LENA HALBERG - NEW YORK '01. Ernest Nyborg

Читать онлайн.
Название LENA HALBERG - NEW YORK '01
Автор произведения Ernest Nyborg
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783868411294



Скачать книгу

CIA? Wieso das denn?«

      »Die haben anscheinend noch eine Rechnung mit ihm offen. Er kommt zu einem Spezialteam nach Charleston zum Verhör wegen Weitergabe von staatlich sensiblen Daten.«

      »Soll heißen?«

      »Terror, Landesverrat, das ganz Programm …«

      »Wird eng für ihn, nicht?«

      »Kann sein. Also zwei Tage haben wir ihn noch hier, für länger kann ich nicht garantieren.«

      »In Ordnung, wir schauen gleich morgen wegen eines Fluges und ich sag dir dann kurz Bescheid.«

      Das Hotel lag etwas abseits der City in einer ruhigen Gegend an den sanften Hängen eines Weinberges. Wenn man auf den Platz vor dem Haus hinuntersah, fühlte man sich nicht wie in einer Großstadt, vielmehr glaubte man sich in ein Dorf versetzt – rundum einstöckige Winzerhäuser und in der Mitte eine Grünfläche mit Bänken und Brunnen. Hier pflegte man die Randbezirke mit dem nostalgischen Flair, auch wenn hinter den alten Fassaden moderne Einfamilienhäuser lagen. Als Niels und Lena nach Wien hineinfuhren, kamen sie an dem Hotel zufällig vorbei und entschieden sofort hierzubleiben.

      Niels war schon früh auf und ging eine Runde joggen. Er liebte es in der ersten Sonne des Tages durch Straßen zu laufen, die erst langsam erwachten, und sog deren eigene Stimmung in sich auf: Lichter löschen langsam aus, Straßenkehrer fegen die vergangene Nacht von den Gehsteigen und Chauffeure stehen neben ihren Bussen und rauchen eine letzte Zigarette vor dem Dienst. Alle Städte haben das, bevor das urbane Leben wieder von ihnen Besitz nimmt und den Tag mit hektischem Treiben füllt.

      In diesen Momenten konnte Niels frei und ungestört denken, ging im Geiste seine Recherchen durch oder plante die nächsten Schritte von Dingen, die ihn gerade beschäftigten. Heute waren seine Gedanken nur bei Lena – bei der letzten Nacht. Auch aus diesem Grund hätte er sich wohler gefühlt, wenn sie mit ihm zurück nach London gefahren wäre.

      Während er seine Runden durch die Vorstadt zog, nahm Lena eine ausgiebige Dusche, um munter zu werden. Schlafen konnte sie nicht mehr – zu neu war ihre Beziehung, zu groß die Sehnsucht nach körperlicher Nähe, auf die sie beide so lange gewartet hatten. Mehrmals versuchten sie, sich ruhig aneinanderzuschmiegen und einzuschlafen, aber jedes Mal siegte am Ende die Lust. Sogar jetzt unter der Dusche spürte sie ihn noch in ihr und wäre sofort für eine Fortsetzung bereit gewesen.

      Eine Stunde später trafen sie sich auf der Terrasse hinter dem Haus, wo für das Frühstück gedeckt war.

      »Ich hab gerade gebucht«, sagte Lena und füllte den Teller mit Köstlichkeiten vom reichhaltigen Buffet. Nach langen Nächten mit Sex brauchte sie Unmengen zu essen um ihre Kräfte aufzufüllen.

      »Und für wann?« Niels war nach dem Joggen noch ungeduscht und steckte in seiner Short. Gähnend ging er vor dem Buffet hin und her, nahm aber dann nur Kaffee und eine kleine Schüssel Erdbeeren mit Sahne. Er schüttelte den Kopf und grinste, als er Lenas Teller sah. »War ich tatsächlich so gut?«

      Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange und lachte laut auf. Früher war sie gelegentlich nach nächtlichen Streifzügen bei ihm aufgetaucht und die Menge, die sie aus seinem Kühlschrank entleerte, war der Gradmesser für die Qualität des Erlebten gewesen.

      »Ich fliege morgen um sieben nach New York und dann zwei Stunden später weiter nach Washington. Durch die Zeitdifferenz bin ich aber bereits am frühen Nachmittag dort und schaff es bis vier zum FBI.«

      »Und du bist sicher, dass du das wirklich willst? Du könntest es noch absagen.«

      »Ich bin sicher, dass ich keine Ruhe fände, wenn ich dem nicht nachgehen würde. Vielleicht liegst du richtig und es steckt nichts dahinter oder es ist bedeutungslos, dann …«

      »Dann?«

      »Dann verspreche ich dir«, hob Lena die rechte Hand wie zum Schwur, »dass ich Bronsteen für alle Zeiten vergesse und mich nur mehr einfachen Society-Reportagen widme und London nie wieder verlasse.«

      »Lügnerin!«, kicherte Niels.

      Wie schnell Abschiedstage auch vergehen, dieser war der kürzeste. Sie saßen über eine Stunde beim Frühstück, gingen die mögliche Taktik für Lenas Treffen mit Prow durch, danach fuhren sie in die Innenstadt. Lena wollte Jeans, eine Umhängtasche für ihr Notebook und einen kleinen Koffer kaufen, um die Sachen für den Flug zu verstauen. Ihren Rucksack würde Niels mit nach London nehmen.

      Davor schrieb sie noch eine Kündigungsmail an die Redaktion der Eagle News in London, denn eines stand fest, bei einem Medienunternehmen, das zu Bronsteens Konzern gehörte, wollte sie nicht mehr arbeiten.

      Den Nachmittag und Abend verbrachten sie im Bett, um sich alles, was sie in den kommenden Tagen – der ersten Trennung ihrer neuen Beziehung – vermissen würden, schon im Voraus zu geben.

      Am nächsten Morgen im Taxi, auf der Fahrt zum Flughafen, drückte sie sich fest an Niels, als würde sie ihn nie wieder loslassen wollen. Dafür nahm Niels sich vor, Lena so lange zu küssen, bis das Flugzeug ohne sie abhob.

      Sie kamen durch den beginnenden Frühverkehr jedoch sehr knapp vor Abflug an und so war es dann nur ein kurzes Ciao und Lena rannte zum Gate. Niels ging zu einem der Cafés auf der Aussichtsterrasse und wartete bis die Maschine abhob.

      Zurück im Hotel packte er die Rucksäcke, schnallte sie auf seine Maschine und machte sich auf die lange Heimreise. Lena würde bedeutend früher in Washington sein, als er zurück in England. Gute elf Stunden waren es über Brüssel nach Calais und dann mit dem Zug durch den Tunnel nochmals drei Stunden bis London, die würde er dann wenigstens für etwas Schlaf benützen können.

      Auf der Fahrt beschäftigte ihn bereits sein neuer Auftrag, den er durch Lenas spontane Abreise nun einige Tage früher in Angriff nehmen konnte. Der Guardian, eine der seriösen englischen Zeitungen, plante einen Schwerpunkt mit Artikeln über die politische Neuordnung und die neuen Machthaber in Afrika. Der Redakteur, für den Niels schon einige Male gearbeitet hatte, wollte ihn auch diesmal wieder dabeihaben.

      Es war nicht nur die Temperatur von fast vierzig Grad, die der Gesellschaft auf der überdachten Terrasse des Nobelhotels Ledger Plaza zu schaffen machte, sondern noch mehr die extreme Luftfeuchtigkeit, die am frühen Nachmittag in Bangui, der Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik, herrschte.

      Den Besuchern der Regierung und den Journalisten klebte die Kleidung am Körper und sogar den anwesenden einheimischen Militärs lief der Schweiß in Bächen in die Krägen der Uniformen. Manche von ihnen fluchten darüber, dass die Pressekonferenz nicht im Theatersaal des Hotels stattfand, der den etwa zweihundert Gästen bequem Platz geboten hätte und klimatisiert war.

      Bronsteen stand noch in seiner angenehm kühlen Suite, hatte das Sakko des hellgrauen Leinenanzugs ausgezogen, wischte sich mit einem feuchten Tuch die Stirn und sah durch den schmalen Spalt zwischen Gardinen und Fenster hinunter auf die Gesellschaft. Er schmunzelte ob der Versuche der Damen, sich mit den Einladungskarten kühle Luft zuzufächeln, und über die steinernen Mienen der Generäle, in ihren dunklen Uniformen, den großen rotbraunen Tellerkappen und den billigen Blechorden an der Brust. Auf ihn wirkten sie wie Figuren eines Karnevalsumzugs.

      Er zog seine dunkelgrüne Seidenkrawatte zurecht und beschloss, sie noch etwas warten zu lassen. Ein emotionales Machtspiel, das er sich im Laufe seiner Karriere zunutze gemacht hatte – wer auf ihn wartete, war automatisch in einer schwächeren Position, das festigte die eigene Stellung. Das schien ihm gerade für die heutige Pressekonferenz von Bedeutung, denn in den nächsten Minuten ging es für ihn persönlich um viel und bei den rücksichtslosen Kräften, die in dem Land herrschten, war das Eis recht dünn, auf das er sich gerade begab.

      Nach dem gewaltsamen Machtwechsel durch die Rebellenallianz rund um den Führer Djotodia, der sich selbst zum Staatschef ausrief, versank das Land für kurze Zeit im totalen Chaos. Aufgrund der internationalen Empörung über den Staatsstreich und dem massiven Druck von außen, setzte sich Djotodia aber