuert, der Koran bekräftigt, auch und obwohl sie allen anderen religiösen Entwürfen bis hin in die Naturreligionen zu eigen ist. Sinn des Lebens ist Herstellung der Zufriedenheit sowohl des Einzelnen als auch der Gemeinschaft. Als erstes und einziges benötigt Zufriedenheit Frieden, die eigentliche Lebensaufgabe und Herausforderung. So GOTT die Krise ist, bleibt als Sinn des Lebens Auftrag zu fortdauernder Gegenwartsgestaltung nach Regeln des kategorischen Imperativs mit dem Ziel Zufriedenheit, damit Gewährleistung lebbarer Gegenwart, erstrebenswerter Zukunft, berichtenswerter Vergangenheit.

      Letztlich erweist sich der Mensch als Krise Gottes. Menschlicher „Geist“ versucht, Welt und ihre Menschen in ihr Netz logischer Beziehungen und deren praktischen Nutzanwendung einzufangen. Mit der Welt an sich und dem Menschen an sich hat dieses Geflecht nichts zu tun, ist es doch vielmehr auf intellektuelle und materielle Überwindung und Beherrschung der Welt und der Menschen gerichtet. Entsprechend entfernt sich Menschheit so immer mehr von ihrer natürlichen, naturgegebenen Bindung an die Welt. Religion wird damit Mittel zum Zweck des Machterhaltes, täuscht Transzendenz und Jenseits außerhalb aller Wirklichkeit vor, „tröstet“ über die irdische Hölle mit dem Versprechen jenseitiger Glückseligkeit, droht irdischer Unbotmäßigkeit mit jenseitiger Verdammnis. Für Anhänger der drei nahöstlichen, im Judaismus wurzelnden prophetisch monotheistischen Theologien, Juden, Christen, Islam und alle Kreationisten dauert damit die Vertreibung aus dem Paradies an, findet – ununterbrochene – Fortsetzung. Unabhängig von jeder weltanschaulichen Auffassung fängt das Netz der logischen Beziehungen und praktischen Nutzungen den Sinn des Lebens ab und ein, endet logisch in Aporie. Ist der Mensch dann noch tatsächlich Geschöpf seines geglaubten Gottes, kann er Jakob Wassermann nicht glauben: ... unschuldig ist nur Gott.

      Europäische Philosophie im Verein mit den drei nahöstlich prophetischen Religionsbekenntnissen hat in beinahe 5.800 Jahren keine Antwort auf diejenigen Fragen gefunden, welche der Mensch seit seiner viel weiter zurückreichenden und das Heute überdauernden Existenz gestellt hat und stellt: die Frage nach dem Wodurch, Wieso, Woher, Wohin, Warum. Recht zuversichtlich, auch kommende Generationen werden zu keiner letztgültigen Antwort gelangen, gestattet ein dem Zeitgeist widersprechender Anarchismus des Denkens abseits philosophischer Systeme Zufriedenheit und … ein Augenzwinkern. Selbstredend erstreckt sich solch Anarchismus samt Augenzwinkern auch auf die (östlich) indischen, mystischen Modelle des Hinduismus und Buddhismus und die fernöstlichen, weisheitlichen Ansätze des Konfuzianismus und Daoismus.

      Für einen Protagonisten im Dunstkreis der Aufklärung, der Technik, des Fortschritts und westlicher Werte aller grundsätzlich im Osten angesiedelter Denk- und Religionsentwürfe bleiben zwangsläufig die Implikationen aller Naturreligionen Geheimnisse des Glaubens, welche für ihn weder nachvollziehbar, noch lebbar sind, gleichwohl mit allen anderen Modellen konkurrierender religiöser Auffassungen stets eine Gemeinsamkeit teilen: Die goldene Regel. Gelingt den Menschen ihre gewaltfreie Durchsetzung weltweit -global-, gewinnt Menschheit Weltfrieden hin zu einer paradiesischen Zufriedenheit, Zweck, Sinn und Ziel des Lebens. Rückkehr ins Paradies! Ein durchaus wirklicher, ein irdischer Ort, jenseits des Jenseits, ohne Gott hier wie dort im Hier, Heute, Jetzt. Zumindest daran wäre dann Gott … unschuldig.

       Wüßte Gott nur halb so viel von Theologie wie Ratzinger oder Küng, GOTT würde zurücktreten. Sofort.

      ZWEI AUF EINEM PFERD BEI EINER KEILEREI

       oder

       Bouvard et Pécuchet zwischen Tübingen und Marktl

      Alt ist er schon, der Streit, und auch bekannt. Alt sind sie schon, die Streitparteien, und auch bekannt. Immer noch sitzen sie im gleichen Boot, bekennen beide. Das Boot selbst ist noch älter und auch bekannt, altbekannt. Unisono behaupten beide Kontrahenten vehement, sie wollen das so ungeheuer wertvolle, das, wie sie auch behaupten, ‘unverzichtbare’ Boot retten, den morschen Kahn gar voranbringen. Jeder der Kontrahenten rudert deshalb kräftig … in die jeweils andere Richtung. Sieht man genau hin, hört man ihnen aufmerksam zu, sitzen sie nicht auf der selben, auch nicht auf der gleichen Ruderbank, nicht einmal im selben Boot. Genau betrachtet sitzen beide auf dem Trockenen, wohin sie letztlich der eine von ihnen voller Überzeugung gebracht – der Ober sticht den Unter –, der andere ihm dabei in christlicher Güte assistiert hat. Trockene Wissenschaft. Theologie für ausschließlich Theologen, auch wenn jeder weiß, schon ihre Vorgänger logen. Christentum ist schließlich beider Gewerbe. So sitzen sie dann eigentlich wiederum nicht und nie auf dem Trockenen, ist ihr Geschäft doch eines der einträglichsten überhaupt. Ein Dienstleistungsbetrieb. Hier und da ein bißchen vielleicht Dienst, aber vollkommen leistungsfrei, frei von Leistung. Auch ohne jede Gewährleistung. Von Garantie ganz zu schweigen!

      Worum sie streiten? Etwa um das Kirchenschiff, besser Schiff Kirche,