Nikomaus & Murmelbär. Adora Belle

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Название Nikomaus & Murmelbär
Автор произведения Adora Belle
Жанр Языкознание
Серия Alles Geschmackssache
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783961921164



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du hattest deinen Spaß. Kann ich nur leider so gar nicht drüber lachen und deshalb mach ich jetzt auch die Fliege. – Kommst du mit oder bleibst du noch hier bei Mr. Supercool?“, frage ich an Niko gewandt. Der schaut sichtlich verwirrt zwischen mir und Alexander hin und her.

      „Äh …“

      Na, logo. Als ob du gegen diesen Typen anstinken könntest. Mein Schulterteufel rümpft verächtlich die Nase.

      „Dann mach’s gut“, knurre ich also bloß und marschiere steifbeinig aus dem Café. Draußen fällt mir ein, dass ich meine Cola nicht bezahlt habe, aber das ist mir jetzt auch schnurz. Das Ganze war schließlich Nikos beschissene Idee, also soll er auch dafür löhnen, basta.

      Energisch stoße ich die Fäuste in meine Jackentaschen und ziehe den Kopf zwischen die Schultern, während ich rasch vorwärts stapfe.

      In drei Wochen ist Weihnachten und das Wetter entsprechend mies. Wie praktisch jedes Jahr hat es Ende November drei Tage lang geschneit, doch mittlerweile ist davon längst nichts mehr zu sehen. Stattdessen nieselt es meistens aus einem Himmel voller dicker, dunkler Wolken, die Temperaturen dümpeln knapp über dem Gefrierpunkt, ein böiger Wind fegt durch die Straßen und alles ist grau und trist. Typisches Vorweihnachts-Pisswetter eben und selbst die festliche Beleuchtung in Schaufenstern und Einkaufspassagen macht es meiner Meinung nach nicht besser.

      Kurz überlege ich, mit dem Bus nach Hause zu fahren, entscheide mich aber dagegen. In meiner Verfassung habe ich das Bedürfnis, mich abzureagieren, und ein halbstündiger Fußmarsch im Nieselregen sollte durchaus dazu geeignet sein, meinen inneren Thermostat wieder runterzukühlen.

      Dabei hätte ich doch eigentlich vorher wissen müssen, was dann passiert: Nachdem ich ungefähr zehn Minuten gelaufen bin, öffnet der Himmel so richtig seine Schleusen und bis ich endlich meine Haustür aufsperren und ins Trockene schlüpfen kann, bin ich nass bis auf die Haut.

      Typisch.

      Das ist doch unter Garantie irgendeins dieser beschissenen Naturgesetze, die immer dann greifen, wenn man es am allerwenigsten gebrauchen kann. Das Ding hat auch bestimmt irgendeinen total abgefahrenen Namen, nur leider kenne ich ihn nicht und ehrlicherweise ist er mir auch gerade scheißegal. Aber kennen tut es bestimmt jeder hier.

      Nicht?

      Okay, dann noch ein Beispiel: Du hast verschlafen und wirst es nur gerade eben noch pünktlich zur Arbeit schaffen, indem du auf deine sämtlichen lieb gewonnenen Morgenrituale verzichtest. Also wirfst du dich in die nächstbesten Klamotten und sprintest los, als wäre der Teufel hinter deiner Seele her.

      Was dann passiert, unterliegt keiner festen Regel. Es kann alles Mögliche sein, was weiß ich? Die Busse streiken, wahlweise gibt dein eigenes Auto ausgerechnet an diesem Morgen den Geist auf, der Fahrstuhl zum Büro bleibt stecken oder irgendein Depp rempelt dich unterwegs an und kippt dir seinen Hipster-Karamell-Macchiato über die Klamotten, völlig egal, such dir irgendwas davon aus. Fakt ist aber: Immer wenn man denkt, schlimmer geht es nicht, tritt dir dein Karma gleich noch mal in den Arsch. Und zwar mit Anlauf.

      Okay, mal so richtig nass zu werden ist nun keine Katastrophe. Einmal unter die heiße Dusche und gut ist. Aber nach der Sache von eben hätte ich trotzdem gerne drauf verzichtet, herzlichen Dank. Und meine Laune wird dadurch auch nicht gerade besser. Eher im Gegenteil.

      Während ich also ausgesprochen mürrisch unter der Brause stehe und mich langsam aufwärme, male ich mir im Geist aus, was Niko und dieser Alexander jetzt wohl gerade machen. Die Abfuhr, die mein Kumpel kassiert hat, war ja mehr als deutlich, aber ich kenne ihn gut genug, um zu wissen, dass er sich davon nicht so einfach abschrecken lässt. Viel mehr rechne ich damit, dass sein Jagdtrieb, um es mal so zu nennen, jetzt noch zusätzlich angestachelt worden ist. Außerdem spricht allein die Tatsache, dass er nicht mit mir zusammen den Heimweg angetreten hat, sondern lieber ohne mich bei diesem Alexander geblieben ist, ja wohl eindeutig für sich. Und das, nachdem ich so schamlos für ihn gelogen habe! Treulose Tomate!

      Eigentlich hätte er doch, nachdem ich so heldenhaft für ihn eingetreten bin und mich nur wegen ihm überhaupt zu dieser ganzen dämlichen Aktion habe breitschlagen lassen, doch wohl die moralische Verpflichtung gehabt …

      Ja, ja, gib’s doch zu! Du bist einfach nur neidisch, sonst nichts!, feixt mein Schulterteufel.

      Seufzend senke ich den Kopf und mache die Augen zu, während mir das Wasser übers Gesicht strömt.

      Wem will ich denn hier was vormachen? Es war trotz allem meine eigene Entscheidung, Niko zu helfen, und nachdem dieser Fitness-Fuzzi nun wirklich ein echtes Sahnestück ist, kann ich ihm ja wohl kaum einen Vorwurf machen, wenn er lieber noch bei ihm bleibt und versucht, ob nicht doch noch was geht, anstatt mir Gesellschaft zu leisten, während ich mich selbst bemitleide.

      An diesen Gedanken klammere ich mich, während ich zu Ende dusche, mich abtrockne und dann lustlos in die Küche schlurfe. Es ist noch früh am Tag, gerade mal kurz vor halb sechs, aber vor dem Fenster herrscht Schwärze und der Regen trommelt an die Scheibe. Wenn ich nicht sowieso schon so mies drauf wäre, könnte mich das glatt deprimieren …

      Auf dem Tisch steht eine Schale mit Lebkuchen, wovon ich mir einen nehme und mit zwei hungrigen Bissen verputze. Aber das ist ja mehr was für den hohlen Zahn. Ich öffne also den Kühlschrank und inspiziere den Inhalt, mache ihn wieder zu und schaue in die Vorratsschränke.

      Soll ich mir irgendwas kochen? Pasta vielleicht? Nudeln sind doch angeblich ein ausgezeichneter Seelentröster. Hab ich jedenfalls mal irgendwo gelesen.

      Bah! Das erinnert mich glatt wieder an Alexanders Pseudo-Psycho-Geschwurbel. Ob ich Essen dazu benutze, um mich zu belohnen oder zu trösten?

      Nein, verdammte Axt! Ich benutze Essen, um es zu genießen! Basta! Und ich will nicht bei jedem Stück Fleisch, Kartoffeln oder Kuchen überlegen müssen, wie viele Kalorien das hat und ob es gut für mich ist. Ich weiß, dass es gut für mich ist, wenn es mir schmeckt und mir in dieser kalten Welt ein Gefühl warmen Behagens vermittelt! … Aber bedeutet das nicht, dass es mich eben doch tröstet? Zumindest irgendwie?

      Waaah! Was hat dieser Kerl da nur mit mir angestellt? Das ist doch wohl zum Kotzen! Jetzt kann ich nicht mal mehr bei der Vorstellung, eine köstliche, duftende Pizza zu essen, oder eine Portion Nudeln mit Käsesoße, die übliche Vorfreude empfinden. Danke sehr, Mr. Ach-so-cool!

      Wütend auf Alexander, Niko, mich und die ganze Welt knalle ich die Schranktüren zu, hole mir aus lauter Trotz lediglich einen Joghurt aus dem Kühlschrank und stapfe hinüber ins Wohnzimmer, wo ich den Fernseher einschalte. Anschließend reiße ich den Foliendeckel des Joghurts ab und – erhalte eine weitere Kostprobe des vorhin erwähnten Naturgesetzes. Oben auf der blassrosa Pampe sitzt ein fetter, grüner Schimmelstöpsel und grinst mich fies an.

      Mit einem unterdrückten Fluch knalle ich den Becher auf den Couchtisch. Der Appetit auf irgendwas Essbares ist mir nun endgültig vergangen, obwohl mein Magen immer noch verzweifelte Signale sendet. Ich schaue stattdessen auf die Mattscheibe und stelle fest, dass ich ausgerechnet in einer Schlagersendung gelandet bin. Humba Humba Täterä, wir schunkeln und sind alle gut gelaunt, weil der Programmdirektor das so verordnet hat …

      Ja, hat sich denn heute alles gegen mich verschworen?

      Wütend schalte ich um, zappe durch sämtliche Programme, finde aber nur den üblichen Schrott. Fake-Reality-Doku-Soaps und Menschen, die geskriptete Probleme wälzen. Ich könnte jetzt natürlich meine Lieblingsserie in meinem Leib-und-Magen-Streaming-Dienst aufrufen, aber irgendwie reizt mich gerade nicht mal mehr das. Ich schiebe einfach nur Frust und zwar gewaltig!

      Gerade als ich einigermaßen entnervt den Fernseher komplett ausschalte und mich hochstemme, um in mein Zimmer zu gehen, auf dem PC eine Weile lang sinnlose Ballerspiele zu zocken und mich auf die Art abzureagieren, klirrt ein Schlüssel im Schloss der Wohnungstür.

      Niko kommt rein und schüttelt sich demonstrativ.

      „Boah, was ein Sauwetter“, sagt er, als er mich sieht. „Schon geduscht? Bist wohl nach Hause gelaufen und nass