Projekt Null. Teja Bernardy

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Название Projekt Null
Автор произведения Teja Bernardy
Жанр Религия: прочее
Серия
Издательство Религия: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783960087526



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Töter, besoldeten Waffenbenutzer, spricht den Soldaten von Tat und grundsätzlich von Sünde, von der einzigen im Sinne des Wortes Todsünde frei!

      Von den drei prophetischen Religionen übernommene, Gott zugeschriebene Forderung „Du sollst nicht töten“ wird unter Berufung auf den fordernden Gott zur Tötungserlaubnis umfunktioniert, an Menschenmaßstäben gemessen, gerichtet, den Kategorien judaisch-römischen weltlichen Rechts unterworfen, mit dem Wort „soll“ in eine Kann-Vorschrift transformiert, welche begründetes Töten erlaubt, dabei unterstellt, Gott selbst gebe, erlasse solche Begründung, befreie im Aufgehobensein in einer Glaubensgemeinschaft von persönlicher Verantwortung. Wäre Gott schlechthin Gewissen der Menschheit, würde er so zum schlechten Gewissen seiner selbst und der Menschheit. Für den Menschen geht damit einher der Verrat am persönlichen Glauben und Zuweisung der Verantwortung an die geglaubte Gottheit. Der Mensch wird zur Krise Gottes. Die Sendboten Gottes aber, welche die todbringenden Waffen segnen, verraten in und mit der symbolischen Segnungshandlung einmal mehr ihren Auftrag, die Menschheit und … ihren Gott.

      Eine Frau, die ihr Leben der stillen Gegnerschaft wider solche asoziale Tötungsdekadenz gewidmet hatte, versucht hatte, die Folgen der Tötungsmechanismen von den Ärmsten der Armen abzuwenden, scheiterte in dieser Arbeit einer absoluten Hinwendung zu Gott scheinbar an Gott. Sie scheitert nur scheinbar an Gott, weil ihr Ringen um sein Bild, ihr Streben, ihm zu gefallen, solches einerseits als eitles Blendwerk ihr verdeutlichte, andererseits Menschen, die menschliche Gesellschaft in ihrer Unmenschlichkeit immer wieder aufs neue ihre Vorstellung von Gott zerstörten. Wissen um die Möglichkeit, Menschen können anders handeln, als sie es immer wieder tun, aus eigenem Handeln gewonnene Erfahrung, andere Handlungsweise ist notwendig und möglich, stellt die Gewissensfrage, läßt danach suchen, warum die Menschheit aus sich heraus nicht dazu in der Lage, nicht bereit zu positivem Handeln ist, nicht fähig sein will. Die mit dieser Gewissensfrage überforderte Einzelperson richtet ihr Auskunftsersuchen an die einzig ihr noch verbliebene Instanz: GOTT. Keine Antwort! Konnte, durfte sie von dort eine Antwort erwarten?

      Nicht in ihrem Zweifel liegt das Dilemma der Mutter Theresa! Ist Gewissen ein Aspekt Gottes, was nach Kategorien der Logik ausscheidet, bleibt gleichwohl einzig Liebe bestimmender, erster und letzter Aspekt Gottes. Wie kann ER dann all das Elend zulassen, gegen das sie unter ausdrücklicher Hinwendung zu IHM ein ganzes Leben zu kämpfen hat? Eine unzulässige Frage an Gott für das von Menschen angerichtete Elend! Es hilft der Ordensfrau nicht zu wissen, jener Aspekt des Gewissens ist im Sinne der Lehre ihres Glaubens Erkennungsmerkmal, welches Gott dem Menschen gegeben, der Aspekt der Liebe einziges Merkmal, welches der vernunftbegabte Mensch mit Gott teilt, sofern der Mensch guten Willens ist, Gott existiert. Diese Kennzeichen, Wesensmerkmale einer Humanitas civile, ermöglichen menschliche Gemeinschaft, nicht mit Gott, sondern der Menschen untereinander. Für die Nonne Theresa bleibt die Kluft, und beseelt vom Wunsch, den Aspekten Liebe und Gewissen zu entsprechen, findet sie in der Hinwendung zu Gott unter ausdrücklicher Berufung auf den, an welchen sie glaubt, weder die Hilfe, die ihr die Menschen einschließlich der Gemeinschaft der Gläubigen und der Kirche schulden, aber versagen, noch die Gegenliebe, die sie von Gott erwartet, nicht einmal Trost. Ihre besitzergreifende Annäherung an das Wesen ihres Gottes scheitert in deren Unzulässigkeit. Ausbleiben besonders der göttlichen Tröstung läßt die Ordensfrau an Gott verzweifeln, beschert Glaubenszweifel, läßt an der Triftigkeit des Glaubens zweifeln. Erwartungshaltung ist eigentliches Hindernis. Wo die Gemeinschaft der Menschen versagt, wo asoziale Verhaltensmuster Gemeinschaft der Menschen untereinander unterbinden, mag es logisch sein und einem Grundbedürfnis entsprechen, die Nähe zu Gott zu suchen. Seiner Gemeinschaft unmittelbar teilhaftig werden zu wollen, bleibt versagt. So nimmt auch die Ordensfrau Gott wahr als Krise. Was wird die Amtskirche, was wird der Papst, welcher auch immer, daraus machen? Gierig werden sie eine bescheidene Frau als wundertätige Heilige vereinnahmen, die so dringend der Mildtätigkeit und der Barmherzigkeit der Mutter Kirche und ihrer Anhänger benötigt hätte, ohne sie je zu erhalten. Das Wunder daran ist einzig, sie hat ihren Glauben weder aufgegeben, noch je verloren.

      In letzter Konsequenz entspricht Gott in allen Einzelheiten dem jeweils persönlichen Glauben des jeweiligen Menschen, folgt darin allen persönlichen Vorstellungen, wird zum vielgestaltigen Wesen, das unbegreifbar, unfaßbar bleiben muß, ansonsten es nicht GOTT wäre. Alle Gottheiten sind nur mehr oder weniger eitle Projektionsflächen der Wünsche und Sehnsüchte des Einzelnen, der spezifisch in ’seiner’ Gottheit besonders jene Kraft sieht, die ihm persönlich zur Wunschbefriedigung und Sehnsuchtserfüllung fehlt. Bleibt die Erfüllung trotz Anrufung göttlicher Macht aus, wird Gott für Scheitern verantwortlich gemacht. Eine scheinbar unausweichliche Konsequenz menschlicher Logik, die unausweichlich, direkt und erneut in die Krise führt. Die Krise heißt … GOTT, mündet in Schicksal.

      Mit dem Versuch der Positionsbestimmung innerhalb dessen, was als Welt, Natur, Schöpfung begriffen wird, beginnt das Dilemma des Menschen. Auffassung vom Menschen und seinem Sein als Krone der Schöpfung, aus Betrachtungsweise religiöser Definition als das edelste Werk Gottes, ist zugleich unzulässiger Rechtfertigungsversuch, in dem sich der Mensch eine Stellung über allen wunderbaren Erscheinungen der Natur und Welt zubilligt, gleichzeitig das Recht ihres Gebrauchs bis in den Mißbrauch, ihrer Nutzung bis hin zur Ausnutzung. Aneignung von Sonderrechten in der Anmaßung herausgehobener Stellung generiert, neben der darin eingeschlossenen Selbstrechtfertigung, kausal eine Herrenmenschenattitüde, Wurzel des Unfriedens, Faschismus des Glaubens. Erst die angemaßte Sonderstellung ermöglicht dialektische und rechtliche Rechtfertigung für Tötungsdelikte, befähigt zum Kriegsvölkerrecht, ein Widerspruch in sich, fehlt doch jedem Volk das Recht zum Krieg grundsätzlich, besonders jedem religiösen, jedem gläubigen Volk. Aus solcher durchaus bekannten Erkenntnis beginnt Religion mit der Suche nach Gott in umgekehrter Richtung, quasi rückwärts, sucht darin Bestätigung der von Menschen gleich göttlichen Geboten verfaßten Rechtsnormen, die mit dem der Natur und dem Menschsein innewohnenden Gebot des Lebens, unabhängig von allen durch einen gedachten Gott manifestierbaren Regeln, nicht und nie übereinstimmen können. Fehlt Rechtfertigung des Handelns des Menschen aus angemaßter Sonderstellung heraus, bedingt dies einerseits Ein- und Unterordnung in den Kreislauf aller Naturerscheinungen. Unterwerfung unter den „Willen“ Gottes, hebt scheinbar freien Willen auf. Andererseits bewirkt mangelnde Rechtfertigung aus Sonderrecht Fehlen jeder (!) Handlungsrechtfertigung für Handeln des Menschen in und an Natur und Welt allgemein, gegen Menschen im besonderen. Statt dessen Rechtfertigung aus der Existenz einer wie auch immer gearteten Gottheit ziehen zu wollen, impliziert Verantwortlichkeit Gottes, eine Verantwortung, die Gott nicht aus sich heraus zukommt, sondern von Menschen zugewiesen, ihm abgerungen wird. Solches Ringen mündet folgerichtig in der Frage der Theodizee, welche durch keinerlei Theologie einer zufriedenstellenden Antwort zugeführt werden kann. Selbst wo aus Glaubensüberzeugung solche Abwälzung der Verantwortlichkeit scheinbar gelingt, beinhaltet dies weder Übertragung von Schuld noch Vergebung. Freie Willensäußerung, im Einklang mit Gewußtem oder dagegen zu handeln, Möglichkeit freier Entscheidung ist eigentliches Menschenwesen. Bei aller Glaubensgewißheit bleibt also eine „gewisse“ Verantwortlichkeit einschließlich eines gewissen Bewußtseins von Schuld, im Christentum zur Erbsünde mißbräuchlich hochstilisiert, weshalb auch eine gewisse Pflicht zur Buße und Sühne existiere. Gewissen aber ist nur Ausdruck gewußter Schuld. Es ersetzt kein Schuldeingeständnis, ist nicht Wiedergutmachung, heilt das Übel nicht. All dies geschieht im Bewußtsein der Depersonalisierung von Verantwortung und Schuld und ihrer Übertragung auf einen Gott. Letztlich bleibt auf solche Weise gedachte und erdachte Gottheit eine unzulässige Personalisierung, ein Abstraktum, dem die erwarteten Eigenschaften zur Vergebung von Schuld und das Wesen der Gnade nicht und nie eigen sind, andererseits ebensowenig diejenigen der Rache und Strafe. Gott bleibt mithin in beiderlei Hinsicht die Krise … des Menschen.

      Besonders in Krisenzeiten, Zeiten allgemeiner und persönlicher Krise, begibt sich der Mensch auf die Suche nach Gott, nach ‘seinem’ Gott. Weder Selbsterkenntnis noch Eingeständnis eigener Fehlbarkeit liegen dieser Suche zugrunde. Vielmehr strebt der Mensch mit seinem aus Glauben gewonnenen Nichtwissen von und über Gott mit diesem zu einer Übereinkunft zu gelangen, einer für ihn persönlich möglichst positiven. So schachert er dann, probiert den Deal mit den himmlischen Mächten. Mancher nennt den Versuch der Geschäftsanbahnung Gebet. Von Fürbitten bis Danksagung spreizt sich ein Bogen von Begrifflichkeiten,