Nikomaus & Murmelbär. Adora Belle

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Название Nikomaus & Murmelbär
Автор произведения Adora Belle
Жанр Языкознание
Серия Alles Geschmackssache
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783961921164



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ich die angespannten Bauchmuskeln wieder und drehe mich abrupt weg, als mein Bauch mit einem unästhetischen „Flupp“ in die vorherige Form zurückrutscht. Dann jedoch wende ich mich in einer trotzigen Anwandlung noch einmal meinem Spiegelbild zu und strecke mir selbst die Zunge raus.

      Da, du Blödmann! Das ist dafür, dass du dich so von diesem Typen verunsichern lässt!, denke ich vorwurfsvoll.

      Der Abend ist noch lang und so allmählich wird das Hungergefühl in meinen Eingeweiden mehr als unangenehm. Eigentlich habe ich nach dieser Selbstinspektion zwar wenig Lust auf irgendwas Essbares, andererseits weiß ich aber auch, dass ich nicht einschlafen kann, wenn ich hungrig bin. Reiner Erfahrungswert.

      Na, vielleicht findet sich in unserem Kühlschrank ja ein annehmbarer Kompromiss? Also, so was wie ein halbes Schwein auf Toast, nur in der kalorienreduzierten Variante? Quasi federleicht und trotzdem sättigend.

      Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, oder?

      Nachdem ich mich erneut davon überzeugt habe, dass Niko noch in seinem Zimmer ist, husche ich rasch in die Küche und inspiziere den Inhalt des Kühlgerätes. Das Ergebnis dieser Bestandsaufnahme fällt ernüchternd aus, verursacht allerdings einen regelrechten Speichelsturz an meinem Zäpfchen.

      Neben einem Rest meiner selbst gemachten Lasagne finden sich dort drinnen nämlich zwei Stücke Donauwellen, die gestern vom Kaffeetrinken übrig geblieben sind, außerdem ein herrlich sahniges Viertel Briekäse und ein angebrochener Becher mit dem köstlichen Fleischsalat vom Metzger, den ich so liebe. Außerdem natürlich diverse Becher mit Sahnepudding und obendrein eine Schachtel Eiskonfekt.

      Mein Magen sendet begeisterte Signale der Zustimmung, doch ich schließe mit einem entschiedenen Rumms die Tür des Kühlgerätes und lehne mit geschlossenen Augen die erhitzte Stirn dagegen, während mein Hirn mir Visionen von einer Fleischsalat-Pudding-Kuchen-Orgie sendet.

      Im nächsten Moment fühle ich mich jäh ernüchtert, klappe die Lider hoch und öffne erneut die Kühlschranktür. Ich habe Hunger, verdammt noch mal, und hey? Es ist mir doch scheißegal, wie viele Kalorien der Kram hat!

      Ha! In your face, Alexander Kleist!, denke ich und strecke schon die Hand nach der Lasagne aus, als mich erneut ein Zögern befällt. Auf meiner Schulter materialisiert sich erneut das fiese kleine Teufelchen und flüstert mir ins Ohr: „Ich glaube, wenn du ein bisschen mehr aus dir machen würdest, wärst du ein echter Hingucker.“

      Das darf doch jetzt nicht wahr sein, oder?

      Wieder knalle ich die Tür des Kühlschranks zu und lasse dann meinen Kopf rhythmisch dagegen poltern.

      „Was machst du denn da? Hast du verlernt, wie man den Kühlschrank aufmacht und willst die Tür stattdessen mit dem Kopf aufstemmen? Da muss ich dich enttäuschen, das wird nicht funktionieren.“

      Ich fahre hoch wie von der Tarantel gebissen und wirbele herum. In der Küchentür steht – natürlich – Niko und mustert mich grinsend.

      „Quatsch“, erwidere ich und will mich rasch an ihm vorbeidrängeln, aber er lässt mich nicht, packt mich am Arm und hält mich fest.

      „Mann, Matze“, sagt er. „Was ist denn los mit dir?“

      „Nichts“, wiederhole ich stur. „Lass mich vorbei, ich will ins Bett. Hab morgen Frühdienst.“

      „Vergiss es“, knurrt er, während er mich unerwartet energisch zu einem unserer Küchenstühle bugsiert und darauf niederdrückt. „Du erklärst mir jetzt, was los ist. Vorher lass ich dich nicht in Ruhe.“

      Trotzig verschränke ich die Arme vor der Brust und presse die Lippen aufeinander. Niko sitzt mir gegenüber und imitiert meine Haltung, doch ich ignoriere ihn stoisch. Als ob ich ihm gegenüber zugeben würde, dass mich die Begegnung mit Alex … äh, Alexander, dermaßen aus der Bahn geworfen hat, dass ich plötzlich so was wie Komplexe wegen meinem Gewicht entwickle! Pah!

      Die entwickelst du nicht, die hast du längst, belehrt mich Luzifer junior sofort. Du hast sie lediglich bisher verdrängt.

      Blödmann! Was weiß der schon, dieser fiese kleine Drecksack!

      „Na schön“, seufzt Niko schließlich. „Wenn du nicht reden willst, dann mach ich es halt. – Also, nachdem du ja erst so komisch drauf bist, seit wir uns mit Alexander getroffen haben, tippe ich mal, dass dir dein Gewicht und damit dein Aussehen doch nicht ganz so schnurzegal ist, wie du immer tust, richtig?“

      Ich glotze ihn stumm an. Wer hätte gedacht, dass mein flatterhafter Schlampenkumpel so aufmerksam ist? Nicht, dass er blöd wäre, Gott bewahre. Aber Niko kreist eben meistens eher um den eigenen Bauchnabel – oder den irgendeines anderen Kerls und das meine ich nicht nur im eigentlichen Wortsinn. Trotzdem …

      „Quatsch“, schnappe ich erneut und schiebe schmollend das Kinn nach vorn.

      „Und wieso stehst du dann hier vor dem Kühlschrank und kannst dich nicht dazu aufraffen, was zu essen? Normalerweise hättest du dir doch schon längst irgendeine leckere Mahlzeit gezaubert und wärst dabei, sie mit allen Anzeichen des Genusses drüben vor dem Fernseher zu verputzen. Stattdessen liegt hier im Müll bloß ein schimmeliger Joghurt!“

      Ups, den hat er also auch noch gefunden.

      „Nachdem ich den Schimmel gesehen habe, ist mir der Appetit halt vergangen“, rechtfertige ich mich schulterzuckend.

      „Klar. Deswegen hast du eben den Inhalt des Kühlschranks ja auch angeschaut wie ein waidwundes Kitz“, kontert Niko prompt und schnaubt. Dann stößt er den Atem aus und fährt sich mit einer Hand über die Haare. „Matze, ich bin doch nicht blind und blöd schon gar nicht! Himmel, wenn ich geahnt hätte, was ich damit lostrete, hätte ich dich doch nie im Leben gebeten, mir mit Alexander zu helfen. Ich hab doch nicht gedacht …“ Er vollführt eine Geste mit der Hand und verstummt, was ich mir zunutze mache, um den Spieß kurzerhand umzudrehen.

      „Genau das ist dein Problem, Niko“, sage ich jetzt. „Du denkst nie. Jedenfalls nicht dann, wenn es um irgendeinen Kerl geht, auf den du scharf bist.“

      Er blinzelt und schaut mich nachdenklich an, schließlich nickt er.

      „Könnte sein“, gibt er reumütig zu. „Aber na ja, das mit Alex hat sich ja vermutlich eh erledigt.“

      „Wieso das denn?“

      „Du hast ihn doch gehört, oder nicht? Er hat nix übrig für Schlampen wie mich.“

      Seine Stimme wackelt ein bisschen und ich bin ehrlich überrascht. Bedeutet das jetzt, er hat die Abfuhr akzeptiert? Damit hätte ich nicht gerechnet, gebe ich zu. Niko ist eigentlich nicht der Typ, der sich so einfach von irgendwem abwimmeln lässt. Nicht, wenn er sich irgendwas, oder besser irgendwen, in den Kopf gesetzt hat. Immerhin gab es das in der Vergangenheit schon öfters, dass ein Kerl zuerst kein Interesse hatte, aus welchem Grund auch immer. Am Ende hat er sie, zumindest soweit ich weiß, trotzdem alle rumgekriegt – und anschließend fallen gelassen wie die berühmte heiße Kartoffel.

      Sollte es diesmal tatsächlich anders laufen? Das sähe Niko irgendwie überhaupt nicht ähnlich. Forschend blicke ich ihm ins Gesicht.

      „Hey? Alles klar?“, frage ich und runzle besorgt die Stirn. Er nickt.

      „Natürlich“, sagt er. „Alex ist schließlich nicht der einzige Fisch im Teich.“ Jetzt grinst er wieder und zwinkert mir zu, wird aber gleich darauf ernst. „Jedenfalls tut es mir leid, dass ich dich vorhin im Bistro offenbar in eine unangenehme Lage gebracht habe. Entschuldige.“

      „Akzeptiert“, erwidere ich, bleibe aber misstrauisch.

      Als ich abgehauen bin, sah es nach meinem Empfinden ganz so aus, als würde Niko keinesfalls so einfach die Flinte ins Korn werfen. Soll ich also wirklich annehmen, er hätte seine Meinung inzwischen geändert?

      Na, ich werde meinen Entschluss jedenfalls trotzdem nicht einfach so umstoßen. Ich fühle mich wohl in meiner Haut und