Das Erbe von Samara und New York. Erik Eriksson

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Название Das Erbe von Samara und New York
Автор произведения Erik Eriksson
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783944369099



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sie gebeten habe, seine Verlobte zu werden. Die Schwester war zunächst froh, dann stellten sich Zweifel ein. Das macht man wohl erst, wenn man dann auch heiraten wollte.

      »Das weiß ich nicht«, antwortete Hedvig, »aber er ist sehr ernsthaft.«

      »Dann will er dich also heiraten?«

      »Er sagt nichts.«

      »Nein, er spricht nicht viel, glaube ich.«

      »Ja, er ist so, aber in diesem Falle hätte ich schon gerne, dass er mir sagt, was er denkt.«

      »Du musst abwarten, jetzt hast du jedenfalls einen Verlobten.«

      Ja, so war das wohl. Sie waren Verlobte. Aber Hedvig hatte sich insgeheim vorgestellt, dass dies etwas feierlicher hätte geschehen können. Trotzdem war sie froh, sie mochte Karl Gustaf ja. Er war freundlich, ein sanfter und liebenswerter Junge, so ähnlich wie ihr Vater. Einer, der nie laut wurde und sich nicht betrank.

      Nein, Karl Gustaf trank wohl keinen Schnaps. Sie hatte ihn noch nie auch nur im Geringsten angeheitert gesehen, und er hatte gesagt, dass er gegen alkoholische Getränke sei, die würden die Menschen ins Verderben führen, hatte er gesagt.

      Hedvig war davon überzeugt, dass Karl Gustaf ein anständiger junger Mann war. Das Einzige, was sie ein wenig störte, war seine Schweigsamkeit. Hedvig meinte zwar, dass redselige Menschen ziemlich anstrengend seien, aber sie selbst gab immer Auskunft, wenn es nötig war. Karl Gustaf schien immer alles, was er eigentlich sagen wollte, für sich zu behalten. Seine Schweigsamkeit war von anderer Art als die ihre.

      Der Winter ging vorbei. Hedvig schrieb noch einen Brief an die Familie in Råberga. Die Antwort ließ auf sich warten. Hedvig und Hulda sprachen recht oft über die Familie zuhause. Was machten die jüngeren Geschwister, ging es dem Vater gut?

      Hedvig hatte ihre Befürchtungen, aber sie sagte der Schwester nichts davon. Sie hatte geträumt, dass ihr Vater wieder schwer krank sei.

      Jetzt wohnten die Mädchen bei ihrem Onkel in der Küche. Als die Kälte anbrach, waren sie aus dem Stall in die Kate umgezogen. Sie lagen zusammen mit einer Cousine auf der ausgezogenen Küchenbank. In der Küche schliefen außerdem ihre Tante und noch zwei kleine Cousinen.

      Als Hedvig und Hulda nach Eskilstuna übergesiedelt waren, war zuhause in Råberga die Dachkammer frei geworden. Erik Larsson war zunächst dort eingezogen, doch war es ihm dann wieder schlechter gegangen, und er hatte sich gezwungen gesehen, wegen der Wärme in das Bett in der Küche zurückzukehren.

      Er hatte schon lange nicht mehr arbeiten können. Als die Mädchen von zuhause fortgegangen waren, hatte er es versucht, aber nach zwei Wochen ging es nicht mehr länger. Seitdem hatte er meist im Bett gelegen. Er magerte ab. Matilda besorgte Pferd und Wagen, sie fuhren zum Arzt nach Vintrosa, der meinte, dass Erik etwas Bösartiges im Magen habe, was vielleicht auch nicht weggehen würde.

      Es wurde ein harter Winter mit ständigen Schmerzen. Das Frühjahr brachte keine Besserung. Matilda kochte für Erik eine Suppe aus den ersten Brennesselsprossen, die neben dem Abtritt wuchsen. Das pflegte bei den meisten Übeln zu helfen. Aber Eriks Krankheit war unheilbar.

      Am zwanzigsten Mai wurden die Schmerzen stärker. Er versuchte sich zusammenzunehmen und sich nichts anmerken zu lassen, aber es ging nicht. Er wimmerte die ganze Nacht hindurch, sein Atem kam stoßweise.

      Matilda wusste, dass es Medizin gegen starke Schmerzen gab. Man konnte sie in der Apotheke in Örebro kaufen. Aber diese Medizin war teuer. Früh am Morgen brach sie von zuhause auf. Sie sagte zu Erik, dass sie den ganzen Tag über fortbleiben würde, und bat den siebenjährigen Gustav, sich um den Vater zu kümmern. Matilda hatte ihren Brautschleier mitgenommen, eingewickelt in ein kleines Päckchen, und sie trug ihren Ehering am Finger. Zunächst hatte sie überlegt, ob sie Eriks Ring auch mitnehmen sollte, aber dann hätte er wohl gefragt, und sie hätte nichts darauf antworten können.

      Matilda ging nach Örebro, es waren dreizehn Kilometer. Sie brachte den Ring und den Schleier zum Pfandleiher und erhielt acht Kronen dafür. Für das Geld kaufte sie starke Medizin gegen Schmerzen, eine große Flasche, sowie Hustentropfen.

      Spät am Nachmittag kam sie nach Råberga zurück. Vier Tage später war Erik Larsson tot. Seine Schmerzen hatten etwas nachgelassen, vielleicht hatte die Medizin geholfen. Er war einundfünfzig Jahre alt geworden. Er starb frühmorgens an einem Freitag.

      Matilda ließ die Kinder ihren toten Vater sehen. Sie hatte ihm die Hände auf der Brust gefaltet. Die kleinen Mädchen weinten. Gustaf stand eine Weile regungslos mit versteinertem Gesicht neben dem Bett. Als er auf den Hof hinausging, hatte er die Fäuste geballt.

      Die Beerdigung sollte in der Woche darauf in der Kirche von Täby stattfinden. Derselbe Nachbar, der Erik zum Arzt gefahren hatte, wollte Pferd und Wagen stellen, um den Toten in die Kirche zu bringen.

      Am Tag vor der Beerdigung fiel Matilda ein, dass sie vergessen hatte, den Töchtern in Eskilstuna den Tod des Vaters mitzuteilen. Sie schrieb sofort einen Brief. Als Hedvig und Hulda die traurige Nachricht erhielten, lag ihr Vater schon seit drei Tagen unter der Erde.

      Eiskalter ferner Vogelgesang

      Die Mädchen blieben in Eskilstuna. Hedvig traf sich immer häufiger mit Karl Gustaf. Sie waren jetzt ein Paar, hatten es einigen Freunden gesagt, Karl Gustaf hatte es seinen Eltern erzählt.

      Hedvig schrieb ihrer Mutter einen Brief. Sie erwähnte ihren Verlobten nur beiläufig, fragte jedoch ganz genau nach, ob Carl Weiteres aus Amerika geschrieben habe. Auf den Tod ihres Vaters kam sie nur mit wenigen Worten zu sprechen.

      Dann wollte Karl Gustaf Hedvig zuhause vorstellen, in Tallstugan, außerhalb von Eskilstuna. Sie wurde zum Kaffee eingeladen, es war an einem Sonntag. Sie saßen in der fliederumrankten Gartenlaube außerhalb der Hütte. Karl Gustafs Mutter Katarina hatte Plunderteigschnecken gebacken. Vater Erik Eriksson hatte ein weißes Hemd und eine schwarze Weste angelegt. Er war Zimmermann und Waldarbeiter, er war ein ungewöhnlich großer Mann.

      Hedvig sagte guten Tag, als sie kam, knickste und gab die Hand, dann aßen und tranken sie schweigend. Auch Karl Gustafs Bruder Fredrik war dabei. Er war gewachsen, jetzt war er genauso groß wie sein älterer Bruder.

      Es war Fredrik, der schließlich das Schweigen brach; er erzählte, dass er das Buch Gullivers Reisen gelesen habe. Besonders lustig hatte er gefunden, dass die Liliputaner Gulliver auf dem Boden festgebunden hatten. Sie waren klein, aber da sie so viele waren, verfügten sie über Kraft.

      Keiner der Übrigen hatte das Buch gelesen. Hedvig merkte sich den Titel. Sie erzählte, dass ihr Bruder Carl in Amerika sei.

      »Wie geht es dem Bruder dort?«, wollte Erik wissen.

      »Er scheint es gut getroffen zu haben«, antwortete Hedvig.

      »Viele reisen hinüber.«

      »Ja, mehrere aus meiner Familie sind gefahren, die Schwester meiner Mutter ist auch dort, und es folgen wohl noch einige.«

      Hier entstand eine Pause in der Unterhaltung. Katarina schenkte Kaffee nach und bot Hedvig noch eine Schnecke an. Sie lehnte ab, aber als Katarina drängte, nahm sie die Schnecke. Sie war frisch gebacken, mit Hagelzucker und etwas Zimt.

      »Ja, viele fahren hinüber«, sagte Erik nach einer Weile.

      »Ich trage mich ebenfalls mit dem Gedanken«, sagte Hedvig.

      »Ja, tatsächlich, Hedvig, tust du das?«

      Mehr wurde dieses Mal nicht über Amerika gesagt. Später dachte Hedvig, dass hauptsächlich sie und Erik geredet hatten. Fredrik hatte auch an der Unterhaltung teilgenommen, auch dann, wenn er nichts gesagt hatte, hatte er sich mit Gesten und Mienenspiel beteiligt.

      In diesem Herbst hörte Karl Gustaf in der Fabrik auf und begann eine Lehre bei einem Schuhmacher. Er sagte, er wolle einen richtigen Beruf erlernen, Messer zu schleifen brachte zwar Geld ein, aber es hatte keine Zukunft.

      Hedvig gab ihm Recht. Es war eine gute Wahl.

      Sie hatte jetzt fast fünfundvierzig Kronen zusammengespart.