LENA HALBERG - NEW YORK '01. Ernest Nyborg

Читать онлайн.
Название LENA HALBERG - NEW YORK '01
Автор произведения Ernest Nyborg
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783868411294



Скачать книгу

Medium ‘Eagle News’ den Fall im Sinne einer politischen Transparenz an die Öffentlichkeit gebracht hat. Er endete mit einem Dank an die Mitarbeiterin für ihren Einsatz im Kampf gegen Korruption.

       Ein Zusammenhang mit dem Unfalltod eines amerikanischen Diplomaten in Südtirol konnte bislang nicht ….

      »Eines amerikanischen Diplomaten, dass ich nicht lache, eine höfliche Umschreibung für einen Killer der CIA. Und der große Bronsteen putzt sich natürlich ab. Er, der Wohltäter der Gesellschaft, dankt mir sogar dafür. Das ist ein starkes Stück.« Lena ließ verärgert, aber doch auch stolz über die Anerkennung, das Magazin sinken. »Aber es war klar, dass sie das meiste unter den Tisch kehren. Da war nichts anderes zu erwarten.«

      »Und, kannst du damit abschließen?« Niels sah Lena fragend an.

      »So halb und halb – immerhin hat es mit Prow einen der wichtigen Drahtzieher erwischt. Besser würde ich mich fühlen, wenn sie alle dafür büßen müssten.« Sie trank den Kaffee aus und holte mit dem Löffel die letzten Reste Vanilleeis aus dem Glasbecher. »Deshalb …«

      »Deshalb?«

      »Deshalb geht mir Prows Überweisung im Auftrag Bronsteens nicht aus dem Kopf.«

      »Sag bloß, du hast den Ausdruck mitgenommen!«

      »Klar, was denkst du denn?«

      Lena griff in ihre Tasche nach dem Kontoauszug, den sie im Zuge der letzten Recherchen gegen Prow von dessen Computer herunterladen konnte. Darauf befand sich eine unscheinbare Überweisung an ein Hilfsprojekt für Kleinbauern in Kolumbien, das Bronsteen mit großer Geste über seine Stiftung finanzierte, nachdem er vorher – gemeinsam mit der CIA und unter dem Deckmantel des Kampfes gegen Drogenkartelle – das Land ins Chaos gestürzt hatte.

      Die Gelder an die Bauernkooperative in der Nähe von Bogotá liefen offiziell über Prows Büro. In der Liste der Zahlungen fand Lena aber auch einen handschriftlichen Vermerk von ihm. Dort stand: Überweisung für Eißendorf.

      »Ich weiß, was du vermutest«, nickte Niels, »Eißendorf ist der Vorort von Hamburg, wo ein Terrorist der Anschläge vom elften September gewohnt hat. Glaubst du, dass Bronsteen so verrückt ist, ein derartiges Attentat zu finanzieren …?«

      »Bei Bronsteen kann ich mir alles vorstellen!« fuhr Lena dazwischen.

      »Und dabei so dumm ist, einen mittelmäßigen Politiker und Lobbyisten wie Prow in die Sache einzubinden?«

      Lena starrte vor sich hin – Niels’ Argument war nicht von der Hand zu weisen. Bronsteen war hochintelligent und wenn er etwas in dieser Dimension geplant haben sollte, schien es unwahrscheinlich, dass jemand wie Prow eingeweiht war.

      »Hör auf zu grübeln, wir müssen uns umziehen gehen, wenn wir rechtzeitig in der Oper sein wollen«, sagte Niels und zog Lena hoch, um sie auf andere Gedanken zu bringen.

      Das Taxi hielt vor der Wiener Oper. Niels trug ein schwarzes langes Sakko, eine dezente Nadelstreifhose und dazu ein dunkles Halstuch. Für ihn ganz ungewohnt, denn normalerweise liebte er seine legeren Lederjacken. Lena überlegte, ob sie ihn je so elegant gesehen hatte. Aber auch Niels konnte seine Augen nicht von Lena lassen. Mit ihren blonden Strähnchen in den kurzen Haaren und dem neuen dunkelblauen Kleid mit dem tiefen Ausschnitt, das sie an allen Stellen perfekt ausfüllte, sah sie einfach hinreißend aus. Da sie nur mit ihren Rucksäcken und ohne Garderobe nach Wien gekommen waren, gingen sie am Vortag ausgiebig in der Kärntnerstraße, der mondänen Wiener Einkaufsmeile, shoppen und Lena war danach noch beim Frisör.

      Sie kamen gerade rechtzeitig zu der Vorstellung, für die Niels Karten besorgt und Lena damit überrascht hatte. Man spielte Boris Godunow von Mussorgski nach einem Drama von Puschkin. Ein bedeutendes Stück über die Verlockungen der Macht und die Ohnmacht des Volkes, in der ein Betrüger die Armut des Volkes nutzt, um sich mit falschen Versprechungen die Gunst der Menge zu erschleichen. Niels meinte scherzhaft, der Stoff würde auch auf heutige Politiker gut passen.

      Obwohl seine Mutter italienische Großeltern hatte, machte sich Niels weniger aus Opern, überhaupt aus russischen, die vier Stunden dauerten. Doch Lena liebte diese Musik und für sie nahm er das gerne in Kauf. Außerdem sollte man die Gelegenheit nutzen, wenn man in Wien war und eines der berühmtesten Opernhäuser der Welt besuchen konnte.

      Zu seiner eigenen Überraschung verging die Zeit recht schnell und er ertappte sich dabei, die Musik mitreißend zu empfinden. Vor allem die großen Chöre, überlegte er, wären ein perfekter Sound in den Kopfhörern am Motorrad bei vollem Speed auf einer schnurgeraden Straße.

      Für einen stilvollen Ausklang nach der Vorstellung hatte ihnen der Taxifahrer eine kleine entzückende Sektbar ganz in der Nähe der Oper empfohlen. So wanderten sie dann die wenigen Schritte durch die Innenstadt zu Fuß zu dem Lokal.

      Niels legte Lena sein Sakko über die Schultern, da es für das zarte Kleid doch noch ein wenig zu frisch war. Er freute sich über den gelungenen Abend und betrachtete im Vorbeigehen die beleuchteten Auslagen entlang des Weges. Lena hingegen war wieder in ihre Überlegungen verstrickt. Als sie schließlich im Wintergarten der Bar saßen, platzte sie damit heraus.

      »Du hattest recht, dass es in dem Stück so läuft wie in der Politik. Manchmal dauert es lange bis die Wahrheit ans Licht kommt. Aber der alte Zar hat auch geglaubt, er kann seinem Schicksal entkommen und nicht mit dessen Hartnäckigkeit gerechnet.«

      »Da hat das Schicksal was von dir«, nickte Niels heiter und bestellte zwei Glas Champagner.

      »Mir geht das nicht aus dem Kopf. Es wird immer einen geben, der die Leute täuscht, um sie für seine Zwecke auszunutzen«, fuhr sie fort, ohne auf seine Bemerkung einzugehen, »und vielleicht bin ich da wie der Narr in der Oper, der als einziger spürt, was nicht stimmt. Verstehst du das?«

      »Ja, leider. Du wirst der Sache mit der Überweisung nachgehen und dich wieder mit diesen Leuten anlegen.«

      »Ich kann einfach nicht aufgeben«, sagte sie leise.

      Eine Weile schauten sie still in die Sektgläser. Niels wäre wohler gewesen, sie von dem Thema abzubringen. Nur er kannte Lena und wusste, dass es zwecklos war. Deshalb war sie Journalistin geworden, deshalb war sie erfolgreich und deshalb liebte er sie schließlich auch.

      »Okay, ich stehe hinter dir, wenn du mich brauchst, das weißt du. Aber wie willst du es anstellen? Zu Bronsteen gehen und sagen: Dürfte ich Sie noch fragen, ob Sie das World Trade Center zerstört haben?«, versuchte er die Stimmung wieder etwas aufzulockern.

      »Die Frage gefällt mir gut«, konterte Lena nun schmunzelnd, »aber ich geh damit nicht zu Bronsteen …«

      »Sondern?« Niels schluckte, da er ahnte was kommen würde.

      »Sondern zu Prow!«

      »Ich hab es befürchtet. Nur der sitzt noch beim FBI, das wird nicht einfach sein, denn Reporter haben da keinen Zutritt.«

      »Außer sie haben dich zum Freund!«

      »Also gut, ich versuche es …«

      Niels wusste, worauf Lena anspielte. Sammy, einer seiner besten und ältesten Kumpel, arbeitete als leitender Beamter bei der National Security Branch des FBI im Hauptquartier in Washington. Wenn es einer schaffte, für Lena eine Besuchserlaubnis zu erwirken, dann er.

      »Das ginge«, sagte Sam dann auch sofort, nachdem ihn Niels um Mitternacht – in Washington war es erst beginnender Abend – privat erreichte. »Immerhin hat sie uns die Beweise für die Festnahme geliefert, da kann ich das sicher arrangieren. Allerdings muss das unter uns bleiben und veröffentlichen darf sie darüber nichts.«

      »Nein, das will sie auch gar nicht, es geht lediglich um einige Fragen, die sie selbst noch hätte, um mit der Sache abschließen zu können.« Niels hielt die Hand aufs Handy, nickte in Richtung Lena, die vor dem Zimmer am Balkongeländer lehnte, und formte mit den Lippen: »Geht okay.«

      »Sie muss sich aber beeilen«, kam es