Der Kessel der Götter. Jan Fries

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Название Der Kessel der Götter
Автор произведения Jan Fries
Жанр Религия: прочее
Серия
Издательство Религия: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783944180328



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ruhigen, klaren Geist und staune. Hier geht es nicht darum, nach ’wahr‘ und ’falsch‘ zu unterscheiden. Vielleicht empfängst Du geschichtliche Realität und vielleicht ist es einfach ein Traum, der Dich auf Deinem Weg weiterbringt. Alles ist möglich, und von allem kannst Du etwas lernen. Eine Vision muss nicht unbedingt ’wahr‘ sein um Dein Leben zu verändern. Wichtig ist, dass die Veränderung Dich zu einem freieren, glücklicheren Menschen macht, der gerne lernt und viel lacht und ganz neu durchs Leben geht.

      Nur wenn Du Zeug in Deinen Kopf bekommst, das nichts mit den Hügelwelten zu tun hat oder Dich nervt, solltest Du eingreifen. Wenn Dir zum Beispiel Erinnerungen von der Arbeit hochkommen, oder Spekulationen über die Zukunft, oder den Alltagskram, den Crowley die ’tägliche Zeitung‘ nannte, ist es Zeit, Dich wieder an den Hügel zu erinnern. Denk an den Hügel. Mach das Bild groß und nah, bringe Gefühl und Klang dazu, rieche und schmecke das Erdreich und Dein Alltagsdenken wird schnell vergessen sein.

      Vielleicht kommen Dir sogar Szenen aus anderen Leben in den Kopf. Manchen Trancereisenden geht es so. Vielleicht sind es Erfahrungen die Du gemacht hast, als Du noch nicht Du warst (denn Du warst damals ganz bestimmt nicht Du, jedenfalls nicht so), oder Erfahrungen anderer Leute. Wer weiß schon, wo das Tiefenselbst mit anderen verschmilzt, wo die Individualität aufhört und das Allselbst beginnt. Solche Erinnerungen sind leichter zu empfangen, wenn Du darauf verzichtest, sie als Deine eigenen zu betrachten. Je mehr Du am ‘ich‘ hängst desto weniger wirst Du verstehen, denn dieses Ich ist nicht das Ich von jetzt und schon garnicht das Ich von morgen. Ich ist ein Fokus von Bewußtsein und stufenlos veränderbar. Es formt sich in jedem Leben neu. Du lernst mehr, wenn Du weniger Du bist, denn hier ist alles möglich.

      Wir sind hier im Land der hemmungslosen Subjektivität. Wichtig ist vor allem, was Deine Visionen Dir bedeuten. Wenn sie Dich bewegen, wenn sie Dich verwandeln und wenn sie Dich auf Deinem Weg weiterbringen, sind sie, pragmatisch gesehen, wahr genug. Dein Hügel ist eine Vorstellung, aber dasselbe gilt für Deine Persönlichkeit, Deine persönliche Geschichte und all das was Du für Dich für wahr hältst. Es ist eine bardische Wahrheit, die die Welt zu einer Geschichte macht, und Dir Deinen eigenen Mythos verleiht. Das ist natürlich nicht das selbe wie eine wissenschaftliche Wahrheit, denn Subjektivität lässt sich nicht von anderen ermessen. Und all das entspringt einer Repräsentation. Du repräsentierst Deinen Hügel in Deiner Vorstellung. Du gibst ihm Bild und Ton und Gefühl. Die andere Seite gibt ihm Leben.

      Vielleicht ist die Repräsentation überzeugend und vielleicht nicht. Nun, eine detaillierte Repräsentation überzeugt stärker als eine hingehudelte, schlampige oder schwache Vorstellung, aber was den Realitätsgehalt angeht ist eine so gut wie die andere. Beide könnten wahr oder falsch sein. Denn die Qualität Deiner Vorstellung ist keine Garantie für ihren Wahrheitsgehalt.. Ob eine Vision wahr oder falsch ist, hat hier keine Relevanz. Viel wichtiger ist, welche Vision für Dich jetzt nützlich ist. Auch das gehört zu den Wahrheiten der Druidinnen und Druiden, Barden, Zauberer, magischen Frauen, Hexen und Geschichtenerzähler. Der Hügel in den Du gehst ist ein unbekannter Teil von Dir selbst, und die Höhlen und Tunnel darin führen Dich weit darüber hinaus.

      Gehe behutsam, lerne mit offenem Geist, finde die Schätze in Deiner Tiefe, vergiss das Beste nicht und kehre erfrischt und neu erschaffen zurück. Denn der Grabeshügel ist auch ein schwangerer Bauch und aus der Tiefe kommt ein neuer Mensch zurück. Jung und offenherzig und bereit zu staunen, lernen und zu lachen. Wie neugeboren.

      Wenn Du so weit bist, kehre um. Gehe den Weg zurück den Du gekommen bist. Verschließe die Durchgänge und Pforten hinter Dir sorgfältig. Erinnere Dich an Deinen Körper und fülle ihn auf, bis in die Zehen, bis in die Fingerspitzen, vom Beckenboden bis zum Kopf.

      Nimm tiefe Atemzüge. Und während Deine Gedanken schneller werden, fange an Dich zu räkeln, strecke die Arme und Beine, öffne die Augen, jetzt wach und klar und ganz hier, erfrischt und gut gelaunt, und wenn du so weit bist, stehe gemächlich auf. Lass Dir ruhig Zeit dabei. Wenn Du lange in Trance warst, brauchst Du einen Augenblick um in der Welt anzukommen. Dein Hirn stellt sich um, Dein Nervensystem passt sich an, die Welt ist neu und frisch und Du auch.

      Und schreib‘ sofort auf, was Du erlebt hast. Egal ob viel oder wenig, Du wirst Deine Erinnerung leichter behalten, wenn Du die Welten verbindest und den Erinnerungsbericht festhältst.

      Und falls Du Dich neben der Spur fühlst, mach‘ eine Bannung, nimm‘ eine kalte Dusche und geh eine Runde spazieren in der frischen Luft.

       Die Toten auferstehen lassen

      Im Reich der Toten gibt es viel verborgenes Wissen zu entdecken, beziehungsweise in dem Teil Deines Geistes, den Deine lebendige Persönlichkeit für tot hält (d. h. der jenseits des Ego existiert). Darum geht es bei Nekromantie. Wenn Du einen Grabhügel erforschst, führst Du tatsächlich ein Ritual zur Beschwörung der Toten durch. Das klingt wild und dramatisch; allerdings passiert das Selbe, wenn Du Bücher von einem bereits verstorbenen Autor liest. An diesem Punkt möchte ich hinzufügen, dass Rituale zur Beschwörung der Toten einen respektablen Platz im magischen Repertoire der mittelalterlichen Barden hatten. Das berühmte irische Werk Dindsenchas beruht auf genau dieser Idee. Wörtlich übersetzt bedeutet der Ausdruck „Hügel-Geschichten”, oder, genauer, Geschichten über Grabhügel und Hügelsiedlungen. Diese Geschichten wurden in der Zeit vom 9. bis zum 11. Jahrhundert unserer Zeit gesammelt und bestehen im Wesentlichen aus der Erklärung von Ortsnamen. Die irischen Poeten glaubten, es sei wichtig, das Wissen über das Land am Leben zu halten. Ihr Repertoire an Geschichten geht in die Hunderte und umfasst örtliche Traditionen, die Geschichten von Hügeln, Straßen, Grabhügeln, Dörfern, Flüssen und Teichen. Wenn derartiges Wissen oder irgendein anderes Stück Geschichte zufällig in Vergessenheit geraten war, versammelten sich die Poeten, um einen Ritus zur Beschwörung der Toten durchzuführen. Sie nutzten einen Grabhügel, der irgendeinem verstorbenen Helden zugeordnet wurde und ließen ihn auferstehen, um zu erfahren, wie es sich wirklich zugetragen hatte – und zwar von jemandem, der dabei gewesen war. (Ein gutes Beispiel dafür findest Du im Tain). In ähnlicher Weise wurde Taliesin (oder zumindest einer, der diesen Namen trug) von Fürst Elffin gebeten, die Namen der Helden zu nennen, die unter den Grabhügeln Britanniens schlummerten (Schwarzes Buch von Carmarthen, 19).

      Die Gräber, die der Regen nässt?

      Männer, nicht gewohnt, mich zu enttäuschen -

      Cerwyd, und Cyrwyd, und Caw.

      Die Gräber die das Dickicht bedeckt?

      Sie würden nicht nachgeben ohne Rache zu üben:

      Gwryen, Morien und Morial.

      Die Gräber die der Schauer nässt?

      Männer, die nicht heimlich aufgeben würden -

      Gwen, und Gwrien, und Gwriad.

      Das Grab von Tydain, Vater der Muse,

      im Bezirk von Bron Aren:

      wo die Wellen traurig klingen,

      das Grab von Dylan in Llan Beuno

      …

      Wahrlich, Elffin brachte mich,

      mein ursprüngliches Bardenwissen zu erproben,

      bezüglich eines Anführers -

      das Grab von Rwvawn von gebieterischem Wesen.

      Wahrlich, Elffin brachte mich,

      mein Bardenwissen zu erproben

      bezüglich eines frühen Anführers -

      das Grab von Rwvawn, zu früh ging er ins Grab.

      Das Grab von March, das Grab von Gwythur,

      das Grab von Gwgawn Gleddyvrudd;

      der Welt ein Rätsel, das Grab von Arthur …

      Wer kennt dieses Grab?