Название | Grüner Hund |
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Автор произведения | Kinga Rybinska |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783956930584 |
David gegen Goliath
Das würde allerdings ein Ende der goldenen Ära vieler Branchen rund um Hund bedeuten. Denn neben den Züchtern, die ihre heiß begehrten Welpen unters Volk bringen, und der Pharmaindustrie, die die kranken Tiere mit Medikamenten versorgt, profitieren auch viele Tierärzte von den Auswüchsen des Rassenwahns: Mittlerweile gibt es mehrere HNO-Tierkliniken bundesweit, die sich auf die brachycephalen Rassen spezialisiert haben. Eine Goldgrube. Es gibt aber auch Ausreißer, die zwar immer noch wie David gegen Goliath kämpfen, aber doch immer mehr an Aufmerksamkeit und Befürworter gewinnen: Einige Züchter haben das Problem erkannt und setzen auf Kreuzungen mit anderen Rassen, um die verhängnisvollen Rassestandards zu korrigieren und die genetischen Defekte aus dem Erbgut zu verbannen. Kreuzt man die Hunde in der Zukunft wieder zurück, bekommt man möglicherweise das Rassenbild in ähnlicher Weise, aber ohne die
Für das Kindchen-Schema leidet Mops an lebenslanger Atemnot und Herzschwäche
Defekte und die Übertypisierung. So erfreuen sich mittlerweile Kreuzungen einer steigenden Beliebtheit, wie etwa der Retro-Mops, ein Mix aus Mops und Parson-Jack-Russel-Terrier, der langgestreckter, robuster und mobiler erscheint. Und endlich auch normal atmen kann. Große Verbände – wie der VDH, mit seinen über 650.000 Mitgliedern der größte Verband für Hundezucht und Hundesport in Deutschland – lehnen solche Kreuzungen jedoch als nicht rassekonform ab. Züchter, die ausscheren, riskieren finanzielle Einbußen. Gibt man auf der Webseite des Verbands in der Volltextsuche "Qualzucht" ein, erscheinen nur zwei Treffer: Die Stellungnahme des VDH zu dem WDR-Film "Reine Rasse, volle Kasse" sowie ein Artikel des VDH-Pressesprechers Udo Kopernik, der nach einer philosophischen Betrachtung der Mensch-Hund-Beziehung anschließend die Verantwortung für Qualzuchten klar der Politik in die Schuhe schiebt. Ein schwaches Zeugnis für einen Verband, der in Bezug auf Qualzuchten "sehr viel erreicht" haben will.
Alternative Verbände
Glücklicherweise gibt es Hundeliebhaber, denen die Gesundheit ihrer Schützlinge wichtiger ist als die immer schräger werdenden Rassestandards und die Medaillen, die man bei Ausstellungen ergattern kann. Es entstehen immer mehr Vereine, die das Ruder umreißen wollen, wie etwa der IHV, Internationaler Hunde Verband e. V., der sich auf die Fahnen schreibt: "Bei uns zählt nicht das Papier, sondern das Tier". Immer mehr Züchter nehmen sich der Sache auch an und kreieren eigenständig neue Rassen, wie Imelda Engehrn mit ihrem Contintental Bulldog. Schließen sich dem positiven Trend weitere Züchter und Verbände an, kann das Leiden der Zuchthunde in naher Zukunft reduziert werden.
Internationaler Hunde Verband e. V. www.internationaler-hundeverband.de
Continental Bulldogs vom Böhlerbächli www.continentalbulldogs.ch
Qualzucht: 18 Hunderassen auf dem Index
Christoph Jung über das gestörte Mensch-Hund-Verhältnis und die dringende Wende in der Hundezucht
Christoph Jung, Jahrgang 1955, ist Diplom-Psychologe, hat aber auch Biologie studiert und bei Reinhold Bergler, dem bekannten Nürnberger Professor und Fachmann für die Mensch-Tier-Beziehungen, die Geheimnisse der Heimtierforschung ergründet. 2011 unterstützte er die Bundestagsgremien bei der Novelle des Tierschutzgesetzes. Mit Hunden und Katzen aufgewachsen, beschäftigt er sich seit mehreren Jahren mit der Partnerschaft von Mensch und Hund. Er ist Initiator des "Dortmunder Appells"16 für eine Wende in der Hundezucht und betreibt seit 2007 den Blog www.petwatch.de. Er wohnt mit einer Tochter und Frau in der Nähe von Halle/Saale zusammen mit drei Hunden: der englischen Bulldogge Bruno, der Husky-Hündin Mary und dem Podenco-Mischling Zander.
Seit Jahren engagieren Sie sich für die Rechte von Zuchthunden. Sie haben zahlreiche Aktionen gestartet, die den Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) zum Handeln bewegen sollten. Sie sind auch der Autor von "Schwarzbuch Hund: Die Menschen und ihr bester Freund". Was war der Auslöser Ihres Engagements?
Es gab zwei Hintergründe: Erstens, meine langjährigen Erfahrungen, die ich mit Hunden gesammelt habe. Ich bin mit Hunden groß geworden, sie waren meine engsten Vertrauten und Freunde. Später habe ich mich auch professionell mit dem Thema Mensch-Hund-Beziehung beschäftigt. Während des Studiums beispielsweise damit, welche Hunderasse sich für die Werbung am besten eignet. Und der zweite Hintergrund meines Engagements war mein Hund Willi, eine englische Bulldogge, die ich Mitte der 90er-Jahre bekommen habe. Die Rasse war mein Kindheitstraum, aus dem beinahe ein Alptraum geworden ist: Willi war dauernd krank. Keine lebensbedrohlichen Krankheiten, aber durchgehend stimmte etwas nicht mit ihm. Ich war alle zwei Wochen beim Tierarzt und dachte erst, ich hätte Pech, bis ich mich eingehend mit der Problematik der Rassezucht beschäftigt habe.
Auf Ihrer Website schreiben Sie von der "Untätigkeit der Justiz in der Durchsetzung der rechtskräftigen Urteile gegen Rufmord und Bedrohung". Hat Ihr Engagement gegen die Missstände in der Hundezucht negative Konsequenzen für Sie gehabt?
Leider ja und das massiv. Es war in der Zeit, als ich recht erfolgreich war mit meiner Öffentlichkeitsarbeit. Der Vorstand des VDH hat mich sogar eingeladen, gemeinsam ein Reform-Programm auf die Beine zu stellen. Dann haben aber Anfeindungen seitens der Hundezucht-Szene, aber auch seitens des Auslandstierschutzes angefangen. Viele zwielichtige Typen haben versucht mich mundtot zu machen. Ich hatte 20 rechtskräftige Urteile in der Hand wegen Rufmord, Verleumdung und Bedrohung – doch keinen hat‘s interessiert, von der Justiz kam keinerlei Hilfe. Bei Veranstaltungen wurden meine Familien und meine Hunde bedroht, auf Google Maps wurde eine Zielscheibe auf mein Haus gesetzt. Ich hatte Nachtanrufe, ich solle auf meinen Hund aufpassen. Obwohl ich alle Prozesse gewonnen habe, musste ich die Gerichtskosten selbst tragen, weil meine Gegner angeblich mittellos waren. Es hat mich so viel Geld und Nerven gekostet, dass ich aufhören wollte. Doch dann kamen so viele Mails von Menschen, die mich unterstützt haben, dass ich dann weiter gemacht habe, nur etwas verhaltener.
Was läuft in der heutigen Hundebranche aus Ihrer Sicht falsch?
Der Hund ist zur Ware geworden, der Mensch hat die Verbindung zur Natur verloren und dadurch auch das natürliche Verhältnis zum Hund. Der Hintergrund des Problems sind die Agrar- und Nahrungsmittelkonzerne, die meines Erachtens kein Interesse am Tierschutz haben, egal ob bei Nutz- oder Haustieren. Futtermittelkonzerne sind die größten Lobbyisten an den Universitäten. Es gibt in der Tiermedizin kaum wissenschaftliche Forschungen, die nicht von Konzernen wie Mars beeinflusst sind. Bereits seit den 50er-Jahren ist die Futtermittelindustrie mit der Tiermedizin eng verbandelt, viel extremer als die Lebensmittel- oder Pharmaindustrie mit der Humanmedizin. Der Hund ist einfach ein hervorragendes Objekt, um gutes Geld zu verdienen. Im "Schwarzbuch Hund" habe ich ja nachgewiesen, dass alle an diesem Markt Beteiligten am kranken Hund mehr verdienen als am gesunden. Die Kleintiermedizin lebt von den Krankheiten der Tiere. Ein Professor sagte mir mal: "Herr Jung, wenn das, was Sie schreiben, durchkommt, ist die Hälfte meiner Studenten arbeitslos". Das sind einfach gegenläufige Interessen. Ein einzelner Tierarzt mag schon ein schlechtes Gewissen haben, er muss aber auch schauen, dass er Geld verdient. Es gibt keine Kontrollinstanz, die die Missstände überwacht. Deswegen gibt es auch keinerlei ernsthafte Versuche in der Zucht, gesetzliche Qualitätskriterien festzuschreiben.
Christoph Jung mit seiner Hündin Mary