Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué. Friedrich de La Motte Fouque

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Название Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué
Автор произведения Friedrich de La Motte Fouque
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788027207022



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Aus unserm heitern Süden heraus sendet er all seine Wünsche und Lieder nach der Schneegegend hin, und liest ämsig, was von da herunter kommt, die Edda, den Saxo Grammaticus, und der Himmel weiß was noch für Isländereien. Aber einige recht hübsche Blüthen hat er draus gepflückt, und sie zu artigen Liedern verflochten: das muß man gestehn.

      Die Damen schalten, daß ihnen Alwin seine Eisblumen, wie sie es nannten, so lange vorenthalten habe, und auf ihr Verlangen sang er folgendes Gedicht:

      Vorbei an manchem fremden Strand,

       Durch manch ein fremdes Meer

       Schifft Alf, der Held von Dänenland,

       Mit seinem Dänenheer.

      Steht Lethra doch beinah verwaist,

       Klagt um den jungen Herrn,

       Jedoch der wackre Weigand reist

       Nach seinem eignen Stern.

      Und fragst Du, wie der Stern geheissen,

       Und sagt's Dir nicht Dein Muth?

       Du kennst gewiß sein schönes Gleissen,

       Bist Du sonst brav und gut.

      Ein Fürstenkind, Alvilda, zart,

       Erweckt' ihm solch ein Licht.

       Und hatte sie auch sich spröd' verwahrt,

       Ließ er sein Hoffen nicht.

      Sie floh aus ihrem Königshaus

       Vor Alf, dem edeln Freier,

       Da ging er kühn nach Thaten aus,

       Ein beutegier'ger Geier.

      Die Flügel waren die Seegel sein,

       Die Krallen sein die Speere.

       Und was nur gab auf Wassern Schein

       Gewann er sich zur Ehre.

      Und stand er nun an Feindesbord,

       Im Spiel mit Feindesschilden,

       Dann sang er: Thaten send' ich fort,

       Sind Boten zu Alvilden.

      Hoch nordwärts liegt eine schöne Bucht,

       Kann viele Schiff' umfahn.

       Dort lagen schnelle Seegler;

       Der Alf, der schifft' heran.

      Die Seegler waren zum Schlagen fertig,

       Und kamen im kecken Lauf,

       Und Alf, des Sieges schon gewärtig,

       Rief: meine Dänen, drauf.

      Die Lanzen flogen hin und her,

       Ein Däne sprach: fürwahr!

       Ich werf' nur ungern meinen Speer

       Auf solche schmucke Schaar.

      Seht wie sie all so zierlich stehn,

       An Kleid und Stellung fein.

       Fiel Eins davon in's Wasser,

       Ich spräng' ihm hinterdrein.

      Und ob's etwa auch Asen sind,

       Auf heimliche Fahrt bedacht,

       Da würden wir Alle taub und blind,

       Und's gäb 'ne böse Schlacht.

      Wolln's proben! rief der junge Alf,

       Sprang n'über auf's Verdeck,

       Vertrauen dem, der sonst ihm half,

       Dem Muthe, frisch und keck.

      Die andern nach in dicker Schaar

       Die Waffen klangen laut,

       Es fiel ein Helm, und wallend Haar

       Ward unversehn's geschaut.

      Und unterm Haar ein Angesicht,

       Wie Blumen hübsch und fein,

       Und auch zwei blauer Augen Licht,

       Wie's haben die Jungfräulein.

      Die Dänen lachten und freuten sich,

       Und faßten ihren Feind,

       Noch Keiner sah zierlichre Feinde,

       Seitdem die Sonne scheint.

      Und nahmen's Alle freudig wahr,

       Wie lacht' erst Alf der Held,

       Sah' er Alvilden doch der Schaar

       Als Herrin vorangestellt.

      Nun Liebchen bist gefangen,

       Nun Liebchen bist Du mein,

       Nun schau ich klar der Wangen

       Bräutlichen Morgenschein.

      Fort Helm, mit argen Tücken

       Bargst du all meine Lust!

       Fort Panzer! Sollst nicht drücken

       Die weiße Schwanenbrust.

      Stahlbandschuh wollt noch blinken?

       Fort! Deckt dies Händchen nicht,

       Weil sich's mit zartem Winken

       Viel schönern Sieg erficht.

      Die Waffen nahm er siegend

       Von dem besiegten Weib,

       Doch reichen Schmuck, erliegend,

       Schenkt' er dem holden Leib.

      Nun heimwärt's zog die frohe Schaar,

       Alle Bräutigam und Braut,

       Und Lethra hat von jedem Paar

       Manch Heldenkind geschaut.

      Holt nur viele hübsche Liebes-Geschichten aus dem Norden herunter, sagte eine schöne Frau, so wollen wir Euch die Ausflüge dahin gern erlauben, wenn's doch Eure Natur einmal so mit sich bringt.

      Seine Natur! rief Florismarte. Das ist nun einmal wieder eine Raimundische Redensart. Er macht nordische Romanzen, weil er so weit von Dänemark und Schweden abwohnt. Wenn er in Upsala studirte, würde er recht artige Gedichte schreiben, wo Sehnsucht nach dem Süden drüber stände, und vielleicht auch drin enthalten wäre. Nun ist er hier, und sieht nach dem Norden hinaus. Man muß ja einmal aus sich heraus sehn. Da ist nichts Anderes zu machen, weil uns der Schöpfer die Augen in dieser Richtung angesetzt hat. Und wenn es die schon thun, wie viel mehr noch der Geist, ein so ungebändigter Gesell, daß er immer Lust hat, unsern eignen Leib mit Füßen zu treten, und, wie ich glaube, blos deswegen, weil er so nahe mit ihm verwandt ist. Also je ferner, je lieber, und Alwin kann nichts Natürlichers thun, als von hier aus die Norwegischen und Isländischen Sagen studiren; wenn wir von höher herunter welche hätten, wär' es noch besser.

      Wir haben auf die Art hier einen poetischen Eiskeller angelegt, sagte Raimund lächelnd, und befinden uns auf dem unrechten Wege, denn wir wollten ja den Süden treffen, und hätten dazu vom Süden weitmöglichst wegfliehen müssen: in einem Russischen Rauchloch fänden wir die herrlichsten Blumen. Wie es sich doch so himmlisch leben muß unter dem Kohlendampf und dem erstickenden Fischgeruch! Da dürfte die Sehnsucht keinen Augenblick Friede halten, und die Poesie wäre eine so nothwendige Sache als Athemhohlen für Jeden, der nicht gradezu ersticken möchte. Hier freilich schläfern uns die Blumendüfte ein, so daß wir Monde leben könnten, ohne daran zu denken, daß unsre Existenz nicht die Poesie selber sei, oder die Sehnsucht nach den Lappländischen Herrlichkeiten müßte uns anwandeln, daß wir sängen:

      O der Lust vom Thranfaß nippen,

       In der Jurte, stets geheitzt,

       Schau'n in Augen, rauchgebeitzt,

       Küssen blaugefrorne Lippen!

      Ich bleibe bei meinem Sache, antwortete Florismarte. Wir könnten hier die besten nördlichen Gedichte machen, aber auch andere, denn Ihr haltet uns für zu einseitig. Ihr scheint nämlich die irrige Meinung zu hegen, als wohnten wir im Süden,