Der Kessel der Götter. Jan Fries

Читать онлайн.
Название Der Kessel der Götter
Автор произведения Jan Fries
Жанр Религия: прочее
Серия
Издательство Религия: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783944180328



Скачать книгу

die einheimische Version. Griechische Ziegelsteine oder lokales Bauholz und Steine – wer arbeitete wohl an solchen Monumenten? Um eine Hallstattsiedlung oder -festung zu unterhalten, benötigte man eine große Anzahl an Arbeitskräften, es muss also überzählige Arbeiter gegeben haben, zusätzlich zu den Leuten, die auf dem Feld arbeiteten und Vieh hüteten. Monumentalarchitektur lässt sich in einem warmen Klima leicht bauen. In der Hallstattzeit war das Wetter nicht sonderlich freundlich, und es gab nur wenig überschüssigen Reichtum. Die Frage nach den Arbeitskräften bleibt ein ungelöstes Rätsel.

      Manche Hügelgräber besaßen eine kleine Mauer oder einen Steinring um die Basis herum, die in der Regel einfach und naturbelassen waren. Nur wenige wissen, dass Hügelgräber meist mehrere Leichen beherbergen. Dieser Brauch setzte sich schon früh durch. Schon die frühen Hallstattleute bestatteten gelegentlich Leichen in Hügeln, die der früheren Urnenfelderkultur angehörten, und wann immer möglich platzierten sie ihre Toten im Zentrum. Dies setzten sie in den Hallstattgrabhügeln fort. Die kleineren Hügel enthielten schätzungsweise im Durchschnitt 4 bis 10 Leichen, die großen Hügel von Ha D konnten dagegen bis zu 126 Individuen aufnehmen.

      Wenn Du also von Elfen liest, die in einem hohlen Hügel feierten, hätte es sich dabei wahrscheinlich um einen Hügel aus Hallstatt D gehandelt; das war definitiv eine Zeit der Massenbegräbnisse. Falls Du also in Deinem Vorgarten einen eigenen Grabhügel aufschütten möchtest, lass reichlich Platz für Deine Familie und Freunde. Nebenbei gesagt sind auch Grabhügel selbst kein isoliertes Phänomen; oft treten sie in Gruppen auf. Es gibt kleine Gruppen von 10, die mit 40 sind bereits bedeutend, und wenn Du 60 Hügel an einem Ort findest, handelt es sich garantiert um einen wichtigen Platz.

      Archäologen haben ihr Bestes getan, um herauszufinden, ob es irgendwelche religiösen Vorschriften für das Errichten von Hügelgräbern gab. Bisher wurde jede Regel durch zahllose Ausnahmen widerlegt. Man findet Grabhügel in Tälern, auf Feldern, in der Nähe von Flüssen, in Wäldern, auf Berghängen, in der Nähe anderer Hügel oder allein.

      Hügelgräber waren nicht die einzige Bestattungsform. Manchmal entdeckt man flache Gräber zwischen den Hügeln, und zu der Zeit, wo die La Tène-Kultur beginnt, werden Flachgräber die Regel. Was wir am Besten kennen, sind die eindrucksvollen Hügel der späten Hallstattzeit. Diese Zeit (Ha D) ist charakterisiert durch eine Anzahl von Veränderungen. Zunächst einmal kam das vertraute Bronzeschwert komplett aus der Mode. Des weiteren wurde der Handel mit dem Mittelmeer so wichtig, dass viele Häuptlinge in ihrer Gier nach Luxusgütern und Wein möglicherweise eine Verarmung der von ihnen Abhängigen in Kauf genommen haben. Die ländliche keltische Gesellschaft hatte im Allgemeinen wenig überschüssigen Reichtum, da schlechte Ernten und Viehpest es zuweilen schwierig machten, auch nur an das Nötigste zu kommen. Einige keltische Stämme handelten mit Salz oder profitierten von ihrer räumlichen Nähe zu den Handelsrouten. Andere waren sehr viel ärmer und konnten es sich nicht leisten, so viele Reichtümer gemeinsam mit ihren Toten zu beerdigen.

      Es bleibt ungewiss, womit die Adligen von Ha D den Reichtum verdienten, den sie für Luxusgüter aus dem sonnigen Süden ausgaben. In dieser Phase werden Begräbnisse extrem teuer, und jede Generation „verschwendete” wertvolle Güter, indem sie sie in Hügeln begrub. Es ist sicher eine interessante Frage, ob die Adligen von Ha D ihre Untertanen ausbeuteten, bis die soziale Stabilität bedroht war. Noch nie zuvor in der keltischen Welt gab es einen so starken Kontrast zwischen reich und arm. Dies gilt allerdings nicht für alle Teile der so genannten „keltischen Welt”. Neuere Forschungen in Hallstatt belegen, dass der Salzbergbau, sowie der Handel mit Pökelfleisch soviel Reichtum erbrachte, dass sogar einfache Bergleute mit Schmuckgegenständen und gelegentlich mit (bescheidenen) Bronzeartikeln beigesetzt wurden. Was vielleicht ein kleiner Trost war für ein gefährliches und ungesundes Handwerk, das oft genug zu körperlicher Deformation führte. Bei Männern litten vor allem Schlüsselbeine und Oberarme durch die tägliche Nutzung des Pickels, während Frauen von früh bis spät das gewonnene Salz schleppten und dabei Unterarme und Hände zu Schaden kamen. Nichtsdestotrotz war die Arbeit gut bezahlt und prestigeträchtig. Die Bergleute wurden gut gekleidet und mit vielen Beigaben beerdigt.

      Andererseits wurde eine Anzahl neuer Technologien entwickelt. Die Töpfer von Ha D benutzten eine Drehscheibe, und die Holzverarbeiter erlernten die Kunst, hölzerne Kelche und Schüsseln zu drechseln. Die Ha D-Gräber bieten die reichsten Schätze der keltischen Geschichte.

      Ein typisches Element dieser Zeit ist das sogenannte Fürstengrab. Dieser Name ist keine sonderlich geglückte Wahl, da damit die Existenz eines mittelalterlichen Feudalsystems in eine Zeit hinein projiziert wird, über die wir kaum etwas wissen. „Fürstengräber” sind eine archäologische Kategorie; sie werden durch ihre Nähe zu einer großen Siedlung, einen gewissen Umfang an Reichtümern, Gold und mediterranen Import definiert. Derartige Definitionen sind aber irreführend, weil sie nur dauerhafte Grabbeigaben in Betracht ziehen. Nehmen wir beispielsweise mal die Gräber von Pazyryk im Altaigebirge in Sibirien zum Vergleich. Diese Gräber enthalten verblüffende Reichtümer – feine Textilien, Teppiche, Seide, Musikinstrumente, Pferdegeschirre, einen vierrädrigen Wagen – alles hervorragend erhalten, da der Boden nach dem Begräbnis eingefroren ist. Die gleichen Gräber hätten, hätte es sie in Mitteleuropa gegeben, nur eine metallene Pferdetrense und Tongeschirre enthalten, da alles andere verrottet wäre. Archäologen hätten diese Kultur wohl als sehr arm eingestuft.

      Ähnliche Probleme gibt es bei keltischen Ausgrabungen. In den meisten Gräbern können Horn, Leder, Holz und Textilien nur nachgewiesen werden, wenn sie so nah bei Bronzegegenständen lagen, dass die Toxine die organischen Materialien konserviert haben. In manchen Fällen kann das zu interessanten Fehlern führen. Ein keltisches Gräberfeld bei Mühlacker wies zwei Gräberarten auf, eine von ihnen mit einigem Reichtum ausgestattet, die andere eher ärmlich. Als Konsequenz nahmen die ersten Archäologen an, es habe sich hier um eine Zwei-Klassen-Gesellschaft mit unterschiedlichen Begräbnisriten gehandelt. Heute weiß man, dass es sich bei den beiden „Klassen” auf dem Mühlacker-Friedhof ganz einfach um Männer und Frauen gehandelt hat, wobei die Frauen, die mehr Schätze bei sich hatten, die „Oberschicht” bildeten. In den „Fürstengräbern” von Ha D ist es umgekehrt. Die Mehrzahl der Bestatteten ist männlich, und das gilt nicht nur für zentrale Gräber, sondern auch für zahllose Menschen, die später begraben wurden. Ein „Fürstengrab” war in der Regel eine größere Angelegenheit. Es gibt nicht allzuviele von ihnen, und die meisten wurden zum einen oder anderen Zeitpunkt geplündert. In den meisten Fällen handelt es sich um riesige Hügel mit einer Zentralkammer aus Eichenholz, umgeben von Steinwänden. Gelegentlich waren diese Grabkammern üppig mit Textilien ausgekleidet. Die Grabbeigaben sind eindrucksvoll und gehen weit über den Bedarf der verstorbenen Person hinaus.

      Hier bekommen wir einen Einblick in die Vorstellungen des Ha-D-Adels vom Leben nach dem Tod. Für gewöhnlich wurde der Verstorbene reich gekleidet und mit allen möglichen Statussymbolen versehen. Gold rangiert hier an erster Stelle. Da die meisten Kelten keinen direkten Zugang zu Gold hatten, mussten sie es importieren. Goldene Schüsseln waren ein besonders populärer Erwerbsartikel, da man sie in Streifen schneiden und diese jeweils zu goldenen Halsreifen (Torques) verarbeiten konnte. Viele Adlige trugen im Grab Torques; ob sie sie auch im täglichen Leben trugen, ist eine andere Frage, da viele dieser Goldgegenstände zu fragil waren, um einen täglichen Gebrauch zu überstehen.

       Anthropomorphe Figuren (Götter?) der westlichen Hallstattkultur

      Oben links: Stele von Ebrach, Bayern, Höhe 1,03 m. Trägt die Figur eine Kapuze oder eine Totenmaske?

      Oben rechts: Stele von Breuberg, Hessen, Höhe des Fragments 0,45 m. Eine weitere Totenmaske?

      Mitte: Quarzfelsplatte, auf der eine Gestalt und eine Axt zu sehen sind, Sietschen, Graubünden, Höhe 1,8 m.

      Unten links: Statue von Hirschlanden, Baden-Württemberg, Höhe 1,5 m. Der Krieger trägt ein Schwert und etwas, was möglicherweise ein Hut aus Birkenrinde ist. Der grobe Penis könnte später hinzugefügt worden sein.

      Unten Mitte: