Projekt Null. Teja Bernardy

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Название Projekt Null
Автор произведения Teja Bernardy
Жанр Религия: прочее
Серия
Издательство Религия: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783960087526



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darf, ergo nicht wissen kann, was ihm in Bezug auf GOTT zukommt und von IHM zukommen könnte, ihn sich nur selbst erfinden kann, stets neu erfinden muß, der Gott von heute nicht der von gestern, nicht der von morgen ist. Ausweglosigkeit des Gedankens, manifestiert durch die an seinem Ende erkannte Aporie, erfährt ihre nur scheinbare Auflösung gleich dem gordischen Knoten in Glaubenssätzen, deren konsequente Weiterführung in erneuter Aporie, über Erkenntnisunfähigkeit hinaus in eine Handlungsunfähigkeit endende Ungewißheit überführt. Aus solcher Ungewißheit nähren sich Angstpotentiale, generieren einen Circulus vitiosus immer neuer aporetischer Diskurse, deren scheinbare Überwindung Dogmata gebiert, eigentlich der Diskurs jedoch nur an beliebig gewählter Stelle beendet, willkürlich abgebrochen wird.

      Umgang des Menschen mit solcherlei Art Ungewißheit trägt nicht zur Überwindung der Krise bei, sondern verschärft sie, gerinnt zu kristallinen Angstgefügen. Suche nach GOTT, dem unbekannten, undenkbaren Wesen, verleitet den besonders diesbezüglich assoziativ denkenden Menschen einerseits zu einer intellektuellen Grenzziehung hier GOTT, da Mensch, sucht im Anlegen immer neuer Parallelen zur definierten Grenze sich seinem GOTT anzunähern, die Grenze in Richtung Gott zu verschieben, was zwangsläufig aus der Annäherungsunmöglichkeit zur Umkehr führt, wird doch nun GOTT dem Menschen und seinem Denken durch den Suchenden angenähert. Ein als universell gedachter Gott wird darin zu einer persönlichen, individuellen, auf das Einzelindividuum gerichteten Gottheit. So vom Menschen erdachter Gott vermag scheinbar den Sucher mit der Begegnungsunmöglichkeit zu versöhnen, insbesondere durch Vertröstung auf Begegnen jenseits biologischer, irdischer, physischer, materieller Existenz, vermag jedoch die Krise real nicht aufzuheben, verliert GOTT zugleich seine allumfassende Allgemeinverbindlichkeit, wird zum persönlichen Götzen. Unversehens wird der Mensch zum Maß aller Dinge irdischen Seins, zur fleischgewordenen Existenz jener Homo Mensura vom Menschen als Krone der Schöpfung. Letztendlich verschärft sich darin die Krise, steigert sie zur Hinwendung an das Götzenbild, nicht allein mit allerlei kultischen Verehrungsritualen, sondern mit animalischer Emphase bis in eine hündische Ergebenheit und Hingabe an den Götzen. In psychischer Übersteigerung gelangt der Glaubende unter Umständen so zu einem als ‘wirklich’ wahrgenommenen, nur scheinbar transzendenten Gotteserlebnis, aus persönlicher Gedankenwelt projiziertes Trugbild. Unüberwindbare Grenzlinie zwischen dem Denkbaren und dem Undenkbaren, letzteres Gott, verkehrt Glaubensabsicht in ihr Gegenteil, indem der Versuch der Grenzüberschreitung zur Annäherung an Gott in Mißachtung der Grenzlinie Gott lästert. Was als devoter Annäherungsversuch beginnt, endet als unredliche, arrogante, dreist plumpe Anbiederung, erklärt Trug für Wirklichkeit.

      Theologie setzt zur Gewinnung der Erkenntnis über Gott auf Schrift, in der das von Gott geoffenbarte Wort festgehalten sei. Theosophie setzt zum gleichen Zweck auf spirituelle, Offenbarung genannte Erfahrung. Die von Theologen verwendete Schrift, so Theologen davon ausgehen, sie sei von Gott geoffenbart, dokumentiert spirituelle Erfahrung des Menschen. Von Theosophen dokumentierte spirituelle Erfahrung des Menschen, so sie davon ausgehen, sie sei Offenbarung Gottes, wird verschriftet. Eines steht für das andere. Keine der beiden Herangehensweisen steht für empirische Verifizierung, erst recht nicht für Falsifizierung. Unerheblich ist, ob aus spiritueller Erfahrung gewonnene Erkenntnisse des Menschen geoffenbart, die in Offenbarung gewonnenen Erkenntnisse verschriftet sind, ist Schrift als solche doch allgemeinverständlicher Ausdruck des Denkens in Begriffen und Umsetzung der Begrifflichkeiten in rekapitulierbare visuelle Zeichen. Weder Offenbarung noch nach ihr gefertigte Schrift lassen sich aus dem Metaphysischen herauslösen, über das Wesen und Wesentliche des Mensche erheben. Was Theologie nach rückwärts aus Schrift aufzuhellen versucht, beleuchtet Theosophie nach vorwärts gerichtet, hält es schriftlich fest. Schriftlichem Niederlegen der Gedanken geht stoffbedingtes Denken, vorrational unbewußte Auseinandersetzung voran. Theologie und Theosophie wagen sich somit über kosmologische Dimension hinaus, setzen gedachte Anderwelten voraus, deren virtuelle Existenz denkbar, deren Realität undenkbar ist, deren materiell physische Existenz unbeweisbar bleibt, die Beweisbarkeit an und in Unendlichkeit des Raumes scheitert. Aus sich heraus sind die Stuben virtueller Welten mit Nachahmung angefüllt, gelingt es doch dem Menschen nicht, originäre Realität, Wirklichkeit im Denken und Handeln zu verlassen, bleibt alle virtuelle Vorstellung an Existenz und Denken der Wesenheit Mensch gebunden, bleibt anthropozentrisches Unterfangen. Unausweichliche Reproduktion des Menschlichen in allem Virtuellen führt in erkenntnistheoretische Aporie, welche durch Offenbarung nicht auflösbar wird, indem das Geoffenbarte in Menschendenken gefaßtes Wort und erst dann von Menschen verschriftet ist, die Schranken menschlichen Geistes darin nicht aufgehoben werden. Beschränktheit des menschlichen Geistes macht theologische und/oder theosophische Erkenntnis menschenabhängig, notwendig damit frei vom eigentlichen Göttlichen, generiert eigentlichen Atheismus. Spirituelle Hinwendung gegen und zu Gott wider besseres Wissen beziehungsweise in Hinnahme von Unwissenheit wird so möglich, offenbart zugleich Fehlbarkeit der Vernunft. Reflektion der Hinwendungserfahrung gewährt jedoch nicht Offenbarung Gottes, sondern Spiegelbild des in Hinwendung Widerfahrenen, pure Human-Reflektion. Weder Theologie noch Theosophie gelingt daher der Beweis, von ihnen als geoffenbarte Schrift erachtete Texte seien Werk Gottes. Ketzerisch ließe sich annehmen, die Begriffe Theologie und Theosophie seien austauschbare Etikette, wenn nicht gar Etikettenschwindel, Bemäntelung der Krise. Notwendig entbehren Theologie und Theosophie mithin echter Wissenschaftlichkeit und … GOTT.

      Innerhalb einer Gemeinschaft von Suchenden, in einer Gemeinde von Gläubigen wirft das die Frage nach dem ‘richtigen’ Glauben für jeden einzelnen und für die Gemeinschaft auf. In Mystizismus kaschierte Gotteslästerung, die Ausblendung ihrer Wahrnehmung zwingt zur Definition des rechten Glaubens, zu Minimierung und Relativierung angemaßter Grenzverletzung. Jeder Gläubige wähnt sich rechtgläubig, beansprucht Besitz des rechten, des richtigen Glaubens, die Gemeinschaft auch. Jeder wähnt den anderen im Irrglauben, der so auch dessen jeweilige Gemeinde trifft. Was bleibt, ist die Gewißheit, keiner hat den richtigen, niemand hat den rechten Glauben. GOTT bleibt die Krise des Menschen.

      Überhöhung erfährt die Krise in Institutionalisierung des Glaubens und der Forderung nach seinem Bekenntnis einschließlich des Bekenntnisses zur Institution und in seiner militanten Missionsabsicht. In Aufhebung des freien Willens verlangt Glaubensinstitut mit dem Anspruch unbedingten Gehorsams unbedingte Anerkenntnis der Unsterblichkeit der Seele, Dasein/Existenz Gottes und weiterer Dogmata. Mit dem Anerkenntniszwang und daran gebundener Bekenntnisverpflichtung verliert Wille Freiheit, wird Religion Kernelement antinomer Unfreiheit, verlangt Gehorsam, Unterwerfung, verleugnet Vernunft.

      Ungeachtet solch kritischer Konstellation führt der nicht endende Versuch der Annäherung an GOTT zu einer Endlosschleife ritualisierter Kommunikationsversuche, für die sich durch Überlieferung und Fortschreibung liturgische Abfolgen einstellen, welche in einer institutionalisierten Kirche aufgehen, innerhalb derselben weiterentwickelt und bis in Feiertagskalender, Liturgie, Anbetungs- und Gebetsrituale verwaltet werden. Kirche erfährt daraus das Bewußtsein, sie sei erster, einziger und unabdingbarer Verwalter des Zugangs zu GOTT, begreift die Erkenntnisse der Gemeinde als Auftrag, solche Erkenntnis zu verbreiten, zu verkünden, ignoriert das nach Glaubensauffassung von Gott geschaffene Wesen, verneint damit die Glaubensgrundlage. Katholische Kirche zieht aus solchem Vorgang die irrige Schlußfolgerung, sie sei einzig zulässiger Weg zum Christengott, verkennt, sie ist hervorgegangen aus der freiwilligen Verbindung einzelner, gleichgesinnter Individuen untereinander. Kirche ist Folge, nicht Ursache, nicht Urheber des Glaubens. Kirche ist verwaltende Institution. Kirche ist Glaubensstillstand.

      Im günstigsten Fall flüchtet sich der Gottessucher aus der Krise in den von Dritten angebotenen Glauben, will diesen als Kontaktanzeige, als Angebot an Gott verstanden wissen: Schau her, hier ist ein Mensch, der DICH sucht, der mit DIR in Verbindung treten möchte. Kirche wird hier zum Medium, zum Organ, in welchem die Kontaktanzeige öffentlich wird. Der Inserent bedient sich der Verwaltungsfunktion, nutzt das Medium Kirche als Mittler zur scheinbaren Herstellung des Kontaktes, eines direkten oder initiierten Kontaktes zu GOTT. Den kann das Medium weder herstellen, noch ersetzen, nicht den Kontakt, erst recht nicht GOTT. Kirche kann nicht einmal die Kommunikation zwischen Mensch und GOTT ersetzen, überführt die Vielzahl der Kontaktanfragen in gemeinsam vorgetragene Formulierung, läßt Individuum in liturgischer Ritualität münden, dekretiert Form, bis Form Inhalt ersetzt, zu Formalismus erstarrt. Allenfalls könnte Kirche über reine Administration hinaus für