Der Kessel der Götter. Jan Fries

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Название Der Kessel der Götter
Автор произведения Jan Fries
Жанр Религия: прочее
Серия
Издательство Религия: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783944180328



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am Boden gehalten durch eine große Steinplatte, die quer über ihre Brüste gelegt worden war. Dass manche schottischen Barden mit einem großen Stein auf der Brust meditierten, mag damit zusammenhängen oder auch nicht. Sei es, wie es sei, nicht jede junge Frau erhielt ein solches Begräbnis oder wurde zusammen mit Amuletten begraben. Ältere Frauen hatten nur äusserst selten Amulette bei sich (obgleich der hallstattzeitliche Friedhof von Tauberbischofsheim-Impfingen zeigt, dass in dieser Gemeinschaft alle reiferen Frauen einen besonderen Gürtel trugen), was vielleicht bedeutet, dass ihre Position im Leben sicherer war. Und was ist mit junge Männern? Sie wurden überhaupt nur sehr selten begraben. Ältere Männer hatten oft Waffen in ihren Gräbern, und vielleicht galten auch diese als Schutz vor den Gefahren, die einen Reisenden in der Anderswelt erwarten mochten. Es ist möglich, dass manche Fibeln (schmuckvolle Verschlussspangen) eine Talisman-Funktion hatten.

      Und wo wir uns gerade mit ungewöhnlichen Begräbnissen befassen, könnte es interessant sein, die Dietersberg-Höhle in der Nähe von Egloffstein in Süddeutschland zu erwähnen. Dort, in der Höhle, gibt es eine tiefe Grube. Archäologen haben festgestellt, dass sie die Überreste von 35 Individuen enthält – beide Geschlechter und jedes Alter sind vertreten, sogar kleine Kinder und Säuglinge. Zu Beginn, in Ha C, reinigten religiöse Leute den Schacht mit einem Feuer, das in einer Schüssel brannte, und begannen dann, Leichen hineinzuwerfen. Das setzten sie bis in La Tène A fort. Gemeinsam mit den Toten wurde eine Reihe ungewöhnlicher Amulette ausgegraben, und zudem die Überreste zahlreicher Tiere. In Linz, Österreich, legten die Archäologen die Überreste von neun Menschen frei, hauptsächlich Frauen und Kindern, die mit einem brennenden Pfahl durchstoßen worden waren und in einen drei Meter tiefen Schacht geworfen worden waren. Ob wir diese Schächte nun für einen Beweis für Menschenopfer halten oder für bequeme Orte, um die gefährlichen Toten loszuwerden, darüber kann nur spekuliert werden. Und zu guter Letzt hier ein Fall, der wirklich jeder Interpretation trotzt. In Beilngries entdeckten die Archäologen ein künstliches Skelett. Es bestand aus Menschen- und Tierknochen (Pferd oder Rind), die sorgfältig in einem Grab ausgelegt worden waren, so dass sie ein künstliches Skelett bildeten, in der typischen Nord-Süd-Orientierung der Gegend. Es ist eins der Rätsel, die uns nur allzu klar zeigen, wie wenig wir wirklich über den Glauben und die Bräuche der La Tène-Kelten wissen.

       Die Kultschächte von Holzhausen

      (nach K. Schwarz)

      Viereckschanze von Holzhausen:

      Links: Nordschacht mit Holzpfahl, der zwischen Felsen gesetzt wurde.

      Mitte: Südwestschacht.

      Rechts: Nordostschacht. Ton vermischt mit verbrannten Opfergaben.

       Opfergaben für die Tiefe

      Beim Anbruch der La Tène-Zeit gewann die Welt unter der Oberfläche an Wichtigkeit. In der späten Urnenfelder- und frühen Hallstattzeit waren zahlreiche Opfergaben auf luftigen Anhöhen, Felsspitzen und aufragenden Berghängen dargebracht worden. Mit Beginn der La Tène-Zeit verlagert sich die Betonung nach unten. Beginnen wir mit den viereckigen Einfriedungen oder Viereckschanzen, wie ihre technische Bezeichnung lautet. Die Archäologen, die diese spezifischen Arrangements von Umfriedungen und Gruben zuerst entdeckten, hielten sie zunächst für Befestigungen. Heute wissen wir, dass viele Viereckschanzen heilige Bezirke kennzeichneten; sie dienten keinen militärischen Zwecken. Bei einigen aber handelt es sich nur um befestigte Höfe. Es existieren mehrere hundert bekannte Viereckschanzen. Die meisten verfügen über Wälle und eine Grube und sind mehr oder weniger quadratisch. Man findet sie in einem weiten Gürtel von der Bretagne bis Böhmen. In Britannien wurden bisher nur einige wenige Viereckschanzen und Schreine identifiziert. Das ist verständlich, da man nur solche Gebäude als religiös klassifizieren kann, die keinen bestimmten Zweck oder keinen funktionellen Gebrauch aufweisen - oder Votivgaben enthalten, die den Archäologen Hinweise geben können. Das bedeutet, dass die überwiegende Mehrzahl an religiösen Bauten und Orten nicht nachgewiesen werden kann.

      Es bleibt zu vermerken, dass von den zwei Dutzend derartigen Fundorten, die in Britannien identifiziert wurden, 70 % rechteckig oder quadratisch waren (Hutton). Die meisten Viereckschanzen wurden in Süddeutschland entdeckt. Oft befanden sich Viereckschanzen in der Nähe einer Quelle, eines Baches oder Stroms, was von religiöser Bedeutung oder vielleicht einfach nur bequem gewesen sein mag. Viereckschanzen befinden sich oft in unspektakulärer Umgebung – nur wenige lagen exponiert oder boten erwähnenswerte Ausblicke auf die Umgebung. Im Allgemeinen wiesen solche Orte ein einzelnes Tor auf. Die Lage dieses Eingangs variiert sehr stark, mit der bemerkenswerten Einschränkung, dass keiner dieser Eingänge nach Norden lag.

      Innerhalb mancher Viereckschanzen wurden Spuren kleinerer Gebäude entdeckt. Wir wissen von kleinen, überdachten Schreinen aus der gallo-römischen Periode, also waren diese Gebäude möglicherweise von ähnlicher Art. Zugegebenermaßen informieren uns Pomponius Mela und Lukan, dass die Gallier ihre Götter in abgelegenen Hainen im Wald verehrten, und Tacitus sowie Dio Cassius behaupten das gleiche von den britannischen Kelten. Es mag sich da um eine Verallgemeinerung gehandelt haben. Dennoch haben die Archäologen Beweise für viele kleine Tempelgebäude und Schreine entdeckt.

      Es wäre verlockend, Spekulationen über Viereckschanzen und quadratische Hallstattgrabhügel anzustellen und sie mit der andersweltlichen viereckigen Gralsburg der frühen britannischen Poesie in Verbindung zu bringen. Sei es, wie es sei, die Viereckschanzen wiesen gelegentlich Kultschächte auf, tiefe Löcher, denen alle möglichen Arten von Opfergaben anvertraut wurden. Solche Schächte fanden sich in verschiedenen keltischen Kulturen. Manche dieser Schächte befanden sich innerhalb von Viereckschanzen; in anderen Fällen wissen wir nur von dem Schacht, haben aber keine Ahnung, ob er sich innerhalb eines heiligen Bezirks befand oder nicht.

      Die Schanze von Holzhausen in Bayern wies drei solcher Schächte auf. Der Nordschacht hatte eine Tiefe von 6 m und enthielt einen Holzpfahl (2 m lang), der unter Verwendung von Lehm und Steinen sorgfältig befestigt worden war. Der südwestliche Schacht mit seinen 18 m Tiefe enthielt mehrere Schichten verbrannter Opfergaben. Der tiefste der drei ist der Nordwestschacht mit einer Tiefe von 35 m. Der Pfahl, Pfeiler oder Baumstamm im kürzesten Schacht ist interessant. Warum sollte jemand einen einzelnen Pfeiler so tief in der Erde errichten und, wie sorgfältige Analysen ergeben haben, ihn solchermaßen behandeln, dass Spuren von Fleisch und Blut an ihm zurückbleiben? Auf die Verehrung heiliger Bäume bei den keltisch-germanischen Stämmen (und vielen anderen indo-europäischen Kulturen) zu verweisen, reicht nicht. Es erklärt nicht, weshalb der Baum im Untergrund verehrt worden wäre. Was würdest Du vorschlagen? Sieh Dir einmal die Schächte in der Vendée in Frankreich an. Der mit 12 m tiefere von beiden war sorgfältig in vier Abschnitte unterteilt worden. Am Grunde des Schachts befand sich eine kleine Statue, und er war mit Erde aufgefüllt, die von Hirschgeweihen, Zweigen und Muscheln durchsetzt war. Dieser Abschnitt war mit einer Lage Steine abgeschlossen worden. Dann folgte der nächste Abschnitt – hauptsächlich Erde, durchsetzt mit Tierknochen und Töpferwaren. Eine weitere Lage Steine schloss diesen Teil ab. Darüber entdeckten die Archäologen eine Schicht Holzkohle, von noch mehr Steinen bedeckt. Oberhalb dieses Teils war der Schacht gefüllt mit Steinen und Knochen, manche von menschlicher Herkunft. Der obere Teil des Schachtes war gemauert, und der Steinmetz hatte ihn sorgfältig mit einem Deckel verschlossen. Der andere Schacht in der Vendée mit seinen 8 m Tiefe enthielt ebenfalls einen Baum, der grob gestutzt worden war, so dass einige seiner Äste herausstanden. Hier könnte auch vermutet werden, dass der Baum als Leiter diente. In der Nähe lag ein ausgehöhlter Baumstumpf. Rundherum fanden sich Erde, Töpferwaren, Krüge, Menschen- und Tierknochen. Der obere Teil war durch Mauerwerk verschlossen.

      Was könnte der religiöse Hintergrund für diesen Schacht gewesen sein? Wir kennen ein britannisches Beispiel, den Schacht von Swanwick in Hampshire, 24 Fuß tief, 14 Fuß im Durchmesser. An seinem Fuß befand sich ein 5 Fuß hoher Pfahl, mit Lehm befestigt. Der Schacht hatte eine Lage Holzkohle. Darüber waren etwa 20 Webgewichte (aus Ton) und Fragmente einer Kornquetsche vergraben. Wie auch