Nikomaus & Murmelbär. Adora Belle

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Название Nikomaus & Murmelbär
Автор произведения Adora Belle
Жанр Языкознание
Серия Alles Geschmackssache
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783961921164



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Nun, Fakt ist, dass Niko ein neues Opfer ins Auge gefasst hat, an dem er sich schon seit einer ganzen Weile abarbeitet, ohne so recht weiterzukommen. Einen Typen, den er bereits ein paar Mal in irgendeinem Club getroffen hat – selbstverständlich jedes Mal rein zufällig! – und der Nikos Flirtkünsten offenbar hartnäckig widersteht.

      Klar, dass der sich dadurch nur noch mehr angestachelt fühlt. Und deswegen hat mein Freund jetzt einen supermegagenialen Plan ausgetüftelt, der ihm dabei helfen soll, das Objekt seiner aktuellen Begierde doch noch rumzukriegen. Tja, und eben dieser Plan lässt mich einigermaßen fassungslos zurück.

      Alexander Kleist, so heißt besagter Wunderknabe, arbeitet scheinbar in einem Fitnessstudio der gehobenen Kategorie als Personal Trainer, womit er schon mal per se voll in Nikos Beuteschema fällt. Er betreibt aber zusätzlich auch noch einen eigenen Kanal auf einer Video-Plattform im Internet. Darin geht es um Ernährung, Fitnesstraining und sogenanntes „Body-Shaping“. Er ist damit wohl auch recht erfolgreich und hat bereits das Interesse mehrerer Hunderttausend Follower sowie einiger potenzieller Werbepartner geweckt. Letztere sind allesamt Firmen, die Sport-Zubehör, -klamotten, irgendwelche Proteinshakes, Fitnessriegel und solchen Kram vertreiben.

      Niko hat nun mitbekommen, dass dieser Alexander, um seinen Kanal noch bekannter zu machen, offenbar plant, mit einem Freiwilligen über den Zeitraum mehrerer Monate eine Videoserie zu drehen. In deren Verlauf will er aus besagtem Freiwilligen einen durchtrainierten, schlanken und fitten Klon von sich selbst machen.

      Tja, und – man ahnt es sicher schon – genau da komme ich ins Spiel.

      Wenn es nach Niko geht, bin nämlich ausgerechnet ich die Idealbesetzung für diese behämmerte Serie!

      Niko selbst hat ja leider figurtechnisch absolut keinen Optimierungsbedarf, denn er ist nicht nur rank und schlank wie eine Tanne, sondern legt auch keinerlei Wert auf ausgeprägte Muskelpakete am eigenen Leib. Darum ist er letzten Endes auf mich verfallen und wenn man ihn so reden hört, könnte man wirklich denken, ich wäre der einzige Kandidat, der für die Chose infrage kommt. Zwar absolut unfreiwillig, dafür aber total selbstlos.

      Warum das alles? Na, klare Sache: Niko erhofft sich, dass er dadurch endlich näher an seinen Traumtypen rankommt und seine Chancen, den Kerl doch noch flachzulegen, steigert. Denn selbstverständlich nimmt er, als mein allerbester Kumpel, ja nur zu gerne die unsägliche Mühe auf sich, mich zu meinen zweifelsfrei regelmäßig stattfindenden Terminen mit Alexander, dem Fitness-Guru, zu begleiten und mir moralisch den Rücken zu stärken. Ganz und gar freiwillig und natürlich alles andere als selbstlos.

      Merkt man mir an, wie begeistert ich von der Idee bin? Bestimmt nicht, oder?

      Niko hat mir natürlich auch schon ein paar von den Videos aus dem Kanal dieses Alexander gezeigt, damit ich mit eigenen Augen sehe, wie toll der Kerl ist, und ich gebe ja auch gerne zu, dass der Typ hammermäßig aussieht. Aber deswegen verspüre ich trotzdem nicht den Drang, zu einem Abziehbild dieser Muskelschwuppe zu werden! Schließlich will ich im Grunde doch gar nichts an mir verändern! Ich mag mich so wie ich bin, mitsamt meinem Hüftgold und basta.

      Red dir das nur ein, Honey!, flüstert mein kleiner Schulterteufel an dieser Stelle und kichert diabolisch, wie sich das für einen Teufel gehört und sei er auch noch so klein.

      Klappe, Kurzer!, bringe ich ihn zum Schweigen. Wo war ich stehen geblieben? Ach ja …

      Das ist also Nikos großartiger Plan und meine von ihm favorisierte Rolle darin. Und ich kann nur wiederholen, was ich bereits zu Anfang gesagt habe: Das Ganze ist einfach nur absolut und total hirnrissig!

      Ich meine, wer bin ich denn? Niko ist mein allerbester, um nicht zu sagen, mein einziger Freund, aber so weit geht die Liebe nun doch nicht, dass ich mich deswegen vor irgendeiner aufgepumpten Muskeltunte zum Affen mache, nur damit er den Kerl anschließend flachlagen kann. Von einem Millionenpublikum im World Wide Web mal ganz zu schweigen!

      Außerdem bin ich auch das, was man einen Genussmenschen nennt. Ich liebe gutes Essen, mag es, in der Küche zu stehen und selbst zu kochen, und habe nicht die geringste Lust, mir das von diesem Alexander Kleist madig machen zu lassen.

      Nein, ehrlich, ich finde, es gibt kaum was Schöneres, als einen entspannten Fernsehabend mit einer liebevoll zubereiteten Mahlzeit zu krönen. Extra deswegen habe ich mir letztes Jahr sogar Bezahlfernsehen zugelegt und zelebriere seither regelmäßige Marathon-Sessions mit meiner jeweiligen Lieblingsserie, wobei das Zubereiten und die Vorfreude auf das anschließende Essen mindestens genauso wichtig ist wie das anschließende Verzehren vor dem Bildschirm.

      Klingt komisch? Kann sein, aber ich finde nun mal, das simple Öffnen eines Pizzakartons oder einer Styroporverpackung von irgendeinem Lieferdienst kann damit ebenso wenig mithalten, wie zum Beispiel das übersexualisierte Ex und Hopp in der Schwulenszene dem Vergleich mit einer echten Liebesnacht standhalten kann.

      Was dieses Gebalze in irgendwelchen Szene-Bars und Clubs angeht – das ist, wie man sich denken kann, so oder so nicht mein Ding und war es auch nie. Nicht, dass ich etwa noch Jungfrau wäre oder so, Gott bewahre, immerhin bin ich ein gestandenes Mannsbild von immerhin fast dreißig Jahren. Aber ich habe eben festgestellt, dass dieses mehr oder weniger anonyme Rumgevögel nicht meins ist.

      Liegt vielleicht auch an meinem Job, wer weiß? Wenn man mit schöner Regelmäßigkeit mit den gesundheitlichen und vor allem hygienischen Unzulänglichkeiten irgendwelcher Mitmenschen konfrontiert wird, die man ihnen im Alltag nicht auf den ersten Blick ansieht, geschweige denn zutrauen würde, dann kommt beim Gedanken an den Austausch von Intimitäten oder Körperflüssigkeiten mit praktisch Wildfremden erst gar keine erotische Spannung auf. Zumindest nicht bei mir. Eher Gänsehaut und Lippenherpes …

      Im Ernst! Jeder kennt doch das tolle Sprichwort: Außen hui, innen pfui. Aber der weitaus überwiegende Teil der Homosexuellen scheint das komplett zu vergessen, wenn es unten juckt.

      Tja, und unter Umständen juckt es dann anschließend nicht nur, sondern …

      Ah, okay, lassen wir das hier lieber. Nicht, dass euch noch übel wird.

      Jedenfalls bin ich – falls überhaupt – dann nicht bloß auf der Suche nach irgendeinem potenziellen Sexualpartner. Ich meine, falls tatsächlich eines Tages doch das unglaubliche Wunder geschehen und Amor sich wider Erwarten meiner erbarmen sollte, dann will ich jemanden, der mich haargenau so nimmt, wie ich bin. Samt meiner kleinen Murmel und allen anderen Macken. Und sollte es so einen Kerl nicht geben, okay, dann bin ich eben für den Rest meines Lebens Single, na und? Ich werde es im Endeffekt ebenso wenig überleben wie alle anderen und mein Dasein ist im Grunde doch total okay, so wie es ist. Ehrlich!

      Wie bin ich jetzt von Nikos verrücktem Plan auf dieses Thema gekommen? Egal. Fakt ist und bleibt jedenfalls: Nie und nimmer lasse ich mich zu solch einem Scheiß überreden! Niemals!

      2.

      „Wie hast du den Typen noch mal dazu gekriegt, sich mit uns zu treffen?“, frage ich missmutig und kippe mir einen großzügigen Schluck Cola in den Hals. Niko sitzt neben mir und hat seinen Latte macchiato mit Karamellsirup bereits zur Hälfte geleert. Er vibriert förmlich vor Aufregung, hibbelt auf seinem Platz hin und her und kann die Hände kaum stillhalten, während er alle paar Sekunden zur Eingangstür des kleinen Cafés schaut.

      „Hm? Och, ich hab ihm eigentlich bloß ein Foto von dir gezeigt“, erwidert Niko, ohne mich dabei anzusehen.

      Nett, denke ich leicht verstimmt. Echt sehr nett. Und so was schimpft sich Kumpel.

      Muss ich noch großartig erklären, was passiert ist? Ne, oder?

      Unser Gespräch wegen Nikos aktuellem Objekt der Begierde und seinem hirnrissigen Plan, um den Mann rumzukriegen, liegt inzwischen zwei Tage zurück und ich Blödhammel hab mich natürlich doch breitschlagen lassen.

       Du meinst, noch breiter, als du ohnehin schon bist?

      War ja klar, dass mein Schulterteufel diese Steilvorlage nutzt!