Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 4. Группа авторов

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Название Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 4
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Жанр Документальная литература
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Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783874683203



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unverzichtbar erweitert um eine Vielzahl öffentlicher Projekte zur Ausgestaltung des Stadtentwicklungs- und Dienstleistungskonzeptes Neue Mitte Oberhausen mit einem Finanzvolumen von über 200 Millionen Euro, ging die gewünschte Wirkung auf die breit gefächerte Privatwirtschaft aus. Es entstand ein völlig neuartiger Wirtschaftsstandort mit einem ebenso neuartigen, hervorragenden Image. Die Neue Mitte Oberhausen wurde zum Flagschiff, zum Synonym für den Strukturwandel im Ruhrgebiet der 1990er Jahre. Die angestrebte Sogwirkung trat ein! Weitere Freizeitprojekte siedelten sich an:

      ■ das Sea Life Center, im Jahr der Eröffnung 2003 Deutschlands größtes Erlebnis-Aquarium,

      ■ der Klettersport-Hochseilgarten Tree-to-Tree am Gasometer ab 2005,

      ■ die Modellbahnwelt Oberhausen (MWO) an der Marina Oberhausen 2008,

      ■ die Hotels Tryp 1997 und B&B 2009,

      ■ der Ausbau des Musical-Theaters zum Metronom-Theater der Stage-Entertainment Group 2006,

      ■ und weitere folgen, wie das Lego Discovery Center udn der Ocean-Park der Merlin Group ab 2013.

      Doch vor allem viele, viele Unternehmen mit breitester Branchenzugehörigkeit wählten die Gewerbeparks, die in einem Radius von nur einem Kilometer Luftlinie um das CentrO geschaffen wurden, als ihren Standort. Auf etwa 4.500 Arbeitsplätze im CentrO, im Einzelhandel und in der Gastronomie, folgten binnen rund zehn Jahren weitere etwa 7.500 Arbeitsplätze in seinem Umfeld. Erst diese Magnetwirkung bringt den geplanten und erzielten Erfolg und die Vielgestaltigkeit des Stadtentwicklungsprojektes Neue Mitte Oberhausen zum Ausdruck.31

      Aber was waren nun die Voraussetzungen dieser wegweisenden, erfolgreichen und für manche Nachbarstadt im Ruhrgebiet vorbildlichen Standortentwicklung? Es genügte nicht, aus den Erfahrungen des Scheiterns von Triple Five gelernt zu haben, dass ein behutsames, gemeinsames Vorgehen mit der Landesplanung gefunden und regional argumentiert werden musste. Hinzu traten ein Investor, der die Bereitschaft zur kooperativen Gestaltung eines vielseitigen Projektes gemeinsam mit der Stadt einbrachte, und eine einmalig günstige, schlagkräftige Personalkonstellation an der Spitze von Stadt und Politik in Oberhausen, die entscheidend zur Umsetzung der Neuen Mitte Oberhausen und des CentrO in ihr beitrug.

       Heinz Schleußer

      Geboren am 20. April 1936 in Oberhausen, gestorben am 12. Juli 2000. Heinz Schleußer arbeitete von 1954 bis 1963 als Betriebsschlosser im Hüttenwerk Oberhausen. Von 1969 bis 1987 war er Erster Bevollmächtigter und Geschäftsführer der IG Metall Oberhausen. 1957 trat Schleußer der SPD bei, 1975 wurde er in den Landtag von Nordrhein-Westfalen gewählt, wo er von 1981 bis 1988 finanzpolitischer Sprecher seiner Partei war. Im Mai 1988 berief ihn Johannes Rau als Finanzminister in sein Kabinett, dieses Amt übte er zwölf Jahre lang aus. Am 26. Januar 2000 trat er nach Vorwürfen in der Presse im Zusammenhang mit der „Düsseldorfer Flugaffäre“ von seinem Amt zurück; wenige Monate später starb er nach schwerer Krankheit.

      Die sozialverträgliche Gestaltung des Strukturwandels im Ruhrgebiet und insbesondere in Oberhausen war die große Herausforderung seiner Amtszeit. Schleußer gehörte dem Aufsichtsrat der Thyssen AG und dem Verwaltungsrat der WestLB an. Die Marina am Rhein-Herne-Kanal in Oberhausen trägt seinen Namen.

       Abb. 17: Heinz Schleußer

       Abb. 18: Haus Ripshorst

       Abb. 19: Das Freizeitbad „aqua park“

       Abb. 20: Auarium „SeaLife“

       Abb. 21: Metronom Theater

      Oberbürgermeister Friedhelm van den Mond, zugleich Vorsitzender der Verbandsversammlung des Kommunalverbandes Ruhrgebiet, leistete Vertrauensbildung in den Nachbarstädten. NRW-Finanzminister Heinz Schleußer beförderte die Unterstützung der Landesregierung. Michael Groschek als Vorsitzender der SPD-Fraktion im Rat der Stadt warb engagiert für die Mehrheitsfähigkeit des Projektes in Einzelhandel, Wirtschaft und Bevölkerung vor Ort. Oberstadtdirektor Burkhard Drescher schließlich baute ein effektives Projektmanagement für die Durchführung von Genehmigungsverfahren und öffentlichen Investitionen auf. Ebenso gewährleistete Drescher durch sein gutes persönliches Verhältnis zu Eddie Healey die partnerschaftliche Abstimmung privater wie öffentlicher Planungen, aber auch, dass CentrO erheblich mehr wurde als sein englischer Vorläufer Meadow-Hall in Sheffield: Nämlich ein komplexes Freizeit- und Stadtentwicklungsprojekt statt eines bloßen Einkaufszentrums.

      Jede Erfolgsgeschichte hat auch ihre Schattenseiten. Das liegt allein schon daran, dass im realen Leben niemals alle kühnen Pläne restlos gelingen können, die ambitionierte Entwickler aufstellen. Und ebenfalls treten die eine oder andere unerwünschte Nebenwirkung ein, die zu einer ausgewogenen Gesamtwürdigung eines so dynamischen Projektes wie der Neuen Mitte Oberhausen hinzu gehören. Es gab angestrebte Bausteine der Neuen Mitte, die nicht oder nicht vollständig erreicht wurden. Es stellten sich Wechselwirkungen der Neuen Mitte mit etablierten Stadtteilzentren, insbesondere mit der City von Alt-Oberhausen ein, deren kommunale Steuerung oder eher Beeinflussung Schwierigkeiten bereitete.

      Seit der planerischen Entwicklung des Stadtentwicklungskonzeptes Neue Mitte in 1992, ausgehend vom TZU im Werksgasthaus, wurde angestrebt, den neuen Stadtteil mit einer Wohnbebauung zu ergänzen. Zu den kleinen Siedlungen Grafenbusch und Ripshorster Straße sollte vornehmlich auf dem Gelände der Marina, in geringerem Umfang ebenfalls an der Ripshorster Straße und auf dem Gelände des Stahlwerkes Oberhausen an der Osterfelder Straße eine Wohnbebauung hinzutreten. Jedoch vereitelten die eingeschränkte Lagegunst der Marina für Wohnen und das Scheitern von O.VISION die Verwirklichung der Wohnungsbauprojekte. Ferner war und wird weiterhin angestrebt, die Essener Straße als „Allee der Industriekultur“ sowie den Gewerbepark Centroallee mit Büroimmobilien für vielseitige Dienstleistungsnutzungen zu komplettieren. Spektakulär strebte Coca-Cola kurzzeitig in 1998 an, seine Deutschlandzentrale an der Kreuzung Essener-/​Osterfelder Straße zu errichten. Die Planung wurde zugunsten Berlins aufgegeben. Doch in 2011 fiel schließlich die Entscheidung von Bilfinger & Berger Power Services, dem vormaligen Energie-Anlagenbau von Babcock Borsig, eben dort den Firmensitz der Europazentrale zu errichten. Der stetige Ausbau der Essener Straße als „Allee der Industriekultur“ zum Standort für bürogestützte Dienstleistungen leistet inzwischen einen wichtigen Beitrag zur Dynamik und zur Diversifizierung der Neuen Mitte Oberhausen über ihre Bedeutung als Freizeit- und Einzelhandelsstandort hinaus. Davon gleich mehr.

      Nachbarstädte, Einzelhandelsverbände und Industrie- und Handelskammern forderten wissenschaftliche Prognosen zu den Auswirkungen des CentrO auf den Einzelhandel der Stadtteilzentren im Ruhrgebiet. GFK, die Gesellschaft für Konsumforschung, und ISH/​Dr. Danneberg gaben Gutachten ab: Vorausgesehene Umsatzeinbußen bis zu eineinhalb Prozent galten als geringfügig, Verluste von bis zu drei Prozent als hinnehmbar und üblich im Rahmen allgemeiner konjunktureller Schwankungen. Angesichts solcher Bewertungen musste lediglich die City von Alt-Oberhausener empfindliche Auswirkungen befürchten. Nach günstigen Erwartungen würden sich die Folgen für die Innenstadt auf etwa drei Prozent beschränken, nach pessimistischeren Annahmen war jedoch mit Umsatzverlusten von rund zehn Prozent zu rechnen. Dessen ungeachtet stimmten Einzelhandelsverband und Kommunalpolitik dem Projekt zu. Was waren die Hintergründe?

       Abb. 22: Das Entwicklungskonzept „Spirale“, Neue Mitte Oberhausen 1992

      Der