Название | Der Kessel der Götter |
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Автор произведения | Jan Fries |
Жанр | Религия: прочее |
Серия | |
Издательство | Религия: прочее |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783944180328 |
Kultschächte waren keine Erfindung der La Tène-Kelten, obgleich sie sie zweifellos perfektionierten. Es existiert einer in Vledder in den Niederlanden, der auf die Bronzezeit zurückgeht. Ein weiterer, zwei Meilen entfernt von Stonehenge, ist ein Schacht, der 110 Fuß tief in den Kreidestein gegraben wurde. Er war größtenteils leer, bis auf etwas Abfall, den seine Erbauer aus der Bronzezeit zurückgelassen haben, und einige Fragmente von Töpferwaren. Es ist keineswegs sicher, ob es sich hier um einen Kultschacht, einen Brunnen oder vielleicht eine Mischung aus beidem handelte. Seine Nähe zu Stonehenge macht eine kultische Nutzung wahrscheinlich. Es gab also Erbauer von Schächten in der späten Bronzezeit, aber dennoch tritt dieser Brauch nicht typisch in der Hallstattzeit auf. Richtig populär wurde er erst mit Anbruch der La Tène-Zeit.
Er wurde noch bis hinein in die Zeiten der römischen Besatzung gepflegt, ebenso wie manche Viereckschanzen in Gebrauch blieben (auch wenn es nicht immer der Gebrauch war, den man ursprünglich davon gemacht hatte), nachdem die Römer gekommen waren. Bedenke, dass das Versenken von Opfergaben in Löcher und Schächte auch im alten Rom und Griechenland populär war; die Römer hätten also keinen Grund gehabt, etwas dagegen einzuwenden.
Kultschächte enthielten alle möglichen Arten von Gegenständen. Der Schacht (oder Brunnen?) von Biddenham enthielt ein menschliches Skelett, Teile einer Altartafel, eine beschädigte Statue, Scherben von ca. 50 römischen Urnen, Pferde-, Fuchs-, Ochsen- und Hundeknochen sowie Kieselsteine. Der Schacht oder Brunnen von Wolfhamcote enthielt einen großen, quadratischen Steinblock mit einem Loch im Zentrum, sowie 24 Urnen, 12 davon intakt. Am bemerkenswertesten ist der Schacht von Ashill in Norfolk, wo der oberste Abschnitt Teile von bemaltem Wandverputz, Töpferwaren, Knochen (darunter auch Krötenknochen, wie Ann Ross in ihrer hervorragenden Studie vermerkte), Überreste eines Eimers, einen Korb aus Weidenbast und ein eisernes Messer enthielt. In der Lage darunter befanden sich intakte Urnen, in Haselnussblätter und –nüsse gebettet. Zwischen den Urnen fand sich das eine oder andere Knochenfragment, eiserne Utensilien (Talismane?) und Fibeln. Ganz unten, am Grunde des Schachts, fand sich eine Lage Feuerstein.
Die unter- und andersweltlichen Qualitäten des Haselstrauchs sind Gegenstand des Kapitels über Baumwissen. Alles in allem kann man sehen, dass unsere La Tène-Kelten fröhlich alle möglichen Dinge in tiefen Löchern verscharrten – sakrale Güter, profane Güter und gewöhnlichen Müll. Das war allerdings nicht ihre einzige Art, sich mit der Anderswelt auszutauschen. Viele Kultschächte sehen Brunnen ziemlich ähnlich, und in einigen Fällen sind sich die Wissenschaftler alles andere als sicher, womit sie es nun eigentlich zu tun haben. Viele mittel- und nordeuropäische Märchen erzählen, dass ein Brunnen ein Tor zur Tiefe ist. Nun hatten die La Tène-Kelten eine besondere Schwäche dafür, den Göttern der Unterwelt Opfer darzubringen. Zahlreiche Opfergaben wurden den Brunnen überantwortet. In Carrawbrough gibt es einen der Göttin Coventina geweihten Brunnen. Er enthielt Schmucknadeln, mehr als 14.000 Münzen, Glas, Schmuckstücke, Töpferwaren, einen Bronzehund und –pferd und einen menschlichen Schädel. Außerdem enthielt er mehrere große Altäre, einige davon der Göttin des Brunnens selbst geweiht. Man kann Opfergaben darbringen, indem man wertvolle Dinge in einen Brunnen wirft, aber man kann durch dieses Tor auch Nachrichten übermitteln.
Ein heiliger Ort in der Nähe einer heißen Quelle bei Chamalières enthielt außergewöhnliche Gegenstände. Die Überreste Tausender von Holztäfelchen, die einst in den heiligen Brunnen geworfen worden waren, wurden 1971 ausgegraben, zusammen mit einer Bleitafel. Auf letzterer war noch die Inschrift lesbar; eins der seltenen Zeugnisse der gallischen Sprache:
Oben links: kleine Bronzegegenstände aus dem Heidetränk-Oppidum, Taunus, Hessen, Deutschland, späte La Tène -Zeit.
Oben rechts: Pferdekopf mit langem Hals, unbekannter Ort, Taunus.
Unten: La Tène -Grabgüter aus der Wetterau, Hessen, Deutschland. Widderschädel aus Bad Nauheim, Einäscherungsurne aus Rockenberg, stachelbesetzte Becher aus Heldenbergen und Bad Nauheim. Kultobjekte, Punk-Kunst oder ein Scherzartikel?
Mit dieser magischen Tafel ehre ich den göttlichen Maponos Arvernatis, in dem ein Gott wohnt. Gib uns Schnelligkeit (im Angriff) und auch den folgenden Männern dank der Magie der Anderoi (=Brixtia Anderon, vermutlich: die Magie der Unterweltgötter): dem Beschwörer C. Lucios Floros Nigrinos, Aemilios Paterin(os), Claudios Legitumos, Caelios Pelign(os), Claudios Pelign(os), Marcios Victorin(os), Asiati(os), dem Sohn des Addedillos und den Segovii, die den Eid schwören werden. Das Kleine wird groß werden, wenn er es gesät hat. Ich werde das Gebogene gerade machen. Obschon blind, werde ich sehend sein durch die Liedtafel. Er wird jenen (den Feind) niederschlagen. Ich bereite sie für Lugus vor. Luxe (?)
(Übers. Karl Horst Schmidt, 1981)
Was immer auch der okkulte Zweck dieses Ritus gewesen sein mag, einige der Namen sind uns vertraut. Da sind Maponos (von den Arvernern) und Lugus. Wir werden später mehr von ihnen lesen. In der Version von Schmidt hat die Tafel einen entschieden aggressiven Ton, da von schlagen, Angriff und so weiter die Rede ist. Das passt sehr gut zu einem Zaubermittel, das oft für Verfluchungen verwendet wurde. Wie deutest Du diesen magischen Text? Planten die Verfasser eine Revolte, oder wollten sie einen gemeinsamen Feind verfluchen? Eine Interpretation von Wolfgang Meid (1992) besagt, dass wir es hier mit einer Gruppe betagter Männer zu tun haben, die Maponos, den Gott der Jugend, bitten, sie von Leiden wie Impotenz (das Kleine … soll groß werden), Rheuma (Ich mache das Gebogene gerade) und nachlassendem Augenlicht (als jemand, der nicht mehr sehen kann, sehe ich) zu heilen. Als Zauberspruch ergäbe das durchaus einen Sinn, obgleich wir nicht vergessen dürfen, dass die ursprüngliche Bedeutung unsicher war, ist und bleiben wird. Der Text beinhaltet einige interessante Begriffe wie zum Beispiel risu naritu (mit zauberkräftiger Inschrift) vom keltischen *nerto – Kraft, Stärke, was von der indo-europäischen Wurzel *ner, kreative (also magische) Kraft herstammt. Denk mal darüber nach. Etwas weniger klar ist der Ausdruck brixtia anderon (Magie der Unterirdischen, Magie der Götter der Unterwelt), von anderos – unter, infernus. Das ist die üblichste und vielleicht auch wahrscheinlichste Deutung. Wie dem auch sei, während brixtia definitiv Magie bedeutet, könnte anderon auch vom keltischen *andera (junge Frau) stammen, wie P. L. Henry vorschlägt. Es ist vielleicht ein bisschen frivol, davon auszugehen, dass die Verfasser des Zaubers hofften, die Auswirkungen des Alters mit Hilfe des Charmes von jungen Frauen zu beseitigen, aber es liegt durchaus im Bereich des Möglichen. Und wenn man bedenkt, auf was für unsicherer Grundlage Übersetzungen aus dem Gallischen stehen, lässt es sich nicht komplett von der Hand weisen.
Zur Brixtia der Frauen sieh Dir bitte den Abschnitt über das Bleitäfelchen von Larzac im Kapitel über das klassische Druidentum an. Vielleicht wäre es ganz nützlich, sich einmal in das Wesen der Unterweltgötter hineinzudenken oder zu –träumen. Wer sind eigentlich die Götter der Unterwelt? Wer sind sie heute, und wer waren sie zur Zeit der Kelten? Die irische Mythologie sagt uns, dass die Söhne des Mil die früheren Götter, die Tuatha de Danann, in die hohlen Hügel hineingetrieben haben, in die Tiefe unter der Erdoberfläche. Wie viele Generationen älterer Götter wurden wohl von den Göttern jüngerer und aggressiver Kulte gezwungen, in den Untergrund zu gehen? Wen würdest Du wohl treffen, wenn Du in Trance gehen und diese verborgenen Reiche bereisen würdest? Die Magie der Tiefe zu erforschen ist nicht einfach; die Zaubersprüche und sichtbaren Formen der Götter, die aus dem strahlenden Himmel und dem vielgestaltigen Antlitz der Erde verjagt wurden, änderten sich, als der unbeständige Geist der Menschen sich neuen Idealen zuwandte. Viele keltische Götter, die in ihrer Zeit stark und mächtig waren, ruhen jetzt wie tot, aber dennoch träumend, halb erinnert, halb vergessen, in einem Schattenreich verzerrter Erinnerungen. Sie zu wecken ist kein Spiel, sondern eine gefährliche Einweihung, die Phantasie, Verantwortung, Geduld und Hingabe erfordert. Es hilft auch, wenn Du über Dich selbst lachen kannst und bereit bist, unerwartete Dinge zu lernen. Vergessene Götter kommen als Schock oder Überraschung; man muss einige Anpassungen vornehmen, damit sie mit einer Zeit zurechtkommen, die so ganz anders ist als die Zeiten, in denen sie mit Blut und Knochen verehrt wurden. Wie können sich die keltischen Götter verwandeln, um in unsere Zeit zu