Название | Buchstäblichkeit und symbolische Deutung |
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Автор произведения | Matthias Luserke-Jaqui |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783772002151 |
Burke spricht zum Schluss über die Perspektive einer Kulturgeschichte, da die Neue Kulturgeschichte inzwischen an ihr Ende gekommen sei. Die Bedeutung von Erzählung in der Kulturgeschichte wird hervorgehoben.41 Man kann von kulturellen Narrativen sprechen, die auch narratologisch interpretiert werden können und gleichzeitig lässt sich Kulturgeschichte auch narrativ darstellen.42 Allerdings klingt es eher ratlos als klar umrissen, wenn sich die kulturgeschichtliche Narratologie selbst so beschreibt:
„Die kulturgeschichtliche Narratologie ist […] als eine interdisziplinär angelegte, bewußt eklektisch vorgehende und theoretisch wie methodisch präzisierungsbedürftige Forschungsrichtung zu begreifen […]. Grundfrage und Kernproblem der kulturgeschichtlichen Narratologie ist dabei die Frage nach der Verwobenheit von Kultur und Literatur […].“43
BurkeBurke, Peter meint, in der letzten Forschergeneration sei die KulturgeschichteKulturgeschichte „Schauplatz einiger der aufregendsten und aufschlußreichsten Diskussionen über die Methoden der Geschichtswissenschaft“44 gewesen. Das gilt ohne Einschränkung auch für die LiteraturwissenschaftLiteraturwissenschaft. Diese zwei Lager unter den Vertretern und Vertreterinnen einer Kulturgeschichte („Buchstabengläubigkeit“ vs. SymbolSymbolbedeutung) werden die literaturwissenschaftliche Binnendiskussion weiterbewegen. Und eine Kulturgeschichte der LiteraturKulturgeschichte der Literatur will genau dies, die Diskussion voranbringen und die symbolische Bedeutsamkeit von Texten und Kontexten methodisch sichern. Mit Blick auf diese Leitdifferenz verdeutlicht Burke den Unterschied zwischen einer SozialgeschichteSozialgeschichte und einer Kulturgeschichte an einem Beispiel. Eine Sozialgeschichte des Zuckers untersuche die Konsumenten, die Veränderung des Zuckers vom Luxusgut für eine soziale Elite hin zum Grundnahrungsmittel. Eine Kulturgeschichte des Zuckers befasse sich hingegen „mit dem symbolischen Aspekt des Zuckers“45. Durch den Verlust der sozialen Exklusivität erfahre der Zucker die Implementierung in neue soziale Rituale, die es entsprechend zu deuten gelte. Und diese Deutungsarbeit ist seit je das Geschäft der Literaturwissenschaft.
Eine Kulturgeschichte der Literatur ist keine Leitwissenschaft, keine Großtheorie, die weder willens noch in der Lage wäre, alle hegemonialen Theoriebedürfnisse im Wissenschaftsbetrieb zu befriedigen. Eine Kulturgeschichte der Literatur kann als Metabegriff differenter kulturwissenschaftlicher Theorieprofile und Lösungsansätze verstanden werden. Kulturgeschichte zeichnet sich dann durch eine Kombinatorik unterschiedlicher Selbstthematisierungsvorschläge aus. Dadurch bewahrt sich eine Kulturgeschichte der Literatur ihre Anschlussfähigkeit an unterschiedliche Konzeptualisierungsformen von KulturKultur, von KulturtheorieKulturtheorie und von Kulturwissenschaft. Die klassische sozialgeschichtliche Trias der Bedingungen von ProduktionProduktion, DistributionDistribution und RezeptionRezeption von TextenText bleibt unabdingbar für die Literaturinterpretation. Durch den Rekurs auf einen textualistischen KulturbegriffKulturbegriff wird das figurative Denken gefestigt, KulturgeschichteKulturgeschichte kommentiert den Wandel literaler Kommunikation und erklärt die TransformationTransformation von KulturtechnikenKulturtechnik. Zwischen jenen beiden kulturgeschichtlichen Lagern der BuchstabengläubigkeitBuchstaben und der SymbolbedeutungSymbol wird sich auch die literaturwissenschaftliche Binnendiskussion weiter bewegen, und eine Kulturgeschichte der LiteraturKulturgeschichte der Literatur wird die symbolische Bedeutsamkeit von Texten und Kontexten methodisch sichern helfen. Damit besinnt sie sich wieder auf das, was von jeher zum Kerngeschäft der LiteraturwissenschaftLiteraturwissenschaft zählt. Die Geschichte der HermeneutikHermeneutik entwickelte die Lehre vom mehrfachen SchriftsinnSchriftsinn, wonach neben dem buchstäblichen Verstehen auch eine symbolische Deutungsymbolische Deutung ins Recht gesetzt wird. Beim kulturgeschichtlichen Kontextualisieren geht es also um jene Textebene, von der SchillerSchiller, Friedrich 1797 sprach, als er „eine Symbolische Bedeutsamkeit“46 von Texten gefordert hat. TexteText seien „in Chiffern verfaßt“ und man müsse sie deshalb „Dechiffrieren“,47 wie er im GeisterseherGeisterseher schreibt; später wird auch RilkeRilke, Rainer Maria die andere, die symbolische Bedeutungsymbolische Bedeutung von Texten betonen.48 Genau darum geht es.
ANTIKE UND ABENDLANDPoiesisPhilologie
Die aristotelischeAristoteles Poetik als PermatextPermatext
Die ÜberlieferungsgeschichteÜberlieferungsgeschichte der aristotelischenAristoteles Poetik gliedert sich in zwei große Komplexe, die HandschriftengeschichteHandschriftengeschichte und die DruckgeschichteDruckgeschichte. Die Handschriftengeschichte kann über Jahrhunderte hinweg nur spekulativ erschlossen werden, und einzig die Argumentationskraft und der Plausibilitätswert altphilologischer Hypothesen müssen zufriedenstellen. Die Druckgeschichte beginnt mit dem ersten Druck einer arabisch-lateinischen Version der Poetik. 1481 wurde diese lateinische Übersetzung des arabischen Kommentars von AverroesAverroes, die Hermannus AlemannusHermannus Alemannus 1256 angefertigt hatte, gedruckt. Die Druckgeschichte im engeren Sinn der Editio princeps graeca beginnt mit dem ersten Druck des griechischenPoetik (Aristoteles)Poetik (Aristoteles) Textes der Poetik, der 1508 bei Aldus ManutiusManutius, Aldus –