Sagenhaftes Muldenland. Anne Maurer

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Название Sagenhaftes Muldenland
Автор произведения Anne Maurer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783867295161



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eines Menschen zurückführen lassen. Durch Blockierung der Atemwege, etwa durch das Kopfkissen oder durch Bauchlage des Schläfers, war die Atemluftszufuhr so beeinträchtigt, dass die betroffene Person schließlich nach Luft ringend aufwachte. Unerklärlich erschien dem so gestörten Schläfer sein erschöpfter Zustand. Wie beim Huckauf wurde auch hier eine Phantasiegestalt dafür verantwortlich gemacht. Neben dem Kobold sollten vor allem die Mägde die Fähigkeit haben, sich in eine Mahr zu verwandeln und durch das winzige Schlüsselloch in das Schlafzimmer ihres Herrn zu gelangen (Vom »Muhredrücken«, S. 59).

      Die Quellen der Sammlung

      Die erste bekannte Sagensammlung aus dem Gebiet entlang der Mulde wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts von einigen Wurzener Bürgern zusammengestellt. Der Überlieferung nach soll sie alle Sagen von Wurzen und den umliegenden Dörfern umfasst haben. Als man aber die aus losen Blättern bestehende Sammlung um 1840 zum Buchbinder brachte, wurde sie durch ein Missverständnis zum großen Leidwesen der Sammler32 vollständig vernichtet.

      Glücklicherweise wurden viele andere Sagen aus dem Muldental in Ortschroniken, Heimatblättern, Archiven und in überregionalen Sagensammlungen überliefert. Mithilfe dieser Quellen sowie durch die freundliche Unterstützung von Lokalhistorikern und Mitarbeitern der Heimat-, Schloss- und Stadtmuseen konnten über 200 Sagen aus dem Muldental ausfindig gemacht werden. Entstanden ist so die bislang größte Sagensammlung dieser Region.

      Ein Teil der Sagen wurde über die Jahrhunderte hinweg mehrfach in verschiedenen Publikationen veröffentlicht. Für das vorliegende Buch ist die jeweils älteste der Sagenfassungen ausgewählt und unverändert in die Sammlung übernommen worden.33 Bei Sagen in lateinischer Sprache wurde eine deutsche Sagenfassung mit abgedruckt. Die sprachlichen Eigenheiten jeder Sage, zum Beispiel ein inzwischen ungebräuchlicher Wortschatz, lassen längst vergangene Zeiten wieder aufleben. Im Frühling haben sich zu Wurtzen / wie man vorgiebt / viel Blut-Zeichen an der Butter / Zugemüse und Brodt ereignet, lesen wir bei Christian Schöttgen und fühlen uns zurückversetzt ins Jahr 1717. Der Großteil der vielgestaltigen Sagen wurde der neuen Rechtschreibung angepasst.

      Folgende Quellen wurden für diese Sagensammlung verwendet:

JahrAutorTitel
1018Ditmar (Thietmar)Chronici Ditmari Episcopi Mersepurgii
1512Hieronymus EmserVita Bennonis
1589Petrus AlbinusMeißnische Land und Berg-Chronica
1689David PfeifferLipsia seu originum Lipsiensium Libri IV
1694Martin HeidenreichVita Bennonis
1698MisanderDeliciae Historicae
1700Johann VulpiusMegalurgia Martisburgica
1717Christian SchöttgenHistorie der Chur-Sächsischen Stiffts-Stadt Wurtzen
1717Christian GebernDie unerkannten Wohlthaten Gottes in dem Chur-Fürstenthum Sachsen
1753Johann KampradLeisnigker Chronica
1837Widar ZiehnertSachsens Volkssagen
1874Johann G. Th. GräßeDer Sagenschatz des Königreichs Sachsen
1901Festschrift zum Heimatfest in Colditz
1910–1937Ernst MäschelMitteilungen des Wurzener Geschichts- und Altertumvereins
1926Friedrich SieberVon Wittenberg bis Leitmeritz
1926–1935Rudolf IrmscherAberglauben in Großbothen (Aufsätze in Mitteldeutsche Blätter für Volkskunde)
1933Kirchenvorstand SchönbachKirchfarth Schönbach
1933Moritz Willy StolleWurzener Heimat
1956–1967Deutscher Kulturbund (Hg.) / Red. Manfred MüllerHeimatkalender der Kreise Wurzen, Oschatz, Grimma
1986Rat der Gemeinde Hohburg (Hg.) / Red. Manfred MüllerHohburg
1991Helfried MengelMulden-Spiegel
1998Heinz MartinAus der Geschichte unserer Heimat
1998Bildungswerk für Sächs. WirtschaftInformationsblätter der Forstverwaltung Colditz
1998TourismusverbandSagenhaftes Sächsisches Burgen- und Heideland
1999Manfred MüllerRundblick-Lesebuch
2000Heimatverein SchönbachAus dem Archiv
2000Jutta Barthelmündlich
2000Ewald Müllermündlich
2000Schloss Trebsenmündlich

      Ditmar – Chronici Ditmari Episcopi Mersepurgii

      Die älteste Sage der Sammlung stammt aus dem siebenten Buch der »Chronici Ditmari Episcopi Mersepurgii«. Ditmar oder auch Thietmar, der Verfasser dieser Chronik, wurde 975 geboren und erhielt seine Ausbildung an den Klosterschulen Quedlinburg, Bergen und Magdeburg. 1002 wurde er Propst in dem von seinem Großvater gegründeten Kloster Walbeck. 1003 wurde Ditmar zum Priester und schließlich 1009 zum Bischof von Merseburg geweiht. Durch seine Position als Vertrauter des Kaisers hatte er über die Jahre hin ausreichend Einblick in die politischen Aktivitäten gewonnen, um eine Chronik seiner Zeit schreiben zu können. Sein Werk »Chronici Ditmari Episcopi Mersepurgii«, ursprünglich als Geschichte des Bistums Merseburg geplant, wuchs zu einer Chronik des frühen Deutschen Reiches. In acht Büchern beschreibt Ditmar Geschichte und Situation der Herrscherhäuser, geht auf die ottonische Politik ein und widmet sich ausführlich der Frühgeschichte der Westslawen sowie den Besiedlungsaktionen auf wendischem Gebiet zu seiner Zeit. Die Chronik wurde von ihm bis zu seinem Tode im Jahre 1018 geführt.

       Die Kriegsgöttin der Wenden, S. 144

      Hieronymus Emser – Vita Bennonis

      Im Jahre 1478 wurde Hieronymus Emser in Weidenstetten bei Ulm geboren. Seine biographischen Daten weisen besonders in den Jugendjahren große Lücken auf. Bekannt ist, dass er seit 1493 in Tübingen und ab 1497 in Basel studierte. Noch vor 1502 erhielt er seine Priesterweihe. 1504 hielt er Humanismus-Vorlesungen an der Universität Erfurt, die nachweislich auch Martin Luther besucht hat. 1505 promovierte Emser an der Leipziger Universität zum Bakkalaureus der Theologie und wurde schließlich im Jahre 1509 Sekretär und Kaplan des Herzogs Georg von Sachsen. Von Beginn seiner Tätigkeit an bemühte sich Emser um die Heiligsprechung des Bischofs Benno von Meißen. Unter anderem reiste er in dieser Angelegenheit nach Rom und veröffentlichte 1512 sein Werk »Vita Bennonis«, in dem er außer dem Lebensweg des Bischofs besonders die Wunder beschreibt, die dieser vollbracht hat. Berichtet wird darin unter anderem von einem Wunder, dass im Dorf Nauberg geschehen sein soll. Da das Werk in einer schwer verständlichen, mittellateinischen Kurzschrift verfasst ist, wurde anstelle des Originaltextes die älteste deutsche Übersetzung in die Sammlung aufgenommen. »Vita Bennonis« ist Ausdruck einer bis ins Sagenhafte gesteigerten Heiligenverehrung und widerspiegelt deutlich die religiöse Haltung des Autors in den bewegten Jahren zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Emser gehörte zu den unermüdlichsten Gegnern der Reformation, lag im literarischen Streit mit Luther, polemisierte gegen Andreas Bodenstein und Huldrych Zwingli. Bekannt wurde er durch seine Übersetzung des Neuen Testaments, die in seinem Sterbejahr 1527 veröffentlicht wurde.

       Bischof Benno von Meißen in Nauberg, S. 111

      Petrus Albinus – Meißnische Land und Berg-Chronica

      Peter Weiß, der seinen Geburtsnamen latinisierte und sich fortan Petrus Albinus nannte, wurde 1534 in Schneeberg geboren. Nach seinem Studium an den Universitäten Leipzig und Frankfurt erhielt er 1578 eine Stelle als Professor für Poesie in Wittenberg. 1579 bis 1588 versah er das Amt des Dekans an der dortigen Universität. Danach war er bis zu seinem Tode im Jahre 1598 als Sekretär und Archivar in Dresden tätig. In einer Vielzahl von zum großen Teil unveröffentlichten wissenschaftlichen Arbeiten widmete er sich vor allem der sächsisch-thüringischen Landesgeschichte. Bekannt wurde er zu Lebzeiten durch sein Werk »Meißnische Land und Berg-Chronica«, das in den Jahren 1580 bis 1589 entstand. Es beschreibt die Geschichte des Meißnischen Landes und geht besonders auf die wendische Vorgeschichte, die Geschlechter der Markgrafen und die Entstehung des Bergbaus ein.

       Das Götzenbild