Seewölfe Paket 28. Roy Palmer

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Название Seewölfe Paket 28
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954399963



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Die Augen quollen ihm aus den Höhlen, und so ächzte er nur.

      „Du brauchst nur zu nicken“, sagte Ali.

      Daraufhin nickte der Koch fast unmerklich.

      „Er will noch mehr“, sagte Ali. „Ich hätte gar nicht gedacht, daß dieser dürre Kerl so verfressen ist. Also gib ihm auch noch den Rest, wenn er nicht genug kriegen kann.“

      Die Prozedur nahm erneut ihren Anfang, bis der Kessel leer war.

      Aber da hatte der Koch schon einen Bauch wie eine riesige Trommel. Er konnte sich nicht mehr erheben, und er rührte sich auch nicht mehr.

      „Was ist mit ihm?“ fragte Ali.

      „Er hat sich überfressen“, antwortete der Tonnenmann. „Die Suppe hat ihm wohl das Herz abgedrückt.“

      „Ist er tot?“

      Zwei Männer nickten nur.

      „Dann werft ihn über Bord. Was soll ich mit einem toten Koch an Bord? Der Lebende hat ja schon nichts getaugt.“

      Für Ahmed war das alles neu, schrecklich und grausam. Solche Dinge hatte er noch nie erlebt, und so fürchtete er sich noch mehr, daß es eines Tages auch ihm so ergehen könne.

      Und diesen Ali Ben Chufru wollte er, Ahmed, umbringen? Er wollte es, aber er wußte nicht, wie er das bewerkstelligen sollte, denn der Pirat war einfach übermächtig und unangreifbar, jedenfalls für einen vierzehnjährigen schmächtigen Jungen.

      Schaudernd mußte er mit ansehen, wie sie den Koch einfach über Bord kippten, als sei er ein toter Hund. Seine Abscheu und Ekel vor diesen Halunken wuchs. Sie sprangen mit einem Menschen um wie mit einer Kakerlake, und sie brachen auch noch in rohes Gelächter aus, als der Koch mit seinem gewaltigen Leib in der See trieb.

      So begann Ahmeds erster Tag auf der Schwarzen Piratensambuke. In der ersten Nacht fand er keinen Schlaf. Die fürchterliche Angst ließ ihn nicht zur Ruhe kommen.

       7.

      Ali Ben Chufru scheute sich nicht, auch größere Schiffe anzugreifen, aber hauptsächlich überfiel er die Perlenfischer, jene armen Leute, die von der Hand in den Mund lebten. Meist verkauften sie ihre spärlichen Funde an Händler, von denen sie kräftig übers Ohr gehauen wurden und die vom Verkauf der Perlen nach Bagdad reich wurden.

      Die Fischer erhielten nur ein paar Münzen.

      Am zweiten Tag – die See hatte sich längst wieder beruhigt – erlebte Ahmed den Überfall auf einen Perlenfischer mit. Der Ausguck hatte das kleine Boot gesichtet, und die Sambuke nahm Kurs darauf.

      Auf dem Boot waren zwei Männer. Einer hockte darin, der andere hatte gerade einen Korb voller Muscheln nach oben gebracht.

      Als die schwarze Sambuke den Kurs änderte, blickten die beiden Perlentaucher erschreckt hoch. Ahmed konnte sie noch nicht genau erkennen, aber er wußte trotzdem um ihre wilde und panische Angst. Die schwarze Sambuke war ein Begriff an der Küste, ein tödlicher Begriff.

      Die beiden Perlenfischer kappten ihre Ankertrosse und ließen sie sausen. Sie nahmen sich nicht mehr die Zeit, den Steinanker aufzuhieven, weil das nur Zeit kostete. Dann setzten sie das kleine Segel und pullten zusätzlich in Richtung Küste.

      Ali Ben Chufru grinste hinterhältig.

      „Aha, sie haben anscheinend ein paar Perlen gefunden, sonst würden sie nicht so schnell verschwinden. Sind die Drehbassen klar?“

      Der Tonnenmann mit den fürchterlichen Elefantenbeinen und dem quadratischen Schädel nickte ausdruckslos. Der Rudergänger steuerte inzwischen dem kleinen Boot der Perlenfischer hinterher.

      Die schwarze Sambuke war unheimlich wendig, schnell und hatte nur einen geringen Tiefgang, der sie befähigte, bis dicht an den Strand zu segeln.

      Aber da pullten und segelten zwei Perlenfischer um ihr Leben, denen die Angst zusätzliche Kräfte verlieh. Daher flog das Boot auch nur so über das Wasser.

      Ahmed sah im Geist wieder sich und seinen Vater. Auch sie hatten fürchterliche Angst vor den Kerlen gehabt und waren ihnen doch hilflos ausgeliefert, genau wie jene beiden, die jetzt flüchteten.

      Der Junge sah sich hilflos nach allen Seiten um. Er wußte nicht, was er unternehmen sollte. Er konnte nicht helfen und mußte tatenlos mit ansehen, wie die grinsenden Piraten an den schnell in die Halterungen geschobenen Drehbassen hantierten.

      Ein paar Tränen liefen ihm über das Gesicht, er schniefte leise.

      Ali Ben Chufru brüllte den Fischern mit seiner Donnerstimme zu, daß sie sofort das Segel streichen sollten, dann würde ihnen auch nichts geschehen.

      Die beiden dachten nicht daran. Sie verdoppelten ihre Anstrengungen und pullten wie besessen. Entweder kannten sie den alten Schnapphahn persönlich, oder sie hatten von anderen gehört, daß ein Ali Ben Chufru grundsätzlich nicht sein Wort hielt.

      Als der Pirat sah, daß er das Boot mit der Sambuke nicht einholen konnte und die Fischer seine gebrüllte Aufforderung ignorierten, lief er im Gesicht blaurot an. Um seine Lippen zuckte es. Die Augen erinnerten Ahmed an glühende Kohlen.

      Ali regte sich mächtig auf, daß man seinen Befehlen nicht gehorchte. Diesen Zustand an dem Piraten bemerkte Ahmed auch später. Immer wenn der Kerl sich aufregte, stand er fast vor einem Zusammenbruch, lief blaurot an und begann am ganzen Körper zu zittern.

      „Feuer!“ brüllte er schließlich unter großer Anstrengung.

      Die Kerle gehorchten sofort. Der Tonnenmann hob zusätzlich noch den fürchterlich dicken Daumen.

      Drei Drehbassen krachten gleichzeitig und spien einen Hagel aus grobgehacktem Blei über das Wasser. Lange Blitze rasten aus den Schlünden, drei dicke Rauchwolken quollen auf, und eine übelriechende Wolke nahm Ahmed vorübergehend den Atem.

      Zwei der Schüsse lagen zu kurz. Das Wasser erhob sich in unzähligen kleinen Fontänen wie ein schaumiger Vorhang, der anschließend rauschend zusammenfiel.

      Der dritte Schuß traf das Boot vorn am Bug, als es sich zur Seite drehte.

      Voller Entsetzen sah Ahmed, wie der Bug auseinandergerissen wurde und zersplitterte und einer der Perlenfischer aufschreiend die Arme hochwarf und ins Meer geschleudert wurde. Der andere Mann fiel auf die Ducht zurück und verkrampfte beide Arme um seinen Brustkorb.

      Das Segel existierte ebenfalls nicht mehr. Es hingen nur noch ein paar traurige Fetzen von dem kleinen Mast herunter.

      Die Sambuke näherte sich jetzt rascher, ging hoch an den Wind und hielt sich so, daß sie das angeschossene Boot leicht rammte. Mit langen Haken wurde es festgehalten.

      Eine ähnliche Situation hatte Ahmed damals erlebt, und diesmal wurde ihm noch schlechter, als er den schwerverletzten Mann auf der Ducht sah, der mit Blut beschmiert war.

      „Warum habt ihr Hurensöhne nicht gestoppt, als ich euch dazu aufforderte?“ schrie Ali wild.

      Der Fischer gab keine Antwort. Von dem anderen war nichts mehr zu sehen. Das Meer hatte ihn verschlungen.

      Ali ließ einen seiner Kerle das Boot durchsuchen, und der fand tatsächlich zwei zartrosa schimmernde kleine Perlen, die er unterwürfig an Ali weitergab. Er nahm auch noch den Korb mit den Muscheln und schleuderte ihn auf die Sambuke.

      Für Ali Ben Chufru war damit alles erledigt.

      Die Kerle stießen hohnlachend das Boot ab und sahen ungerührt zu, wie es immer mehr wegsackte. Der Mann auf der Ducht neigte sich langsam nach vorn. Auch er würde mit untergehen, daran gab es keinen Zweifel, er war zu schwer verletzt.

      „Ihr müßt ihm helfen, Herr“, wimmerte Ahmed. „Er wird ertrinken, er kann sich nicht mehr selbst helfen. Bitte, Herr, helft ihm, tut vor Allahs Augen ein gutes Werk.“

      Während Ali nach achtern ging, drehte er sich plötzlich um. In seiner rechten