Название | Nikomaus & Murmelbär |
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Автор произведения | Adora Belle |
Жанр | Языкознание |
Серия | Alles Geschmackssache |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783961921164 |
Wie oft bin ich nicht schon in irgendwelche Schwierigkeiten geraten, nur weil ich diesen weit aufgerissenen, babyblauen Augen und der dramatisch zitternden Unterlippe nicht widerstehen konnte.
Ich brauche da nur an diese schwüle Sommernacht zu denken, als wir beide sechzehn waren und Niko auf die bekloppte Idee kam, heimlich ins Freibad einzusteigen, um sich abzukühlen. Da wollte ich zuerst auch nicht mitmachen, aber am Ende hat er mich mit seinen Kulleraugen natürlich rumgekriegt. Das Ende vom Lied war, dass wir vom Wachdienst erwischt wurden und abhauen mussten. Niko, der ja eine ganze Ecke schlanker und beweglicher ist, kam schneller aus dem Wasser als ich und schaffte es noch, seine Siebensachen aufzusammeln, bevor er stiften ging. Ich hab es dagegen nur mit knapper Not vom Gelände geschafft – ohne meine Sachen, triefnass und in Unterhose!
Himmel, war das peinlich, so durch die Stadt bis nach Hause laufen zu müssen! Und der Ärger am nächsten Tag! Denn natürlich hatten die meinen Kram gefunden und mich dank Personalausweis im Portemonnaie ausfindig gemacht. Von offizieller Seite gab es damals nur eine Verwarnung, aber meine Eltern waren natürlich stinksauer. Und das war ja auch nur ein Beispiel von etlichen, wo Nikos „tolle“ Ideen uns in die Bredouille gebracht haben. Vermutlich lande ich wegen ihm eines Tages noch im Knast oder gleich ganz in der Hölle, Gott verflucht!
Aber Fakt ist nun mal: Hier bin ich und dieser ominöse Wunderknabe taucht hoffentlich auch bald auf.
„Pünktlichkeit ist jedenfalls nicht seine Stärke“, stelle ich konsterniert fest. Ich blicke demonstrativ auf mein Handy-Display. „Hattest du nicht was von halb vier gesagt?“ Niko zuckt grinsend die Achseln.
„Zwischen halb und vier hab ich gesagt, Miesepeter“, korrigiert er mich gleich darauf.
„Es ist fast fünf nach vier“, stelle ich fest, hebe zuerst die Brauen und dann mein Colaglas.
„Jetzt sei mal nicht päpstlicher als der Papst, okay? Als hättest du heute noch was anderes vorgehabt als ein Date mit deiner Couch und dem Pay-TV.“
Es klingt leicht abfällig und im ersten Moment bin ich fast ein bisschen beleidigt.
„Eigentlich war es ein Date mit dem Pay-TV, meiner Couch und einer hausgemachten Lasagne“, sage ich hoheitsvoll. Niko prustet leise und stößt mich an.
„Wow!“, meint er. „Ein waschechter Dreier also. Ich gebe zu, jetzt bin ich beeindruckt.“ Okay, das reicht jetzt.
„Pfft“, mache ich abfällig und nehme einen neuerlichen Schluck Cola. „Den Dreier kannst du dir von mir aus da hinschieben, wo der Affe seine Nuss versteckt. Frag doch, wen du willst, ob er sich deinetwegen hier zum Hampelmann macht, ich für meinen Teil gehe jetzt jedenfalls nach Hause.“ Ich mache bereits Anstalten, mich zu erheben, doch da zuckt Nikos Hand nach vorn und packt mich am Ärmel meines Sweatshirts.
„Nun hab dich nicht so, du Mimose“, zischt er halblaut. „Da kommt er doch gerade!“ Im nächsten Moment setzt er ein strahlendes Lächeln auf und drückt den Rücken durch.
„Hiiieer“, trällert er und hebt eine Hand, um dem Mann zuzuwinken, der soeben das Café betreten hat und nun, nach einem Nicken in unsere Richtung, direkt auf uns zusteuert.
Okay, zugegeben, auch wenn ich das eigentlich schon wusste, aber in natura ist dieser Alexander eine glatte Zwölf auf meiner persönlichen Richterskala, eine echte Sahneschnitte. Ich schätze ihn auf ungefähr mein Alter, eventuell ein bisschen jünger, allerdings sind wir ansonsten so verschieden wie Tag und Nacht. Er ist groß, breitschultrig, mit schmalen Hüften und einem Gesicht zum Niederknien. Schwarzes Haar, braune Augen, die mich an Zartbitterschokolade erinnern, kräftige Brauen und volle Lippen unter einer scharf gezeichneten Nase. Er wirkt selbstsicher, entspannt und, zumindest auf den ersten Blick, weder prollig noch abgehoben.
Hm. Warten wir mal ab, wenn er den Mund aufmacht.
Inzwischen ist er bei uns angekommen und streckt mir lächelnd seine Rechte hin. Niko ignoriert er dagegen völlig.
„Hi. Ich bin Alexander Kleist. Und du bist dann sicher Matthias, nehme ich an?“
„Korrekt.“ Ich ergreife die dargebotene Hand und schüttle sie kurz.
„Setz dich doch“, mischt sich Niko jetzt ein und deutet auf den Stuhl neben sich. „Magst du was trinken? Oder hast du Hunger?“
Er schaut sich nach der Kellnerin um, doch Alexander kommt ihm zuvor und winkt die junge Frau heran. Die hat offenbar sowieso bloß darauf gelauert, sich ihm nähern zu dürfen, zumindest legt ihr Gesichtsausdruck und die Art, wie sie sich neben unserem Tisch lächelnd und mit den Wimpern klimpernd in Positur wirft, das nahe.
„Was darf’s denn sein?“, säuselt sie und ihr ist mehr als deutlich anzusehen, was sie gerade denkt. Wahrscheinlich hätte sie nicht das geringste Problem damit, wenn die Antwort auf ihre Frage lauten würde: Dich! Jetzt sofort! Hier auf dem Tisch und vor allen Gästen!
Pah! Weiber! Mein Schulterteufelchen schnaubt geringschätzig und ich muss ihm kopfschüttelnd beipflichten.
Dass die auch immer gleich in Begattungsstarre fallen müssen, kaum taucht ein halbwegs attraktiver Kerl in ihrem Dunstkreis auf! Aber uns Kerlen vorwerfen, wir wären oberflächlich und würden immer nur an das Eine denken! Als ob!
Und du selbst bist ja zum Glück auch kein bisschen wie sie!, höre ich meinen Schulterteufel jetzt süffisant flüstern. Gib’s doch zu, du hast doch gerade exakt dasselbe gedacht und wenn dieser Kerl dich jetzt vor aller Augen auf dem Tisch nageln wollen würde, du würdest doch auch nicht ablehnen, oder irre ich mich?
So ein Blödsinn!, wehre ich mich gegen diese Unterstellung. Erstens würde ich mich von niemandem in aller Öffentlichkeit nageln lassen, wie du das nennst, und zweitens geht’s hier um Niko, nicht um mich!
Gedanklich zeige ich dem winzigen Hornviech noch meinen Mittelfinger, ignoriere sein Kichern und konzentriere mich lieber wieder auf meine Umgebung. Alexander geht in keiner Weise auf die Flirtversuche der Bedienung ein, ordert für sich einen Kaffee und wendet sich dann erneut an mich.
„Also, dann erzähl doch mal“, fordert er mich ohne weitere Umschweife auf. „Warum willst du dich ausgerechnet in meine Hände begeben?“
„Ähm …“ Ich sehe zu Niko, teils Hilfe suchend, teils verärgert. Will ich wirklich wissen, was mein ach so guter Freund diesem Typen hinter meinem Rücken weisgemacht hat? Ich hätte ihn vielleicht besser vorher fragen sollen. Womöglich hat er diesem Alexander ja erzählt, dass ich einer dieser verzweifelten Dicken wäre, die zu Haus in ihrem Kämmerlein vor sich hin weinen und sich verzweifelt eine gute Fee wünschen, die ihnen die überflüssigen Pfunde mit einem einzigen Winken ihres Zauberstabes weghext?
Niko ist zwar mein bester Freund und ich würde ihm bedenkenlos mein Leben anvertrauen, aber wenn es um irgendwelche Kerle geht, die er unbedingt flachlegen will, traue ich ihm fast alles zu. Reine Erfahrungssache!
Dass ich jetzt hier seinetwegen einen auf Jammerlappen mache, kann er trotzdem vergessen! Abgesehen davon lass ich mich auch nur höchst ungern in irgendwelche Schubladen stecken.
Ich klappe also den Mund auf, um eine entsprechend flapsige Antwort rauszuhauen, doch Niko kommt mir zuvor. Kunststück, er kennt mich verdammt gut und ahnt vermutlich, was ich gerade denke.
„Matze will halt endlich was tun, um wieder in Form zu kommen, und nachdem ich ihm so viel von dir vorgeschwärmt habe, wie super du aussiehst und wie toll deine Tipps zum Thema Ernährung und Fitness sind, da gab’s für ihn ja praktisch kein Halten mehr. Und seit er deine Videos gesehen hat, erst recht! Er hat zu mir gemeint, es wäre sein Traum, dass du ihn unter deine Fittiche nimmst, aber selbst würde er sich ja nie trauen, dich drauf anzusprechen. Na ja, und weil du und ich uns ja schon persönlich kennen,