Für immer mein. Joe Schlosser

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Название Für immer mein
Автор произведения Joe Schlosser
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783862871049



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und ihrer Handlanger aus der uniformierten Polizei verstärkte. Während des Radelns erinnerte Mechthild sich an den Regisseur Jürgen Roland, der in seinen Kriminalfilmen als Erster eine Lanze für die uniformierten Kollegen im Fernsehen brach.

      Heute waren die Laufbahnen durchlässiger. Die ehemaligen Standesunterschiede hatten sich nahezu völlig aufgelöst. Man war eine Polizei geworden. Die politisch den Ton angebenden Sozialdemokraten hatten der Forderung der Gewerkschaft nachgegeben und den mittleren Dienst bei der Polizei abgeschafft. Beizeiten gab es nur noch den Ausbildungsweg über die Hochschule, und alle erfolgreichen Abgänger traten als Kommissare ihren Dienst an. In Uniform oder in Zivil.

      Von ihrem Großvater wusste sie, dass in den zwanziger Jahren Hundertschaften der Polizei von sogenannten Hauptleuten geführt wurden. Als sie Kriminalkommissarin wurde, verneigte er sich ehrfurchtsvoll, als er ihr zur Beförderung gratulierte. In seinen Augen war sie nun etwas ganz Besonderes geworden. Später erfuhr sie, dass er in den Freikorps gedient und zu diesen Zeiten bestimmt nicht auf Seiten der demokratischen Kräfte gestanden hatte. Was er wohl getan hätte, als sie zur Kriminalrätin befördert worden war? Doch da war er schon Jahre verstorben, und ihre Oma hatte all das nie beeindruckt.

      Alles war vorbereitet. Er hatte ein paar alte Eichenbalkenstücke auf die Ladefläche des Transporters gelegt. Er würde Elena erklären, dass er die alten Balken in Bretter sägen wolle, um daraus einen rustikalen Tisch für die geplante Terrasse zu bauen. Das würde ihr bestimmt gefallen. Er ging davon aus, dass Frauen zu einem ersten Rendezvous nicht gerne in einen kleinen Lkw einsteigen wollten, auch wenn er sich bei Elena vorstellen konnte, dass sie einen gebildeten Mann in Hemdsärmeln akzeptieren würde, der ihr damit vermittelte, dass er nicht nur intellektuell war, sondern wusste, wie man zuzupacken hatte. Irgendwie spürte er, dass sie etwas Bäuerliches hatte, dass sie vom Land kam. Er war nah an ihr dran. Er glaubte, sie zu kennen. Er fühlte seine Macht, die sich daraus ergab, dass er immer spürte, was andere wollten. Er hatte die Kontrolle.

      Um kurz vor elf Uhr bog er in den Rembertiring ein. Zum einen wollte er die Umgebung erkunden. Und zum anderen wollte er sich vergewissern, dass Elena keine Zeugen mitgebracht hatte. Obwohl er sicher war, dass ihnen die Kenntnis seines Autokennzeichens niemals würde helfen können. Er hatte die Schilder aus der Garage einer betagten Dame gestohlen, die ihn vor Monaten kurz als Gärtner beschäftigt hatte. Sie kannte nicht mal seinen richtigen Namen. Er hatte sie an ihrem Gartenzaun angesprochen und seine Hilfe bei der Gartenarbeit angeboten. Anfangs hatte er noch gedacht, dass sie die Erste hätte sein können, aber er verwarf diesen Plan, da sie eindeutig zu alt für ihn war. Es musste schon alles stimmen.

      Als er den Parkstreifen vor der Diskothek passierte, sah er sie schon. Nichts deutete darauf hin, dass Elena jemanden mitgebracht hatte. Sie trug ein rotgeblümtes Sommerkleid. Viel zu kalt für diese Jahreszeit, dachte er. Und sie hatte sich wahrlich herausgeputzt. Sie hatte etwas aus sich gemacht. Ihr Gesicht war deutlich geschminkt, und ihr Haar auffällig frisiert. Sie war in ihrer Aufmachung sicherlich auch schon anderen aufgefallen. Aber hier war Bahnhofsvorstadt. Da standen schon mal aufgetakelte Frauen an der Straße.

      Er wusste nicht, ob sie ihn in seinem Transporter schon bemerkt hatte, fuhr aber trotzdem an ihr vorbei und bog rechts in die nächste Straße ein, um nach drei weiteren Schlenkern wieder zu ihr zu gelangen. Jetzt war er wirklich aufgeregt. Sie war schon die Richtige mit ihren braunen, halblangen Haaren. Er war nervös, als er auf den Parkstreifen fuhr, aber er wusste, dass dies für seine Pläne nicht hinderlich war. Nervosität war nur etwas Natürliches, wenn man ein Blind Date hatte. Jede Frau würde argwöhnisch werden, wenn man zu cool auftrat. Elena würde denken, dass es die auch für ihn ungewohnte Situation war, die ihn aufgeregt machte.

      Er öffnete ihr nicht einfach die Beifahrertür zum Einsteigen, sondern stieg aus. Er wusste, dass sie das Gefühl haben musste, beim ersten Zusammentreffen einfach Nein sagen zu können. Ohne diese vertrauenschaffende Geste hätte sie möglicherweise Vorbehalte entwickelt. Und die konnte er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gebrauchen. Er ging mit einem gespielt unsicheren Lächeln auf sie zu. Für einen Moment dachte er, es könnte auch wirklich so sein. Er trifft auf die Frau, die ihm alles geben kann und die für ihn alles bedeutet, so dass er sein wahres Motiv nicht weiterleben muss und er nun von allem Leid befreit wird. Seine Erlösung.

      Aber dann besann er sich. Eine solche Vorsehung gab es für ihn nicht. Dunkelheit legte sich wieder über ihn. Sein Lächeln versiegte nicht, als er sie begrüßte und ihr vermittelte, dass er eine Enttäuschung erwartet hatte und nun das Gegenteil vorfand.

      So kam es jedenfalls bei Elena an. Sie sah in den Augen ihres Gegenübers all die enttäuschten Träume und hatte den Willen, diesem Mann zu seinem Glück zu verhelfen. Und das würde auch ihr Glück beinhalten.

      Benjamin schaute, Unbeholfenheit vortäuschend, auf das Pflaster, als er sagte: „Sag mir gleich, wenn es nicht passt. Ich mache so was zum ersten Mal und weiß nicht, wie man weitermacht. Wenn ich dir nicht gefalle, kannst du das ruhig gleich sagen. Das ist nicht so schlimm.“

      Das war für Elena die entscheidende Ansprache. Sie sah, oder genauer, sie glaubte, dass sie einen guten Mann vor sich hatte. Er war in ihren Augen eigentlich schwach. Aber er hatte alles, was sie sich zu diesem Zeitpunkt erträumte. Er wirkte auf sie jung und schüchtern. Ein wenig unbeholfen und mit nicht allzugroßem Selbstbewusstsein ausgestattet. Kein Machogehabe, sondern eine Natürlichkeit, die sie brauchte. Und sie war sich sicher, wenn es klappte, hatte sie diesen Mann im Griff.

      „Mach dir keine Gedanken. Wir sind doch erst am Anfang“, antwortete sie fröhlich und unbeschwert. „Ich bin gespannt, wie du lebst. Lass uns auf deinen Bauernhof fahren.“

      Er gefiel ihr wirklich. Er strahlte etwas Jungenhaftes aus, von dem sie sicher war, dass sie es ergänzen konnte. Sie durfte ihn jetzt nur nicht loslassen. Dem Himmel sei Dank, dass es so gekommen war. Wenn sie gewusst hätte, wie er zum Glauben stünde, hätte sie sich jetzt bekreuzigt. Aber lieber nicht. Wer weiß, was es ausgelöst hätte. Innerlich stieß sie ein Dankgebet gen Himmel. Nun ergriff sie die Initiative, hakte sich bei ihm ein und ließ ihn erst wieder los, als sie die Beifahrertür erreichten und sie ihm die Gelegenheit gab, die Tür für sie zu öffnen. Als sie losfuhren, musterte sie von der Seite sein Profil. Er sah wirklich gut aus. Ein kantiges Gesicht mit scharf konturierten Linien. Seine schlanke, sportliche Figur, die dunklen, lockigen Haare. Elena hatte einen Volltreffer gelandet. Auf dem Lenkrad ruhten seine Hände mit schönen, geraden Fingern und kurzgeschnittenen Nägeln. Ein Mann, wie sie ihn sich erträumt hatte. Attraktiv, aber nicht zu schön. Sie entschloss sich, auf dem Bauernhof mit ihm zu vögeln. Sie wollte etwas schaffen, dass sie genau dort miteinander verband. Und sie würde es ihm gut machen, so wie er es noch nicht erlebt hatte. Guter Sex konnte einen Mann für ewig an eine Frau binden. Und dieser Mann hatte lange keinen guten Sex gehabt. Das war ihr klar.

      Der Transporter hatte mittlerweile die Stadt verlassen, und sie befuhren eine von Feldern gesäumte Bundesstraße. Elena war so mit Benjamin und ihren Gedanken beschäftigt gewesen, dass sie den Weg aus der Stadt, den sie bisher zurückgelegt hatten, nicht mehr nachvollziehen konnte. Ein Hinweisschild zeigte ihr, dass sie Richtung Syke fuhren.

      Benjamin hatte ihre taxierenden Blicke sehr wohl bemerkt. Nun war es an der Zeit, ein belangloses Gespräch einzuleiten, um sie weiter zu zerstreuen und die Zeit der Fahrt zu verkürzen. „Ich bin gespannt, wie dir das alte Haus gefallen wird“, wandte er sich mit einem kurzen Blick direkt in ihre Augen ihr zu. „Es ist wirklich noch viel zu tun, aber mit ein bisschen Phantasie kann man sich vorstellen, dass es ein Traumhaus wird.“

      Sie setzte sich etwas bequemer in den Beifahrersitz. „Ich finde das toll, dass du mir gleich bei unserem ersten Treffen dein Haus zeigen willst“, antwortete sie. „Mir würde es nichts ausmachen, ein Haus umzubauen. Wir haben zu Hause immer alles selber gemacht. Und ich musste immer mit anpacken.“ Dann erzählte sie noch, wie sie schon als Kind im häuslichen Garten mithelfen musste. Und wie sie ihrem Vater beim Bau einer neuen Scheune zur Hand gegangen war. Elena war es wichtig, Benjamin zu vermitteln, dass sie eine praktisch veranlagte Frau war. Und zudem noch alles hatte, was ein Mann sich wünschte. Sie atmete tief ein und drückte ihre Brust nach vorne, damit er sehen konnte, dass sie einen großen Busen hatte, der trotz ihres Bauches deutlich vorstand. Sie wusste genau, dass dabei der Stoff ihres vorne