Название | Eine Geschichte der Menschen mit Behinderung Dis/abled in 500-1620 |
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Автор произведения | Robert Ralf Keintzel |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783969870006 |
Abbildung 4:
Bildnis von Johann von Böhmen / Johann der Blinde
Johann von Böhmen wurde wegen seiner Ritterlichkeit und seines Mutes ein Nationalheld.
Angebliches Zitat von Edward of Woodstock, Prince of Wales in der Schlacht von Crécy:
„There lies the Prince of Chivalry, but he does not die.“
Sein Leichnam wurde mit allen militärischen Ehren 1946 nach Notre Dame überführt.
Auf Heinrich VII von Luxemburg folgte Ludwig IV der Bayer in den Jahren 1314-1347, welcher besonders die Städte förderte, die Verwaltung ausbaute und eine Vereinheitlichung des Landrechts in Bayern durchsetzen konnte, was Vorbildfunktion für andere Regionen hatte. Auch deklarierte er im Jahre 1338 mit dem Gesetz „Licet iuris“ die Stellung des Kaisers und Königs. So erklärte er darin die Identität von königlichen wie auch kaiserlichen Rechten und die Bindung des Kaisertums an das Königtum, sodass die Kaiserwürde mit der Königswürde erworben wurde, ohne dass der Papst zustimmen musste. Dies und die Proklamation der Nichtigkeit der Exkommunikation von Ludwig IV bedeutete auch eine Unabhängigkeitserklärung gegenüber dem Papsttum. Zusätzlich reformierte Ludwig IV der Bayer die Königswahl mit der Einführung des Mehrheitsprinzips.60 Nach Ludwig IV der Bayer folgten weitere Herrscher aus den Häusern Wittelsbach und Luxemburg. Bis zur Königswahl von Albrecht II im Jahr 1438 ist besonders die goldene Bulle aus dem Jahr 1356 als eine Art Reichsgrundgesetz festzuhalten, was für 450 Jahre Bestand haben sollte. Dieses legte unter anderem das Mehrheitswahlprinzip bei der Königswahl wie auch die Unteilbarkeit von weltlichen Kurfürstentümern fest und übertrug den Kurfürsten kaiserliche Vorrechte wie Zoll- und Münzrecht für ihre Gebiete. Damit waren die Kurfürsten gestärkt und konnten eine längere Herrschaftsdynastie gelassener hinnehmen.61 Auch sind die Einführung des Lehenssystems im Jahre 1348 in Böhmen und damit die Ausbreitung des Lehenssystem nach Ostmitteleuropa besonders hervorzuheben.62 Aber nicht nur innerhalb des Reiches in der Zeit zwischen Ludwig IV und Albrecht II bewegte sich einiges, mit dem abendländischen Schisma von 1378-1417 gab es eine Zweiteilung der Katholischen Kirche in einen Papst in Rom sowie einen in Avignon. In die Zeit zwischen Ludwig IV und Albrecht II fällt auch die Herrschaft Karl IV Wenzel II und Karl VI. Diese drei Herrscher sind besonders durch ihre Beeinträchtigung hervorzuheben, dennoch sind sie nicht immer bekannt, da nicht zwangsläufig eine Behinderung resultierte. Der Sohn von Johann von Böhmen, Karl IV, regierte von 1346-1378. In Prag ist er nach wie vor unter anderem durch den Karlsplatz oder die Karlsbrücke präsent. Karl IV berichtete in seiner Selbstbiographie über einen Traum aus seiner Jugendzeit, hierbei traf er einen Engel, welcher ihn auf ein Schlachtfeld trug:63 „Und er hielt uns über der Schlachtreihe in den Lüften und sprach zu uns: „Blicke hin und schaue!“ Und siehe da, ein anderer Engel fuhr mit feurigem Schwert vom Himmel herab, durchstieß einen Mann in der Mitte der Schlachtreihe und verstümmelte sein Glied mit dem Schwerte; anscheinend zum Sterben verwundet, rang dieser auf dem Pferde sitzend mit dem Tode. Da sprach der Engel, der uns an den Haaren hielt: „Erkennst du jenen, der vom Engel durchbohrt und zu Tode verwundet worden ist?“ - „Herr, ich kenne ihn nicht,“ sprachen wir, „und auch den Ort erkenne ich nicht.“ Er sprach: „Wisse, dies ist der Dauphin von Vienne, welcher wegen der Sünde der Ausschweifung so schwer von Gott geschlagen worden ist. Jetzt also nehmet euch in acht, und auch Eurem Vater mögt Ihr sagen, daß er sich vor ähnlichen Sünden hüte, oder es wird euch noch Schlimmeres treffen.““ 64 Karls Cousin, der Dauphin von Vienne, starb kurze Zeit später, wusste Karl IV in seiner Autobiographie zu berichten. Beeinträchtigung wird von Karl IV in seinem beschriebenen Traum als göttliche Bestrafung von Sünden gesehen. Dies Drohung der möglichen Beeinträchtigung wird in dem Traum angewendet, um vor sündhaftem Verhalten zurückzuschrecken. Karl IV war ein vitaler, muskulöser und fröhlicher Herrscher, was sich aber im Alter von 34 Jahren im Jahr 1350 änderte. Im Oktober 1350 erkrankte Karl IV plötzlich, sein Zustand war ernst, so ernst, dass manche Fürsten und auch der Papst sich über eine mögliche Nachfolge Karl IV berieten. Ein zeitgenössischer Chronist Heinrichs Taube von Selbach beschrieb die Krankheit Karl IV als eine Lähmung aller vier Gliedmaßen. Diese Tetraparese dauerte zehn Monate bis im August 1351 und heilte dann aus: Im Jahr 1371 erkrankte Karl IV erneut mit gleichen Symptomen. Eine Autopsie aus dem Jahr 1978 zeigte, dass die Lähmungen auf ein traumatisches Ereignis zurückzuführen sind, so steht ein Trauma während eines Ritterturniers genauer ein gegen den Hals gezielter Lanzenstoß im Vordergrund des wissenschaftlichen Diskurses.65 Dabei erlitt Karl IV eine doppelte beidseitige Fraktur des Unterkiefers, Frakturen des 5. und 6. Halswirbels wie auch ein indirektes Trauma mit Gelenkdeformierungen beider Kiefergelenke. Auch stellte man bei der Skelettuntersuchung fest, dass eine Kyphosierung der Lendenwirbelsäule, Hyperlordose der Halswirbelsäule sowie eine Skoliose in mehreren Bereichen der Wirbelsäule vorhanden waren, welche wiederum auf ein Trauma hindeuten. Als mögliche Krankheit steht eine entzündliche Erkrankung der Rückenmarkswurzel gut begründet im Vordergrund.
Abbildung 5:
Statue Karl IV in Prag.
Karl IV zählt zu den bedeutendsten Kaisern des Spätmittelalters sowie den einflussreichsten europäischen Herrschern seiner Zeit.
Kaiser, König, Nationalheld und behindert?
Trotz der bleibenden Schäden und Beeinträchtigungen, welche Karl IV veränderten und beeinträchtigten, ließ er sich nicht von diesen behindern, sodass auch nicht zu Unrecht auf seinem Sarg „Vater des Vaterlandes“ steht. Neben seinem Vater Johann der Blinde, welcher Nationalheld in Luxemburg ist, wurde Karl IV in einer Umfrage 2005 der Nationalheld Karl IV zur wichtigsten Persönlichkeit der tschechischen Geschichte gewählt.66 Die Geschichte von Böhmen kennt aber nicht nur Nationalheilige, so schreibt Palacký in der Geschichte von Böhmen:
„Als kleines Kind war er König geworden; als Kind regierte er auch im höheren Alter, wohlmeinend und rechtliebend, solange keine unzähmbare Leidenschaft ihn irreleitete, aber unmännlich, launisch und eigensinnig wie alle Schwächlinge, die für stark gehalten werden wollen.“67
Die Rede ist von Wenzel IV, der Sohn von Karl IV und der Enkel von Johann dem Blinden. Er lebte in der Zeit des abendländischen Schismas und nach der Einführung des böhmischen Lehenssystem durch Karl IV. Er regierte von 1363-1419 als König von Böhmen und von 1376-1400 als König des Römischen Reiches. In seiner Zeit als König von Böhmen entfachte sich im Jahre 1415 ein Scheiterhaufen, aber nicht nur dieser Scheiterhaufen fing Feuer, sondern auch ganz Böhmen brannte bald. Der Scheiterhaufen verbrannte den tschechischen Bauernsohn, Priester und späteren Nationalhelden neben seinem Vater Karl IV, Jan Hus. Jan Hus wurde als Ketzer verbrannt, da er wie der Theologe Wyclif in England, die Realpräsenz Christi beim Abendmahl, das Primat des Papstes sowie unter anderem das Zölibat ablehnte. Seine religiösen Vorstellungen mischten sich auch mit einem tschechischen Nationalismus. Mit dem Tod von Jan Hus ging ein Aufschrei durch Böhmen und die sogenannten Hussitenkriege brachen von 1415-1434 los. Diese legten sich mit dem Angebot des Laienkelchs, also das Abendmahl in beiderlei Gestalt von Brot und Wein, sowie der Niederschlagung einer danach abgespaltenen radikaleren Fraktion.68 Bei der Verbrennung von Jan Hus, dessen Landesherr Wenzel IV war, bei den Hussitenkriegen, aber auch bei seiner Herrschaft insgesamt nahm Wenzel IV eine unrühmliche Rolle ein. Er verhielt sich im Laufe der Zeit immer gleichgültiger und aggressiver, dies brachte ihm auch den Beinamen Wenzel der Faule ein. Es wundert, wie ein Sohn Karls IV ein so schlechter Herrscher sein beziehungsweise werden konnte. Dies war aber nicht immer so, in seiner Anfangszeit ging beispielsweise die Legende in Böhmen umher, dass Wenzel IV sich verkleidete und in Prag umherging, um festzustellen, ob Bäcker oder Fleischer ihre Kunden betrügen.69 Aber auch der in der Chronik des Brabanter Diplomaten Edmund de Dynter, welche 1445-1447 verfasst wurde, konnte man über Wenzel IV lesen, dass er „ein nicht nur angenehm redender, sondern auch gebildeter Herrscher war.“70 Später besagt eine Legende, dass eine Person aus dem hohen Klerus an eine Wand schrieb Venceslaus, alter Nero (Wenzel, ein zweiter Nero). Wenzel soll hinzugefügt haben: Si non fui, adhuc ero (Sofern ich es nicht war, werde ich es ab heute sein), eine andere Legende berichtet über