in Gefahr sahen.83 Im Jahre 1519 übernahm Karl V die Herrschaft; in dieser Zeit teilte sich das Habsburger Geschlecht in eine spanische sowie in eine österreichische Herrschaftslinie. In seiner Herrschaft wurde die Reichsreform vorangetrieben, so wurde im Jahre 1521 auf dem Wormser Reichstag das Reichskammergericht bekräftigt als auch die Wormser Reichmatrikel beschlossen. Diese wurde eine beständige Verfassungseinrichtung, welche es erlaubte, die Zahl der Reichsstände festzustellen. Darauf beruhte auch später das Recht auf Sitz und Stimme im Reichstag. Auch enthielt die Matrikel die Zusage der Reichsstände gegenüber dem Kaiser, über Truppenhilfe, welche später im 16. Jahrhundert in ein Geldäquivalent umgewandelt wurde und den Unterhalt des Reichsregiment über eine Kriegssteuer. 84 Neben der Wormser Reichsmatrikel trat der Theologe Martin Luther aus. Luther machte in seiner Zeit für sich wichtige Erkenntnisse, so seine zentrale Erkenntnis, dass Glaube allein der Weg zu Gott ist. Damit stellte Luther aber den Papst infrage und unter anderem wurde der Ablasshandel obsolet. Die Bewegung von Martin Luther war aber keine Auseinandersetzung nur im Bereich der Religion, so wurde es auch eine Auseinandersetzung zwischen der Zentralmacht des Kaisers und den partikularen Kräften wie Kurfürst Friedrich der Weise, der durchsetzen konnte, dass Luther vor 1521 auf deutschem Boden vernommen wurde und freies Geleit zugestanden bekam. Die Gedanken um das freie Geleit von Luther waren auch mit Verweis auf Jan Hus nicht unbegründet. Mit seinen Ideen begründete Luther die Reformationsbewegung, welche die katholische Kirche reformieren wollte. Die Reformation innerhalb der Kirche scheiterte und Luther wurde 1521 auf den Wormser Reichstag als Ketzer exkommuniziert sowie weltlich geächtet. Dabei ist zu beachten, dass die weltliche Ächtung vom Kaiser aber nicht vom Reichserzkanzler gekennzeichnet ist. Auch verließen bereits vor dem Machtspruch zahlreiche Reichsstände Worms, was die Sympathien für Luther im Reich zeigten, aber auch, dass dem Kaiser keine uneingeschränkte Rechtsverfolgung im Falle Luther durch die Reichsstände geboten war. Entscheidend war aber auch, dass Karl V kurz nach seinem Machtspruch das Reich neun Jahre verließ, um sich der europäischen Politik zu widmen. Bei seiner Rückkehr war aus der Reformationsbewegung der Protestantismus erwachsen. Dieser war nicht allein auf Religion beschränkt, so wurde die klerikale Stellung unter anderem in Städten hinterfragt, schon in der vorreformatorischen Zeit drängten die Städte die klerikale Gerichtsbarkeit zurück, so wie die Städte bereits im Spätmittelalter den Einfluss des städtischen Vogtes ausschalteten.85 Friedrich der Weise nahm Martin Luther von 1521-1522 auf der Wartburg auf, hier übersetzte Luther die Bibel in das Deutsche und machte sie so einer breiteren Masse zugänglich. Davor gab es unter anderem Bibeln in der lateinischen Sprache. Friedrich der Weise Kurfürst von Sachsen rebellierte aber nicht offiziell gegen Karl V. Einerseits musste Karl V die weltliche Ächtung auf die Exkommunikation folgen lassen, um keinen Konflikt mit dem Papst zu provozieren, anderseits wollte Karl V keinen innerstaatlichen Konflikt, sodass Karl V mit Friedrich den Weisen vereinbarte, dass keine Verfügung über die weltliche Ächtung an das Territorium des Kurfürsten von Sachsen zugestellt wurde und daher auch keine Verfolgung bedurfte.86 Mit der Reformation ging auch der Bauernkrieg, welcher von 1524-1525 dauerte, einher. Ursachen für den Bauernkrieg werden einerseits in der wirtschaftlichen schwierigen Lage der Gemeinen, der Intensivierung der Lehnsherrschaft im Süden des Reiches, Autonomiebestreben nach gemeindlich- genossenschaftlicher Grundlage sowie religiöse Gründe gesehen. In Anlehnung an Martin Luther wurde der klerikale Stand sowie später auch der Grundherr als überflüssig erklärt. Die Bewegung begann im südlichen Schwarzwald und breitete sich im ganzen Reich aus mit Ausnahme mancher Gebiete in Ost-Preußen. Der Aufstand wurde schließlich im Jahr 1525 niedergeschlagen und kostete zwischen 70 000 und 75 000 Aufständischen das Leben. Auch wurden massive Strafgerichte und Vergeltungsaktionen von Seiten der wiedereingesetzten Obrigkeit erhoben.87 Im Verlauf gefährdete der Protestantismus die Reichseinheit, da der gemeinsame Glaube ein wichtiges Bindeglied für die Einheit des Reiches war. Im Jahr 1529 wurde ein gemeinsames Bekenntnis der Protestanten verfasst und im Jahr 1530 forderte Karl V auf dem Augsburger Reichstag die Protestanten zur Rückkehr zum römisch-katholischen Glauben auf. Dies fand nicht statt und die protestantischen Reichsstände organisierten sich in einem Verteidigungsbündnis, welches als Schmalkaldischer Bund von 1531-1546 Bestand hatte. Im Schmalkaldischen Krieg von 1546-1547 wurde dann die protestantische Seite von Karl V besiegt, der konfessionelle Konflikt konnte aber nicht durch den militärischen Sieg beendet werden.88 Später konnten der Bruder und Stellvertreter von Karl V, nämlich Ferdinand I, den konfessionellen Konflikt mit dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 zeitlich beenden. Hierbei vereinbarte man, dass die Konfession von den Grundherren geregelt wird.89 Neben der Reformation ist auch die Phase der Hexenverfolgung zu besprechen, welche im späten Mittelalter im Jahre 1487 durch zwei Dominikaner und ihr Werk „Hexenhammer“ begründet wurde. Die Hexen oder Zauberer wurden häufig als Sündenböcke für beispielsweise Krisen oder Hungersnöte herangezogen. Die Hexenverfolgung durch die Inquisition dauerte vom Ende des 15. Jahrhunderts bis in das 17. Jahrhundert. Alleine von 1616 bis 1618 wurden 300 Menschen in Bamberg aufgrund der Anschuldigung von Hexerei umgebracht.90 Die Inquisition traf aber insbesondere die Menschen mit Beeinträchtigung. So wurden Menschen mit Beeinträchtigung nicht selten im Rahmen der Inquisition als von Dämonen Besessene wahrgenommen, sodass angeblich im Jahre 1494 in Osnabrück 160 Menschen mit geistiger Behinderung verbrannt wurden.91 Im Verlauf der Habsburger Herrschaft entwickelte sich zunehmend eine Konfessionalisierung in der Gesellschaft, was dazu führte, dass sich die römisch- katholische und die protestantische Seite immer mehr voneinander abgrenzten und damit die Zusammenarbeit im Reich bald nicht mehr gewährleistet war. So war bereits Ende des 16. Jahrhunderts das Reichskammergericht nicht mehr handlungsfähig. In dieser dynamischen Zeit trat Rudolf II Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation (1576-1612), König von Böhmen (1575-1611), König von Ungarn (1572-1608) und Erzherzog von Österreich (1576-1608) auf. Der Historiker R. J. W. Evans beschreibt Rudolf II als eine Person mit drei Gesichtern, zum einen den schwachen Herrscher, zweitens der große Förderer der Wissenschaft und Kunst sowie drittens eine Person, welche an okkulte Mächte glaubte und an Zwangsvorstellungen litt. Seine Zeitgenossen beschreiben Rudolf II als einen Einsiedler, intelligent, gebildet, depressiv, aber auch freundlich. Aufgrund seiner Erziehung war Rudolf II von Gottes Gnaden in sein königliches sowie kaiserliches Amt eingesetzt worden und war kaum zugänglich für Kritik oder Beratung. Die Zustände von Normalität und von Depression sowie Aggressivität waren wechselhaft und dauerten länger an. Auch hatte er eine Art Verfolgungswahn verbunden mit Größenwahn, auf dessen Zustände dann Wut- und Racheanfälle gegen seine vermeintlichen Gegner einsetzten; seinen Halt suchte er bei schönen Frauen. Seine Beeinträchtigung übermannte ihn aber nie völlig und ließ ihn nicht chronisch unfähig für seine Aufgaben werden.92 Die Beeinträchtigungen waren ein Prozess und anfängliche Symptome bildeten sich erst Ende 1580 aus; davor galt er aber bereits als Sonderling. Zwischen Ende 1580 und Anfang 1581 litt
Rudolf II unter einer infektiösen fieberhaften Krankheit, seitdem war Rudolf II verändert, auch wenn noch keine Aggression vorhanden sowie nur gelegentliche Phasen von Depression sowie Apathie existent waren. Heute weiß man, dass es sich bei der infektiösen Krankheit um Syphilis handelte, dies belegen syphilitische Knochenentzündungen unter anderem an den Ober- und Unterschenkelknochen am Skelett Rudolf II. Die Knochenentzündungen am Unterschenkelknochen verursachten Beschwerden beim Gehen. Schlimmer verläuft Syphilis chronisch und mündet in einer progressiven Paralyse, oder einfach ausgedrückt eine fortschreitende Beeinträchtigung, der Stirn- sowie Schläfenhirnrinde, diese äußerten sich in den paranoiden Zuständen gepaart mit Größenwahn welche sich mit den aggressiven Zuständen ereigneten.93
Abbildung 8:
Rudolf II
Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, König von Böhmen und Ungarn sowie Erzherzog von Österreich
Rudolf II war insgesamt ein schwacher Herrscher der in den letzten Jahren faktisch nicht mehr fähig war zu regieren. Daneben zeigte er sich als ein bedeutender Förderer von Wissenschaft und Kunst.
Daneben war Rudolf II großem Stress ausgesetzt, was zu starken Depressionen führte. So belastete ihn stark, dass mehrere versprochene Hochzeiten annulliert wurden. Zuletzt ist die familiäre Häufung von psychiatrischen Erkrankungen in seiner Familie anzuführen: Rudolf II Urgroßmutter war Johanna die Wahnsinnige, welche wohl schizophren